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Unschätzbare Gesichter : Kulturheroen in der politischen Ikonographie der georgischen Banknoten
(2017)
Die Einführung einer neuen georgischen Währung im Herbst 1995 sollte die finanzielle Souveränität des 1991 von der UdSSR unabhängig gewordenen Staates zum Ausdruck bringen. [...] Abgesehen von der pragmatischen Notwendigkeit einer Währungsumstellung brachten die neuen Banknoten jedoch auch einen neuen Diskurs in Umlauf. Anders als die neue Fahne und die Hymne, die eine Kontinuität zur Georgischen Demokratischen Republik (1918−1921) suggerierten, fiel der neuen Währung, so Eka Meskhis These, die Aufgabe zu, die Idee einer neuen georgischen Staatlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Diese Aufgabe scheint umso bedeutender gewesen zu sein, als Ševardnaʒe seine Staatsdoktrin nie (oder zumindest nie eindeutig) diskursiv formulierte, so dass die Gestaltung einer neuen Währung als ein einzigartiges symbolpolitisches Manifest angesehen werden kann. In diesem Manifest - so eine weitere These - stützte sich Ševardnaʒe auf die in der Sowjetzeit diskursiv und bildlich ausgearbeitete Idee Georgiens als Kulturnation, die sich primär in einer Galerie von Kulturheroen manifestierte. In diesem Beitrag analysiert Eka Meskhi die georgische Währung als eine Trägerin von Diskursen des Nationalen kritisch, interpretiert die Bedeutung ihres Bildprogramms und legt die Mechanismen offen, mit denen der Staat seiner Souveränität Ausdruck verleiht und sich damit nach innen und außen repräsentiert. Im ersten Abschnitt wird das georgische Papiergeld beschrieben sowie das theoretische Interesse und die methodischen Zugänge erläutert. In einem zweiten Schritt wird das Bildprogramm des georgischen Papiergeldes interpretiert und im dritten und letzten Schritt dieses Bildprogramm genealogisch aus dem visuellen und narrativen sowjetgeorgischen Verständnis Georgiens abgeleitet.
Obwohl mit dem "Personenkult" um Josef Stalin (1878−1953) vor allem die Inszenierungen seiner Macht und sein Führungsstil bezeichnet werden, ging der Kult um seine Person über den Rahmen des Politischen hinaus: Stalin wurde mit der Zeit zunehmend zu einer kulturstiftenden Figur, ja gar zu einem kulturellen Symbol stilisiert, das eine ganze Epoche prägte. Wenn überhaupt von einem "Gesamtkunstwerk Stalin" (Boris Groys) die Rede sein kann, dann bezeichnet dieser Begriff gleichermaßen die Epoche Stalins wie ihren Hauptprotagonisten, dessen Selbstinszenierungen als ein Kulturphänomen, ein 'Kunstwerk' der Zeit betrachtet werden können. In diesem "Gesamtkunstwerk" erscheint er sowohl als ein demiurgischer Herrscher als auch als ein prometheischer Heros - als Befreier und Kulturstifter. Der "Führer", der die sowjetischen Völker zum Siege führt, ist zugleich der "Lehrer", der lehrt was richtig und was falsch ist. [...] Er ist eine Figur der Revolution, berufen, sein Land aus dem Chaos zu führen und eine neue Ordnung herzustellen. Diese neue Ordnung reicht über das Machtpolitische hinaus ins Kulturelle: Der revolutionäre Heros ist ein Kulturstifter, dessen Mission eine prometheische Tat, und zwar die Erschaffung eines neuen Menschen ist. Die Herrscher, die als Kulturheroen inszeniert werden, sind vor allem nationale Heroen und werden mit einer Nation identifiziert, die sie vertreten. Im Falle Stalins ist dieses Modell komplizierter, denn er steht an der Spitze des Vielvölkerstaates, der sich als eine "Völkerfamilie" darstellt. Daher muss er als Heros für alle Völker der UdSSR gleichermaßen gelten. Zugleich ist er aber ein Georgier und diese Tatsache beschert seinem Geburtsland eine symbolische Sonderstellung, sie verleiht Stalin als kulturheroischer Figur gewissermaßen zwei Gesichter: das allgemeinsowjetische und das national-georgische.
Im Folgenden werde ich die Rückkehr der Orthodoxie in drei Schritten am georgischen Beispiel erörtern. Im ersten Schritt werde ich die Rückkehr der Orthodoxie im Problemfeld des säkularisierten Staates verorten und einen Vergleich mit der Repolitisierung des Islam ziehen. Im zweiten Schritt werde ich die Rückkehr der Orthodoxie als nationalistische Ideologie beschreiben. Im dritten Schritt werde ich dieses Comeback aus der Erfahrung des Totalitarismus zu verstehen versuchen.