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Die Entwicklung künstlicher Ribonucleasen bietet das Potential, Werkzeuge für die Biotechnologie und langfristig neuartige Pharmaka bereitzustellen. 2-Aminobenzimidazole haben sich als metallfreie Katalysatoren zur unspezifischen Spaltung von Ribonucleinsäuren bewährt. In der vorliegenden Arbeit sollte das Konzept von künstlichen Ribonucleasen auf Basis dieser Molekülklasse auf seine Tragfähigkeit gerprüft werden. Außerdem sollten weitere mechanistische Erkenntnisse über die Katalyse der RNA-Hydrolyse durch 2-Aminobenzimidazole gewonnen werden. Hierzu wurden kupplungsfähige 2-Aminobenzimidazol-Derivate hergestellt und anschließend an RNA-Liganden gekuppelt. Diese Konjugate wurden auf ihre Spaltaktivität gegenüber RNA bei physiologischen Bedingungen sowie auf ihre Substrat- und Ortsspezifität getestet. Zunächst wurden Tripeptidkonjugate synthetisiert und untersucht. Hierbei konnte eine gegenüber den unkonjugierten Spezies erhöhte Affinität der Konjugate zum Substrat festgestellt werden. Auch wurde gezeigt, dass 2-Aminobenzimidazole, die in wässriger Lösung zur Aggregation neigen, auch als Einzelmoleküle in der Lage sind, die RNA-Hydrolyse zu katalysieren. Die Substrat- und Ortsspezifität der Tripeptidkonjugate ließ jedoch zu wünschen übrig. Durch die Konjugation von 2-Aminobenzimidazol-Derivaten an Antisense-DNA gelang schließlich die sequenz- und ortsspezifische Affinitätsspaltung von RNA mit beachtlicher Aktivität. Damit war die Tragfähigkeit des Konzepts bewiesen. Ferner konnten durch die weitere Untersuchung der Konjugate starke Indizien gewonnen werden, die das Modell, auf dem die Auswahl der 2-Aminobenzimidazole als katalytische Einheit beruht, stützen.
Ribozyme und siRNAs sind in der Lage, durch sequenzspezifische Spaltung der viralen RNA, die HIV-Replikation in vitro zu inhibieren. Es konnten bis jetzt allerdings nur wenige Antisense-basierte Therapeutika entwickelt werden, die eine ausreichend effiziente antivirale Wirkung in klinischen Studien zeigen. In dieser Arbeit wurden verschiedene Untersuchungen zur Wirksamkeit von therapeutischen RNA-Effektor-Molekülen durchgeführt. Die Effizienz von exogen in Zellen transfizierter therapeutischer siRNAs wird von vielen Faktoren beeinflusst. Neben der Bindung der Effektor-RNA an ihre Ziel-RNA und der Stabilität der Effektor-RNA sind weitere wichtige Faktoren die Lokalisation innerhalb der Zelle sowie die Effizienz der Transfektion. Zur Beurteilung der Knockdown-Effizienz einer exogen zugeführten Effektor-RNA bedarf es somit einer Meßmethode, die diese unterschiedlichen Parameter berücksichtigt. Wesentlich ist dabei insbesondere die Transfektionseffizienz, in den meisten in vitro Studien finden jedoch Unterschiede in der Transfektionseffizienz wenig Beachtung. Da die Wirksamkeit der Effektor-RNA in einer Zelle nur dann hinreichend beurteilt werden kann, wenn bekannt ist wie viel RNA in die jeweilige Zelle transfiziert wurde, wurde ein Assay-System etabliert, mit welchem die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung der Effektor-Moleküle ermittelt werden kann. Mit Hilfe dieses Assay-Systems wurde in dieser Arbeit der Einfluss verschiedener Nukleotidanaloga auf die Wirksamkeit von siRNAOligonukleotiden untersucht. Bei dem einen Nukleotidanaloga handelt es sich um das 2,4,6-Trifluorbenzene, eine universelle Base, welche den RNA-Duplex partiell destabilisiert. Es konnte bereits gezeigt werden, dass für die Effektivität von siRNAs ein thermodynamisch destabilisiertes 5’-Ende des antisense-Stranges von Vorteil ist. Eine siRNA mit zwei 2,4,6-Trifluorbenzenen am 5’-Ende des sense-Stranges zeigte eine erhöhte Effektivität gegenüber den Kontrollen. Das zweite Nukleotidanaloga war das 4,6-Difluorbenzimidazol. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine universelle Base, die nicht zwischen den einzelnen Basen diskriminiert. Die Verwendung dieser Base soll die Toleranz einer verwendeten siRNA gegenüber Punktmutationen erhöhen. Im Einsatz gegen HIV könnte diese Strategie die Bildung von Escape-Mutanten verhindern. Diese Base wurde an den Positionen 7 und 10 im antisense-Strang eingebaut. Als Kontrollen wurden an diesen Positionen mismatch-Basenpaarungen eingesetzt. An diesen Positionen werden mismatch-Basenpaarungen allerdings gut toleriert, so dass durch den Einsatz des 4,6-Difluorbenzimidazol keine Effektivitätssteigerung erreicht werden konnte. Durch gezielte Punktmutagenese konnten Nukleotidpositionen innerhalb des siRNA Moleküls identifiziert werden, bei denen mismatch-Basenpaarungen zu einem hohen Aktivitätsverlust führen und an denen der Einbau des 4,6-Difluorbenzimidazol sinnvoll erscheint. Ein zweiter Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit anti-HIV Ribozymen. In unserer Arbeitsgruppe wurden mehrere neue anti-HIV Ribozyme entwickelt und charakterisiert. Das Hammerhead Ribozym gegen das 13. GUC Triplett im Pol Gen erwies sich als äußerst effizienter Inhibitor der HIV-Replikation in vitro. In dieser Arbeit konnte die antivirale Wirksamkeit durch Bestimmung der kinetischen Parameter bestätigt werden. Der Wert für Kcat von 3,9 min-1 entspricht der Spaltungsrate von Hammerhead Ribozymen von <5 min-1. Der ermittelte Wert ist verglichen mit anderen anti-HIV Ribozymen sehr hoch. Es handelt sich um ein Ribozym mit einer sehr hohen molaren katalytischen Aktivität. Die antivirale Wirkung dieses anti-HIV Ribozyms sollte durch die Kolokalisation an seine Target-RNA zusätzlich verbessert werden. Ribozyme binden sequenzspezifisch an ihre Target RNA, das Zusammentreffen von Ribozym und Ziel-RNA ist jedoch ein zufälliges Ereignis. Es konnte bereits gezeigt werden, dass die Kolokalisation von Ribozymen zu einer Effektivitätssteigerung führt. Es war geplant das Ribozym über RNA-Aptamere an die HIV-1 Proteine Tat und Rev zu kolokalisieren, da beide Proteine spezifisch über ihre RNA Bindedomäne an die HIV mRNAStrukturen TAR (Tat Activated Region) bzw. RRE (Rev Responsive Element) binden. In dieser Arbeit konnten Expressionssysteme und die Reinigung für beide viralen Proteine etabliert werden, allerdings ließ sich das Affinitätstag nicht durch Proteaseverdau entfernen. Aus diesem Grund wurde die Selektion der Aptamere mit Peptiden durchgeführt. In dieser Arbeit konnten jedoch keine RNAs identifiziert werden, die eine Affinität zu den Peptiden aufwiesen. RNA Interferenz wird zunehmend als das effektivste Verfahren zum spezifischen Knockdown einer mRNA angesehen. Zum Vergleich von siRNA mit anti-HIV Ribozymen wurden überlappende Zielsequenzen im HIV-1 Pol Gen für beide Effektor-Moleküle identifiziert und ihre antivirale Wirkung verglichen. Beide Ribozyme und shRNAs wurden retroviral in T-Zellen exprimiert, um die antivirale Wirkung der beiden Effektor-Moleküle vergleichen zu können. Die antivirale Aktivität der siRNAs wurde nach HIV-1 Exposition mit der unseres Referenzribozyms HHPol 13 verglichen. Die siRNA gegen eine Sequenz im Bereich des 7. GUC Tripletts im HIV-1 Pol Gen war in der Lage die HIV Replikation effektiv zu hemmen. In gleicher Weise konnte dies auch das Referenzribozym gegen das 13. GUC Triplett im Pol Gen. Die siRNA, die gegen die gleiche Sequenz wie das effektive Ribozym gerichtet war, zeigte hingegen keinerlei antivirale Aktivität. Dieses Ergebnis zeigt, dass ein Ribozym ebenso effektiv wie eine siRNA die HIV Replikation hemmen kann. Die siRNA, die gegen die gleiche Sequenz wie das effektive Ribozym gerichtet ist, hatte keine antivirale Aktivität. Neben der Zugänglichkeit der Ziel-RNA beeinflussen scheinbar noch andere Faktoren die Effizienz von siRNA-Molekülen. In diesen Experimenten wurden erstmals systematisch siRNAs und Ribozyme gegen identische Zielsequenzen miteinander vergleichen. Der antivirale Effekt der siRNA Pol7 wurde näher untersucht. Um die Effizienz der siRNA leichter zu bestimmen und vergleichen zu können, wurden die weiteren Versuche mit synthetischen Oligonukleotiden und der Zelllinie Hela-P4 CCR5 durchgeführt. Dabei zeigte die siRNA eine sehr gute Inhibition der viralen Replikation.
Zur erfolgreichen Behandlung von Tumorerkrankungen sind effiziente Therapien notwendig. Oftmals kommt es nach einer klassischen Tumortherapie zum Auftreten von Rezidiven, die aus residuellen Tumorzellen hervorgehen. Grund hierfür können eine bereits erfolgte Metastasierung oder Resistenzmechanismen der Tumorzellen sein. Auf Grund ihrer Fähigkeit Gewebe aktiv zu infiltrieren bietet der Einsatz zytotoxischer Lymphozyten im Rahmen einer zellulären Immuntherapie den Vorteil, auch bereits metastasierte Tumorzellen zu erreichen. Dadurch können auch Tumorzellen eliminiert werden, die Resistenzmechanismen meist im oberen Teil apoptotischer Signalkaskaden aufweisen. Eine spezifische Ausrichtung zytotoxischer Lymphozyten auf Tumorantigene ist grundsätzlich über chimäre Antigenrezeptoren möglich. Dabei bietet die Generierung von Tumor-spezifischen zytotoxischen Effektorzelllinien den Vorteil, Zellklone mit definierter Aktivität und Spezifität bereitstellen zu können. Im Hinblick auf einen klinischen Einsatz scheint hierfür die Natürliche Killerzelllinie NK-92 besonders geeignet. Die Ergebnisse einer klinischen Studie mit parentalen NK-92 Zellen zeigten eine gute Verträglichkeit ohne Nebenwirkungen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden NK-92 Zellen genetisch so modifiziert, dass sie chimäre Antigenrezeptoren mit Spezifität für die Tumorantigene CD20, EpCAM, GD2 und CD138 exprimieren. In der Tumortherapie stellen das mit Tumoren der B-Zell-Reihe assoziierte CD20-Molekül und das auf den meisten Tumorzellen epithelialen Ursprungs exprimierte EpCAM-Protein wichtige Zielantigene monoklonaler Antikörper dar. Studien zeigten, dass auch die auf Tumorzellen des Neuroblastoms bzw. Multiplen Myeloms exprimierten Moleküle GD2 bzw. CD138 geeignete Angriffspunkte für immuntherapeutische Ansätze sein könnten. Die chimären Antigenrezeptoren sind aus einem Antigenspezifischen scFv-Antikörperfragment aufgebaut, das über ein Fragment der CD8alpha-Kette mit der CD3zeta-Kette als Signaltransduktionsdomäne verbunden ist. Nach retroviraler Transduktion zeigte sich eine hohe und homogene Oberflächenexpression dieser Rezeptoren auf modifizierten NK-92 Zellen. Auf das Oberflächenprotein CD20 ausgerichtete NK-92-scFv(Leu-16)-Zeta Zellen wiesen gegen CD20- positive Tumorzelllinien und primäre Tumorzellen eine hohe zytotoxische Aktivität auf. Im Vergleich waren parentale NK-92 Zellen gegen diese Tumorzellen nicht oder deutlich weniger aktiv. Dabei war die zytotoxische Aktivität der NK-92-scFv(Leu-16)-Zeta Zellen mit dem monoklonalen anti-CD20 Antikörper Rituximab kompetitierbar. Mit Hilfe der gegen parentale und modifizierte NK-92 Zellen resistenten Zelllinie NIH3T3 wurde gezeigt, dass allein über die stabile Expression des CD20-Proteins in NIH3T3 Zellen die Resistenz gegen modifizierte NK-92 Zellen überwunden werden kann. NK-92-scFv(Leu-16)-Zeta Zellen waren in der Lage, CD20-positive NIH3T3-CD20 Zellen auch bei niedrigen E/T-Verhältnissen effizient abzutöten. In Mischkulturen aus NIH3T3 und NIH3T3-CD20 Zellen war zudem eine selektive zytotoxische Aktivität der NK-92-scFv(Leu-16)-Zeta Zellen ausschließlich gegen Antigen-positive Zellen nachweisbar. Über die Analyse von Zellkonjugaten zwischen zytotoxischen Effektorzellen und ihren Zielzellen, deren Bildung grundsätzliche Voraussetzung für eine Eliminierung ist, wurden Hinweise erhalten, dass der chimäre Antigenrezeptor hierzu keinen Beitrag zu leisten scheint, sondern vor allem die anschließende Aktivierung der modifizierten NK-92 Zellen bewirkt. Mit EpCAM-spezifischen NK-92-scFv(MOC31)-Zeta Zellen war auch bei niedrigen E/T-Verhältnissen eine effiziente Abtötung von unterschiedlichen Tumorzelllinien epithelialen Ursprungs möglich. Eine erfolgreiche Blockierung dieser zytotoxischen Aktivität mit dem monoklonalen Antikörper MOC31 bestätigte, dass diese spezifisch über den chimären Antigenrezeptor vermittelt wurde. Die untersuchten epithelialen Zelllinien erwiesen sich dagegen als vollkommen resistent gegen parentale bzw. mit demleeren Expressionsvektor modifizierte NK-92-Mock Zellen. Weitere Ergebnisse zeigten, dass die zytotoxische Aktivität von NK-92-scFv(MOC31)-Zeta Zellen tatsächlich über Granzym B vermittelt wird. Eine erhöhte FasL-Oberflächenexpression infolge der Cokultur mit Antigen-positiven Zielzellen war dagegen nicht nachweisbar. Anhand dieser Ergebnisse kann eine signifikante Beteiligung von FasL an der zytotoxischen Aktivität der modifizierten NK-92 Zellen ausgeschlossen werden. Weiterhin wurden therapeutische Effekte von NK-92-scFv(MOC31)-Zeta Zellen in einem Xenograftmodell in NOD-scid/scid Mäusen mit einer humanen EpCAM-positiven Tumorzelllinie untersucht. Hier wurde im Vergleich zur Kontrollgruppe durch Behandlung mit EpCAM-spezifischen NK-92 Zellen, unerwarteterweise aber auch mit NK-92-Mock Zellen, ein signifikant längeres Überleben der Tiere beobachtet. Nach der Ableitung CD138-spezifischer NK-92-scFv(B-B4)-Zeta Zellen wurde zwar eine hohe zytotoxische Aktivität gegen CD138-positive Zelllinien erhalten. Es war jedoch keine im Vergleich zu parentalen NK-92 Zellen weiter verstärkte Zytotoxizität nachweisbar. Als Ursache hierfür ist eine mangelnde Funktionalität des scFv-Antikörperfragments im Kontext des chimären Antigenrezeptors denkbar. Da die Bindungseigenschaften von scFv-Fragmenten entscheidend durch die Anordnung ihrer schweren und leichten Antikörperketten zueinander beeinflusst werden können, wurden NK-92 Zellen etabliert, die ein scFv-Fragment mit umgekehrter Orientierung der Antikörperketten in ihrem chimären Antigenrezeptor tragen. Diese werden derzeit im Rahmen einer externen Zusammenarbeit auf ihre Funktionalität hin überprüft. Zur Konstruktion gegen das Disialogangliosid GD2 gerichteter chimärer Antigenrezeptoren wurden parallel zwei scFv-Fragmente des Antikörpers ch14.18 eingesetzt, die sich in der Orientierung der schweren und leichten Antikörperketten zueinander unterscheiden. Mit den Antigenrezeptorkonstrukten modifizierte NK-92 Zellen zeigten eine im Vergleich zu parentalen NK-92 und NK-92-Mock Zellen stark erhöhte Zytotoxizität gegen GD2 exprimierende humane Tumorzelllinien. Dabei wurde weder bei der Expressionsdichte der chimären Antigenrezeptoren noch in der zytotoxischen Aktivität modifizierter NK-92 Zellen mit unterschiedlicher Anordnung der variablen Antikörperdomänen im scFv Antikörperfragment ein signifikanter Unterschied beobachtet. Mit der extrazellulären Domäne von CTLA-4 als Modellprotein wurde der mögliche Einsatz einer zu scFv-Antikörperfragmenten alternativen Antigenbindungsdomäne geprüft. CTLA-4 wird normalerweise auf T-Zellen exprimiert und bindet an CD80 bzw. CD86 auf APCs. CD80- und/oder CD86-positive Zielzellen wurden von NK-92-sCTLA-4-Zeta Zellen im Vergleich zu parentalen NK-92 Zellen spezifisch und mit hoher Effizienz lysiert. In Zytotoxizitätsassays wurde mit Hilfe einer sowohl gegen parentale als auch modifizierte NK-92 Zellen resistenten Tumorzelllinie gezeigt, dass allein die stabile Expression des CD86 Proteins in dieser Zelllinie ausreicht, um die Resistenz gegen NK-92-sCTLA-4-Zeta Zellen aufzuheben. Daraus kann geschlossen werden, dass grundsätzlich auch der Einsatz von zu scFv- Antikörperfragmenten alternativen Antigenbindungsdomänen eine spezifische Ausrichtung und effiziente Aktivierung von NK-92 Zellen gewährleistet. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die genetische Modifikation der Natürlichen Killerzelllinie NK-92 zur Ausrichtung auf Tumor-spezifische Zielstrukturen einen grundsätzlich geeigneten Ansatz zur Behandlung maligner Erkrankungen darstellt. Eine Weiterentwicklung Antigen-spezifischer NK-92 Derivate als mögliche Zelltherpeutika erscheint daher sinnvoll und vielversprechend.
An den Folgen von AIDS sind bisher fast 20 Millionen Menschen gestorben. Mit der Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) konnte erstmals die Viruslast bei gleichzeitiger Erhöhung der CD4-Lymphozytenzahl effizient erniedrigt werden. Dadurch konnte zwar eine Kontrolle der Virusreplikation und damit verbunden eine längere Überlebenszeit erreicht werden, jedoch ist eine vollständige Eradikation des Virus bisher nicht möglich. Hohe Behandlungskosten, Nebenwirkungen der antiviralen Substanzen, ihre unzureichende Wirkung in manchen Körperkompartimenten und die rasche Verbreitung resistenter Viren schränken die Effektivität von HAART ein. Alternative Therapieformen zielen in den letzten Jahren verstärkt auf die HIV-Eintrittshemmung durch Inhibition der Membranfusion von Virus und Wirtszelle („Fusionsinhibitoren“). Peptide, die sich aus der „heptad repeat“ Region 2, HR2, des gp41 ableiten (C-Peptide), sind äußerst wirksame antivirale Substanzen. 2003 wurde T-20, ein 36 Aminosäure langes C-Peptid, als erster Fusionsinhibitor zugelassen. Sein breiter Einsatz ist jedoch aufgrund rascher Resistenzbildung, mangelnder oraler Verfügbarkeit, einer äußerst kurzen Serumhalbwertszeit sowie daraus resultierender hoher Therapiekosten limitiert. Aufgrund dessen sollte in der vorliegenden Arbeit mit der Entwicklung von RNA-Aptameren als HIV-Fusionsinhibitoren ein neuer therapeutischer Ansatz etabliert werden. Zur Isolierung dieser RNA-Aptamere wurden zwei hoch komplexe RNA-Bibliotheken in manuellen sowie automatisierten Selektionen gegen verschiedene Zielstrukturen auf dem HIV-1 gp41 mit Hilfe der SELEX-Technologie selektiert. Der Wirkmechanismus der isolierten RNA-Aptamere sollte analog zu den gp41 HR-abgeleiteten Peptiden auf der Hemmung der Ausbildung des Sechs-Helix-Bündels als fusionaktive Struktur beruhen. So sollten die RNA-Aptamere die Ausbildung der zentralen N coiled-coil Struktur verhindern (Selektion gegen HR1-Peptide) oder die Anlagerung der HR-2 Domänen an die konservierten hydrophoben Furchen des zentralen N coiled-coils inhibieren (Selektion gegen HR2-Peptide). Die gewählten Zielstrukturen wurden entweder als freie synthetische Peptide oder membrangebunden auf der Oberfläche von humanen T-Zellen präsentiert. Um die Selektion von serumstabilen Aptameren zu gewährleisten, wurden die RNA-Aptamere unter Einsatz von 2’-F- oder 2’-NH2-modifizierten Pyrimidinen transkribiert. Nach initialen Selektionsrunden wurden die isolierten Aptamerfraktionen in einer „single-round infection“ unter Einsatz von HIV-Pseudotypvektoren auf spezifische Inhibition des Eintritts von HIV in die Zielzellen analysiert. Die isolierten RNA-Aptamere waren in der Lage, den HIV-Eintritt zu inhibieren, ihre Wirksamkeit war allerdings im Vergelich zu der naiven Bibliothek gering. Nach Durchführung von verschiedenen Reifungsstrategien, um die Affinität der vorselektieren RNA-Fraktionen zum jeweiligen Zielepitop zu erhöhen, konnte die inhibitorische Wirkung der gereiften RNA-Fraktionen auf das 10Fache im Vergleich zu der Urspungsbibliothek verbessert werden. Die wirksamste RNA-Fraktion, 435UU, wurde aus einer Selektion einer aminomodifizierten N30 RNA-Bibliothek gegen das membranverankerte Fusionsprotein M435, bestehend aus gp41 C46 und dem membranproximalen HIV-Linker, und anschließender Kompetiton mit dem 2F5 Antikörper gewonnen. Die 435UU RNA-Fraktion konnte den Eintritt von HIV mit einer IC50 ≈ 200 nM spezifisch hemmen. Weiterhin konnte die spezifische Fusionsinhibition der 435UU Aptamerfraktion in einem Zell-Zellfusionsassay unter Einsatz von HIV env exprimierenden Zellen und einer humanen T-Zelllinie demonstriert werden. Die Affinität der 435UU-Fraktion wurde in einem Gelmobilitätsversuch bestimmt. Die moderate HIV-Eintrittshemmung beruhte auf einer schwachen Bindung (Kd ≈ 750 nM) an das Zielepitop auf dem gp41. Die Analyse von Einzelaptameren aus der 435UU RNA-Population ergab keine signifikanten Unterschiede in ihrem HIV-Neutralisationspotential. Des Weiteren konnten nur wenig gemeinsame Primärstrukturmotive bestimmt werden. Der Gehalt an inkorporierten Pyrimidinen in den 435UU-Einzelaptameren war allerdings mit ca. 70% vergleichsweise hoch. Unter Einsatz von randomisierten RNA-Transkripte mit definiertem Pyrimidingehalt konnte festgestellt werden, dass tendenziell ein höherer Gehalt an NH2-Pyrimidinen die HIV-Neutralisation fördert. Allerdings konnte keine eindeutige Korrelation zwischen der Bindung an das C46-HIVLinker Fusionskonstrukt und dem Pyrimidingehalt der Transkripte ermittelt werden. Die Sekundärstukturvorhersage ergab keine strukturelle Verwandtschaft unter den 435UU-Einzelaptameren noch konnten klar definierte Sekundärstrukturmotive gefunden werden. Die Selektion der 435UU-Aptamerfraktion erfolgte deshalb nich allein aufgrund ihres hohen Pyrimidingehaltes. Ein direkter Vergleich der 435UU Aptamerfraktion mit dem bisher einzigen RNA-Eintrittsinhibitor, einem anti-gp120 RNA-Aptamer, ergab zwar eine geringfügig schwächere HIV-Inhibition, jedoch ein wesentlich breiteres Wirkspektrum der isolierten anti-gp41 RNA-Aptamere wahrscheinlich durch ihren hoch konservierten Wirkmechanismus. Schlussendlich könnte die Wahl der Präsentation der Zielstrukturen sowie der Selektionsdurchführung die Gewinnung von RNA-Aptameren mit moderater Affinität fördern und gleichzeitig zum Verlust von hoch affinen RNA-Strukturen führen. In nachfolgenden Selektionen sollte deshalb die Selektionsstringenz erhöht sowie gegen membrangebundene Zielstrukturen selektiert werden, die die tatsächliche native gp41 Konformation darstellen.
In dieser Arbeit wurden die neuronalen Glutamattransporter EAAT4 (Excitatory Amino Acid Transporter) und EAAT3 in einem HEK (Human Embryonic Kidney) Zellsystem untersucht, in dem die Transporter transient exprimiert wurden. Diese Proteine katalysieren den Transport von Glutamat entgegen des Konzentrationsgradienten aus dem Extrazellulärraum in das Zytosol. Die Energie des Transports, stammt aus dem Kotransport von Natriumionen und Protonen und dem Gegentransport von Kaliumionen. Für EAAT3 ist bekannt, dass das Verhältnis 3 Na+:1 H+:1 Glutamat:1 K+ beträgt, wodurch 2 positive Ladungen pro Transportzyklus verschoben werden. Das führt zu einem messbaren positiven Einwärtststrom. Dieser Strom ist für EAAT4 wesentlich schwächer und die Stöchiometrie ist unbekannt. Beide Proteine besitzen eine Anionenkanaleigenschaft, die bei der Bindung von Na+ und der Bindung von Glutamat voll aktiviert wird. Diese Eigenschaft ist bei EAAT4 besonders ausgeprägt. Die Transporter wurden in Abhängigkeit von verschiedenen intra- und extrazellulären Ionen- und Substratkompositionen, sowie bestimmter Potentialen und der Temperatur elektrophysiologisch charakterisiert. Die Charakterisierung der stationären Eigenschaften des wenig bekannten Transporters EAAT4 brachten Erkenntnisse zu Tage, die 1) Klarheit über die apparenteAffinitäten der Substrate, insbesondere Glutamat und Na+ bringen 2) neu in Bezug auf die Spannungsabhängigkeit der apparenten Affinität von Glutamat sind. Die Untersuchung der vorstationären Ableitungen waren fruchtbar in Bezug auf a) die Ähnlichkeit des Transports, der durch EAAT4 katalysiert wird, zu anderen Glutamattransporter b) spezifische Parameter des Transports, wie den Unterschied in der Transportgeschwindigkeit c) die neuartige Kinetik der Anionenleitfähigkeit. Aus den Daten ergibt sich folgendes Bild über den Mechanismus des Transports. Die Substrate binden an EAAT4, im Vergleich zu den anderen Transportern, mit wesentlich höheren Km [ (0,6 ± 0,1)µM für Glutamat und (42,3 ± 5,2)mM für Na+]. Die Bindung von Glutamat, die schnell verläuft, ist, wie bei EAAT3, stark Na+ abhängig, genau wie die Leckleitfähigkeit, die ebenfalls durch Na+ aktiviert wird. Die folgenden glutamatabhängigen, vorstationären Reaktionen, inklusive der Translokation der Substrate verläuft wesentlich langsamer, als in anderen Transportersubtypen. Die Folge ist eine geringe Umsatzrate (<3 1/s) und daher ein geringer Transportstrom [(-3,6 ± 2,8)pA]. Die Daten zeigen, dass EAAT4 trotzallem denselben prinzipiellen Mechanismus, wie die anderen Subtypen folgt. Das Verhalten der Anionenleitfähigkeit zeigt allerdings erhebliche Unterschiede zu anderen Subtypen, da die Anionenleitfähigkeit durch negative Membranpotentiale inhibiert wird. Dies wird durch die Inhibierung der K+-Relokationsreaktion des Transporters erklärt. Zusammengenommen spricht die geringe Umsatzrate und die hohe apparente Affinität für Glutamat dafür, dass EAAT4 ein hochspezialisierter Transporter für die schnelle Pufferung von Glutamat und den langfristigen Transport von Glutamat bei niedrigen Konzentrationen ist. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die Temperaturabhängigkeit des Glutamattransports durch EAAT3 untersucht. Die Temperaturabhängigkeit des Transports unter stationären Bedingungen zeigte interessante neue Ergebnisse. Die Ergebnisse lassen Aussagen zu bezüglich 1) der Thermodynamik der Bindung der Substrate und 2) der molekularen Natur bestimmter Teilreaktionen im Zyklus Die Bindung eines nicht-transportierbaren Glutamatanalogons zeigt, dass die Inhibitorbindung exotherm ist (H = 30,0 ± 3,3)kJ/mol. Die Bindung von Na+ an den unbeladenen Transporter ist im Gegensatz dazu nicht signifikant von der Temperatur abhängig mit H = (20,8 ± 21,5)kJ/mol. Es ist ebenfalls interessant, dass die Freie Enthalpie des Gesamtzyklus beiEAAT4 signifikant grösser ist als bei EAAT3, was in Übereinstimmung mit der höheren, apparenten Glutamataffinität ist [GEAAT4 = (35 ± 1)kJ/mol vs. .GEAAT3 = (30 ±1)kJ/mol]. Die Temperaturabhängigkeit der vorstationären Kinetik von EAAT3 enthüllt gleichfalls neue Ergebnisse. Zum einen ist die Bindung des Na+ Ions and den unbeladenen Transporter mit einer Konformationsänderung begleitet. Im Gegensatz dazu hat die Reaktion, die der Glutamatbindung zugeordnet wurde, nur eine moderate Aktivierungsenthalpie [H‡ = (39 ± 23 )kJ/mol], wie für eine diffusionskontrollierte Reaktion erwartet wird. Die nachfolgenden zwei langsameren Phasen des Transportstroms, die in der Literatur der Aktivierung der Anionenleitfähigkeit und der Glutamattranslokation zugeordnet wurden, sind mit hohen Aktivierungsenthalpien verbunden [H‡ = (121 ± 12)kJ/mol bzw. (94 ± 4)kJ/mol]. Dies bedeutet zum einen, dass zur Öffnung des Anionenkanals und der Translokation von Glutamat eine grössere Umstrukturierung des Transporters notwendig ist. Durch die hier gefundenen, neuen Daten für die Translokationsgeschwindigkeit bei physiologischen Temperaturen kann die Hypothese in Frage gestellt werden, die besagt, dass Glutamattransporter nicht schnell genug seien, um zur schnellen Entfernung des Glutamats nach der synaptischen Transmission beizutragen. Es scheint vielmehr so, dass bei physiologischen Temperaturen und Membranpotentialen, die Translokation von Glutamat hinreichend schnell verläuft.
Apoptose ist für grundlegende Prozesse des Lebens wie die Embryonalentwicklung und die Infektabwehr unentbehrlich. Defekte im Apoptoseprozess haben ernste Erkrankungen wie z.B. Krebs zur Folge. Ein charakteristisches Kennzeichen von Krebszellen ist deren Apoptoseresistenz, die verhindert, dass Krebszellen auf natürlichem Wege vernichtet werden. Die Tumorzellen reagieren im allgemeine nicht mehr auf Zelltod-Signale, die z. B. bei Nähr- und Sauerstoffmangel oder einem Angriff durch Effektorzellen des Immnunsystems empfangen werden. Ein wesentlicher Grund dafür sind Mutationen im Signalweg der Apoptose. Häufig wird in Tumoren die Überaktivierung von antiapoptotischen Proteinen beobachtet. Die Aufklärung der Apoptose-Signalwege und die Charakterisierung der ihnen zu Grunde liegenden molekularen Interaktionsmechanismen sind wichtig für die Erklärung der Pathogenesse vieler Erkrankungen. Daher ist es von großem Interesse, neue anti-apoptotische Proteine zu identifizieren, die als Targets zur Entwicklung alternativer therapeutischer Strategien benutzt werden können. Ein wichtiger Bestandteil des Apoptoseweges ist das Mitochondrium. Ausgangspunkt für den mitochondrialen oder intrinsischen Apoptose-Signalübertragungsweg ist die Freisetzung von Cytochrom c (Cyt c) und anderen apoptogenen Faktoren aus dem Mitochondrien. Zytoplasmatisches Cytochrom c bindet zusammen mit ATP oder dATP an das Adaptorprotein Apaf-1 und induziert daraufhin eine Konformationsänderung sowie die Oligomerisation von Apaf-1. Die Selbstassoziation von Apaf-1 führt zur zusätzlichen Rekrutierung von Caspase-9, die in diesem des sogenannten Apoptosomskomplexes durch die Erhöhung ihrer lokalen Konzentration autokatalytisch aktiviert wird. Aktive Caspase-9 wiederum spaltet und aktiviert Effektorcaspasen wie Caspase-3, die zelluläre Targetproteine spalten und damit den Zelltod verursachen. Viele apoptotische Stimuli aktivieren den mitochondrialen Apoptoseweg. Defekte im intrinsischen Signalweg finden sich häufig im Tumoren und sind oft mit Resistenzen gegen apoptoseauslösende Krebstherapien assoziert. Anti-apoptotische Proteine, die mit dem apoptotischen Programm an dieser Stelle interferieren und in Tumoren überexprimiert werden, stellen attraktive Targets für Tumortherapien dar. In der Arbeitsgruppe von Dr. Martin Zörnig am Georg-Speyer-Haus wurde ein S. pombe Hefesystem etabliert, um in einem funktionellen „Survival-Screen“ neue anti-apoptotische Säugergene aus Tumor-cDNA-Banken zu identifizieren. Hefen können durch die Expression bestimmter pro-apoptotischer Säugerproteine abgetötet werden. Dieser Hefezelltod weist äusserliche Gemeinsamkeiten mit apoptotischen Zellen multizelluläre Organismen auf. Frühere Studien haben gezeigt, dass es möglich ist, mit Hilfe dieses Screens tatsächlich anti-apoptosische Säugerproteine zu identifizieren, die den induzierten Hefezelltod inhibieren können. In einem Screen, bei dem das Apaf-1 Homolog in C.elegans, CED-4, als Killerprotein verwendet wurde, konnte unter anderem das Gen Aven isoliert werden, das nicht nur CED-4-induzierten Zelltod in Hefe, sondern auch Apaf-1/Casp-9-vermittelte Apoptose in Säugerzellen inhibiert. Dabei wurde ein unvollständiges ΔAven-cDNA-Plasmid isoliert, dem das 5´-Ende fehlte. Diese Verkürzung ist vermutlich auf ein vorzeitiges Abbrechen der cDNA-Synthese durch die Reverse Transkriptase zurückzuführen. Die vollständige humane Aven cDNA wurde im Rahmen einer Kooperation von Prof. J. M. Hardwick (J. Hopkins University, Baltimore USA) bereitgestellt, zusammen mit zwei polyklonalen anti-Aven Antiseren. Die Antisera erkennen die N-terminalen Aminosäuren 98-112 (anti-Aven A) sowie am C-terminus aa 256-268 (anti-Aven B). In der AG Zörnig wurde ein zusätzliches Antiserum (anti-Aven C) gegen ein Peptid generiert, das die letzten 17 Aminosäuren des humanen und des Maus-Aven-Proteins erkennt. Aven wurde in der Gruppe von M. Hardwick als anti-apoptotisches Protein beschrieben, das an das anti-apoptotische Bcl-2 Familienmitglied Bcl-xL und Apaf-1 bindet (Chau et al., 2000). Aven wurde mit Hilfe eines „Hefe-2-Hybrid Screens“ mit Bcl-xL als Köder („bait“) isoliert. Es wurde publiziert, dass Aven die Apaf-1 Selbstassoziation (und damit Caspase-9-Aktivierung) verhindert. Das humane Aven Gen kodiert für insgesamt 362 Aminosäuren. Die Sequenz ist in zahlreichen Spezies hoch konserviert. Aven mRNA Expression wurde in vielen Geweben (Herz, Nieren, Pankreas, Testis und Skelet-Muskulatur) und in mehreren Zelllinien gefunden. Dies deutet auf eine ubiquitäre Expression hin. In der Zelle ist Aven hauptsächlich im Zytoplasma lokalisiert. Immunfluoreszenzanalysen der Arbeitsgruppe Hardwick zeigten zusätzlich eine schwache Expression des Proteins im Nukleus. In der Arbeitsgruppe Zörnig konnte gezeigt werden, dass die isolierte Deletionsmutante ΔAven (aa 180-362) CED-4-induzierten Zelltod in Hefen inhibiert (Doktorarbeit M.L. Brezniceanu, unpublizierte Daten). Eine anti-apoptotische Wirkung konnte für ΔAven zusätzlich im Säugersystem verifiziert werden. Durch Überexpressionsstudien eines ΔAven- GFP-Fusionskonstruktes wurde Apaf-1/Caspase-9-induzierte Apoptose in der humanen Kolonkarzinomzelllinie RKO inhibiert. Weitere Experimente zeigten, dass sich in Tumoren des Kolons, der Niere und der Schilddrüse erhöhte Aven mRNA-Mengen nachweisen lassen und dass Aven auf mRNA-Ebene während der Entwicklung der Brustdrüse reguliert wird (unpublizierte Daten). Im Rahmen dieser Arbeit wurde Aven biochemisch und genetisch näher charakterisiert. Dabei wurden sowohl das volle-Länge-Aven sowie die artifizielle ΔAven Deletionsmutante untersucht. Zunächst wurde ein Teil der publizierten Daten verifiziert. Beschrieben ist eine Bindung zwischen Aven und Bcl-xL, die durch die N-terminale Domäne von Aven (Aminosäure 74-108) vermittelt wird. ΔAven, das den N-Terminus nicht enthält, sollte daher nicht an Bcl-xL binden können. In einem Immunpräzipitations-Experiment mit dem anti-Aven B Antiserum wurde entsprechend einer Interaktion mit Bcl-xL nur für das volle-Länge-Aven-Protein, nicht aber für ΔAven nachgewiesen. Den Publizierten Daten zufolge bindet Aven mit den Aminosäuren 180 bis 300 an Apaf-1, und diese Interaktion konnte in einem weiteren Ko-Immunpräzipitations-Experiment bestätigt werden. Ein Ziel dieser Arbeit bestand darin, den Einfluß von Aven auf die Bildung des Apoptosoms zu untersuchen. Dafür wurden Apoptosom-Immunpräzipitations-Experimente mit 293T Zelllysaten etabliert, in denen man endogene Apaf-1/Caspase-9-Komplexe nachweisen konnte. Durch Zugabe von Cytochrom c und dATP direkt zu den Zelllysaten wurde die Bildung des Apoptosoms induziert, das anschließend mit einem monoklonalen anti-Caspase-9 Antiköper immunpräzipitiert werden konnte. Bei gleichzeitiger Überexpression von ΔAven wurde weniger Apaf-1 mit Caspase-9 ko-immunpräzipitiert, ein Hinweis darauf, dass die Apoptosombildung unterdrückt wurde. Das Ergebnis wurde durch die Beobachtung bestätigt, dass Caspase-9-Spaltung und -Aktivierung durch ΔAven vermindert wurde. Interessanterweise konnte eine Überexpression des volle-Längen Aven-Proteins die Bildung des Apoptosoms nicht verhindert. Apaf-1 wurde wie bei den Lysaten nichttransfizierter Zellen mit Caspase-9 Ko-immunopräzipitiert, und die Caspase-9 Spaltprodukte p35 und p37, die bei Aktivierung des Apoptosoms entstehen, wurden unverändert detektiert. Bei den beschriebenen Ko-Immunpräzipitationsexperimenten konnte auch eine Bindung von Aven und ΔAven an Caspase-9 (und nicht nur an Apaf-1) nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass der C-Terminus von Aven für die Bindung an Caspase-9 wichtig ist. Interessanterweise nahm die Bindung von ΔAven an Caspase-9 nach Apoptosominduktion ab, während kein Unterschied in der Bindung des vollständigen Aven-Proteins an Caspase-9 vor oder nach Apoptosominduktion beobachtet werden konnte. Wegen der Bindung von Aven und ΔAven an Caspase-9 konnte mit diesen Experimenten nicht festgestellt werden, ob Aven bzw. ΔAven Teil des gebildeten Apoptosomkomplexes sind, d. h. ob sie auch nach Apoptosombildung an Apaf-1 binden. Eine Hemmung der Apoptosomsbildung führt zur Inhibierung der Caspase-Aktivierungskaskade und damit zu verringerter Caspase-3 Aktivität. Entsprechend wurde die Caspase-3-Aktivität nach in vitro Apoptosominduktion bei Überexpression von ΔAven inhibiert, während das volle-Länge Aven keinen Einfluß auf die Caspase-3-Aktivität hatte. In weiteren Verlauf des Projektes wurden funktionelle Apoptoseexperimente mit transfizierten RKO-Zellen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten eine Protektion durch Aven und ΔAven nach Staurosporin- und UV- Behandlungen. Dabei zeigte ΔAven einen stärkeren anti-apoptotischen Effekt als das volle-Länge-Aven in vivo. Die Tatsache, dass ΔAven ein höheres anti-apoptotisches Potential als das volle-Länge-Aven-Protein aufweist, deutet auf eine mögliche Spaltung oder Konformationsänderung von Aven in vivo hin, die zur Entstehung eines aktiven anti-apoptotischen C-terminalen Proteins führt. Um dies nachzuweisen, wurden einzel- und doppel-getaggte Fusionskonstrukte kloniert. Western Blot Analysen mit dem anti-Aven B Antiserum zeigten zusätzlich zu der volle-Längen-Aven- Bande (50 kDa) eine kleinere immunreaktive Bande mit einer Größe von ca. 35 kDa. Nach Apoptoseinduktion nahm die relative Menge dieser kleineren Bande zu. Das 35 kDa Aven-Spaltprodukt wurde nicht nur nach Überexpression, sondern auch auf endogener Proteinebene detektiert. Es konnte gezeigt werden, dass diese Spaltung Caspasen-abhängig ist. Eine Behandlung der Aven-überexprimierenden Zellen vor Apoptoseinduktion mit dem Caspase-Inhibitor z-VAD-fmk blockierte die Spaltung von Aven vollständig. Gleiche Ergebnisse konnten mit dem endogenen Protein gezeigt werden. Obwohl die Aven-Sequenz keine in silico vorausgesagten Spaltstellen für Caspasen enthält, zeigten in vitro Experimente mit rekombinanter Caspase-3, dass Aven von Caspase-3 direkt prozessiert wird. In vivo Experimente mit Wildtyp-MCF-7-Zellen, die keine endogene Caspase-3 exprimieren, sowie mit transfizierten MCF-7-Zellen, die Caspase-3 stabil exprimieren, bestätigten dies. Aven wurde nur in den mit Caspase-3 transfizierten MCF-7-Zellen nach Staurosporin-Behandlung in das 35 kDa Fragment gespalten. Western Blot Analysen mit Antikörpern, die das N-terminale Ende von Aven erkennen (anti-Flag oder anti-Aven A) zeigten eine zusätzliche kleinere Bande. Dieses Spaltprodukt ist ungefähr 30 kDa groß, und im Vergleich mit dem 35 kDa Aven-Peptid veränderte sich seine Expression kaum unter apoptotischen Bedingungen. Dieses Aven-Fragment ist jedoch nicht das Ergebnis einer Caspase-Spaltung, weil seine Entstehung nicht durch z-VAD-fmk inhibiert wurde. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass auch Serin-Proteasen nicht für diese Spaltung verantwortlich sind. Western Blot Analysen mit Antikörpern, die gegen den C-Terminus von Aven gerichtet sind, zeigten erstaunlicherweise kein zusätzlichen Aven-Spaltprodukte, sondern nur das volle Länge-Aven-Protein. Offensichtlich ist das entstehende C-terminale Fragment nach Spaltung durch Caspase-3 instabil und kann nicht nachgewiesen werden. Zusätzliche, nicht näher identifizierte 40 und 45 kDa große Aven Spaltprodukte wurden in MCF7-Zellen detektiert, die jedoch nicht in RKO-, HeLa-, oder 293T-Zellen beobachtet wurden. Mit Hilfe einer frei verfügbaren Software (GrabCas; ein Programm, das auch Granzyme Bund Caspase-Spaltstellen voraussagt, die sich von den Konsensusspaltsequenzen unterscheiden) sowie mit Western Blot Analysen von verschiedenen Aven-Deletionsmutante sollten potenzielle Schnittstellen näher charakterisiert werden. Dabei wurde die Spaltung durch Caspase-3 bei D293 (oder D287) bestätigt. Außerdem wurden zusätzliche mögliche Spaltstellen bei aa 240 oder zwischen aa 142-175 in Aven gefunden. Eine Spaltung zwischen den Aminosäuren 142 und 175 würde zu einem ähnlichen C-terminalen Aven-Peptid führen wie das artifizielle ΔAven und sollte von daher potente anti-apoptotische Eigenschaften aufweisen. Eine weitere Spaltstelle wurde ungefähr bei aa 100 kartiert. Die Isolierung von Aven Spaltprodukten aus eindimensionalen SDS-PA Gelen für eine nachfolgende massenspektrometische Analyse war aus technischen Gründe leider nicht erfolgreich. Die vorausgesagte Aven-Prozessierungsstellen sowie die in Western Blot Analysen beobachteten Aven-Fragmente lassen die Schlussfolgerung zu, dass Aven nach proteolytischer Aktivierung (d. h. nach Abspaltung inhibierender N-terminaler Sequenzen) anti-apoptotische Eigenschaften annimmt. Das generierte C-terminale Peptid wird dann möglicherweise durch Caspase-3-Spaltung bei D293 inaktiviert, wenn ein starker apoptotischer Stimulus auftritt. Zu Aufklärung der physiologischen Funktion von Aven in Normalgewebe und um zu untersuchen, ob Aven bei der Tumorentstehung eine Rolle spielt, wurden verschiedene Mausmodelle etabliert. Dazu wurde die humane Aven-cDNA zum einen unter der Kontrolle eines Hühner-ß-Aktin-Promotors und eines CMV-Enhancers kloniert. Diese Kombination regulatorischer Elemente sollte zu einer hohen und ubiquitären Expression des Transgens führen. Zusätzlich wurde die humane Aven-cDNA in den Vektor p1017 unter die Kontrolle des proximalen lck-Promotors kloniert, der eine Expression in unreifen T Zellen erlaubt. Die Etablierung der Mauslinien wurde in Kollaboration mit dem GSF-Institut für Experimentelle Genetik (AG Prof. M. Hrabé de Angelis) in München durchgeführt. Bei einer Untersuchung der Organe zeigte sich, dass in der ß-Aktin Aven-transgenen Maus eine starke Überexpression von Aven nur im Herz nachgewiesen wurde. Diese transgenen Mäuse werden zurzeit in Kollaboration mit Dr. S. Barrère-Lemaire (Institut of Functional Genomics, Montpellier, Frankreich) analysiert. Des Weiteren wurde im Rahmen dieser Arbeit auch eine lck Aven-Maus Linie untersucht. Western Blot Analyse zeigten eine starke Proteinexpression des Transgens im Thymus und auch in reifen T-Zellen (Milz). Mit Hilfe des anti-Aven C Antiserums konnte im Western Blot ein weiteres, vorher nicht beobachtetes Aven-Spaltprodukt in Thymozyten und aufgereinigten periphären T-Zellen nachgewiesen werden. Diese Überexpression von Aven in Thymozyten und gereinigten T-Zellen hatte jedoch keine messbare Inhibition von Apoptose zur Folge. Dagegen wurde eine Inhibition der aktivierungsinduzierten Proliferation von T-Zellen in transgenen Aven-Mäuse beobachtet. Bemerkenswerterweise zeigten die transgenen Aven-Mäuse keine spontane Tumorentwicklung obwohl eine Korrelation zwischen Aven-Expression und einer schlechten Prognose in Kinderleukämien publiziert worden ist. Um zu untersuchen, ob Aven in Kombination mit anderen Onkogenen in Tumorentstehung oder Progression kooperieren kann, sollen transgene Aven-Mäuse mit anderen transonkogenen Mausstämmen (z.B. p53-/- Mäusen) gekreuzt werden.
Ziel der vorliegenden Arbeit sind Strukturuntersuchungen an geplant gezüchteten Einkristallen elektronenreicher Iod- und Schwefel-Verbindungen, ergänzt durch zugehörige Dichtefunktionaltheorie-Berechnungen. Besonderes Augenmerk gilt insbesondere Molekülen mit Thiophenyl-Substituenten R-S-(C6H5) und ihren isovalenzelektronischen Derivaten vom Typ R-NH-(C6H5) sowie den bisher unbekannten Donator/Akzeptor-Komplexen des Iodanils. Durch optimierte Auswahl jeweils geeigneter Lösungsmittel und Kristallisationsbedingungen gelingt es, zahlreiche unterschiedliche Typen kristalliner Nichtmetall-Verbindungen zu züchten. Die Strukturen der isolierten Einkristalle werden durch Vergleich mit bereits literaturbekannten sowie anhand quantenchemischer Berechnungen diskutiert und vertiefen das Verständnis der experimentellen Befunde wesentlich. ... Insgesamt belegen die in der Dissertation detalliert beschriebenen Ergebnisse, daß Kombinationen von gezielter Kristallzüchtung, anschließender Strukturbestimmung und quantenchemische Berechnungen zahlreiche Informationen über Wechselwirkungen in Kristallen liefern. So verdeutlicht die anschauliche Betrachtung der I2-Komplexe durch zugehörige Einkristallstrukturen sowie quantenchemische Modellrechnungen, daß auch geringe Wechselwirkungen teils beträchtliche Einflüsse auf Stöchiometrien und Strukturparameter in Kristallen ausüben. Das Schlußbeispiel Tris(thiophenyl)methan-Dimer belegt durch alle notwendigen Messungen wie Kristallstrukturanalyse, quantenchemische hochkorrelierte Berechnungen und massenspektrokopische Messungen, wie sich durch das Zusammenwirken moderner Methoden unerwartete Ergebnisse für einen neuartigen Verbindungstyp festigen lassen. Die lohnenden Ergebnisse der Untersuchungen erweitern die Kenntnisse statischer Aspekte bei Selbstorganisations-Phänomenen.
In der vorliegenden Arbeit wurden festkörperunterstützte Membranen in Verbindung mit schnellen Lösungswechseln als Methode zur Messung von elektrogenen Transportvorgängen in biologischen Membranen untersucht und charakterisiert. Parallel zu einem manuellen Messsystem wurde eine Technologie auf der Basis eines Pipettierroboters mitentwickelt und charakterisiert, die es erlaubt, automatisierte Messungen mit erhöhtem Durchsatz durchzuführen. Die Sensoren wurden als Sensorarray auf der Basis einer standardisierten 96er Mikrotiterplatte realisiert. Zur Lösungshantierung kam ein Pipettierroboter zum Einsatz, der mit einer selbstentwickelten Injektionseinheit bestückt wurde. In dieser Injektionseinheit ließen sich die verwendeten Lösungen überschichten, wodurch ein Lösungswechsel von einer substratfreien zu einer substrathaltigen Lösung durchgeführt werden konnte. Mit dem beschriebenen System konnten die in dieser Arbeit behandeleten Proteine EAAC1 und NhaA erfolgreich aktiviert und charakterisiert werden. Hinsichtlich der Transportaktivität wurden mit beiden Proteinen vergleichbare Ergebnisse erzielt wie mit dem manuellen Messsystem. Aus kultivierten CHO-Zellen, die den neuronalen Glutamattransporter EAAC1 rekombinant und fuktional exprimierten, wurden EAAC1-haltigen Cytoplasmamembranen in einem Aufreinigungsschritt (Membranpräparation) gewonnen. Die derart vorliegenden Membranfragmente konnten erfolgreich auf der festkörperunterstützten Membran angelagert werden. In der Abwesenheit von Natriumionen war der EAAC1 nicht aktiv, und er konnte durch den spezifischen kompetitiven Inhibitor TBOA inhibiert werden (Inhibitionskonstante Ki = 1µM). Es wurde beobachtet, dass die Transportströme des EAAC1 in der Abwesenheit von Kaliumionen eine andere Kinetik aufwiesen als in der Anwesenheit von Kaliumionen, und die Affinität für L-Glutamat war in der Abwesenheit von Kaliumionen verringert (K0,5 = 144 µM). Analysen der Signalformen ergaben eine reduzierte Relokationsrate, wobei es wahrscheinlich ist, dass der EAAC1 ohne Kaliumionen einen Single-Turnover durchführt. Eine weitere Eigenschaft des EAAC1 ist die Fähigkeit, bestimmte Anionen zu leiten. Diese Anionenleitfähigkeit ist strikt Natriumabhängig und wird durch die Bindung von L-Glutamat getriggert. Wenn bei einem Experiment zusätzlich bestimmte Anionen (z.B. Chlorid oder Thiocyanat) anwesend waren, wies der Transportstrom des EAAC1 in der Abwesenheit von Kaliumionen eine negative Komponente auf. Diese Komponente konnte auf den Einstrom der Anionen entlang des durch den Glutamattransport aufgebauten elektrischen Gradienten zurückgeführt werden. Des Weiteren konnte die Anionenleitfähigkeit mit Anionensprüngen in der Anwesenheit von L-Glutamat und Natriumionen direkt induziert werden. Damit wurden erstmals kanalartige Ionenströme an der festkörperunterstützten Membran nachgewiesen. Der Anionenstrom wies dabei die gleiche Abhängigkeit von der Glutamatkonzentration auf (K0,5 = 31 µM) wie der Transportstrom. Der Übergang in den leitfähigen Zustand und der Transport hängt demnach von dem gleichen L-glutamatgebundenen Zustand des EAAC1 ab. Dies konnte auch unter Verwendung des Inhibitors HIP-B gezeigt werden. HIP-B wurde erstmals an EAAC1 getestet und wies eine Inhibitionswirkung auf den Transportstrom auf, die nicht auf eine kompetitive Bindung zurückzuführen war. Die Anionenleitfähigkeit ließ sich mit HIP-B hingegen nicht inhibieren. Der bakterielle Natrium-Protonen-Austauscher NhaA lag rekonstituiert in Liposomen vor, die auf der festkörperunterstützten Membran angelagert wurden. Bedingt durch die RSO-Orientierung des NhaA, konnte der Natriumtransport entgegen der natürlichen Transportrichtung (extrazelluläre Natriumbindung) untersucht werden. Der Transportstrom wies eine ausgeprägte Abhängigkeit vom pH-Wert auf. Bei neutralen bzw. sauren pH-Werten (pH <= 7) war die Aktivität des NhaA gegenüber dem alkalischen Bereich (7 < pH < 9) erheblich reduziert. Dieses Verhalten entspricht Literaturangaben für die Intrazellulärseite des NhaA. Dennoch war der NhaA bei einem neutralen pH-Wert nicht vollständig inaktiv. Die Affinität für Natriumionen konnte bei einem pH-Wert von 8,5 zu K0,5 = 11 mM und bei pH 7,0 zu K0,5 = 180 mM bestimmt werden. Neben einer Verringerung der Wechselzahl sinkt im neutralen/sauren Bereich also auch die Affinität für Natriumionen. Durch die Verwendung von Liposomen, in denen der NhaA mit verschiedenen Lipid- zu Protein-Verhältnissen rekonstituiert wurde, konnte gezeigt werden, dass die Messströme auf die Aufladung der Liposomen zurückführbar sind. Der Transportstrom konnte mit der amiloridähnlichen Substanz 2-Aminoperimidin inhibiert werden (Ki = 3 µM). Eine Inhibitionswirkung war nur zu beobachten, wenn der pH-Wert kleiner als pH 8 war. Zusammmen mit der ausgeprägten pH-Wertabhängigkeit kann dieses Phänomen auf eine pH-induzierte Konformationsänderung des NhaA zurückgeführt werden.
Die vorliegende Arbeit befaßte sich mit der Untersuchung der Protonenbewegung während des O-E Schrittes im katalytischen Zyklus der Cytochrom-c-Oxidase von P. denitrificans. Die Zuordnung der Protonenbewegung zu den einzelnen Schritten des katalytischen Zyklus der Cytochrom-c-Oxidase ist immer noch ein Gegenstand zahlreicher Kontroversen. Obwohl von Ruitenberg et al. (2000) durch Spannungsmessungen gezeigt wurde, daß die Reduktion von Häm a während des ersten Elektrontransfers in das oxidierte Enzyme eine schnelle Protonenaufnahme von der gegenüberliegenden Seite der Membran bewirkt, wurden diese Ergebnisse angezweifelt. Daher sollte mit einer unabhängigen und direkten Methode herausgefunden werden, ob Protonen bereits während des ersten Schrittes des katalytischen Zyklus aufgenommen werden. Dazu wurde ns-zeitaufgelöste Blitzlicht-Absorptionsspektroskopie in Kombination mit pH-sensitiven Farbstoffen genutzt, und zwar sowohl mit Fluorescein kovalent an der Proteinoberfläche gebunden als auch mit Phenolrot löslich im Medium vorliegend. Zur kovalenten Kopplung von thiolreaktiven Farbstoffen mußten zuerst die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu wurde in dieser Arbeit ein Mutagenesesystems für sowohl Untereinheit I als auch Untereinheit II etabliert und eine oberflächencysteinfreie Variante und elf Einzelcystein-Varianten hergestellt, exprimiert und aufgereinigt sowie die Enzymaktivitäten überprüft. Danach wurde ein Protokoll zur Kopplung der Einzelcysteinvarianten mit Iodoacetamidfluoresein ausgearbeitet und die Varianten Fluorescein-markiert. Dabei zeigte es sich, daß nur sieben Varianten erfolgreich mit IAF reagierten. Mittels dieser AF-markierten Varianten konnte die Pufferkapazität an der Oberfläche der Cytochrom-c-Oxidase bestimmt werden. Es zeigte sich, daß die Pufferkapazität des Enzyms in Lösung im Vergleich zu Bakteriorhodopsin dreimal so groß ist, an der Oberfläche sogar 10-15mal so groß. Dies deutet auf eine hohe Anzahl protonierbarer Gruppen um die für die Markierung ausgewählten Aminosäuren im Bereich der Eintrittsstellen der Protonen hin. Die gezielte Übertragung eines Elektrons auf die Cytochrom-c-Oxidase erfolgte durch Licht anregbare Rutheniumkomplexe. In unserem Meßsystem war die Elektronentransfereffizienz von [Ruthenium(2,2‘-bipyridin)2]2quarterpyridin am höchsten. Nach einer sorgfältigen Optimierung der Meßbedingungen wie pH-Wert, Ionenstärke und Energie des Lasers konnte eine 10-15 %ige Reduktion von Häm a mit einer Zeitkonstanten von t = 13,7 ± 2,4 µs nachgewiesen werden. Die Protonenkonzentrationsänderungen im Medium konnten durch Phenolrot verfolgt werden. Durch den Vergleich von Funktionsvarianten, bei denen jeweils einer oder beide Protoneneingangswege blockiert sind, konnte ein Modell für die Protonenaufnahme und -abgabe während der Einelektronen-Reduktion der Cytochrom-c-Oxidase entwickelt werden. Dies konnte durch Messungen an in Liposomen inkorporierter wt Cytochrom-c-Oxidase verifiziert werden. Die Nettoprotonenaufnahme von der N-Seite der Cytochrom-c-Oxidase beträgt somit 0,3 H+ für das im O-E Schritt aufgenommene Elektron. Die Variante CS-I302C-AF wurde dazu genutzt, die Oberflächenladungsdichte an der N-Seite der Cytochrom-c-Oxidase zu bestimmen. Die Oberflächenladungsdichte auf der N-Seite des Enzyms in der Nähe zum Eingang des K-Wegs ist negativ und beträgt 0,5 e-/1000 Å2.