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Das vorliegende Themenheft vereint Beiträge, die sich mit literarischen und philosophischen Texten sowie dramatischen und musikdramatischen Werken aus einem historischen Zeitraum beschäftigen, der in etwa von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis ins frühe 18. Jahrhundert reicht und der hier - gemäß einer mittlerweile gut etablierten Begriffskonvention - als 'Frühe Neuzeit' angesprochen werden soll.
Den Aufsätzen des Hefts, die von Wissenschaftlern und Nachwuchsforschern der Ruhr-Universität Bochum verfasst wurden, geht es unterdessen weniger darum, erneut eine Diskussion über diesen Begriff und den damit verbundenen Periodisierungsvorschlag zu führen, um dessen Tragweite auszuloten. Vielmehr möchten die Beiträge in Form ausgewählter Fallstudien einzelne Genres und Textsorten in den Blick nehmen, um anhand je spezifischer Fragestellungen deren jeweilige Gestaltungsformen, deren literarische und ästhetische Darstellungsmittel und Wirkungsweisen zu studieren.
Das vorliegende Themenheft vereint Beiträge, die sich mit literarischen und philosophischen Texten sowie dramatischen und musikdramatischen Werken aus einem historischen Zeitraum beschäftigen, der in etwa von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis ins frühe 18. Jahrhundert reicht und der hier - gemäß einer mittlerweile gut etablierten Begriffskonvention - als 'Frühe Neuzeit' angesprochen werden soll. Den Aufsätzen des Hefts, die von Wissenschaftlern und Nachwuchsforschern der Ruhr-Universität Bochum verfasst wurden, geht es unterdessen weniger darum, erneut eine Diskussion über diesen Begriff und den damit verbundenen Periodisierungsvorschlag zu führen, um dessen Tragweite auszuloten. Vielmehr möchten die Beiträge in Form ausgewählter Fallstudien einzelne Genres und Textsorten in den Blick nehmen, um anhand je spezifischer Fragestellungen deren jeweilige Gestaltungsformen, deren literarische und ästhetische Darstellungsmittel und Wirkungsweisen zu studieren.
Die Ganzheit der Epoche
(2022)
Barbara Picht beschäftigt sich mit Ganzheitsvorstellungen, die dem Begriff der Epoche im modernen Geschichtsdenken zugrunde liegen. Ganzheit wie Einheitlichkeit betrachtet Picht dabei insofern als maßgeblich, als die Epoche einerseits über ausschließlich sie selbst charakterisierende Merkmale definiert werden solle, dabei andererseits aber auch solche Züge herauspräpariert werden müssten, die eine bestimmte Epoche mit anderen verbinde. Die Behauptung der Ganzheit einer Epoche sei in der Regel mit politischen Absichten verbunden. Zum Problem für die Integrität der Neuzeit als Epoche wird die für das moderne Geschichtsbewusstsein konstitutive Vorstellung einer 'offenen Zukunft'. Das schreibe dem Selbstverständnis der Neuzeit eine grundlegende Paradoxie ein. Die Neuzeit kenne zwar einen Anfang, könne aber in einer offenen Zukunft an kein Ende kommen und deshalb auch keine - ganze - Epoche sein. Diese Schwierigkeit erweist sich Picht zufolge jedoch als Glücksfall, denn die für das Ganze der Epoche prekäre Prozessualität habe eine "historiographisch produktive Dauerunruhe" ausgelöst.
Der vorliegende Beitrag möchte die frühneuzeitliche Transformation des astronomischen Wissens im Horizont ihrer 'Vorgeschichte' sowie ihres historischen Wirkungspotentials betrachten. Die astronomischen Arbeiten von Kopernikus, Kepler und Galilei sollen dabei in einer Perspektive der 'longue durée', d. h. vor dem Hintergrund jener wissensgeschichtlichen (insbesondere antiken) Bezugspunkte beleuchtet werden, die sich von einem Blickpunkt der Rückschau als mögliche Antizipationen der kopernikanischen Reform zu erkennen geben. Die antiken Vertreter einer heliozentrischen Kosmologie sind dabei freilich weniger als 'Vordenker' oder 'Vorläufer' anzusprechen, sondern vielmehr als "Indikatoren für die jeweilige Erweiterung des Horizonts möglicher Variationen" in Betracht zu nehmen. Darüber hinaus möchten die folgenden Untersuchungen ein Moment in den Blick rücken, das vor allem für einen literaturwissenschaftlichen und komparatistischen Zugang von näherem Interesse ist: die sprachlichen und medialen Formen, in der sich jene Umstellungen des kosmologischen Denkens artikulieren. Denn der gedankliche Gehalt, den die frühneuzeitlichen Astronomen in ihren Schriften vorbringen, ist nicht unabhängig von den sprachlichen und ästhetischen Formen, in denen er sich manifestiert. Dies gilt nicht zuletzt im Blick auf die Wirkung und Überzeugungskraft jener Schriften, für die rhetorische und ästhetische Verfahrensweisen der Evidenzerzeugung nicht weniger bedeutend sind als die darin zur Geltung gebrachten mathematischen und empirischen Beweismittel.
Im Allgemeinen werden als Stichwortgeber für Reuchlins "De verbo mirifico" der Florentiner Neuplatonismus und die Kabbala genannt, also die Platonica orientalia eines Pico della Mirandola und Marsilio Ficino. Dies ist sicher richtig, zeigt jedoch in meinen Augen nur einen kleinen Ausschnitt der zeitgenössischen und historischen Kontexte, mit denen Reuchlin arbeitet und die für seine Argumentation bezeichnend sind. Aus diesem Grund möchte ich aufzeigen, dass andere, nicht ganz so prominente theoretische Traditionen eine ebenso wichtige Rolle für seine Argumentation spielen: die Erkenntnistheorie des spätmittelalterlichen Neuplatonismus, dessen Auseinandersetzung mit der thomasischen Epistemologie und - das steht im Zentrum meiner Ausführungen - die frühneuzeitliche Skepsis (frühe Sextus Empiricus-Rezeption), die Reuchlin in den 90er Jahren, freilich ebenfalls im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit dem Florentiner Neuplatonismus, kennengelernt hat.
Das Unsichtbare in der Schrift : magische Texttheorie im Paracelsus-Diskurs der Frühen Neuzeit
(2005)
Die Metapher des "velum" nimmt ihren Ursprung in der antiken Texttheorie - und hat auch in der Sprachverwendung der natürlichen Magie ihren festen Platz. Paracelsus', Böhmes und Weigels Gedankenfigur von dem "velum" über den "mysteria" findet ihre - teilweise wortgleiche - Entsprechung in der Mythentheorie Bacons [...] und in der frühen Naturalmagie selbst.
Expansion in die Natur : zum Verhältnis von "ars" und "natura" bei Paracelsus und im Paracelsismus
(2005)
Wenn Paracelsus Naturwissenschaft oder magica als eine Handlung definiert, die "aus ihr", der Natur, ist, diese aber "mer, dan" ihr selbst "zu zu legen ist", steigert und "bessert", dann geschieht dies auf Basis aristotelischer Argumente, die im 13. Jahrhundert auf neuplatonische Weise so kombiniert werden, daß die aristotelischen Vorgaben mit der Vorstellung einer aktiven sympathetischen Teilhabe des Menschen am Kosmos harmonisieren. Diese Überformung wird in der Frühen Neuzeit noch einmal weiterentwickelt. Es sind die protestantische Mystik mit und gegen Luther und die Auslagerung ihrer häretischen Tendenzen in die Naturwissenschaft, die der Theorie von der Steigerung der Natur aus ihrer Mitte die Bedeutung einer wechselseitigen souverinen Teilhabe verleihen.
Wenn am Ende der Beschreibung von Simplicius' Begegnung mit den Teufeln davon gesprochen wird, dass die ganze Geschichte ein "Traum" gewesen sein könnte, dann rekurriert Grimmelshausen damit auf ein spezifisches Argument der sogenannten Imaginationstheorie, die Johann Weyer in seiner — im "Simplicissimus" übrigens erwähnten — Schrift "de praestigiis daemon[um]" von 1563 mit großem (leider nur diskursiven) Erfolg in die Hexendebatte eingeführt hat.
[...] Ich möchte [...] zeigen, dass sich die [...] Teufel der Gewalt nicht nur bei den einfachen Soldaten in den Schlachten und Überfällen des Dreißigjährigen Krieges finden lassen, sondern auch auf der anderen Seite der Machtpyramide: bei der Staatsmacht.
In der Forschung ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass dem Leser in Ludwig Tiecks "Der blonde Eckbert" (ED 1797) verschiedene Lesarten angeboten werden, die auf den ersten Blick streng voneinander getrennt scheinen, sich aber bei naherem Hinsehen als indifferent erweisen. In einem ersten Schritt soll in diesem Aufsatz eruiert werden, worin die verschiedenen Lesarten bestehen und wie sie miteinander verbunden sind, bevor eine besondere, nämlich die des (zeitgenössisch zu denkenden) Verfolgungswahns, herausgehoben und auf ihre hereditaren und kindheitsmemorialen Aspekte befragt wird; all dies unter besonderer Berücksichtigung der romantischen Allegorie, innerhalb deren die verschiedenen Lesarten angeboten werden.
In diesem Aufsatz möchte ich den Zusammenhang zwischen pikturalen Kosmographien und kosmologisch argumentierenden Texten analysieren, die aus dem Bereich des Paracelsismus stammen, einem europaweit von Philosophen, Ärzten, Alchemikern und Literaten geführten Diskurs des 16. und 17. Jahrhunderts, dessen Gegenstand die Ars magica oder Magia naturalis ist, und der sich durch einen Rückgriff auf die Autorität Paracelsus legitimiert.