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Analyse und Vorhersage von Kristallstrukturen tetraederförmiger Moleküle und fehlgeordneter Phasen
(2012)
Die Kristallstrukturen tetraederförmiger EX4-Moleküle mit E = C, Si, Ge, Sn, Pb und X = F, Cl, Br, I konnten in sieben Strukturtypen eingeteilt werden. In fast allen Verbindungen nehmen die Halogenatome eine verzerrte Kugelpackung (ccp, hcp, bcc, cp) ein. Die E-Atome besetzen in den dichtesten Kugelpackungen 1/8 aller Tetraederlücken, wobei sich für diese Atome ebenfalls eine Anordnung wie für verzerrte Kugelpackungen ergibt (cp, ccp, hcp). In den anderen Fällen (bcc, cp für die Anordnung der Halogenatome) ergibt sich für die Anordnung der E-Atome selbst ebenfalls eine verzerrte Kugelpackung (bcc, s). Dabei steht s für die Anordnung der E-Atome analog der Schwefelatome im Pyrit (FeS2). Jeder Strukturtyp unterscheidet sich in der Art der kürzesten Halogen-Halogen-Wechselwirkungen. Die in der Literatur für halogenierte organische Verbindungen beschriebenen Typen der Wechselwirkung lassen sich auch bei den EX4-Verbindungen finden. Die E-X-X-Winkel liegen in einem Bereich von 80-100° und 130-160° und sind damit etwas kleiner als für die halogenierten organischen Verbindungen. Mit Hilfe von Gitterenergieminimierungen konnten diverse potentielle Polymorphe für die EX4-Verbindungen vorhergesagt werden.
Eine vollständige Kristallstrukturvorhersage wurde für SiBr4 durchgeführt. Für diese Vorhersage wurden die Van-der-Waals-Parameter neu bestimmt. Dazu wurde das Br-Br-Potential mit Hilfe von Vergleichsrechnungen an den beiden experimentellen Strukturen des GeBr4 in den Raumgruppentypen Pa3, Z = 8 (s/ccp), und P21/c, Z = 4 (hcp/hcp), optimiert. Für die Vorhersage des SiBr4 konnten zwei der vorhergesagten Strukturen durch extern durchgeführte Kristallisationsexperimente bestätigt werden. Eine Hochtemperaturmodifikation kristallisiert oberhalb von 168K im Raumgruppentyp Pa3, Z = 8 im Strukturtyp s/ccp. Diese Struktur konnte bei der Vorhersage auf Rang 9 gefunden werden. Die Tieftemperaturmodifikation, die unterhalb von 168K vorliegt, kristallisiert im Raumgruppentyp P21/c, Z = 4 (Strukturtyp hcp/hcp). Diese Struktur hat Rang 4 der Vorhersage. Die vorhergesagten und experimentellen Strukturen zeigen nur geringe Abweichungen voneinander.
Für die tetraederförmigen E(CH3)4-Moleküle wurden für Tetramethylsilan und Tetramethylgerman vollständige Kristallstrukturvorhersagen durchgeführt. Die energetisch günstigste Struktur ist für beide Verbindungen im Raumgruppentyp Pa3 mit Z = 8 zu finden. Die energetisch zweitgünstigste Struktur hat den Raumgruppentyp Pnma mit Z = 4. Für Tetramethylsilan konnten die Strukturen mit Rang 1 und 2 experimentell bestätigt werden. Eine Hochdruckmodifikation des Tetramethylsilans kristallisiert im Raumgruppentyp Pa3 mit Z = 8. Diese Struktur entspricht der berechneten energetisch günstigsten Struktur auf Rang eins. Ihr konnte der Strukturtyp s/ccp zugeordnet werden. Mit Tieftemperatur-Röntgenpulverbeugungsexperimenten konnte eine Tieftemperaturmodifikation bei T = 100 K im Raumgruppentyp Pnma, Z = 4, mit Strukturtyp ccp/hcp gefunden werden.
Gitterenergieberechnungen wurden für die Strukturanalysen von drei fehlgeordneten Phasen eingesetzt. Experimentell bestimmte Kristallstrukturen von Azulen und Pigment Red 194 haben den Raumgruppentyp P21/c, Z = 2. Die Moleküle befinden sich dabei auf einer Punktlage mit Inversionssymmetrie. Da beide Moleküle kein Inversionszentrum aufweisen, kommt es zu einer Orientierungsfehlordnung. Für die rechnerische Analyse der Fehlordnung wurden jeweils sechs geordnete Modelle ausgehend von den fehlgeordneten Strukturen erstellt, die möglichst wenige Moleküle pro Elemenarzelle aufweisen sollten. Gitterenergieberechnungen und die Auswertung der Boltzmann-Verteilung zeigten, dass in bei beiden Kristallstrukturen eine statistische Fehlordnung der Moleküle vorliegt, die sich aus mehreren geordneten Modellen aufbauen lässt. Bei Azulen ist eine geordnete Struktur im Raumgruppentyp Pa, Z = 4, energetisch etwas günstiger als die anderen Modell. Für Pigment Red 194 zeigte sich, dass die Fehlordnung unter der Annahme, dass nur die berechneten Modelle die fehlgeordnete Struktur bilden, mit über 99%iger Wahrscheinlichkeit aus den vier energetisch günstigsten Modellen Pc, Z = 2, P21, Z = 2, P21/c, Z = 4 und Pc, Z = 4 besteht.
Die dritte untersuchte fehlgeordnete Struktur ist die des Natrium-p-chlorphenylsulfonat-Monohydrats. Die Fehlordnung bezieht sich hier nur auf die Phenylringe, die dort mit einer Besetzung von 50% zueinander senkrecht stehen. Mit Hilfe der Order-Disorder-Theorie konnten zwei geordnete Modelle im Raumgruppentyp P21/c und ein weiteres geordnetes Modell im Raumgruppentyp C1c1 (Z = 16, Z'= 2) aufgestellt werden. Gitterenergieminimierungen dieser Modelle zeigten, dass sich die Fehlordnung statistisch aus allen drei Modellen zusammensetzt. Das energetisch günstigste geordnete Modell im Raumgruppentyp P21/c, Z = 8 (Z' = 2), konnte als verzwillingte Struktur aus Einkristalldaten bestätigt werden.
Lewis-azide Organoborverbindungen finden Verwendung als Anionensensoren und als (Co)katalysatoren in der Metallocen-vermittelten Olefinpolymerisation bzw. in elektrocyclischen Reaktionen. Mit Lewis-Basen, die sterisch anspruchsvolle Reste tragen, können sie keine stabilen Addukte ausbilden. Solche Systeme werden als „frustrierte Lewispaare“ (FLPs) bezeichnet. Diese zeigen eine besondere kooperative Reaktivität gegenüber kleinen Molekülen und haben sich insbesondere in der metallfreien Aktivierung molekularen Wasserstoffs bewährt. Ein Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung einer kostengünstigen, ungefährlichen und einfachen Synthese von (C6F5)2BH („Piers' Boran“). Dieses stark elektrophile Reagenz wird in der FLP-Chemie eingesetzt und monohydroboriert selektiv terminale C≡C-Funktionen. Die literaturbekannten Darstellungsmethoden dieses Borans sind präparativ aufwendig oder erfordern kostspielige Startmaterialien. Die Hydrid-Abstraktion aus dem [(C6F5)2BH2]−-Anion, welches aus einer Eintopfreaktion zwischen BH3·SMe2, C6F5MgBr und ClSiMe3 erhalten wurde und je nach Aufarbeitung in der Zusammensetzung [Mg2(Et2O)3Br2Cl][(C6F5)2BH2] bzw. [Mg(Et2O)2][(C6F5)2BH2]2 kristallisiert, bietet eine Methode zur insitu-Präparation von Piers' Boran. Es kann mit terminalen Alkinen als Monohydroborierungsprodukt oder mit Dimethylsulfid als Lewis-Säure-Base-Addukt abgefangen werden (Abbildung 1). Zusätzlich sind sowohl das Salz [Mg2(Et2O)3Br2Cl][(C6F5)2BH2] als auch das Addukt (C6F5)2BH·SMe2 geeignete Präkursoren für die literaturbekannten FLPs I und II...Mit dem Ziel der Synthese eines Methylen-verbrückten Boran-Phosphans zur H2-Aktivierung wurde der Borinsäureester (C6F5)2BOEt mit dem Lithiumorganyl LiCH2PtBu2 umgesetzt. Dies lieferte nicht die Zielverbindung (C6F5)2BCH2PtBu2, sondern in sehr selektiver Reaktion das bicyclische Phosphoniumborat (EtO)(C6F5)B(CH2)(C6F4)PtBu2 ((III)OEt), welches mit HCl quantitativ zum Chlorid-Addukt (III)Cl reagiert (Abbildung 2). Dadurch wird am (chiralen) Borzentrum eine bessere Abgangsgruppe eingeführt und die luftund wasserstabile Spezies (III)OEt aktiviert. Der Fluorierungsgrad in (III)Cl kann durch Austausch des exocyclischen C6F5-Restes gegen eine Phenylgruppe oder durch eine F/H- bzw. F/tBu-Substitution am verbrückenden C6F4-Ring variiert werden. Nach Ersatz einer tBu-Funktion am Phosphoratom gegen eine Methylgruppe wurde ein zweites Chiralitätszentrum in das Molekülgerüst des Phosphoniumborats eingeführt. Mit Silbersalzen schwach koordinierender Anionen (AgA) reagiert (III)Cl quantitativ zu den entsprechenden Addukten (III)A (A = Acetat, Trifluoracetat, Nitrat, Tosylat, Triflat). Ungeladene Donoren (Do) verdrängen den Triflat-Rest in (III)OTf und führen zu den Salzen [(III)Do]+[OTf]− (Do = OPEt3, Pyridin, H2O)...Das freie Boran [III]+ existiert nur in Gegenwart des sehr schwach koordinierenden Anions [Al[OC(CF3)3]4]–. Mit einer Gutmann-Akzeptornummer (AN) von AN = 87.3 ist es eine stärkere Lewis-Säure als die ungeladene Verbindung (C6F5)3B (AN = 80.0). Auch die – im Vergleich zu (C6F5)3B·Do – kürzeren B–O/N-Bindungslängen in [(III)Do][OTf] (Do = OPEt3, Pyridin, H2O) bestätigen diese Beobachtung. Sowohl die freie Lewis-Säure [III]+ als auch ihr Triflat-Addukt (III)OTf katalysieren die Diels-Alder-Reaktion zwischen Cyclopentadien und 2,5-Dimethyl-,4-benzochinon. Die Reaktion läuft in Gegenwart von [III]+ schneller ab als in Anwesenheit von (III)OTf. Dennoch hat das Triflat-Addukt gegenüber [III]+ den Vorteil, dass im Laufe der Cycloaddition keine konkurrierende Polymerisation des Cyclopentadiens auftritt.
Es wurde die Photodynamik freier kolloidaler CdSe Quantenpunkte sowie die Elektronentransfer(ET)-Dynamik im System bestehend aus CdSe Quantenpunkten und adsorbiertem Methylviologen mit Hilfe der Femtosekunden-Laserspektroskopie im sichtbaren Spektralbereich untersucht. Die freien CdSe Quantenpunkte wiesen eine multiphasische Rekombinationsdynamik der photoinduzierten Exzitonen auf, was durch das Vorhandensein von Quantenpunkten mit unterschiedlichem Passivierungsgrad innerhalb einer Quantenpunktprobe erklärt wurde. Sowohl die Rekombinationsdynamik des Exzitons als auch die Intraband-Relaxation von Elektron und Loch besaßen eine Abhängigkeit von der Partikelgröße. Die 1P-1S-Relaxationzeit des Elektrons betrug in Partikeln mit Durchmessern von 3 nm und 6,3 nm 0,12 ps bzw. 0,24 ps, woraus sich Energieverlustraten von 1,0 eV/ps und 3,8 eV/ps berechnen ließen. Die sehr schnelle Natur der 1P-1S-Relaxation und die gefundene Größenabhängigkeit stehen im Einklang mit dem vermuteten Auger-artigen Energietransfer vom hochangeregten Elektron auf das Loch. Durch diesen Prozess kann das theoretisch vorhergesagte „phonon bottleneck“ effizient umgangen werden. Zudem konnte eine größenabhängige Biexziton-Bindungsenergie zwischen 40 meV und 28 meV ermittelt werden. Die Untersuchung von Multiexzitonen in CdSe Quantenpunkten zeigte einen schnellen Zerfallskanal. Es handelt es sich um die Auger-Rekombination. Die Rekombination nach 1P-Anregung wurde in Form von sequenziellen Schritten N, N-1, N-2,..., 1 interpretiert. Für das System bestehend aus CdSe Quantenpunkten und adsorbiertem Methylviologen wurde war eine Zunahme der ET-Rate bei steigender Akzeptorkonzentration zu beobachten, die mit der Zunahme von Akzeptorzuständen erklärt werden kann. Ferner wurde eine maximale ET-Rate erreicht, die bei einer weiteren Erhöhung der Akzeptorkonzentration nicht überschritten wird. In weiteren Versuchsreihen konnte gezeigt werden, dass die Größe der Partikel einen Einfluss auf den ET-Prozess zwischen Quantenpunkt und Methylviologen hat. Eine kombinierte Studie, in der sowohl das Quantenpunkt/Methylviologen-Verhältnis als auch die Quantenpunktgröße variiert wurde, verdeutlichte, dass eine Verkleinerung der Partikel zu einem Anstieg der ET-Rate führt. Die Variation der Partikelgröße geht mit einer Veränderung der Triebkraft der ET-Reaktion im gekoppelten System einher. Der gefundene Zusammenhang zwischen der Triebkraft der Reaktion und der ET-Rate ist gut mit der Marcus-Theorie vereinbar. In einer Serie von Experimenten am Quantenpunkt/Methylviologen ET-System wurde die Anregpulsenergie variiert, um den Einfluss von Multiexzitonen auf den Elektronentransfer zu untersuchen. Es zeigte sich, dass nach Mehrfachanregung der Quantenpunkte die Separation von bis zu vier Elektron-Loch-Paaren möglich ist. Für den Elektronentransfer im untersuchten ET-System wurde eine ET-Zeit von ca. 200 fs ermittelt. Diese ist deutlich kürzer als die gefundenen Auger-Rekombinationszeiten, die sich zwischen 1,5 ps und 5 ps bewegen. In einer Studie an CdSe/CdS Kern/Schale Partikeln wurde der Einfluss einer passivierenden anorganischen Schale auf den ET-Prozess untersucht. Bei der gewählten Heterostruktur handelte es sich um Typ I Kern/Schale Partikel, in denen sowohl Elektron und Loch hauptsächlich im Kern eingeschlossen sind. Es wurde ein exponentieller Abfall der ET-Rate mit wachsender Schalendicke beobachtet, weshalb davon auszugehen ist, dass die CdS-Schale als elektronische Barriere wirkt, durch die das photoangeregte Elektron tunneln muss, um mit dem Akzeptor reagieren zu können. Schließlich wurde der Einfluss des Elektronentransfers im ET-System auf die Entstehung von Phononen untersucht. Sowohl in freien Quantenpunkten als auch im gekoppelten System konnte das LO sowie das LA Phonon beobachtet werden, wobei das LA Phonon im gekoppelten System stark unterdrückt ist. Im Falle der freien Quantenpunkte sind die beobachteten Oszillationen eine Folge der Frequenzmodulation der Absorption des angeregten Zustandes. Mit Hilfe des Huang-Rhys-Parameters ließ sich ermitteln, wie stark in freien Quantenpunkten das LO Phonon an das Exziton gekoppelt ist. Der berechnete Huang-Rhys-Parameter betrug 0,012. Im Falle des gekoppelten Systems weist die spektrale Signatur der kohärenten Oszillationen darauf hin, dass diese durch die Frequenzmodulation der linearen QP-Absorption verursacht werden. Im Falle des gekoppelten Systems sind die beobachteten Phononen nicht an das Exziton sondern an die ET-Reaktion gekoppelt, d. h. der ET selbst induziert Gitterschwingungen im Reaktionsprodukt. Der berechnete Huang-Rhys-Parameter, der die ET-Phonon-Kopplung beschreibt, berechnete sich ebenfalls zu 0,012, was verdeutlicht, dass die ET-Phonon-Kopplung ähnlich stark wie die Exziton-Phonon-Kopplung ist. Mit Hilfe der spektralen Abhängigkeit der Oszillationen in freien Quantenpunkten und im gekoppelten System ließ sich eine Biexziton-Bindungsenergie von 35 meV berechnen.
Das Gleichgewicht zwischen den Sphingolipiden Ceramid und Sphingosin-1-Phosphat (S1P) spielt eine entscheidende Rolle für das Schicksal einer Zelle. Es ist bekannt, dass Ceramid proapoptotisch wirkt, wohingegen S1P antiapoptotische und entzündungshemmende Signalwege induziert [6]. Eine Beeinflussung der Sphingolipid-metabolisierenden Enzyme sowie eine daraus resultierende gestörte Balance zwischen Ceramid und S1P ist somit ein Merkmal diverser entzündlicher Krankheiten wie der Asthma bronchiale, der Colitis ulcerosa [148] oder auch verschiedenen Arten von Tumoren [199]. Das Hauptziel dieser Arbeit lag in der Untersuchung der Ceramid-abbauenden neutralen Ceramidase (NCDase) und der S1P-synthetisierenden Sphingosinkinase 1 (SK1) in verschiedenen Nierenzellen. Ein Fokus wurde dabei auf die Regulierung dieser Enzyme durch entzündungshemmende Corticosteroide in Ratten Mesangiumzellen gelegt, wobei diese Zellen entscheidend in der Entstehung entzündlicher Nierenerkrankungen wie einer Glomerulonephritis sind. Weiterhin wurde der Einfluss der Mutation putativer Phosphorylierungsstellen der NCDase auf die Regulierung dieses Enzyms in HEK293 Zellen untersucht und in einem dritten Teil der Arbeit schließlich die Expression und die Funktion der SK1 in der humanen Niere im Vergleich zum Nierenzellkarzinom analysiert.
Es konnte gezeigt werden, dass Glucocorticoide (GCs) Mesangiumzellen durch eine Steigerung der intrazellulären S1P-Konzentrationen vor durch Stress induzierter Apoptose schützen. Diese Beeinflussung des Sphingolipid-Rheostats beruhte auf einer gesteigerten mRNA- und Proteinexpression der Sphingosinkinase 1 (SK1) und der neutralen Ceramidase (NCDase). Außerdem wurde nachgewiesen, dass der Promotor der NCDase durch GCs aktivierbar ist und dass zwei Glucocorticoid-responsive-Elemente (GREs) innerhalb der Promotorsequenz durch die Bindung von Glucocorticoidrezeptoren (GRs) diese Aktivierung bewirken. In vivo Experimente mit isolierten Glomeruli, die aus mit Dexamethason behandelten Mäusen gewonnen wurden, zeigten ebenfalls eine Erhöhung der mRNA-Expression und Aktivität der SK1 sowie eine gesteigerte Proteinexpression der NCDase. Somit wurde erstmals ein direkter Einfluss von GCs auf den Sphingolipidmetabolismus in Mesangiumzellen beschrieben.
In einem zweiten Teil dieser Arbeit wurde gezeigt, dass eine Mutation zweier putativer Proteinkinase C (PKC)-Phosphorylierungsstellen (T253A und T420/23A) in der Sequenz der murinen NCDase zu einem verlangsamten Reifungsprozess dieses Enzyms führt. Western Blot-Analysen ergaben, dass der überexprimierte NCDase-WT zwei unterschiedlich glykosylierte Isoformen mit einem Molekulargewicht von 120 und 130 kDa exprimiert, welche stetig durch einen aktiven Prozess sezerniert werden. Im Gegensatz dazu war in den Mutanten ausschließlich die 130 kDa-Form im Zellkulturüberstand und die 120 kDa-Form im Lysat zu finden. Im Gegensatz zum WT lokalisierten die Mutanten lediglich an intrazellulären Membranen und nicht zusätzlich an der Plasmamembran. In Lysaten von Zellen die die Mutanten exprimierten, konnte eine verringerte relative Aktivität gemessen werden, die der sezernierten mutierten Formen hingegen war erhöht. Daher wurde vermutet, dass die 130 kDa-Form die reife Plasmamembran-gebundene und anschließend sezernierte, aktivere Isoform der NCDase darstellt. Die Inkubation von Mesangiumzellen mit Zellkulturüberständen, die den sezernierten NCDase-WT enthielten, führte zum Schutz vor durch Stress induzierter Apoptose. Somit kann eine auto- bzw. parakrine Funktion der sezernierten NCDase angenommen werden.
Dem dritten Teil der Arbeit lag die erstmalige Beschreibung der SK1-Expression in der gesunden humanen Niere zugrunde. Es konnte gezeigt werden, dass diese im Zytoplasma sowie an Membranen von Zellen des proximalen Tubulus sowie in geringerem Maße in Podozyten und Mesangiumzellen des Glomerulus exprimiert wird. Im Gegensatz dazu wurde die SK1 in Biopsien von Patienten mit Nierentumor im Nukleus gefunden. Die Untersuchung der SK1-Expression in 5 verschiedenen Nierentumorzelllinien im Vergleich zu Epithelzellen des proximalen Tubulus (Human Kidney 2 - HK2-Zellen) ergaben, dass sowohl die Protein- als auch die mRNA-Expression der SK1 in Föhn-Zellen stark erhöht, in ACHN3-Zellen hingegen signifikant niedriger war. Zudem konnte auch in den Föhn-Zellen eine nukleäre Expression der SK1 nachgewiesen werden. Die Behandlung von HK2-, ACHN3- und Föhn-Zellen mit dem Transforming Growth Factor-ß2 (TGF-ß2) resultierte in einer transkriptionellen Steigerung der SK1-Expression. Die Herunterregulierung der SK1 in diesen Zellen führte zu einem Arrest der Zellen in der S Phase, wohingegen die Überexpression der SK1 in den ACHN3-Zellen zu einem signifikanten Schutz vor Apoptose führte.
Zusammenfassend sind die Sphingolipid-metabolisierenden Enzyme NCDase und SK-1 ein interessanter therapeutischer Ansatzpunkt zur Behandlung von Krankheiten, die mit pathologischen Prozessen wie Entzündung, Apoptose und Proliferation einhergehen, wie es bei Glomerulonephritiden und bei Nierentumoren der Fall ist.
Die vorliegende Arbeit hat die Charakterisierung und Untersuchung des Stabilitätsverhaltens von
Parvulustat (PL), einem Homologen des α-Amylase-Inhibitors Tendamistat, zum Inhalt. Zur
weitreichenden Charakterisierung wurden verschiedene Proteinregionen des Parvulustats der CTerminus,
das hydrophobe Cluster, die Disulfidbrücken sowie die Proline auf ihren jeweiligen
Einfluss auf die Struktur und die thermodynamische Stabilität untersucht. In der vorliegenden
Zusammenfassung werden die Ergebnisse dieser Studien komprimiert präsentiert:
· Charakterisierung des Parvulustat-Wildtyps
Es galt vorweg herauszufinden, wie sich der Inhibitor unter nativen und denaturierten
Bedingungen verhält, um Rückschlüsse auf seine Merkmale und Strukturen zu ziehen. Die
erzielten Ausbeuten und die hohe Reinheit des isolierten Parvulustats erlaubten eine umfassende
Charakterisierung, einschließlich zahlreicher Kristallisationsexperimente, die vermuten lassen,
dass eine Kristallisation möglich sein sollte. Aufgrund der Tatsache, dass die Struktur des
Parvulustats bis 2009 unbekannt war, wurde die sekundäre Struktur mittels Circulardichroismus
und Fluoreszenzspektroskopie untersucht. Die Analyse des fernen UV-CD-Spektrums bei pH 7,0
und 25°C offenbarte eine „all-b-sheet“ Protein-Struktur. Mittels Fluoreszenzspektroskopie wurde
deutlich, dass die aromatischen Aminosäuren exponiert vorliegen. Um zunächst einen Einblick in
die Strukturveränderungen und die thermodynamische Stabilität zu erhalten, wurde der
temperaturinduzierte Entfaltungsübergang mittels CD-Spektroskopie verfolgt. Das Angleichen der
bei 230 nm gemessenen CD-Daten nach der linearen Extrapolations-Methode für eine
Zweizustands-Faltung ergab einen Tm-Wert von 82°C und D H(Tm) von 201,6 kJ/mol. Die
beträchtlichen Werte veranschaulichen die hohe Stabilität des Parvulustats. Eine aus den CDMessungen
bei 50° ergebende Übergangskurve zeigte, dass sich die Sekundärstruktur mit einem
Übergangsmittelpunkt bei 5,62 M GdnHCl kooperativ und reversibel entfaltet. Das Protein
entfaltet sogar infolge einer pH-Wert-Senkung bis auf pH 1 nicht vollständig, sondern es wechselt
direkt in einen Säure-Zustand („acid-state“). Dieser Zustand zeigt spektroskopisch die gleichen
Eigenschaften wie das native Protein, wobei die volle Inhibierungs-Aktivität nicht erhalten bleibt.
In sehr basischem Milieu bei pH 14 nimmt Parvulustat einen alkalisch denaturierten
Zwischenzustand IB an, der sich erheblich von dem GdnHCl-denaturierten, dem säurebehandelten
oder vom „molten globule“ Zustand unterscheidet. Allgemein behielt Parvulustat
über ein breites pH-Wert Spektrum (1,0-10,0) die native Struktur, bzw. eine „native like“ Struktur,
was erneut auf die enorme Stabilität des Proteins hindeutet. Die von Rehm et al. (Rehm et al.,
Theoretischer Teil
-4-
2009) aufgeworfene Hypothese des „induced fit“ Inhibierungsmechanismus des Parvulustats
konnte durch die in dieser Arbeit durchgeführten Experimenten bekräftigt werden. Mittels
Sekundärstrukturbestimmungen des Parvulustats unter Komplexbildung mit der a-Amylase
konnte eindeutig gezeigt werden, dass strukturelle Veränderungen am Inhibitor im Komplex
vorliegen. Durch zahlreiche Tests konnte festgestellt werden, dass die WRY-Region des
Parvulustats sich der Struktur der a-Amylase anpasst. Die Komplexierung des Parvulustats
bewirkte aber eine thermodynamische Destabilisierung der Inhibitor-Struktur.
· Einfluss des C-Terminus auf die Stabilität des Parvulustats
Um die Ursachen für die hohe Stabilität des Parvulustats auch im Vergleich zu Tendamistat (Tm:
79°C) zu finden, wurde der Einfluss des hoch flexiblen C-Terminus untersucht. Die Derivate mit
um zwei (PL-2AA), vier (PL-4AA) und sieben (PL-7AA) Aminosäuren verkürztem C-Terminus
wurden isoliert und analysiert. Die Entfaltungstemperaturen der verkürzten Derivate des
Parvulustats sinken mit abnehmender Zahl der Aminosäuren. Die Ergebnisse suggerieren, dass
der C-Terminus des Parvulustats eine entscheidende Rolle in der strukturellen Vollständigkeit des
Proteins während der thermischen Entfaltung spielt und damit auch in der Faltung (Tab.: 2.1). Der
Vergleich der Inhibitoraktivitäten der verkürzten Proteine mit dem nativen Parvulustat ergibt für
die Varianten PL-2AA und PL-4AA eine dem Wildtyp ähnliche Aktivität. Die Variante PL-7AA
weist eine leicht verringerte Aktivität auf.
Tabelle 2.1: ...
Einfluss hydrophober Oberflächenclustern auf Stabilität und Faltung
des Parvulustats
Parvulustat besitzt in der Mitte des ersten b-Faltblatts, um die Position 22 liegend, einen
hydrophoben Oberflächencluster. Wie mit Hilfe von Substitutionsexperimenten in dieser Region
gezeigt werden konnte, ist die thermodynamische Stabilität des Parvulustats in hohem Maße von
der Bildung dieses kleinen aber wichtigen hydrophoben Kerns bestimmt. Demnach muss das b-
Faltblatt I und das b-Hairpin I eine entscheidende Rolle in der Faltung von Parvulustat spielen.
Position 22 ist in zweierlei Hinsicht für die Stabilität des Parvulustats wichtig: einerseits durch die
energetisch wichtigen Wasserstoffbrückenbindungen und zum zweiten steuert die Stelle zur
Formation des hydrophoben Kerns bei. Die Daten suggerieren, dass es auch eine
thermodynamische Kopplung zwischen dem hydrophoben Effekt und der Präsenz von
Wasserstoffbrückenbindungen geben könnte. Zumindest aus der Sicht der Stabilität ist es
eindeutig, dass interatomare Interaktionen wie Wasserstoffbrückenbindungen, van-der-Waalsund
Dipol-Dipol-Wechselwirkungen notwendig sind, um eine stabile Bildung von b-Faltblättern
in Parvulustat und seinen Derivaten zu verwirklichen.
· Der Effekt der Proline auf die Stabilität des Parvulustats
Der Effekt der Substitution des Prolins durch Alanin an verschiedenen Positionen des Parvulustats
wurde ebenfalls untersucht. Im Ganzen betrachtet führt auch die Mehrfachsubstitution von Prolin
zu keiner nennenswerten strukturellen Veränderung im Parvulustat. Die durchgeführten
thermischen Entfaltungsexperimente bestätigen diese Beobachtungen. Alle Einzelmutanten (P5A,
P42A, P48A, P72A) zeigten eine höhere thermische Stabilität als der Wildtyp (Abb. 2.1).
Abbildung 2.1: Tm-Werte des Parvulustat-Wildtyps und seinen Prolin Mutanten.
Theoretischer Teil
-6-
Die fast gleich bleibenden Tm-Werte bzw. die Erhöhung der Stabilität des Parvulustats sind durch
die strukturelle Fluktuationen zu erklären, denn die rigide XAS-Pro-Bindung wurde durch die
flexible XAS-Ala-Bindung ersetzt.
· Der Einfluss der Disulfidbindung auf die Stabilität des Parvulustats
Der Einfluss der zwei Disulfidbrücken des Parvulustats wurde bezüglich Aktivität, spektraler
Eigenschaften sowie Stabilität untersucht. Hierfür wurden 25 Inhibitorvarianten mittels gezielter
Mutagenese gewonnen, in denen jeweils zwei Cysteinreste, die im natürlich vorkommenden
Parvulustat Disulfidbrücken bilden, durch andere Aminosäuren ersetzt wurden. Die Ergebnisse
zeigten, dass die Faltung Parvulustats ein zwei Zustand Verhalten besitzt, das außer in
Tendamistat in keinem anderen disulfid-verknüpftem Protein gefunden wurde. Dieses Verhalten
wurde durch die Entfernung von Disulfidbrücken nicht beeinflusst. Wie durch die CD- und
fluoreszenzspektroskopischen Experimente belegt werden konnte, ist die native Struktur des
Parvulustats durch die Entfernung der C43-C70-Disulfidbindung tiefgreifend verändert worden.
Passend zu den Veränderungen der Struktur haben die Mutationen schwerwiegende
Destabilisierungseffekte auf das Protein verursacht, was auch an der Erniedrigung der Freien
Gibbs Energie der Denaturierung und der Tm-Werte zu erkennen ist. Die Untersuchung des
Einflusses der Aminosäure-Substitution in den Positionen 43 und 70 auf die thermodynamische
Stabilität des Parvulustats führt zum Ergebnis, dass die Hydrophobizität und Polarität des Restes
70 einen bedeutenden Effekt auf die Stabilität des Proteins besitzt. Die Betrachtung der
thermodynamischen Daten macht deutlich, dass der Beitrag der freien Energie zur Stabilisierung
nicht nur abhängig von der eingeführten Aminosäure ist, sondern zum Teil auch von dem
strukturellen Kontext abhängt. Die Daten zeigen, dass die Substitution des Alanins an der Stelle
70 durch Leucin oder Threonin die Struktur um 0,3 bzw. 1,7 kJ/mol stabilisieren. Zusätzliche
Beiträge zum Unterschied bezüglich des ΔG°-Werts zwischen den Varianten C43AC70L/T und
C43L/TC70A können sich auch durch die unterschiedliche lokale Umgebung, wie z.B. die
Seitenketten von benachbarten Aminosäuren um die zwei Mutationsstellen ergeben. Der Tm-Wert
des Wildtyp-Proteins beträgt 82°C. Die Vergleiche dieser Größe mit der von der stabilsten
Cystein-defizitären Doppelmutante C43AC70T (47,3°C) ergibt eine Differenz von 34,7°C. Dieses
Ergebnis untermauert, dass die Disulfidbindung 2 eine extrem wichtige strukturelle Komponente
in der ungewöhnlich hohen Stabilität des Parvulustats darstellt.
Das Ziel der Arbeit war es dennoch die Daten der Stabilitäten einzelner Disulfidmutanten zu
sammeln und zu erfassen, um dadurch allgemeine Grundregeln für eine rationale Gestaltung der
Elimination beider Disulfidbrücken im Sinne einer vorhersagbaren Auswirkung auf die
Proteinstabilität zu bekommen.
Theoretischer Teil
-7-
Der Versuch ein disulfidfreies Protein in großen Mengen aus S. lividans zu isolieren, stellte sich
aber als extrem schwierig dar. Nach der Änderung des Stamms des Wirtsorganismus
(Streptomyces lividans TK23), Erhöhung der Qualität der Protoplasten und der Expressions-
Bedingungen (19°C, 150 rpm) konnten auf dem SDS-Gel stärkere Banden des Derivats
C9AC25TC43AC70T-4AA beobachtet werden. Die Expression der Mutante
C9AC25TC43AC70L-4AA konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Die anschließende
Reinigung des Derivats C9AC25TC43AC70T-4AA des Parvulustats mittels Gelfiltration und RPHPLC
bzw. Isolierung des Proteins aus dem SDS-Gel brachte das erwünschte Produkt. Dieses
konnte mit der MALDI-Massenspektroskopie eindeutig nachgewiesen werden. Das aktive
Cystein-freie Derivat C9AC25TC43AC70T-4AA konnte auch auf dem a-Amylase Plattentest
nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Expression und der Nachweis einer
cystein-freien Variante möglich sind, dennoch haben die Ausbeuten dieses Proteins für
weiterreichende Analytik nicht ausgereicht. Demnach sind die Disulfidbrücken für die Stabilität
und Struktur des Parvulustats von enormer Bedeutung dennoch sind sie nicht zwingend
erforderlich für die Aktivität und die Expression in S. lividans.
Das humane endogene Retrovirus-K: Grundlagenforschung und Nutzen als Tumor-assoziiertes Antigen
(2011)
Fast die Hälfte des humanen Genoms besteht aus Retroelementen, die während der evolutiven Entwicklung des Menschen im Genom fixiert wurden. Im Wesentlichen kann man diese Retroelemente in DNA-Transposons, LINEs, SINEs und humane endogene Retroviren unterteilen, dabei nehmen die humanen endogenen Retroviren (HERV) 8% des humanen Genoms ein. Bei einer Unterfamilie, der HERV-K Familie, sind bis heute alle offenen Leserahmen erhalten geblieben. Nach heutigem Erkenntnisstand wird eine Expression dieser Elemente in somatischen Zellen jedoch strikt unterdrückt, denn eine Expression von Retroelementen könnte zu Insertionsmutagenesen führen und letztlich dem Organismus erheblichen Schaden zufügen.
Im Gegensatz dazu wird eine reaktivierte Expression von HERV-K häufig in einigen Tumorarten beobachtet: allen voran Keimzelltumore, Melanome und Brustkrebs. Außerdem können in Patienten, die an solchen Tumoren erkranken, häufig HERV-K spezifische Antikörper und mitunter auch gegen HERV-K-gerichtete T-Zellen nachgewiesen werden. Die strikte Unterdrückung der HERV-K Expression in gesunden, somatischen und eine reaktivierte Expression in entarteten Zellen machen HERV-K Proteine daher zu idealen Tumor-assoziierten Antigenen.
Auf Grundlage dieser Untersuchungen wurden, in dieser Arbeit, zwei potentielle Tumorvakzine, basierend auf dem hoch attenuierten Modifizierten Vacciniavirus Ankara (MVA) hergestellt. Durch homologe Rekombination wurde ein HERV-K gag-pro-pol transgenes MVAHKcon und ein HERV-K env transgenes MVAHKEnv hergestellt und charakterisiert. Darüber hinaus wurden die rekombinanten Viren in einem neu etablierten, syngenen Maus-Tumor-Modell untersucht. MVAHKcon immunisierte Mäuse zeigten eine starke humorale Immunantwort und waren in der Lage subkutane, HERV-K Gag positive Tumore fast vollständig zu eliminieren. MVAHKEnv immunisierte Mäuse zeigten dagegen eine moderate humorale Immunantwort und eine starke T-Zellantwort. Nach therapeutischer Immunisierung mit MVAHKEnv konnte im Mausmodell eine signifikante Reduktion an HERV-K Env positiven Lungenmetasten beobachtet werden. Außerdem konnte durch eine prophylaktische Immunisierung mit MVAHKEnv ein vollständiger Schutz der Mäuse vor der Ansiedlung HERV-K Env-exprimierender Tumore erreicht werden. Die hier vorgestellten HERV-K rekombinanten MVA könnten daher der erste Schritt zu einer Immuntherapie gegen reaktivierte Retroelemente in malignen Tumoren darstellen.
MVAHKcon infizierte Zellen produzieren und sekretieren große Mengen HERV-K Virus-ähnlicher Partikel (VLP) somit konnten auch grundlegende Fragestellungen der HERV-K Biologie geklärt
Zusammenfassung
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werden. Durch die Kombination massenspektrometrischer Analysen und N-terminaler Sequenzierungen konnten, die noch nicht bekannten Schnittstellen der retroviralen Protease im HERV-K Gag Protein identifiziert werden. Zudem wurde eine späte Domäne von HERV-K identifiziert und darüber hinaus Wechselwirkungen von HERV-K VLPs mit zellulären Restriktionsfaktoren wie APOBEC3G und CD317 studiert.
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der Entwicklung, Synthese und
Charakterisierung neuartiger redoxaktiver Liganden und deren Metallkomplexen. Basierend
auf dem para- und ortho-Hydrochinon / Benzochinon-Redoxsystem wurden 13 neue
Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden (28 – 36 und 67 – 70; Schema 47) synthetisiert und
vollständig charakterisiert. Ein Schwerpunkt lag auf der Einführung von Substituenten am
Bis(pyrazol-1-yl)methan-Donor, um deren Einfluss auf das N,N′-Koordinationsverhalten
gegenüber Metallionen zu untersuchen. In Analogie zu den klassichen Skorpionaten sind
Substituenten in Position 3 der Pyrazolringe in der Lage, koordinativ ungesättigte
Metallzentren kinetisch zu stabilisieren, was für potentielle Anwendungen in der Katalyse
essentiell ist. Bei den ortho-chinoiden Liganden (67 – 70; Schema 47) erfüllt die redoxaktive
Gruppe eine zweite Funktion, nämlich als Chelatdonor gegenüber Metallzentren, was die
Synthese und Untersuchung (hetero-)dinuklearer Komplexe erlaubt.
Schema 47: In dieser Arbeit synthetisierte und charakterisierte redoxaktive Bis(pyrazol-1-yl)methan-
Liganden.
Die kristallographische Charakterisierung von 10 dieser Liganden (28 – 33, 67 – 70) zeigte
größtenteils sehr ähnliche strukturelle Parameter. Ein steigender sterischer Anspruch der
Substituenten am Bis(pyrazol-1-yl)methan führte zu einer leichten Streckung der
Chinon–Bis(pyrazol-1-yl)methan-Bindung und zu kurzen Kontakten zwischen Substituenten
am zentralen Methin-Kohlenstoffatom und den ipso- (HQ-C1) bzw. ortho-Kohlenstoffatomen
(HQ-C2) am sechsgliedrigen Ring. Diese kurzen Kontakte spielten in der oxidativen
Demethylierung von 32 eine Rolle. Während alle anderen para-chinoiden Liganden mit
Cerammoniumnitrat (CAN) zu den erwarteten para-Benzochinon-Derivaten reagierten
(Schema 48), wurde im Zuge der Oxidation von 32 ein zusätzliches Sauerstoffatom am
sechsgliedrigen Ring eingeführt (47; Schema 48). Im Gegenzug wurde die sterisch am
stärksten abgeschirmte Methoxygruppe nicht oxidativ demethyliert. Letztendlich konnte
gezeigt werden, dass (i) das neu eingeführte Sauerstoffatom von atmosphärischem Sauerstoff
stammt und (ii) alle fünf Methylgruppen und beide Methoxygruppen in 32 für die Oxidation
essentiell sind.
Zusammenfassung
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Schema 48: Oxidation der para-chinoiden Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden mit CAN.
Die Cyclovoltammogramme der ortho-chinoiden Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden
(untersucht am Beispiel von 67, 68 und 70) zeigten irreversible Redoxwellen, da im Zuge der
Oxidation OH-Protonen abgespalten wurden; die Redoxpotentiale liegen in einem mit
chemischen Oxidationsmitteln gut zugänglichen Bereich. 70 wurde von CAN erfolgreich
oxidiert, das Produkt 71 zersetzte sich unter den Reaktionsbedingungen allerdings sehr
schnell und konnte nicht isoliert, sondern lediglich als Additionsprodukt von 4-tert-
Butylpyridin abgefangen werden. Unter optimierten Reaktionsbedingungen und mit DDQ als
Oxidationsmittel ließen sich 70 und 68 in ihre oxidierte Form überführen und in Reinform
gewinnen. Die für ortho-Benzochinone typische Neigung zur Zersetzung wurde auch bei 71
und 73 beobachtet, wobei letzteres sich wesentlich schneller zersetzte (innerhalb von
Stunden) als 71 (innerhalb eines Tages).
Abb. 36: N,N′-Cobalt- und Palladium-Komplexe 59, 60, 74 und 75.
Die Koordinationschemie repräsentativer Vertreter der 13 redoxaktiven Bis(pyrazol-1-
yl)methan-Liganden wurde untersucht. Bereits der sterisch nur mäßig anspruchsvolle parachinoide
Ligand 29 ist in der Lage, koordinativ ungesättigte CoII-Ionen kinetisch gegenüber
der Bildung von 1:2 Komplexen zu stabilisieren. Im Festkörper liegen ausschließlich
Verbindungen mit einer 1:1 Zusammensetzung von Ligand zu CoII vor (59 und 60; Abb. 36).
In Lösung scheinen hingegen Gleichgewichte zu existieren, in denen auch die koordinativ
abgesättigten oktaedrischen 2:1 Komplexe auftreten. Die ortho-chinoiden Liganden 67 und 68
bildeten selektiv entsprechende N,N′-koordinierte PdCl2-Komplexe, ohne dass das ortho-
Hydrochinonat (Catecholat) als konkurrierender O,O′-Donor wirkte (74 und 75).
Zusammenfassung
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Es zeigte sich jedoch auch, dass sterisch sehr anspruchsvolle Substituenten am
Bis(pyrazol-1-yl)methan-Fragment in Reaktionen mit Übergangsmetallen zu einer Zersetzung
des Ligandengerüsts führen können. So reagierte der para-chinoide tert-Butyl-substituierte
Ligand 31 mit [Co(NO3)2] zu [(HpztBu,H)2Co(NO3)2] (63). Eine analoge Zersetzung zu trans-
[(HpzR,H)2PdCl2] (76: R = Ph und 77: R = tBu) wurde nach der Reaktion der ortho-chinoiden
Liganden 69 bzw. 70 mit [PdCl2]-Quellen beobachtet.
Schema 49: Synthese von O,O′-Koordinationskomplexen der ortho-chinoiden Bis(pyrazol-1-
yl)methan-Liganden 68, 69 und 70.
Die ortho-chinoiden Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden (67 – 70) besitzen mit ihrem
Catecholat-O,O′-Donor eine zweite Koordinationsstelle, was diese Liganden für die Synthese
von dinuklearen Komplexen interessant macht. Da gezeigt werden konnte, dass [PdCl2]
selektiv an den Bis(pyrazol-1-yl)methan-Donor koordiniert (vgl. 59, 60, 74 und 75; Abb. 36),
galt es als nächstes zu evaluieren, ob eine ähnlich selektive Bindung anderer Metallionen an
den O,O′-Donor möglich ist.
Abb. 37: Molekulare Strukturen ausgewählter O,O′-Koordinationskomplexe ortho-chinoider
Bis(pyrazol-1-yl)methan-Komplexe 82 (links), 83 (Mitte) und 85 (rechts).
In der Tat konnten in sehr guten Ausbeuten O,O′-gebundene [(p-cym)Ru]-, [(Phpy)2Ir]-
und [(Cp*)Ir]-Komplexe ausgewählter redoxaktiver ortho-chinoider Liganden dargestellt
werden. Vorteilhaft war die Verwendung der kristallinen, nicht-flüchtigen Base TlOtBu zum
Abfangen der im Zuge der Komplexierung freiwerdenden Protonen (Schema 49, Abb. 37).
Die Eliminierung von TlCl sorgt für eine irreversible Reaktion zu den entsprechenden
Zusammenfassung
74
Komplexen. Besonders interessant ist die Koordinationschemie des Liganden 68 im chiralen,
anionischen IrIII-Komplex 83 (Abb. 37 Mitte), der in der Synthese als Thallium-Salz anfiel
und im Festkörper TlI-verbrückte Dimere bildete.
Eine elektrochemische Charakterisierung wurde mit 85 durchgeführt. Wie erwartet, zeigte
der komplexierte Bis(dimethylpyrazol-1-yl)methan-Ligand im Gegensatz zu freiem 68 eine
reversible Oxidationswelle. Die Potentialdifferenz zwischen Liganden-Oxidation und Iridium-
Reduktion beträgt fast 2 V, was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass sich 68 als
unschuldiger Ligand verhält und man Iridium zweifelsfrei die Oxidationsstufe +III zuweisen
kann. Mit Komplexen von 68 und leichter reduzierbaren Übergangsmetallen sollte es
hingegen möglich sein, in den Bereich des nicht-unschuldigen Verhaltens vorzudringen und
z.B. Valenz-Tautomerie zu beobachten.
Mit effizienten Synthesewegen zu N,N′-Komplexen einerseits (74 und 75; Abb. 36) und
O,O′-Komplexen andererseits (u.a. 83 und 85; Abb. 37) wurde als nächstes ein heterodinuklearer
Komplex synthetisiert (87; Schema 50). 68 erwies sich als am besten geeigneter
Ligand, da er, wie bereits erwähnt, eine gute Löslichkeit bei moderatem sterischen Anspruch
besitzt und der N,N′-Donor auch in Gegenwart von Lewis-sauren Metallionen beständig ist.
Die Wannenform des Bis(pyrazol-1-yl)methan-PdII-Chelatrings in 87 bringt das Palladium-
Ion in räumliche Nähe zum ortho-Hydrochinonat π-System. In früheren Studien dieser
Arbeitsgruppe konnte gezeigt werden, dass ein solches Arrangement Elektronenübertragungen
zwischen dem Chinon und dem koordinierten Palladium-Zentrum erlaubt.
Durch die direkte konjugative Wechselwirkung des zweiten Metallzentrums (IrIII) mit der
redoxaktiven Gruppe über die Sauerstoffatome in 87 sollte eine effektive elektronische
Ligand ↔ Metall- und Metall ↔ Metall-Kommunikation möglich sein. Die elektrochemische
Charakterisierung zeigte allerdings, dass im vorliegenden Fall die Potentiale der drei
Komponenten Chinon / PdII / IrIII mit jeweils ca. einem Volt zu weit auseinander liegen.
Schema 50: Synthese eines hetero-dinuklearen IrIII/PdII-Komplexes.
Im letzten Teilgebiet dieser Arbeit wurde die Eignung der ortho-chinoiden Liganden 67
und 70 für den Aufbau höhermolekularer Koordinationsverbindungen und oligonuklearer
Aggregate untersucht.
Zusammenfassung
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Schema 51: Synthese der oktaedrischen Komplexliganden 89 – 96.
Dafür wurden Komplexliganden synthetisiert, die aus einem Zentralmetall bestehen, das
oktaedrisch von je drei O,O′-koordinierenden Liganden 67 bzw. 70 umgeben ist (Schema 51).
Mit den freien Bis(pyrazol-1-yl)methan-Donorgruppen vermag jeder dieser Komplexliganden
drei weitere Metallzentren zu koordinieren. Derartige Verbindungen könnten aufgrund ihrer
dreidimensionalen Struktur z.B. Anwendung im Aufbau von redoxaktiven metallorganischen
Netzwerken oder elektrisch leitfähigen Koordinationspolymeren finden. Als Zentralmetalle
dienten FeIII- und AlIII-Ionen; erstere, weil sie selbst redoxaktiv sind, und letztere, weil sie
eine im Vergleich zu FeIII ähnliche Koordinationschemie besitzen, aber wegen ihres
Diamagnetismus‘ eine NMR-spektroskopische Charakterisierung ermöglichen. Je nach
verwendeter Base wurden die dreifach anionischen Komplexliganden als Lithium- bzw.
Thallium-Salze isoliert. Die NMR-Spektren von 89, 90, 93 und 94 zeigten jeweils nur einen
Signalsatz, obwohl sich, bedingt durch die Asymmetrie des Liganden und die Chiralität des
oktaedrischen Metallzentrums, fac- und mer-Isomere bilden können. Es konnte nicht
abschließend geklärt werden, ob sich exklusiv das höhersymmetrische fac-Isomer bildet, oder
ob ein Mechanismus aktiv ist, der alle Isomere auf der NMR-Zeitskala schnell ineinander
überführt, sodass die Gegenwart lediglich einer Spezies vorgetäuscht wird. In
elektrochemischen Untersuchungen zeigten die Komplexliganden mehrere irreversible
Oxidationswellen. Ob dieses Verhalten auf eine intramolekulare Kommunikation der
einzelnen redoxaktiven Gruppen zurückzuführen ist, müssen weitergehende Studien zeigen.
Als prinzipieller Beleg für die präparative Anwendbarkeit der Komplexliganden und
Grundlage für die Untersuchung der Koordinationschemie der oktaedrischen
Komplexliganden, wurden PdII-Komplexe von 89 und 93 synthetisiert.
Ziel dieser Arbeit war es zum einen Informationen über den Mechanismus in Dodecinproteinen zu gewinnen, der zu der effizienten Fluoreszenzlöschung von gebundenem Riboflavin und einer deutlichen Verlängerung der Lebendsdauer des Chromophors unter Lichteinwirkung führt. Zum anderen sollte mit Hilfe eines kurzen Modellpeptids, das eine Azobenzoleinheit als Photoschalter in seinem Peptidrückgrat enthielt, erste Schritte der Peptidfaltung untersucht werden.
Die Untersuchungen an Dodecinproteinen konzentrierten sich hauptsächlich auf archaeales Dodecin aus Halobacterium salinarum (HsDod). Eine Besonderheit der Dodecinproteine ist, dass sie im Gegensatz zu anderen Flavinbindeproteinen zwei Flavinmoleküle in jeder ihrer sechs identischen Bindetaschen einbauen können. Kurzzeitspektroskopische Untersuchungen im UV/vis-Spektralbereich zeigen, dass nach Photoanregung eines gebundenen Riboflavinmoleküls nach etwa 10 ps der Ausgangszustand wieder erreicht wird. Weiterhin zeigt das Fehlen der stimulierten Emission in den transienten Daten, dass bereits innerhalb der Zeitauflösung des Experiments, in weniger als 150 fs, der erste angeregte Zustand des Riboflavins entvölkert wird. Dies verhindert unerwünschte Reaktionen des Riboflavins und stellt eine Versorgung der Zelle mit diesem wichtigen Baustein für die Biosynthese von FMN und FAD sicher. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass zwei Spezies mit unterschiedlichen spektralen Signaturen und Lebensdauern an dem Löschungsmechanismus und der Wiedererlangung des Ausgangszustands beteiligt sind. Der Vergleich von HsDod-Proteinen in nicht-deuteriertem und deuteriertem Lösungsmittel sowie die spektrale Signatur der Spezies, die mit einer Zeitkonstante von etwa 800 fs zerfällt deuten an, dass ein Elektronen- sowie ein Protonentransfer Teil des Mechanismus sind. Mit Hilfe von HsDod-Proteinen, bei denen der Asparaginsäurerest unterhalb der Bindetasche, der für das Binden eines wasserkoordinierten Magnesiumions verantwortlich ist, gegen Serin (D41S) oder Glutaminsäure (D41E) ausgetauscht war, konnte gezeigt werden, dass das wasserkoordinierte Magnesiumion nicht relevant für den Löschungsmechanismus ist. Dennoch konnte eine Beteiligung von Wassermolekülen nicht ausgeschlossen werden. Die Beteiligung eines Elektronentransfers von einem Tryptophanrest in der Bindetasche auf das photoangeregte Flavin konnte durch Messungen an Dodecinproteinen mit Tryptophan-Derivaten mit unterschiedlichen Ionisationsenergien bestätigt werden.
Die Spezies, die mit einer Zeitkonstante von etwa 5 ps zerfällt, die ebenfalls zu einer Wiederbesetzung des Ausgangszustands führt, konnte nicht eindeutig identifiziert werden. Die spektrale Signatur des zerfallassoziierten Spektrums könnte neben einer neutralen Tryptophanspezies und einem kationischen Riboflavinradikal auch durch schwingungsangeregte Riboflavinmoleküle verursacht werden.
Eine Beteiligung der Ribitylkette am Mechanismus kann aufgrund der Ergebnisse von HsDod-gebundenem Lumiflavin ausgeschlossen werden. Weiterhin konnte anhand der Ergebnisse für HsDod-gebundenes FAD, das in seiner geschlossenen Konformation gebunden wird, wobei der Adeninrest die zweite Position in der Bindetasche besetzt, eine Beteiligung des zweiten Flavins in der Bindetasche am Löschungsmechanismus sowie ein Beitrag zu den Differenzspektren ausgeschlossen werden. Somit dient die Besetzung einer Bindetasche mit zwei Flavinmolekülen vermutlich lediglich der Maximierung der Flavinbeladung. Nicht eindeutig geklärt werden konnte die Frage, ob es sich um einen sequentiellen oder parallelen Mechanismus handelt.
Neben archaealem wurde auch bakterielles Dodecin mittels transienter UV/vis-Spektroskopie untersucht. Für Dodecin aus Halorhodospira halophila (HhDod) konnte ebenfalls eine sehr schnelle Wiedererlangung des Ausgangszustands nach Photoanregung des gebundenen Riboflavins beobachtet werden. Allerdings spiegeln einige Unterschiede in den transienten Daten die Unterschiede in den Bindetaschen von archaealem und bakteriellem Dodecin wider und geben Hinweise darauf, dass die Funktionen in der Zelle für die Dodecine unterschiedlich sind. Diese Hypothese wird durch verschiedene Cofaktoren, Riboflavin und Lumichrom für HsDod und FMN für HhDod, in vivo unterstützt. Die ermittelten Zeitkonstanten sind für das bakterielle Dodecin etwas länger als für das archaeale und die transienten Daten weisen in den spektralen Signaturen der Differenzsignale sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten auf.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden erste Schritte der Peptidfaltung mit Hilfe eines wasserlöslichen bizyklischen Modellpeptids, das den Photoschalter 4(4’-Aminomethylphenylazo)benzoesäure (AMPB) enthält, untersucht. Hierfür wurden Kurzzeitspektroskopische Messungen im mittleren infraroten Spektralbereich für den Schaltvorgang von der cis-Form des Azopeptids in die trans-Form durchgeführt. Diese Methode erlaubt es, transiente Konformationsänderungen des Peptidrückgrats zu verfolgen. In der cis-Form kann das Peptid mehrere unterschiedliche Konformationen einnehmen, während der Konformationsraum für die trans-Form deutlich eingeschränkt ist. Nach der Photoanregung im Bereich der n-pi*-Bande der Azobenzoleinheit finden die grundlegenden konformationellen Änderungen innerhalb der ersten 10-20 ps statt. Dies wurde durch polarisationsabhängige Messungen bestätigt.
Auf dieser Zeitskala finden die größten Änderungen in den transienten Differenzspektren statt, die auf Konformationsänderungen sowie Kühlprozesse zurückzuführen sind. Diese Prozesse konnten mit einer Zeitkonstanten von 5 ps zusammengefasst werden. Auf längeren Zeitskalen finden weitere Reorganisationsprozesse statt, die mit einer Zeitkonstante von 300 ps zusammengefasst werden können. Bei maximaler Verzögerungszeit des Experiments (1,8 ns) ist der Gleichgewichtszustand noch nicht erreicht und es finden weitere Prozesse auf längeren Zeitskalen statt. Im Vergleich zu einem ähnlichen bereits untersuchten DMSOlöslichen bizyklischen AMPB-Peptid konnte keine schnellere Dynamik durch den Einsatz von Wasser als Lösemittel festgestellt werden, wie es vorangegangene transiente Experimente im UV/vis-Spektralbereich an wasser- und DMSO-löslichen bizyklischen Azopeptiden angedeutet hatten. Die Ergebnisse der transienten Messungen zeigen gute Übereinstimmungen mit molekulardynamischen Rechnungen. Das so gewonnene Modell von den Prozessen nach der Isomerisierung des Photoschalters erlaubt Einblicke in erste Schritte bei der Faltung von Peptiden in ihrem natürlichen Lösungsmittel Wasser und die Zeitskalen der entsprechenden Prozesse.
Die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen an GXG Modellpeptiden konnten eindeutig zeigen, dass diese Peptide, auch ohne das Vorhandensein von langreichweitigen Wechselwirkungen, bestimmte Sekundärstrukturen präferieren. Ein Teil der beobachteten, auftretenden Strukturmotive lässt sich hierbei über den sterischen Anspruch der Seitenkette erklären, ein anderer Teil über die Ladung der Seitenkette. In Kombination mit anderen Spektroskopischen Methoden konnten zehn dieser Peptide genauestens untersucht werden. Hierbei zeigte sich, dass diese Peptide nicht nur die favorisierten Regionen des Ramachandran-Diagramms besetzen. Ein Vergleich mit dem Vorkommen bestimmter Aminosäuren, beispielsweise in loop Regionen von Proteinen, zeigt dass die Sequenz dieser loops nicht zufällig ist. Tatsächlich besitzt ein Teil der Aminosäuren, die besonders häufig an bestimmten loop Positionen vorkommen, bereits die intrinsische Vorliebe, die notwendige Konformation einzunehmen. Diese Aminosäuren und die umgebenden loops sind somit eventuell nicht nur das simple Verbindungsglied zwischen zwei Sekundärstrukturen, sondern kommen selbst als Ausgangspunkte für Peptid- bzw. Proteinfaltung in Frage.
Ein weiteres Augenmerk der Arbeit lag auf der Messung von skalaren und dipolaren Kopplungen an isotopenmarkierter RNA. Es wurden vier Pulssequenzen entwickelt, die es ermöglichen, 1J skalare bzw. dipolare Kopplungen in der Zuckerregion von 13C- markierter RNA mit hoher Präzision zu messen. Die entwickelten J-modulierten Experimente ermöglichen die Messung von 1J(H2’C2’), 1J(C1’C2’) sowie 1J(C2’C3’) Kopplungen selbst für größere RNA Moleküle. Die Detektion erfolgt hierbei auf den C1’H1’ Signalen, die Zuordnung der Kerne, deren Kopplung gemessen wird, ist nicht einmal erforderlich. Die Anwendbarkeit konnte für verschiedene Systeme mit 14 bis 70 Nukleotiden demonstriert werden. Die erreichte Präzision ermöglichte es außerdem auch sehr kleine Effekte, wie beispielsweise die Ausrichtung von RNA im Magnetfeld zu detektieren.
Diese Arbeit zeigt außerdem zwei Beispiele für die gezielte Modifikation, um Lanthanid Bindungsstellen einführen zu können. Auf chemischen und biochemischen Weg konnte isotopenmarkierte, in vitro transkribierte RNA modifiziert werden. Die Ergebnisse zeigen eindeutig eine Bindung von Lanthanid-Ionen an die modifizierte RNA. Die auftretenden, eher kleinen Effekte, sind vermutlich auf die noch zu hohe Flexibilität der eingeführten Modifikationen. Vor allem bei der chemischen Modifikation besteht hier noch Potential zur Optimierung, nachdem die generelle Anwendbarkeit der Methode demonstriert wurde.
Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse von Kopplungsmustern zur Analyse und zum Vergleichen von Naturstoffen. Hier konnten aus einer Reihe von Derivaten eindeutig die identifiziert werden, die verglichen mit der Ausgangsstruktur, die gleiche Konformation besitzen. Die gewonnenen Ergebnisse decken sich hier mit durchgeführten biologischen Tests, die ebenfalls dasselbe Derivat als aktiv identifizieren konnten, was klar für eine Struktur-Aktivitäts-Beziehung spricht.
In der vorliegenden Arbeit werden Methoden und Anwendungen gezeigt, um skalare und dipolare Kopplungen im Bereich von Peptiden, Nukleinsäuren und kleinen Molekülen zu nutzen. Die durchgeführten Arbeiten reichen dabei von der speziellen Probenpräparation zur Messung von dipolaren Kopplungen bis hin zur Entwicklung neuer NMR-spektroskopischer Methoden zur Messung von Kopplungen mit höherer Präzision und an größeren Systemen als bisher.
Die Untersuchung von RNA mittels NMR-Spektroskopie hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, weil die Zahl der neu entdeckten RNA-Funktionen, wie z.B. RNA-Schalter in Bakterien, stark gestiegen ist. Ziel dieser Arbeit war es, mithilfe der NMR-Spektroskopie einen Beitrag zum besseren Verständnis der biochemischen Prozesse, in die RNA-Moleküle involviert sein können, zu leisten.
Im ersten Teil dieser Arbeit (Kapitel 2, 3 und 4) werden zum einen die Entwicklung neuer Methoden für die RNA-Strukturbestimmung vorgestellt und zum anderen die Leistungsfähigkeit der modernen NMR-spektroskopischen Strukturaufklärung demonstriert.
Im zweiten Teil dieser Arbeit (Kapitel 5) wird die NMR-Spektroskopie zur Untersuchung der RNA-Schalter-Funktion eingesetzt. Die biologische Funktion von RNA oder Proteinen setzt oftmals eine dynamische Struktur voraus und involviert Konformationsänderungen infolge biochemischer Signalweiterleitung. Für die Charakterisierung solcher Prozesse eignet sich die NMR-Spektroskopie insbesondere gut, weil sie in Lösung unter verschiedenen Reaktionsbedingungen angewandt wer-den kann. Durch den direkten NMR-spektroskopischen Nachweis von Basenpaarungen können wichtige strukturelle Eigenschaften (Faltung, Strukturhomogenität und Dynamik) entschlüsselt und in einen Zusammenhang mit der Funktion gebracht werden.
Im Folgenden werden die einzelnen Kapitel vorgestellt.
Nachdem das erste Kapitel eine allgemeine Einleitung in die NMR-Spektroskopie, RNA-Struktur und Funktion der RNA-Schalter darstellt, folgt im Kapitel 2 die Einführung einer neuen Methode, die eine quantitative Bestimmung der Torsionswinkel alpha und zeta in RNA/DNA mittels NMR-Spektroskopie ermöglicht (Abb. 1). Sie basiert auf der Wechselwirkung zwischen dem CH-Dipol und der 31P-CSA, die von der relativen Orientierung abhängig ist. Die Methode wurde für die CH- und CH2-Gruppen in Form von zwei Pulssequenzen (2D- und 3D-G-HCP) zur Messung von insgesamt fünf kreuz-korrelierten Relaxationsraten entlang des RNA/DNA-Rückgrats optimiert. Die Funktionsfähigkeit der Methode wurde zunächst an der 14mer cUUCGg-Tetraloop RNA getestet und zur Bestimmung der Torsionswinkel alpha und zeta genutzt. Die Ergebnisse flossen in die Strukturrechnung der 14mer RNA, die im Kapitel 3 vorgestellt wird, mit ein. Des Weiteren gelang es die Anwendbarkeit der Experimente an einer größeren 27mer RNA zu demonstrieren. Die neue Methode ist deswegen von Bedeutung, weil die Winkel alpha und zeta nicht über 3J-Kopplungskonstanten gemessen werden können.
(Nozinovic, S., Richter, C., Rinnenthal, J., Fürtig, B., Duchardt-Ferner, E., Weigand, J. E., Schwalbe, H. (2010), J. Am. Chem. Soc. 132, 10318-10329.)
Im Kapitel 3 wird die NMR-spektroskopische Bestimmung der Struktur einer Model-RNA, der 14mer cUUCGg-Tetraloop RNA, vorgestellt. Die Strukturrechung wurde mit verschiedenen NMR-Datensätzen, die in der Arbeitsgruppe einschließlich dieser Doktorarbeit gesammelt wurden, durchgeführt. Zusammen mit den Ergebnissen aus dem Kapitel 2 konnte eine sehr präzise Struktur mit einem RMSD von 0,37 Å (20 Strukturen) in sehr guter Übereinstimmung mit experimentellen Daten ermittelt werden. Die gerechnete Struktur repräsentiert eine der gegenwärtig genauesten und umfassendsten Strukturbestimmungen einer RNA, bei der jeder Torsionswinkel quantitativ bestimmt wurde. Einen besonderen Höhepunkt stellt die strukturelle Analyse der 2’OH-Gruppen dar, die im anschließenden Kapitel 4 weiter vertieft wurde.
(Nozinovic, S., Fürtig, B., Jonker, H. R. A., Richter, C., Schwalbe, H. (2010), Nucleic Acids Res. 38, 683-694)
Über Jahre war bekannt, dass die Größe der 1J(C1’,H1’)- und 1J(C2’,H2’)-Kopplungskonstanten innerhalb der Ribonukleotide von der lokalen Struktur des Zuckers und der Orientierung der Nukleobase beeinflusst wird. In dieser Arbeit (Kapitel 4) wurde zum ersten Mal ein systematischer Vergleich zwischen NMR-Messungen und DFT-Rechnungen durchgeführt, der eine eindeutige Zuordnung der Hauptkonformationen des Zuckers (C3’- oder C2’-endo) und der Nukleobase (anti oder syn) anhand der 1J(C,H)-Kopplungskonstanten erlaubt. Die beschriebene Methode wurde an einer größeren 27mer RNA erfolgreich erprobt. Weiterhin wurde erstmalig entdeckt, dass zudem die Orientierung der 2’OH-Gruppe einen signifikanten Einfluss auf die 1J(C,H)-Kopplungen hat (Abb. 3). Mithilfe von NMR-Messungen und DFT-Rechnungen konnte aus 1J(C,H)-Kopplungskonstanten die Orientierung von allen 2’OH-Gruppen in der 14mer cUUCGg-Tetraloop RNA bestimmt werden. Die Methode hat den großen Vorteil, dass 2’OH-Gruppen, die aufgrund des schnellen Austauschs mit Wasser oder D2O keine NMR-Signale liefern, analysiert werden kön-nen.
(Nozinovic, S., Gupta, P., Fürtig, B., Richter, C., Tüllmann, S., Duchardt-Ferner, E., Holthausen, M. C., Schwalbe, H. (2011), Angew. Chem. Int. Ed. 50, 5397-5400)
Im Kapitel 5 wird eine NMR-spektroskopische Untersuchung an der Aptamerdomäne des Adenin-bindenden RNA-Schalters (pbuE) vorgestellt. Im Fokus der Forschung stand die Frage: Welchen Einfluss hat die Länge der P1-Helix auf die Struktur und die Ligandbindung der freien Aptamer-domäne?
Durch den Vergleich von zwei Konstrukten mit unterschiedlich langer P1-Helix war es möglich, intrinsische Scherkräfte, die durch die Ausbildung der P1-Helix in der freien Aptamerdomäne entstehen, festzustellen. Es hat sich im Konstrukt mit der verlängerten P1-Helix gezeigt, dass diese zur Destabilisierung der P3-Helix und des Schlaufenkontakts führen. Diese strukturellen Änderungen haben außerdem zur Folge, dass die Bindungsstärke des Liganden reduziert wird. Die Ergebnisse zeigen, dass ein strukturelles Gleichgewicht zwischen Sekundärstrukturelementen die tertiäre Faltung beeinflusst und die Funktion moduliert.
(Nozinovic, S., Reining, A., Noeske, J., Wöhnert, J., Schwalbe, H. (2011), in Vorbereitung)