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Der Mangel von Faktor VIII (FVIII) führt zur häufigsten Gerinnungsstörung, der Hämophilie A. Die rekombinante Expression von FVIII für gentherapeutische Ansätze oder zur Herstellung von FVIII ist zwei bis drei Größenordnungen niedriger verglichen mit anderen Proteinen vergleichbarer Größe. Die Ursachen für die geringe Expression liegen zum großen Teil an der ineffizienten Transkription und dem ineffizientem intrazellulären Transport. (1) Im Rahmen der Untersuchung der FVIII-Sekretion, konnte durch Verwendung von FVIII-GFP Fusionsproteinen zum ersten Mal gezeigt werden, wie FVIII in lebenden Zellen transportiert wird. Außerdem wurde anhand von vergleichenden Immunfluoreszensfärbungen, FVIII-Messungen und Westernblotanalysen demonstriert, dass weder bei der B-Domäne deletierten noch bei der Volllängenvariante signifikante Unterschiede zwischen den GFP-fusionierten und Wildtyp-FVIII-Varianten messbar waren. Offensichtlich wird die Funktionalität von FVIII durch die C-terminal fusionierte GFP-Domäne nicht eingeschränkt. In ersten Lebendzellanalysen konnte gezeigt werden, dass sich FVIII in primären Zellen und Zelllinien hauptsächlich im ER befindet und eine für lumenale ER-Proteine charakteristischen Mobilität aufweist. Beim frühen sekretorischen Transport zeigte sich bei Temperaturblock-Experimenten eine verlängerte Dauer der Akkumulation in ER-Exit-Sites und eine vergleichsweise niedrige Frequenz von ER-Golgi-Bewegungen. Es konnte zum ersten Mal der Nachweis von FVIII-Transport durch vesikuläre tubuläre Cluster erbracht werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der möglicherweise durch Faltungsprobleme blockierte Austritt aus dem ER das Hauptproblem des ineffizienten FVIII-Transports zu sein scheint und weniger der intrazelluläre Transport an sich. Mittels siRNA-Silencing wurde außerdem die überwiegende Beteiligung von COPI am intrazellulären Transport von FVIII deutlich, dessen Herunterregulierung zu einer 78 prozentigen Reduktion der FVIII-Sekretion im Gegensatz zu 32 Prozent bei COPII führte. Dagegen konnte durch Herunterregulierung der Expression der p24-Cargo-Rezeptor Familienmitglieder p24 und p26 und der Clathrin Adapterproteine µ- und -Adaptin bzw. durch physiologischen Knock-out im Falle von ER-Exit-Rezeptor MCFD2 kein Einfluß auf die FVIII-Sekretion festgestellt werden. (2) Als Alternative zu dem ineffizienten FVIII-Expressionsystem in unphysiologischen Zelllinien, bieten primäre Endothelzellen den Vorteil einer hocheffizienten FVIII-Sekretion. Zur Verwendung bei der rekombinanten Produktion benötigt man allerdings eine kontinuierlich wachsende gut charakterisierte Zelllinie. Zur Immortalisierung wurden aus Nabelschnurblut gewonnene Endothelprogenitorzellen mit der aktiven Untereinheit der humanen Telomerase (hTERT) transduziert. Trotz erfolgreicher Transduktion und langfristiger Expression von hTERT, welche im TRAP-Assay normale Aktivität zeigte, gingen die Zellen nach der natürlichen Teilungsspanne in die Seneszenz über. Möglicherweise wird noch ein weiteres Immortalisierungsgen benötigt oder hTERT ist durch die ektopischen Expression in diesen Endothelzellen nicht funktionell. (3) Der Einsatz hämatopoetischer Stammzellen für gentherapeutische Ansätze zur Expression von humanen FVIII ist bislang aufgrund niedriger Expressionseffizienz der Vektoren limitiert. Es wurden daher die Kombinationen verschiedener transkriptioneller und posttranskriptioneller Elemente in FVIII-Expressionsvektoren ausgetestet. Hierbei zeigte sich, dass die Verwendung einer 5’ untranslatierten Region (5’UTR) des hämatopoetisch exprimierten FXIIIA-Gens die FVIII-Sekretion in verschiedenen Zelllinien und primären Zellen deutlich steigerte. Am stärksten war die Wirkung in primären Monozyten, in denen die FVIII-Expression den 6fachen Wert im Vergleich zum Ursprungsvektor ohne 5’UTR erreichte. Leberzellen stellen weitere attraktive Zielzellen für gentherapeutische Ansätze dar, da Sie den primären physiologischen Ort der FVIII-Synthese darstellen. Die häufig für Gentherapievektoren verwendeten ubiquitär exprimierenden viralen Promotoren bewirken zwar hohe Expression in den transduzierten Zellen, haben allerdings den Nachteil durch ektopische Expression vermehrt Immunantworten auszulösen und durch starke Interaktion mit benachbarten Promotoren der Integrationsstelle im Genom möglicherweise tumorgene Effekte zu verursachen. Bei der Untersuchung verschiedener physiologischer Promotoren im Vergleich zum viralen CMV Promotor in Leberzellen konnte mit dem zum ersten mal getesteten minimalen FVIII-Promoter in einem lentiviralen Vektor der dritten Generation in Leberzelllinien eine vergleichsweise hohe Expression von 0,5 IU/ml FVIII /106 Zellen erzielt werden. Der FVIII-Promoter ist daher geeignet für eine lebergerichtete Expression und minimiert dabei das potentielle Risiko der häufig verwendeten ubiquitären viralen Promotoren.
Für pädiatrische Patienten mit Hochrisikoleukämien ist die Donor-Lymphozyten-Infusion eine etablierte Therapieform, um nach Stammzelltransplantation die Immunrekonstitution zu verbessern oder ein beginnendes Rezidiv abzuwehren. Als schwerwiegende Nebenwirkung kann jedoch eine „Graft-versus-host“-Krankeit (graft-versus-host disease; GVHD) auftreten, bei der die T-Zellen gesundes Gewebe angreifen. In ersten klinischen Studien mit veränderten, Suizidgen tragenden Donor-Lymphozyten konnte durch die rechtzeitige Gabe eines Suizidinduktors die GVHD unterbunden werden. Die genetische Manipulation der T-Zellen führte jedoch zu einem Funktionsverlust, der vermutlich auf die zur Transduktion notwendige Aktivierung zurückzuführen ist. Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene Aktivierungsprotokolle mit Beads-gekoppelten oder löslichen Antikörpern hinsichtlich der Expansionsrate und dem Einfluss auf die Funktionalität der T-Zellen näher untersucht. Dazu wurden primäre humane T-Zellen im klinischen oder im Labormaßstab immunomagnetisch über eine CD3 sowie CD4/CD8 Selektion oder mittels der RosetteSep-Prozedur auf > 96% angereichert und anschließend expandiert. Die Transduktion erfolgte an den Tagen 3 und 4 mit einem „GMP-grade“ CD34/HSV-TK Vektor. Zur Aktivierung wurden zum einen lösliche CD3/CD28 Antikörper und zum anderen zellgroße Kügelchen - sogenannte Beads – verwendet. Die Beads wurden mit CD3/CD28 Antikörper und fakultativ mit CD2 beladen. Die beladenen Beads imitieren in der Zellkultur eine Antigen präsentierende Zelle und sollten damit eine möglichst physiologische Situation schaffen. Außerdem wurden unterschiedliche IL-2 Konzentrationen zugesetzt (20-1000 U/ml), um einen potentiellen IL-2 Effekt auf die T-Zellen zu untersuchen. Die Aktivierung mit den löslichen Antikörpern führte zu einer IL-2 abhängigen Proliferation der T-Zellen über 14 Tage mit maximaler Expansionsrate (47fach) bei 1000 U/ml IL-2. Die Expansion mit Beads-gekoppelten Antikörpern war ebenfalls IL-2 abhängig, beschränkte sich jedoch auf die erste Woche und erreichte eine maximale Expansionsrate von 3-4. In der zweiten Woche fiel die Zellzahl ab. Zusammenfassend sind für eine starke Expansion der T-Zellen eine hohe IL-2 Konzentration, aber auch die löslichen Antikörper per se verantwortlich. Gleichzeitig konnte demonstriert werden, dass es große individuelle Unterschiede in der T-Zellexpansion verschiedener Spender gibt. Der Einfluss der Aktivierung auf die Veränderung der T-Zellsubpopulationen wurde mit Hilfe von multiparametrischen Analysen am Durchflusszytometer untersucht. Hohe IL-2 Konzentrationen (100 und 1000 U/ml) sowie die Verwendung löslicher Antikörper führten zu einer starken Zunahme der CD8+ T-Zellen. Der CD4/CD8 Quotient blieb lediglich unter Stimulierung mit den Beads-gekoppelten Antikörpern in Verbindung mit 20 U/ml IL-2 konstant. Mit allen Aktivierungsprotokollen ergab sich für den immunologischen Phänotyp eine Verschiebung vom naiven zum Gedächtniszelltyp. Die Proliferation CMV-spezifischer T-Zellen konnte mit allen Aktivierungsprotokollen erreicht werden und korrelierte mit der Expansionsrate der gesamten CD3+ T-Zellen. Die Zytokinausschüttung war verringert bei den T-Zellen, die mit den löslichen Antikörpern stimuliert wurden. Eine verminderte Zytokinproduktion könnte auf einen Verlust der Funktionalität der T-Zellen hindeuten. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Stimulierung über Beads-gekoppelte Antikörper zu einer gleichmäßigen Transduktion von CD4+ und CD8+ T-Zellen führte. Im Gegensatz dazu hatte die Aktivierung mit löslichen Antikörpern zur Folge, dass hauptsächlich CD8+ T-Zellen transduziert wurden. Für eine kompetente Immunantwort im Rahmen einer DLI erscheint jedoch eine physiologische Zusammensetzung der CD4+ und CD8+ T-Zellen äußerst wichtig. Residuale Stammzellen könnten potentiell co-transduziert werden. Um diese Gefahr abschätzen zu können, wurden ficollisierte PBSC analog der T-Zellen expandiert. Unter allen T-Zellaktivierungsprotokollen blieben die CD34+ Stammzellen in den ersten Tagen der Kultur vital und durchflusszytometrisch nachweisbar. Die Stammzellen expandierten sogar geringfügig und waren damit potentiell transduzierbar - mit der Gefahr einer klonalen Entartung durch Insertionsmutagenese. Dies deutet auf die Wichtigkeit einer T-Zellselektion zur Manipulation von DLI hin, um residuale Stammzellen zu entfernen. Die Suizidstrategie ist eine vielversprechende Möglichkeit zur Kontrolle der GVHD im Rahmen einer DLI. Voraussetzung ist aber, dass die infundierten Zellen auch immunologisch kompetent bleiben und einen GvL-Effekt bewirken. Die Aktivierung mit Beads-gekoppelten Antikörpern scheint zum Erhalt der Immunkompetenz den löslichen Antikörpern überlegen zu sein.
Präklinische Untersuchungen zur Gentherapie der HIV-Infektion mit dem retroviralen Vektor M87o
(2007)
Mit der Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) 1995 wandelte sich die HIV-Infektion in den Industrieländern von einer akut lebensbedrohlichen zu einer chronisch verlaufenden und scheinbar gut kontrollierten Erkrankung. Das Virus wird allerdings nie vollständig aus dem Körper eliminiert, sodass die Betroffenen zeitlebens Medikamente einnehmen müssen. Die Langzeit-Medikation wird häufig von schweren Nebenwirkungen begleitet, führt zur Selektion resistenter Viren und muss häufig umgestellt werden. Gentherapeutische Verfahren, die die CD4+ Zielzellen durch die Expression antiviraler Gene vor der Infektion durch HIV schützen („intrazelluläre Immunisierung“), stellen viel versprechende Therapiealternativen dar. Der in der Arbeitsgruppe von Laer entwickelte retrovirale Vektor M87o (EGELHOFER et al. 2004, EGELHOFER 2004) exprimiert das 46 Aminosäuren lange membran-verankerte Peptid C46, das in der Lage ist, die gp41-vermittelte Fusion von Virus- und Zellmembran zu inhibieren. In Zelllinien und primären Lymphozyten konnte gezeigt werden, dass M87o die Infektion durch unterschiedliche HIV-Isolate sehr effektiv verhindert. Im Rahmen vorklinischer Untersuchungen konnte in vitro gezeigt werden, dass die retrovirale Transduktion mit M87o das Transformationsrisiko und damit das Risiko der Entstehung von Neoplasien nicht steigert. An primären peripheren T-Zellen konnte zeigt werden, dass M87o die Zielzellen weder phänotypische noch funktionelle verändert. Für die Untersuchung der retroviralen Gentherapie im Rhesusaffenmodell wurde zunächst ein Gentransferprotokoll für periphere Affenlymphozyten entwickelt, mit dem in Vorversuchen Gentransferraten von ca. 50% erreicht werden konnten. Das Transduktionsprotokoll wurde anschließend im Rahmen einer präklinischen Studie zur Toxizität und Immunogenität der M87o-Gentherapie, bei der Herstellung zweier Studientransplantate angewandt. Beide Zellpräparate wurden den Versuchstieren transplantiert. Während des Eingriffs traten keine akuttoxischen Reaktionen auf. M87o+-Zellen konnten bis 140 Tage nach der Transplantation mittels PCR nachgewiesen werden. Immunologische Untersuchungen (Cytokinfärbung, Proliferationsassay, ELISPOT) ergaben keine Hinweise auf zelluläre oder humorale Immunreaktionen. M87o-spezifische Antikörper waren im Serum nicht nachweisbar. Für die Durchführung einer klinischen Studie zur Toxizität und Wirksamkeit (Phase I/II) an HIV-infizierten Probanden wurde ein Protokoll zur Produktion M87o-modifizierter T-Zellen (mindestens 5 × 108 M87o+ CD4-T-Zellen pro Spender) entwickelt. In die klinische Prüfung wurden Patienten aufgenommen, die nach multiplem Therapieversagen durch das Auftreten multiresistenter HIV eine CD4-Zellzahl von 50 bis 200 µl-1 Blut, sowie eine Viruslast von >5.000 Kopien ml-1 Blut aufwiesen. Im Versuchsmaßstab konnte ein Transduktionsprotokoll erarbeitet werden, mit dem im Mittel 46% der CD4+ T-Zellen mit M87o transduziert werden konnten. Innerhalb von 10 Tagen expandierte die Zellzahl im Mittel um den Faktor 153, wobei die HIV-Replikation vollständig inhibiert wurde. Das Protokoll wurde erfolgreich vom Versuchsmaßstab in den klinisch relevanten Produktionsmaßstab übersetzt. In drei Versuchsläufen wurde im Mittel eine Transduktionsrate von 29% erreicht und die Zellzahl um den Faktor 44 vermehrt. Der Anteil an CD3+/CD4+ Zellen an der Gesamtpopulation lag im Mittel bei 91%. Insgesamt konnten mit dem etablierten Protokoll durchschnittlich 2,3 × 109 CD3+/CD4+/M87o+ Zellen, bei gleichzeitig vollständiger Inhibition der HIV-Replikation, generiert werden. Im Rahmen einer klinischen Studie zur Toxizität und Wirksamkeit der M87o-Gentherapie wurden 10 Studientransplantate gemäß dem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Protokoll hergestellt. Alle Transplantate wurden am Universitäts-Krankenhaus Eppendorf in Hamburg transfundiert und von den Patienten sehr gut vertragen.