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Der Beitrag konzentriert sich auf Identitätskonzepte, die Artur Becker in seinen Romanen "Das Herz von Chopin" und "Wodka und Messer" für eine Migrantenexistenz vorschlägt. Das herkömmliche Modell (Überdruss an der neuen, Sehnsucht nach der verlassenen Heimat) wird von Becker verworfen. Stattdessen entwickelt er das Konzept der Parallelität der Intensität, des gleichzeitigen Einwirkens der Erfahrungen aus verschiedenen Zeitebenen, das weder eine volle Integration noch die Rückkehr möglich macht. Diese Gespaltenheit wird in den Texten poetologisch als Poetik der Verdoppelung inszeniert, wobei die Raumsemantik eine eminente Rolle spielt. Der Zustand der Krise, in der sich die Protagonisten befinden, wird im Beitrag als "vorhybrider Zustand" apostrophiert, wobei das Erreichen einer hybriden Identität von Becker angezweifelt wird. Vielmehr handelt es sich hier um eine "Interferenzkrise", deren Überwindung zwar vom Autor in Aussicht gestellt, aber gleichzeitig als verdächtiges Idyll desavouiert wird.
Im westfälischen Münster tobt seit Monaten ein Streit, der die Bürger der Stadt in zwei Lager spaltet: Es geht um die Frage, ob man heute einen Platz nach dem ehemaligen Reichspräsidenten und Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg benennen sollte. Was vordergründig wie eine Provinzposse erscheint, offenbart auf den zweiten Blick erstaunliche Einblicke in das ambivalente Verhältnis der deutschen Gesellschaft zu ihrer eigenen Geschichte...
Die Fortschritte der Neurowissenschaften in den letzten hundert Jahren ließen auch andere Wissensbereiche nicht unberührt und haben dazu geführt, dass traditionelle Vorstellungen von Identität mehreren Revisionen unterzogen werden mussten. Die Rede vom Gehirn als Grundlage der Individualität hat eine tiefgreifende Blickwinkelverschiebung zur Folge, die sich sodann auch in der philosophischen und literarischen Auseinandersetzung mit der Frage der neurobiologischen Grundlage von Individualität niederschlägt. Mit Blick auf den übergeordneten Titel der Veranstaltung Grenzen überschreiten in der Germanistik liegt hier gar eine zweifache Grenzübertretung vor: zunächst wird die Grenze zwischen zwei verschiedenen Disziplinen, der Literatur und der Neurobiologie, die ganz unterschiedliche Diskurse und damit Sprech- und Arbeitsweisen einschließen, überschritten. Zum zweiten erfolgt eine Grenzüberschreitung von traditionellen Identitätskonzepten, wenn in der Äußerung Ich bin mein Gehirn reduktionistisch konstatiert wird, Identität sei nicht mehr als die Summe einer Verschaltung von Neuronen und ihrer Aktivitäten im menschlichen Gehirn.