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Goethes Naturdenken ist an jener historischen Nahtstelle anzusiedeln, an der sich die europäische Menschheit mit Hilfe von Wissenschaft und Technik aus den drückenden Zwängen der Natur zu befreien und sich ihres Verstandes in freier Wahl zu bedienen vorgenommen hat. Der spezifisch neuzeitliche Akzent, der diesem Vorhaben anhaftet, lautet: Die Entfremdung von der Natur ist die Bedingung der menschlichen Freiheit und ihrer Herrschaft über die Natur, doch versuchen schon die Menschen des späten 18. Jahrhunderts, ästhetisch wiederzugewinnen, was sie in der realen Beziehung zwischen Mensch und Natur verloren haben. Der Aufsatz versucht eine sozialgeschichtliche Einordnung von Goethes Naturdenken auch in die zeitgenössischen Erfahrungen der elementaren Naturgewalten, in Gewitter, Feuersbrunst und Hagelschlag, um die Innovationskraft dieses Denkens und ihres ästhetischen Ausdrucks zu belegen. Goethe hat sich zunächst dem Diskurs über die Theodizee angeschlossen, der nach dem großen Erdbeben von Lissabon lebhafter und heftiger wurde als je zuvor, ist dann aber rasch über diesen Diskurs hinausgeschritten, um den Menschen in seiner Glücksfähigkeit von allen anderen Naturwesen zu unterscheiden.
Die Propyläen als Toranlage, die zur Akropolis führt, gaben der Kunstzeitschrift Propyläen (1798-1800) den Namen. Goethe gab sie heraus, um durch sie – wie durch ein Tor – die Kunst der Gegenwart zur Orientierung an der Antike zu führen. Das für die Zeitschrift grundlegende Motiv des Tores spielt eine Rolle auch in einem Artikel „Ueber Etrurische Monumente“, den Goethes Freund und Mitarbeiter Johann Heinrich Meyer anonym im ersten Band der Propyläen (S. 66-100) veröffentlichte.
Gibt es irgendeine Berechtigung, die ausgetretenen Pfade der Interpretation erneut zu beschreiten und sich den Liedern aus Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre noch einmal und immer wieder zu nähern? Uferlos erscheint die Liste der Forschungsarbeiten, die sich mit diesen Liedern und/oder der Figur Mignon beschäftigen; gerade Mignon hat in der "Deutungstradition" von Goethes Bildungsroman ihren unbestrittenen Platz. Warum also noch einmal? Ein gewisses Anrecht auf ein wiederholtes und neues Lesen der bekannten Stellen genehmigt Goethes Roman selbst, sind es doch gerade Mignons Lieder, die sich zur mehrfachen und dauerhaften "Wiederholung" bekennen, ja die eine dauernde Wiederholung sogar einfordern. Man hat schon von einem "Wiederholungszwang" gesprochen, der durch diese Lieder vorangetrieben werde. Mignons Lieder arbeiten nicht nur häufig mit der Wiederholungsfigur des Refrains; auch ihr Hörer Wilhelm kann nicht umhin, sich diese Lieder mehrfach "wiederholen" zu lassen (234). Könnte es also sein, dass in dieser Wiederholungsmanie ein Hinweis darauf steckt, wie diese Lieder zu verstehen sind?