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Eine weltweite Veränderung der Lebensweise hat eine Zunahme der Anzahl adipöser Menschen und damit ein verstärktes Auftreten von Typ 2 Diabetes mellitus zur Folge. Eine häufig auftretende Komplikation dieser Erkrankung ist das diabetische Fußulkus, dessen molekularen und zellbiologischen Grundlagen weitestgehend unbekannt sind. Für einen normalen Wundheilungsverlauf ist ein Zusammenspiel vieler Wachstumsfaktoren und Zytokine essentiell. Auch die Insulinsensitivität der Haut scheint von großer Bedeutung zu sein. Die Funktionen von Insulin im Wundheilungsprozess und in der Haut sind weitestgehend unerforscht. Um ein besseres Verständnis für die Bedeutung von Insulin in der Wundheilung zu erhalten, bestand das Ziel dieser Arbeit in der Analyse eines Insulin-regulierten Enzyms in der Haut, der HMG-CoA-Reduktase, während des Heilungsprozesses normaler sowie diabetisch chronischer Wunden. Die HMG-CoA-Reduktase katalysiert den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt im Mevalonat-Stoffwechselweg und ist somit indirekt an vielen zellulären Ereignissen beteiligt. Die Verletzung von murinem Hautgewebe führte zu einem Anstieg der HMG-CoA-Reduktase-mRNA-Expression an Tag 3 und an Tag 13 nach Verletzung. Die Lokalisation der HMG-CoA-Reduktase im Wundgewebe zeigte, dass insbesondere die am Wundrand gelegenen Keratinozyten durch eine besonders starke mRNA-Expression des Enzyms charakterisiert waren. Im Gegensatz dazu konnte im diabetischen, chronischen Wundgewebe keine Regulation der mRNA-Expression der HMG-CoA-Reduktase detektiert werden. Wundheilungsrelevante Faktoren, wie Insulin und EGF, induzierten die mRNA-Expression der HMG-CoA-Reduktase in HaCaT-Keratinozyten (in vitro). Für die Insulin-vermittelte mRNA-Induktion konnte gezeigt werden, dass der Transkriptionsfaktor SREBP2 für die Transkription des Gens essentiell war. Neben einer erhöhten Transkription der HMG-CoA-Reduktase wurde ebenfalls eine gesteigerte Enzymaktivität nach Insulin- oder EGF-Stimulation detektiert. Die Induktion der Insulin-vermittelten HMG-CoA-Reduktase-Aktivität stand in einem funktionellen Zusammenhang zur Biosynthese des angiogenen Faktors VEGF. Der Einfluss der HMG-CoA-Reduktase auf die VEGF-Biosynthese war posttranskriptionell über die Phosphorylierung des eIF4E-BP1 vermittelt. Auch im tierexperimentellen Modell (in vivo) konnte durch eine Statin-Behandlung bei Mäusen gezeigt werden, dass die Enzymaktivität der HMG-CoA-Reduktase in Keratinozyten für eine normale VEGF-Expression essentiell war. Die VEGF-Synthese wurde von der Aktivität der HMG-CoA-Reduktase in vivo, wie in vitro nach Insulin-Stimulation, posttranskriptionell beeinflusst. Die Analyse weiterer wundheilungsrelevanter Vorgänge ergab, dass eine Inhibierung der HMG-CoA-Reduktase in vivo wie in vitro eine Verringerung der Keratinozytenproliferation zur Folge hatte. Die Keratinozytenproliferation ist ein wichtiger Vorgang bei der Reepithelisierung einer Wunde. Ist das Wundareal durch Keratinozyten geschlossen, beginnt die Differenzierung der Zellen. Die Ergebnisse dieser Arbeit konnten zeigen, dass der Differenzierungsprozess von Keratinozyten in vitro mit einer Induktion der HMG-CoA Redukase Aktivität assoziiert war. Eine Hemmung der Enzymaktivität hatte eine Inhibierung der mRNA-Expression von Keratinozyten-Differenzierungsmarkern, wie Involucrin, Filaggrin und Keratin 1 zur Folge. Zusammenfassend weisen die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, dass die HMG-CoA-Reduktase wichtige Prozesse, wie Wundangiogenese und Keratinozytenproliferation, im kutanen Wundheilungsverlauf beeinflusst.
Mannheimia haemolytica und Pasteurella multocida gehören zu den Verursachern der unter Rindern weltweit verbreiteten Enzootischen Bronchopneumonie. Derzeitige Impfstoffe und Antibiotika gegen diese Bakterien können die Verbreitung der Krankheit nicht maßgeblich einschränken, weshalb Bedarf an neuen Medikamenten besteht. Bei der Besiedelung der Lunge treffen M. haemolytica und P. multocida auf Eisenmangel. Die Aufnahme von Eisen ist ein wesentlicher Faktor bei der Kolonisierung und Persistenz pathogener Bakterien im Wirt, da Eisen essentiell ist. Medikamente, die an Proteinen der Eisenversorgung angreifen, können deshalb zur Eindämmung der Bronchopneumonie beitragen. Um einen Überblick über die Gene von M. haemolytica und P. multocida zu erhalten, die bei der Adaptation an Eisenmangel beteiligt sind, wurden die Bakterien in der vorliegenden Arbeit in vitro unter Eisenmangel kultiviert, denn die meisten bakteriellen Gene, die an der Eisenaufnahme beteiligt sind, werden erst bei Eisenmangel transkribiert. Mittels Mikroarray-Analyse der Transkriptome wurden erstmals die in vitro eisenregulierten Gene von M. haemolytica und erstmals auch die eisenregulierten Gene eines Rinder-Isolats von P. multocida identifiziert. Der in dieser Arbeit verwendete Mikroarray war ein Multigenom-Mikroarray und stellt die offenen Leserahmen beider Bakterien dar. Mit der Mikroarray-Analyse wurden 129 Gene von M. haemolytica identifiziert, die bei Wachstum unter Eisenmangel eine veränderte Transkription aufwiesen. Die größte Gruppe der Gene mit verstärkter Transkription bildeten die Gene, die für Rezeptoren und Transporter kodieren. Von diesen kodieren etwa drei Viertel für Proteine, die an der Aufnahme von Eisen aus verschiedenen Quellen beteiligt sind. Die größte Gruppe der Gene mit verminderter Transkription wurde von Genen gebildet, die für Proteine des Energie-Stoffwechsels kodieren. Damit wurde auch für M. haemolytica das Prinzip bestätigt, dass Bakterien bei Eisenmangel verstärkt Gene transkribieren, deren Proteine an der Eisenaufnahme beteiligt sind, während Gene für eisenhaltige Proteine des Energie-Stoffwechsels vermindert transkribiert werden. Bei der Analyse des Transkriptoms von P. multocida wurden 173 Gene mit veränderter Transkription identifiziert. Auch bei P. multocida konnte mit der funktionellen Klassifizierung der kodierten Proteine die größte Gruppe an Genen mit verstärkter Transkription den Transport- und Bindungsproteinen zugeordnet werden. Die größte Gruppe an Genen mit verminderter Transkription wurde auch bei P. multocida von Genen gebildet, die für Proteine des Energie-Stoffwechsels kodieren. Beim Vergleich des Transkriptoms von M. haemolytica mit dem von P. multocida wurden mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten festgestellt. Nur 40 der 1424 homologen Gene zeigten die gleiche Richtung in der Änderung in der Transkription. Unter den 15 homologen Genen mit verstärkter Transkription waren die Gene, die für einen Hämoglobin-Rezeptor, die ABC-Transportsysteme FbpABC und YfeABCD sowie das Energie liefernde System TonB-ExbBD kodieren. In den 25 homologen Genen mit verminderter Transkription waren 15 Gene enthalten, deren kodierte Proteine am Energie-Stoffwechsel beteiligt sind. Dies waren die Proteine NapABCDFGH des Nitrat-Reduktase-Komplexes, die Proteine NrfABCD des Nitrit-Reduktase-Komplexes und die Proteine FrdABCD des Komplexes der Fumarat-Reduktase. Ein auffälliger Unterscheid war, dass bei M. haemolytica die gesamten Gene verstärkt transkribiert wurden, deren Proteine an der Aufnahme von Eisen aus Transferrin beteiligt sind. Bei P. multocida dagegen konnte das Gen für den Transferrin-Rezeptor nicht nachgewiesen werden. Somit gehört das in dieser Arbeit verwendete Isolat von P. multocida vermutlich zu den 30% der Rinder-Isolate von P. multocida, die keinen Transferrin-Rezeptor besitzen, aber die Rinderlunge besiedeln können (Ewers et al., 2006). Im Vergleich zu M. haemolytica fielen bei P. multocida die vielen verstärkt transkribierten Gene auf, die an der Aufnahme von Eisen aus dem Blut beteiligt sind. Die Transkription dieser verschiedenen Transporter deutet auf eine gute Adaptation von P. multocida für die Verwendung von Eisen aus dem Blut des Wirts hin, die bei M. haemolytica in diesem Maß nicht gegeben scheint. Für M. haemolytica wurde die in vivo-Relevanz einiger eisenregulierter Gene überprüft, die in der Mikroarray-Analyse eine erhöhte Transkription zeigten. Dazu wurde die RNA untersucht, die aus dem Lungengewebe von infizierten Rindern isoliert worden war. In diesem Gewebe wurde die Transkription von 11 Genen mittels RT-PCR nachgewiesen. Für die Gene, die für die Hämoglobin-Rezeptoren von M. haemolytica kodieren, wurde mittels quantitativer real time PCR auch eine Verstärkung der Transkription im Lungengewebe nachgewiesen. Die Verstärkung der Transkription in vivo war der transkriptionellen Verstärkung in vitro vergleichbar, was auf eine Funktion der Hämoglobin-Rezeptoren bei der Infektion in vivo hindeutet. Zur Untersuchung der Regulation des Eisenhaushalts von M. haemolytica wurde versucht, das Gen fur zu deletieren, das für den Hauptregulator des Eisenhaushalts kodiert, was jedoch nicht gelungen ist. In einem antisense-Ansatz konnte jedoch gezeigt werden, dass der Stamm mit dem fur-antisense-Plasmid ein signifikant verzögertes Wachstum hatte, was auf die essentielle Funktion des Gens fur in M. haemolytica hinweist. Ein antisense-Ansatz ist noch kein Beweis für die essentielle Funktion eines Gens. Doch die mit Gioia et al. (2007) übereinstimmenden Schwierigkeiten bei der Herstellung einer ∆-fur-Mutante von M. haemolytica sowie das verringerte Wachstum in Gegenwart der fur-antisense-mRNA deuten stark auf eine essentielle Funktion dieses Gens hin.
IL-18 ist ein proinflammatorisches Zytokin mit tumorsuppressiven Eigenschaften. Daher befindet es sich derzeit in klinischen Studien der Phase II zur Behandlung immunsensitiver Tumore. Erste Ergebnisse dieser Studien sind vielversprechend, zumal IL-18 im Vergleich zu beispielsweise IL-1Beta und IL-12 eine hohe Verträglichkeit im Menschen aufweist. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass IL-18 nicht nur in soliden Tumoren, sondern auch in leukämischen Zellen wie AML-Zellen zur Expression eines Genmusters führt, welches hohes antileukämisches Potential aufweist. Diese Erkenntnis wurde mittels einer Microarray-Analyse gewonnen und in unabhängigen Versuchen überprüft. Zu den hochregulierten Genen gehören neben IFNY und Fas-Ligand die in der vorliegenden Arbeit untersuchten angiostatischen Chemokine IP10 und I-TAC sowie EBI3, die Beta-Kette des heterodimeren Zytokins IL-27. Da die Regulation des humanen EBI3-Gens bislang schlecht charakterisiert war, schloss sich eine Promotoranalyse des humanen EBI3-Promotors an. Diese brachte hervor, dass zwei NFKB-Bindungsstellen des Promotors für die Expression von EBI3 unter dem Einfluß von proinflammatorischen Zytokinen unabdingbar sind. Der humane Promotor wurde dabei in dieser Arbeit zum ersten Mal im humanen Kontext betrachtet. Weiterhin konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass IL-27 die Fähigkeit besitzt, humane myeloisch-leukämische Zellen zu aktivieren und Signale in Form von STAT1 und STAT3-Phosphorylierung sowie Hochregulation von SOCS3- Expression zu induzieren. Interessanterweise lassen sich die potentiell tumorsuppressiven Eigenschaften von IL-18 in Bezug auf KG1 Zellen durch eine Zugabe von Zink verstärken. So kommt es unter dem Einfluß von Zink zu einer Verstärkung der Expression von IFNY und EBI3. Dieser synergistische Effekt besitzt allgemeinere Gültigkeit, da die hier durchgeführten Experimente an humanen PBMC zeigten, dass eine Erhöhung des extrazellulären Zinkgehalts um den Faktor 2 im Vergleich zu dem physiologisch zugänglichen Zinkgehalt im Blutplasma zu einer Potenzierung der Freisetzung von IFNY durch die proinflammatorischen Zytokine IL-1Beta, IL-18 und IL-12 führt. Diese Ergebnisse waren besonders in Bezug auf IL-1Beta unerwartet und tragen ihren Anteil zum Verständnis der erhöhten Sensibilität von Leukozyten unter zinksupplementierten Bedingungen bei. Weitere Studien werden zeigen, ob eine Therapie mit IL-18 und möglicherweise auch in Kombination mit Zink eine alternative Option bei AML Patienten bietet, die besonders responsiv auf dieses Zytokin reagieren.
Das Ziel dieser Arbeit war es, RNA-Strukturen als potentielle Zielstrukturen für die Medikamentenentwicklung zu untersuchen. Hierbei ging es im Speziellen um die Anwendung Virtueller Screening Verfahren für die RNA-Liganden-Vorhersage. Hierzu wurde die als TAR-Motiv (transactivating response element) bekannte RNA-Struktur der mRNAs des HI-Virus ausgewählt. Diese Struktur wurde gewählt, da mit den vier PDB-Einträgen 1ANR, 1ARJ, 1LVJ und 1QD3 bereits experimentell motivierte Strukturmodelle zum Beginn der Untersuchung vorlagen. Ausschlaggebend war hierbei auch das Vorhandensein eines Tat-TAR-FRET-Assays im Rahmen des SFB 579, in welchem diese Arbeit angefertigt wurde. Die Aufmerksamkeit, welche dem HI-Virus im Rahmen der Bekämpfung der Immunschwächekrankheit bereits zukam, führte bei dem gewählten Testmodell ebenfalls zu einem, wenn auch immer noch überschaubaren Datensatz bereits getesteter Substanzen, der als Grundlage für einen Liganden-basierten Ansatz als erste Basis dienen konnte. Basierend auf diesen Voruntersuchungen ergaben sich die weiteren Schritte dieser Arbeit. Die Arbeit lässt sich zusammenfassend in vier zum Teil parallel verlaufende Phasen einteilen: Phase 1:Bestandsaufnahme bekannter Informationen über die Zielstruktur · experimentell bestimmte Zielstrukturen · experimentell bestimmte Liganden/Nichtliganden der Zielstruktur Phase 2: Ableiten eines ligandenbasierten Ansatzes zur Vorhersage von potentiellen Bindern der Zielstruktur aus Substanzbibliotheken, der nicht auf Strukturdaten der Zielstruktur beruht. Phase 3: Analyse der bekannten Konformere der Zielstruktur auf konstante Angriffspunkte für ein spezielles Liganden-Design. Phase 4: Einbinden der bekannten Strukturinformationen der Zielstruktur zur weiteren Verfeinerung der Auswahlverfahren neuer Kandidaten für die weitere experimentelle Bestimmung des Bindeverhaltens. Im Rahmen dieser Arbeit konnten mittels der Anwendung von künstlichen neuronalen Netzen in einem ligandenbasierten Ansatz durch virtuelles Screening der Chemikalien-Datenbanken verschiedener Lieferanten fünf neue potentielle TAR-RNA-Liganden identifiziert werden (drei davon mit einem Methylenaminoguanidyl-Substrukturmotiv), sowie als „Spin-Off“ durch die Anwendung der ursprünglich nur für den Tat-TAR-FRET-Assay vorgesehenen Testsubstanzen in einem Kooperationsprojekt (mittels CFivTT-Assay) zwei neue potentiell antibakterielle Verbindungen identifiziert werden. Die Beschäftigung mit der offensichtlichen Flexibilität der TAR-RNA und damit einer nicht eindeutig zu definierenden Referenz-Zielstruktur für das Liganden-Docking führte zur Erstellung eines Software-Pakets, mit dem flexible Zielstrukturen – basierend auf den Konformer-Datensätzen von MD-Simulationen – auf konstante Angriffspunkte untersucht werden können. Hierbei wurde ausgehend von der Integration eines Taschenvorhersage-Programms (PocketPicker) eine Reihe von Filtern implementiert, die auf den hierzu in einer MySQL-Datenbank abgelegten Strukturinformationen eine Einschränkung des möglichen Taschenraums für das zukünftige Liganden-Design automatisiert vornehmen können. Des Weiteren ermöglicht dieser Ansatz einen einfachen Zugriff auf die einzelnen Konformere und die Möglichkeit Annotationen zu den Konformeren und den daraus abgeleiteten Tascheninformationen hinzuzufügen, so dass diese Informationen für die Erstellung von Liganden-Docking-Versuchen verwendet werden können. Ferner wurden im Rahmen dieser Arbeit ein neuer Deskriptor für die Beschreibung von Taschenoberflächen eingeführt: der auf der „Skalierungs-Index-Methode“ basierende molekulare SIMPrint. Die Beschäftigung mit der Verteilung der potentiellen Bindetaschen auf der Oberfläche der Konformerensemble führte ferner zur Definition der Taschenoberflächenbildungswahrscheinlichkeit (Pocket Surface Generation Probability – PSGP) für einzelne Atome einer Zielstruktur, die tendenziell für die Einschätzung der Ausbildung einer potentiell langlebigen Interaktion eines Liganden mit der Zielstruktur herangezogen werden kann, um beispielsweise Docking-Posen zu bewerten.
Untersuchung von Rezeptor-Ligand-Komplexen mittels organischer Synthese und NMR-Spektroskopie
(2008)
Viele biologische Prozesse basieren auf der spezifischen Bindung eines Liganden an einen Rezeptor. Die Wechselwirkung zwischen dem Rezeptor und seinem Ligand kann im Wesentlichen durch zwei verschiedene Modelle beschrieben werden: zum einen das vom E. Fischer eingeführte Schlüssel-Schloss-Prinzip und zum anderen das von Koshland beschriebene "induced-fit-model". Bei dem Schlüssel-Schloss-Prinzip liegt der Ligand in der Bindetasche des Rezeptors wie ein Schlüssel im Schloss. Ganz anders hierzu setzt die induzierte Anpassung ("induced-fit-model") eine konformationelle Änderung des Proteins durch den Liganden für die Bindung voraus. Ändern sich jedoch die Konformationen von Substrat und Rezeptor in einer gegenseitigen Beeinflussung, dann spricht man von "double-induced-fitmodel". Die Untersuchung dieser Erkennung auf molekularer Ebene ist von großer Wichtigkeit, denn sie dient zum besseren Verständnis und damit auch zur gezielten Beeinflussung solcher Prozesse. Wie wird der Ligand von einem Rezeptor selektiv erkannt und gebunden? Für die Erkennung und Bindung spielen spezifische nichtkovalente Wechselwirkungen eine wichtige Rolle. Zum Repertoire der nichtkovalenten Wechselwirkungen gehören die elektrostatische Wechselwirkungen, die Wasserstoffbrückenbindung und der hydrophobe Effekt.
In der vorliegenden Arbeit werden anhand von drei ausgewählten Beispielen solche Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Liganden mit ihrem Rezeptor untersucht. In den ersten beiden Kapiteln werden Proteine und im letzten Kapitel RNA als Rezeptor untersucht. Die einzelnen Kapitel beginnen jeweils mit einer kurzen Einführung der Rezeptoren und der dazugehörenden Liganden, schließlich wird dann die Rezeptor-Ligand-Wechselwirkung beschrieben. Als Rezeptor wurden in der vorliegenden Arbeit Proteine (Kinasen und Membranproteine) und strukturierten Elemente der RNA (Aptamerdomäne der purinbindenden Riboswitche und der SELEX-RNA) gewählt. Membranproteine der Atmungskette, Kinasen und Riboswitches stellen zusätzlich attraktive Rezeptoren für das Wirkstoffdesign dar. Die damit interferierenden Liganden umfassen Substrate, Cofaktoren, Metabolite und Inhibitoren. Die Untersuchung der Wechselwirkung erfolgte mittels NMR-Spektroskopie und organischer Synthese.
Poly(pyrazol-1-yl)borate, die sogenannten Skorpionate, repräsentieren eine der etabliertesten Ligandenklassen in der Koordinationschemie und finden aufgrund ihrer Vielseitigkeit zahlreiche Anwendungen. In den letzten Jahren hat sich ein besonderes Interesse an Bis- und Tris(pyrazol-1-yl)boratliganden entwickelt, die mehrere Skorpionateinheiten im selben Molekül vereinen und dadurch kooperative Effekte zwischen den Metallionen fördern. Diese Liganden können sowohl Einsatz in der homogenen Katalyse als auch in den Materialwissenschaften finden. Die bisher in unserer Arbeitsgruppe entwickelten ditopen Bis(pyrazol-1-yl)borate des Typs L (Abb. 3.1) weisen allerdings eine recht hohe Hydrolyseempfindlichkeit auf, deren Ursache wahrscheinlich im elektronenschiebenden Charakter und der Raumerfüllung der Alkylsubstituenten begründet liegt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden daher zunächst die ditopen Skorpionatliganden M2[3] und M2[6] mit Phenyl- und Pentafluorphenylsubstituenten dargestellt, die in darauf folgenden Hydrolysestudien eine im Vergleich zu L erheblich höhere Beständigkeit gegenüber Feuchtigkeit zeigten. Die Umsetzungen der Liganden Li2[Lpara] (Dissertation Dr. Susanne Bieller; Frankfurt 2005) und Li2[6] mit MnII-chlorid verdeutlichten, dass sich das C6F5-substituierte Heteroskorpionat auch in Bezug auf sein koordinationschemisches Verhalten vom tertButyl-substituierten Liganden unterscheidet. Während Li2[Lpara] mit MnCl2 zu einem chlorid-überbrückten, makrozyklischen, dinuklearen Mangankomplex reagiert, wird mit Li2[6] das in Abb. 3.2 dargestellte Koordinationspolymer {(MnCl2)2(Li(THF)3)2[6]}∞ erhalten. Die Ladung der anionischen Polymerkette wird durch Lithium-Gegenionen ausgeglichen. Um die Bildung von diskreten Komplexen einerseits bzw. von Koordinationspolymeren andererseits gezielt steuern zu können, wurden die mit sterisch anspruchsvollen Pyrazolylsubstituenten versehenen Liganden M2[4], M2[5] und M2[7] (Abb. 3.1) dargestellt. Im Zuge der Kristallisation von Li2[4] zeigte sich, dass diese Verbindung eine hohe Affinität für Chloridionen besitzt. Auch in Anwesenheit eines Überschusses Kronenether führen Spuren des Halogenids zur Ausbildung des in Abb 3.3 gezeigten dinuklearen, chloridverbrückten Lithiumkomplexes Li2Cl[4]. Die ausgeprägte Komplexbildungstendenz lässt Li2Cl[4] im Hinblick auf die Entwicklung von Anionenrezeptoren interessant erscheinen. Komplexe, in denen zwei Metallionen durch zwei Heteroskorpionatliganden in eine makrozyklische Struktur eingebunden werden (Tmeta/para in Abb. 3.4), konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht isoliert werden. Ein Hinweis, warum dieses Strukturmotiv ungünstig sein könnte, wurde durch die Charakterisierung des auf einem partiell hydrolysierten Derivat von Li2[Lpara] beruhenden CoII-Makrozyklus Co2[23]2 erhalten. Die Analyse der Strukturparameter dieser Verbindung deutet an, dass die Bildung eines Makrozyklus im Fallder unhydrolysierten Heteroskorpionate aufgrund sterischer Wechselwirkungen zwischen den Pyrazolylringen und der Phenylenbrücke benachteiligt sein sollte. Obwohl zwischen Aryl- und Alkyl-basierte n Heteroskorpionaten erhebliche Unterschiede hinsichtlich ihrer Neigung zur hydrolytischen Zersetzung erkennbar sind, zeigen beide Ligandentypen ähnliche Labilitäten gegenüber der stark Lewis-aziden Verbindung Brommanganpentacarbonyl. Die Reaktionen von Li2[Lpara], Li2[3] und Li2[6] mit Mn(CO)5Br führten zur Spaltung von B-N-Bindungen, die in allen drei Fällen durch Kristallisation des in Abb. 3.5 gezeigten, pyrazolid-verbrückten MnI-Carbonylkomplexes 21 dokumentiert werden konnte. Im Gegensatz zu den Heteroskorpionatliganden zeigen oligotope phenylenverknüpfte Homoskorpionate keine Tendenz, sich unter dem Einfluss von Mn(CO)5Br zu zersetzen. Reaktionen der di- und tritopen Tris(pyrazol-1-yl)borate Li2[15], Li2[16] und Li3[18] lieferten die in Abb. 3.6 dargestellten Mangantricarbonylkomplexe (Mn(CO)3)2[15], (Mn(CO)3)2[16] und (Mn(CO)3)3[18] in guten Ausbeuten. Neben der Darstellung dieser, für materialwissenschaftliche Fragestellungen (Koordinationspolymere, Metallorganische Netzwerke) interessanten Liganden, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch der Frage nachgegangen, ob die Verknüpfung zweier Heteroskorpionateinheiten Auswirkungen auf die katalytische Aktivität entsprechender Rhodium-Cyclooctadien-Komplexe in der Polymerisation von Phenylacetylen hat. Sterisch anspruchsvolle Pyrazolylsubstituenten tragende monotope Rhodium-Cyclooctadien- Skorpionatkomplexe konnten in dieser Reaktion bereits erfolgreich als Katalysatoren eingesetzt werden und lieferten regioselektiv cis-transoid-verknüpftes Poly(phenylacetylen). Zunächst wurden die in Abb. 3.7 dargestellten Rhodiumkomplexe (Rh(cod))2[3] und (Rh(cod))2[6] von Bis(pyrazol-1-yl)boraten, die keine sterisch anspruchsvollen Pyrazolylsubstituenten tragen, synthetisiert. Ähnlich wie der analoge einkernige Komplex Rh(cod)[H2Bpz2 ] zeigten (Rh(cod))2[3] und (Rh(cod))2[6] keinerlei katalytische Aktivität. Daher sollten im Anschluss die mit Phenylpyrazolylgruppen ausgestatteten Derivate (Rh(cod))2[5] und (Rh(cod))2[7] synthetisiert und im katalytischen Prozess eingesetzt werden. Im Verlauf dieser Experimente stellte sich heraus, dass die Reaktionen der Alkalimetallskorpionate Li2[5] und K2[7] mit (Rh(Cl)(cod))2 nicht zu den Zielverbindungen, sondern zur Zersetzung der Ligandgerüste führen. In beiden Fällen konnte das Abbauprodukt 22 isoliert werden (Abb. 3.8). Weitere Untersuchungen ergaben, dass 22 in der Lage ist, Phenylacetylen in guten Ausbeuten und regioselektiv (cis-transoid-verknüpftes Poly(phenylacetylen)) zu polymerisieren. 22 stellt somit ein gut zugängliches und leicht zu modifizierendes Katalysatorsystem dar, dessen Optimierung Thema zukünftiger Untersuchungen sein wird.
Die 5-Lipoxygenase (5-LO) ist das Schlüsselenzym bei der zellulären Leukotriensynthese. Sie katalysiert zunächst die Umwandlung von AA zu 5-Hydroperoxyeicosatetraensäure (5-HPETE) und als zweiten Schritt die Dehydratisierung der 5-HPETE zum instabilen Epoxid Leukotrien A4 (LTA4). Leukotriene sind wichtige Mediatoren bei Entzündungsprozessen und allergischen Reaktionen. Die 5-LO besteht aus zwei Domänen, einer N-terminalen regulatorischen Domäne (AS 1-121) und einer C-terminalen katalytischen Domäne (AS 120-673). Die katalytische Domäne besteht hauptsächlich aus a-Helices, die regulatorische hingegen hat fast ausschließlich b-Faltblätter als Sekundärstrukturelemente. Mit ihrem aus acht Faltblättern bestehenden antiparallelen b-Sandwich hat sie Ähnlichkeit mit einer C2- Domäne. Sie besitzt eine Ca2+-Bindungsstelle und ist maßgeblich bei der Bindung des Enzyms an Membranen beteiligt. Für einige Inhibitoren und zelluläre Faktoren existieren Hinweise, dass sie an die C2-ähnliche Domäne der 5-LO binden, die direkten Beweise fehlen jedoch. Die katalytische Domäne enthält das aktive Zentrum mit einem prosthetischen Eisen und drei Phosphorylierungsstellen. In der vorliegenden Arbeit wurde zum ersten Mal erfolgreich eine Methode zur Überexpression und Aufreinigung der regulatorischen Domäne in E. coli entwickelt, die eine große Ausbeute des Zielproteins erbringt. In einer einfachen one-step Aufreinigung können bis zu 80 mg Fusionsprotein aus MBP und der regulatorischen Domäne der 5-LO (MBP-5LO1-128) pro Liter Expressionskultur gewonnen werden. Ein Verdau mit TEV-Protease führt zur effizienten Abspaltung des MBP. Die weitere Aufreinigung mit hydrophober Interaktionschromatogragphie ergibt eine Ausbeute von 3,4 mg reiner regulatorischer Domäne. Dabei weisen sowohl das Fusionsprotein, als auch die abgespaltene regulatorische Domäne eine Reinheit von über 95% auf. Leider ist die momentan erreichbare Konzentration der reinen regulatorischen Domäne noch nicht ausreichend, um damit NMR-Messungen zur Strukturaufklärung durchführen zu können. Es konnte bestätigt werden, dass die katalytische Domäne der 5-LO alleine nicht zu einer Umsetzung von Arachidonsäure in der Lage ist. Der Verlust der enzymatischen Aktivität ist vermutlich nicht auf eine Fehlfaltung der Proteindomäne zurückzuführen. Die korrekte Faltung der katalytischen Domäne konnte durch eine - wenn auch schwache - Bindung der Domäne an ATP gezeigt werden konnte. Die Zugabe von regulatorischer Domäne zu rekombinanter, aufgereinigter WT 5-LO hat unter gewissen Bedingungen (Abwesenheit von PC) einen stimulierenden Effekt auf die Aktivität des Gesamtenzyms. Dieser Effekt könnte durch eine „Dimerisierung“ der regulatorischen Domäne mit WT 5-LO hervorgerufen werden. In Gegenwart von PC ruft die regulatorische Domäne eine Hemmung der 5-LO-Aktivität hervor. Außerdem ist MBP-5LO1-128 (im Gegensatz zu MBP alleine) in der Lage, das Zwischenprodukt der 5-LO, 5-HPETE, in einer 1:1 Reaktion zu reduzieren. Diese Fähigkeit könnte zur Unterdrückung einer Selbstaktivierung der 5-LO physiologisch bedeutend sein. Interessant ist, dass die Reduktion in Anwesenheit von Ca2+, PC oder PC und Ca2+ deutlich verringert war. Ca2+ führte vor allem in Abwesenheit von PC zu einer deutlichen Verminderung der 5-HPETE-Reduktion. In Gegenwart von PC zeigt Ca2+ nur einen minimalen Einfluss auf die 5-HPETE-Reduktion. Es existieren deutliche Hinweise für eine Konformationsänderung von C2-Domänen durch Ca2+-Bindung [105; 106]. Geht man davon aus, dass dies auch für die C2-ähnliche Domäne der 5-LO zutrifft, erklärt sich damit die Verminderung der 5-HPETE-Menge in Gegenwart von Ca2+. Es ist gut vorstellbar, dass eine Ca2+-induzierte Konformationsänderung zu einer schlechteren Zugänglichkeit der für die Reduktion wichtigen Aminosäureseitenketten führt. Die Anwesenheit von PC führte zu einer noch stärkeren Hemmung der 5-HPETEReduktion, als die Zugabe von Ca2+. Die Beobachtung, dass 5-HPETE in Anwesenheit von PC teilweise vor einer Reduktion geschützt wird, ist in Übereinstimmung mit Ergebnissen von Rakonjac [62]. Vermutlich werden die, für die Reduktion wichtigen Aminosäureseitenketten bei Bindung der Domäne an die PC-Micellen teilweise verdeckt. Cystein 99 könnte eine Rolle bei dieser Reaktion spielen. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass es bei der Reduktion von 5-HPETE nicht zu einer maßgeblichen Ausbildung von Disulfidbrücken kommt. Vorstellbar wäre die Ausbildung einer Hydroxysulfonylgruppe am Cystein. Eine Beteiligung von Cystein 99 wird durch die Ergebnisse des Dockings von 5-HPETE an das Homologiemodell der 5-LO und experimentelle Daten aus anderen Arbeiten (M. Hörnig, O. Rådmark) unterstützt. Um den genauen Mechanismus aufzuklären und die physiologische Relevanz zu zeigen sind weitere umfassende Untersuchungen nötig. Um eine Bindung von Hyperforin, LP 121, C06 und B02 an die regulatorische Domäne zu untersuchen wurde ein Kompetitionsassay entwickelt. Dabei wurde rekombinante, aufgereinigte 5-LO mit dem entsprechenden Inhibitor versetzt und dann versucht, die Hemmung mit Hilfe der regulatorischen Domäne aufzuheben. Greift der Inhibitor an der regulatorischen Domäne an, so sollte die Zugabe von MBP-5LO1-128 bewirken, dass ein Teil des Inhibitors an die regulatorische Domäne bindet, er sich somit nicht mehr an der 5-LO befindet und seine Wirkung vermindert wird. Um sicher zu gehen, dass die beobachteten Effekte nicht artifiziell sind, wurde ein Inhibitor, der an der katalytischen Domäne der 5-LO angreift als Negativkontrolle für den Assay benutzt. Für diesen Zweck wurde der Eisenligandinhibitor Zileuton ausgewählt. Es ist bekannt, dass Zileuton das Eisen im aktiven Zentrum der 5-LO chelatiert und nicht an die regulatorische Domäne bindet. Die Hemmung von Zileuton konnte erwartungsgemäß durch Zugabe der regulatorischen Domäne nicht aufgehoben werden. Hyperforin und B02 zeigten eine deutlich verminderte 5-LOHemmung bei steigender Menge an MBP-5LO1-128. Die Hemmung durch LP 121 und C06 wurde nicht von der regulatorischen Domäne beeinflusst. Es konnte also ein effektives und einfaches Screeningverfahren zur Untersuchung der Bindung von 5-LO-Inhibitoren an die regulatorische Domäne entwickelt werden, mit der Einschränkung, dass der Assay nur für den Nachweis einer reversiblen Bindung von Inhibitoren an die regulatorische Domäne tauglich ist. Dieser Assay wird sich in Zukunft als wichtiges Tool bei der Suche nach neuen 5-LO-Inhibitoren erweisen, da die Substanzen mit einem direkten Angriff des aktiven Zentrums bisher nicht zu effektiven und nebenwirkungsarmen Arzneimitteln geführt haben.
Untersuchung möglicher Wege zur Präparation von Nioboxynitriden mittels thermischer Kurzzeitprozesse
(2008)
In dieser Arbeit wurden mögliche Wege zur Präparation von Nioboxynitriden mittels thermischer Kurzzeitprozesse (Rapid Thermal Processing (RTP)) in dünnen Metallfilmen untersucht. Die dafür verwendeten Nb-Filme wurden mittels Magnetronsputtern auf ein thermisch oxidiertes Siliziumsubstrat (SiO2/Si-Substrat) aufgebracht. Die SiO2-Schicht hatte eine Dicke von 100 nm und soll die unerwünschte Reaktion zwischen Si und Nb vermeiden, welche zur Bildung von Niobsiliziden bei der RTP-Temperung führen kann. Um Nioboxynitride zu präparieren wurden Nb-Filme in mehreren Schritten mittels RTP behandelt. Durch die Variation der Ansatzreihenfolge (Oxidation und Nitridierung), der Reaktionsgase (O2, N2, NH3), der Reaktionstemperatur und der Reaktionszeit sowie der Schichtdicke der Proben wurde die Möglichkeit der Bildung von Nioboxynitriden untersucht. Es stellte sich heraus, dass die Bildung von Nioboxynitriden bei der Nitridierung der Nb2O5-Filme in Ammoniak erfolgt. Die Nb2O5-Filme wurden durch die Oxidation der as-deposited Nb-Filme im molekularem Sauerstoff bei 450 °C (nach 5 min Oxidation) bzw. bei 500 °C (nach 1 min Oxidation) hergestellt. Die gebildete Nb2O5-Phase wurde dem orthorhombischen beta-Nb2O5 zugeordnet. Die Oberfläche der Nb2O5-Filme zeigte Rissbildung sowie sichtbare Delamination bzw. Ablösung der Nb-Filme vom Substrat. Dies wird durch das Stressaufkommen im Film bei der direkten Oxidation des as-deposited Films im O2-Strom erklärt. Das Stressaufkommen wird durch eine starke Ausdehnung des Kristallgitters von Niob bei der Bildung des Nb2O5 sowie durch eine hohe Oxidationsrate des as-deposited Nb-Films in O2 hervorgerufen. Das Herabsetzen der Oxidationsgeschwindigkeit verringerte den Stress zwischen dem Metall und Niobpentoxid und verbesserte die Oberflächenqualität des Films nach der Temperung. Eine Herabsetzung der Reaktionsgeschwindigkeit wurde durch die Änderung der Ansatzreihenfolge erreicht. Die Oxidation der vorher nitridierten Nb-Filme führte zu einer langsameren Bildung des Nb2O5 im Vergleich zu den Filmen, die einer direkten Oxidation im O2-Strom ausgesetzt wurden. Dies wurde durch die Barrierefunktion der bei der Nitridierung gebildeten Niobnitride gegen den eindiffundierenden Sauerstoff hervorgerufen. Bei der Oxidation wurde die Diffusion des Sauerstoffes im nitridierten Film durch den Stickstoff gehemmt, was zu einer Abnahme der Oxidationsgeschwindigkeit und somit zu einer langsameren Bildung des Nb2O5 führte. Die Oxidation der zuvor nitridierten Filme führte zu wesentlich niedrigerem Stress zwischen dem Niob und den gebildeten Oxidphasen als zwischen dem Niob und dem Niobpentoxid bei der direkten Oxidation des Niobs in molekularem Sauerstoff. Die weitere Nitridierung der Filme, bei denen bei der Oxidation der bereits nitridierten Filme die Bildung nur einer Nb2O5-Phase erfolgte, führte zur Bildung von zwei Phasen: Nb4N3 und NbxNyOz. Die Zusammensetzung des gebildeten Nioboxynitrides entspricht am wahrscheinlichsten einer Zusammensetzung von NbN0.6O0.2. Sowohl die 200 als auch 500 nm-Filme zeigten nach der dreifachen Temperung eine hohe Porosität. Die hohe Porosität der Probe wurde durch Gasbildung und -diffusion (H2, H2O) im Innern des Films bei der Temperung des Nb2O5-Films in NH3 verursacht. Die EFTEM/EELS-Untersuchungen zeigten, dass sich beim dünnen 200 nm-Film zwei ausgeprägte Zonen (an der Oberfläche – Nb4N3, im Bulk bzw. am Interface – NbxNyOz) gebildet haben. Beim 500 nm-Film zeigte sich, dass die stickstoffhaltigen sowie stickstoff- und sauerstoffhaltigen Zonen, welche entsprechend Nb4N3 und NbxNyOz zugeordnet wurden, im ganzen Film ziemlich gleichmäßig verteilt sind. Ein Hinweis auf die Bildung eines Nioboxynitrides durch die Nitridierung der unvollständig oxidierten Nb-Filme im molekularen Stickstoff wurde nicht gefunden. Bei diesen Temperungen erfolgte die Bildung von unterschiedlichen Oxid- und Nitridphasen. Es wurde festgestellt, dass die Oxidation sowie die Nitridierung der Nb-Filme zu einem texturierten Wachstum der gebildeten Phasen führten. Die SiO2-Schicht auf dem (100)-orientierten Silizium wirkte sich auf das Schichtwachstum des auf das Silizium aufgebrachten Niobs aus und beeinflusste die Kristallstruktur der entstandenen Nb-Schicht und der bei den RTP-Temperungen gebildeten Phasen. Bei dünnen Schichten, wirkt sich dieser Effekt stärker aus, da der Einfluss des Substrates mit wachsender Schichtdicke abnimmt. Die bei der Oxidation gebildeten Nioboxide stellten eine starke Diffusionsbarriere für den bei der Nitridierung eindiffundierenden Stickstoff dar, was zur Aufstauung von Stickstoff in den an der Oberfläche liegenden Filmschichten führte. Die Analyse der erhaltenen SIMS-Daten zeigte, dass bei der Nitridierung der bereits oxidierten Filme die Diffusion des Stickstoffes zwei gleichzeitig ablaufende Prozesse verursacht. Von einer Seite verdrängt der eindiffundierende Stickstoff den Sauerstoff aus dem Film. Andererseits führt die Diffusion des Stickstoffes aufgrund des Schneepflug-Effekts zur Aufstauung des Sauerstoffes in den tiefliegenden Bereichen des Films. Gleichartige Diffusionsprozesse wurden bei der Oxidation der bereits nitridierten Filme beobachtet. Die Nioboxide, welche am Interfacebereich detektiert wurden, bildeten sich durch die Reaktion zwischen Niob und dem aus der SiO2-Schicht ausdiffundierenden Sauerstoff. Die Gegenwart der schon vorhandenen Nioboxide hemmte allerdings die Ausdiffusion des Sauerstoffes aus der SiO2-Schicht des Substrates im Vergleich zu den unoxidierten Filmen.
Die trimeren P2X–Rezeptoren sind nicht–selektive Kationenkanäle, die durch Adenosintriphosphat (ATP) aktiviert werden. Es gibt sieben Untereinheiten (P2X1–7). P2X–Rezeptoren sind in nahezu jedem Gewebe exprimiert und dort an den verschiedensten physiologischen Vorgängen beteiligt. Neben den „Cys–Loop“–Rezeptoren und den ionotropen Glutamat–Rezeptoren stellen die P2X–Rezeptoren eine eigenständige Familie von Neurotransmitter–gesteuerten Rezeptoren dar. Eine Untereinheit der trimeren P2X–Rezeptoren besteht aus den intrazellulären N– und C–Termini und zwei Transmembrandomänen, die über eine große extrazelluläre Domäne verbunden sind. Da weder ein P2X–homologes lösliches Protein für Kristallisationsstudien noch ein Gewebe zur Aufreinigung großer Mengen von P2X–Rezeptorprotein zur Verfügung steht, stützen sich Struktur–Funktions–Studien auf einzelpunktmutierte Rezeptoren in heterologen Expressionsystemen. Einige Aminosäuren, die bei Austausch gegen Alanin eine deutliche Verschiebung der Dosis–Wirkungs–Kurve von ATP bewirken und von denen daher vermutet wird, dass sie an der Agonisten–Bindung beteiligt sind, wurden bereits identifiziert. Ob sich die Agonisten–Bindungstasche der P2X–Rezeptoren zwischen zwei Untereinheiten, wie bei den nikotinischen Acetylcholin–Rezeptoren, oder innerhalb einer Untereinheit, vergleichbar mit den ionotropen Glutamat–Rezeptoren, befindet, ist weitgehend ungeklärt. Um die Lokalisation der ATP–Bindungstasche zu bestimmen, wurden, basierend auf vorhandener Literatur, potenziell an der ATP–Bindung beteiligte Aminosäuren des P2X1–Rezeptors durch zielgerichtete Mutagenese gegen Cysteine ausgetauscht und die P2X–Rezeptormutanen in Xenopus laevis–Oozyten exprimiert. Das Ziel dabei war, quervernetzte Cystein–Mutanten durch Disulfidbrückenbildung zwischen den substituierten Cysteinen zu identifizieren und so die Distanz von Aminosäure–Seitenketten, die an der Agonisten–Bindung beteiligt sind, zu bestimmen. Für die biochemischen Untersuchungen wurden entweder alle neu gebildeten Proteine der Oozyten metabolisch durch Inkubation mit radioaktivem [35S]–Methionin oder selektiv die Plasmamembran– ständigen Proteine mit Sulfo–NHS–Fluoreszenz–Farbstoffen markiert. Die Rezeptormutanten wurden affinitätschromatographisch über ein N–terminales Hexahystidyl–Motiv unter nicht–denaturierenden Bedingungen aufgereinigt und mit nicht–reduzierender SDS–Polyacrylamid–Gelelektrophorese (PAGE) auf Expression sowie mit Blauer–Nativer–PAGE auf korrekte Trimerisierung überprüft. Darüber hinaus wurden homologe Cystein–Substitutionen einer P2X2–1–Chimäre, welche dieselben Bindungseigenschaften des P2X1–Rezeptors besitzt, mittels der Zwei–Elektroden–Spannungsklemme charakterisiert (TEVC). Die Koexpression der verschiedenen P2X–Mutanten ergab eine spontane Quervernetzung über Disulfidbrücken zwischen den P2X1 K68C– und F291C–Mutanten, die in nicht–reduzierenden SDS–PAGE–Gelen über eine Dimerbildung nachgewiesen werden konnte. Dies deutet auf eine geringe Distanz zwischen diesen Cystein–substituierten Aminosäuren hin. Die Ausbildung der Disulfidbrücke konnte nach Reduktion der Quervernetzung während der Aufreinigung und durch Zugabe von ATP verhindert werden. In funktionellen Studien der P2X2–1 K68C/F291C–Doppelmutante war es entsprechend möglich die Disulfidbrücke reversibel zu reduzierenden. In den Mutantenkanäle exprimierenden Xenopus–Oozyten wurde der geringe Rezeptorstrom durch Reduktion mit DTT ca. 60fach potenziert und dadurch überhaupt messbar gemacht. Die Reoxidation durch H2O2 wurde wie in den biochemischen Experimenten in Anwesenheit von ATP ebenfalls verhindert. Da die Aminosäuren K68 und F291 des P2X1–Rezeptors möglicherweise an der Agonisten–Bindung beteiligt sind, sind diese Ergebnisse die ersten direkten experimentellen Hinweise auf die Aposition von Domänen benachbarter Untereinheiten, die an der Agonisten–Bindung beteiligt sind. Demnach befindet sich die ATP–Bindungstasche an der Grenzfläche zwischen zwei Untereinheiten der P2X–Rezeptoren. Die Koexpression homologer Cystein–substituierter P2X2–, P2X3– und P2X4–Rezeptoren zeigte analog zu den P2X1–Experimenten eine spontane Dimerisierung der P2X2 K69C– und F289C–Mutanten. Eine mäßige Quervernetzung von zwei Untereinheiten der P2X3 K63C– und F280C– sowie der P2X4 K67C– und F294C–Mutanten konnte nach Anwendung einer ca. 0,5 nm langen Cystein–spezifischen quervernetzenden Substanz erreicht werden. Die paarweise Kombination der P2X1–, P2X2–, P2X3–und P2X4–Cystein–Mutanten zeigte selbst nach Anwendung quervernetzender Substanzen nur in der Kombination von P2X1–K68C und P2X2–F289C eine Quervernetzung von zwei unterschiedlichen Untereinheiten eines heteromeren P2X1/2–Rezeptors. Diese Kombination konnte in elektrophysiologischen Messungen durch Reduktion der Disulfidbrücke spezifisch messbar gemacht und somit die Heteromerisierung dieser Untereinheiten eindeutig aufgezeigt werden. Zusammenfassend deutet die geringe Distanz der an der Quervernetzung beteiligten Cystein–Mutationen der P2X1–, P2X2– und homomeren P2X1/2–Rezeptoren auf ein konserviertes strukturelles Motiv dieser P2X–Subtypen hin, welches in P2X3– und P2X4–Rezeptoren nicht konserviert zu sein scheint. Diese Ergebnisse liefern wichtige Hinweise auf die generelle Struktur der P2X–Rezeptoren und werden maßgeblich zur Interpretation einer zukünftigen Kristallstruktur beitragen.