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Mafrouza is a twelve-hour-long documentary by French director Emanuelle Demoris, shot in a now-demolished neighbourhood in Alexandria, Egypt. Demoris is one of a long chain of western filmmakers who appeal to some form of 'taking one's time' as an instrument for - morally, politically, epistemologically - adequate representation. Based on the work of Trinh T. Minh-ha, Eduard Glissant, and Poor Theory, this chapter evaluates what happens when a film adopts a strategy of deferral in cases in which it is not clear how questions of 'doing justice' could be resolved. Using long duration and an insistence on the quotidian, Demoris's film forces us to think about the conditions that make pronouncements about character, situation, and narrative possible, continuously postponing the moment when it will become possible to say: 'this film is about …'. By setting itself up for failure, the film proposes one possible approach to the ethics and politics of visibility.
In diesem Text werden zwei Film- bzw. Mediennetzwerke aus Kanada betrachtet, in denen prekäre Lebensbedingungen nicht nur thematisiert werden, sondern durch die Partizipation und Kollaboration von Filmschaffenden und Bürger*innen Handlungsmacht generiert werden soll. "Challenge for Change" setzte sich ab den 1960er Jahren u. a. gegen Armut ein, "Wapikoni Mobile" ist ein zeitgenössisches indigenes Vlog- und Filmnetzwerk. Beide Projekte werden als handlungsbasierte Dokumentarphilosophien verstanden. Sie werden mit Gilbert Simondon als mögliche Milieus für kollektive Individuationen konzeptualisiert. "Challenge for Change" und "Wapikoni Mobile" werden als technisch-sozial-ästhetische Milieus verstanden, in denen aktivistische und kulturelle Interventionen und Individuationen keinen Gegensatz bilden. "Wapikoni Mobile" wird zudem hinsichtlich seines Potentials für eine Filmkultur des Anthropozäns diskutiert, in der es um die Beziehung von Welt und Mensch geht, die in dokumentarischen Filmen verhandelt wird und die nicht nur abbildet, sondern ebenfalls - mit Gilles Deleuze - ein Band zur Welt knüpft.
Der Dokumentarfilm befand sich Ende der 70er Jahre in einer gewissen Stagnation. Selbst in einer internen Schrift der Hauptverwaltung Film/ Abt. Wissenschaft - und diese kritische Bemerkung deckt sich mit vielen Stimmen der anläßlich des 40. Leipziger Dokfilm-Festivals herausgegebenen Textsammlung "Weiße Taube auf dunklem Grund" - wurden künstlerische Defizite zugestanden: "Trotz der Anwendung neuer Techniken sind weiterhin keine Entwicklungsperspektiven der Gattung Dokumentarfilm zu erkennen. In seinen besten Erscheinungsformen hat sich das auf der Ebene von gutem Journalismus, soziologischer Sondierungen, politischer Kommentare oder poetischer Reflexionen stabilisiert [...] Der Dokumentarfilm wartet auf einen neuen Pionier, der es vermag, frische und interessante Visionen der Welt, in der wir leben, zu geben."
Marion Biet denkt in ihrem Beitrag die kuratorische Anteilnahme mit dem Dispositiv des Langzeitdokumentarischen zusammen, das sie als ein komplexes Netz aus multiplen Akteur_innen begreift, dessen Potential sie in einer Neuperspektivierung des Filmischen als intermediale Anordnung sieht. In ihren Ausführungen bezieht sie sich auf die filmische Arbeit sowie methodische Überlegungen der preisgekrönten tschechischen Langzeitdokumentaristin, Helena Treštíková und zeigt, wie "das Zuviel an Leben" und der "Exzess des aufgezeichneten Materials" (Biet) einer kuratorischen Geste gegenübersteht, die geradezu medienarchäologisches Potenzial aufweist
Die vorliegende Magisterarbeit untersucht verschiedene Formen der Darstellung von Geschichte im Film mit Hilfe der Filmphilosophie von Gilles Deleuze. Ausgangspunkt der Betrachtung sind zunächst die vielfältigen Ansätze der Regisseure des Neuen Deutschen Films, auch und gerade bei der Thematisierung von (deutscher) Geschichte die klassische Unterscheidung zwischen dokumentarischen und fiktionalen filmästhetischen Strategien aufzubrechen. Inwiefern sich diese Vorgehensweise und die dabei entstehenden neuen “Deutschlandbilder” (Anton Kaes) mit Deleuze’ Konzept des Zeit-Bildes (l‘image-temps) in Beziehung setzen lassen, wird hier am Beispiel der Filmtheorie Alexander Kluges und dem unter dessen maßgeblichen Einfluss kollektiv produzierten Film “Deutschland im Herbst” von 1978 diskutiert. Knapp zwanzig Jahre später beschäftigte sich Heinrich Breloers als Fernseh-Großereignis konzipierter Zweiteiler “Todesspiel” erneut mit den Ereignissen des Deutschen Herbstes. Auch hier mischen sich dokumentarische und fiktionale Elemente im Rahmen des “Doku-Fiktion”-Formates, das in seinen Erzählstrategien jedoch umso stärker auf das klassische Modell des Bewegungs-Bildes zurückgreift. Andres Veiels “Black Box BRD” von 2001 und Christopher Roths “Baader” von 2002 knüpfen dagegen - nicht zuletzt in expliziter Ablehnung einer konventionalisierten Fernsehästhetik - erneut an das von Deleuze vor allem für das europäische Nachkriegskino mit dem Begriff des Zeit-Bildes beschriebene Modell einer aufgebrochenen Narration und einer Sinn-Resistenz der visuellen Bilder an: Kontraste und Widersprüche fordern den Zuschauer zur Reflexion über das Dargestellte auf; “Wahrheit” wird hier entweder als von subjektiven Interessen geleitete Sichtweise (“Black Box BRD“) oder als gesellschaftlich konstruierter Mythos (“Baader“) gezeigt. Mit Hilfe der von Nietzsche inspirierten Thesen Deleuze’ zum Wahrheitsmodell des Bewegungs-Bildes einerseits, den “Mächten des Falschen” im Zeit-Bild andererseits versucht die vorliegende Arbeit so zugleich zu zeigen, inwiefern den verschiedenen Bildarten im Hinblick auf die Darstellung von Geschichte notwendig eine politische Komponente innewohnt: Während die verschiedenen Formen des Bewegungsbildes eine bereits konstituierte Gemeinschaft vorgeben, der sich anzuschließen die Filme durch Identifikation ermöglichen, scheint das Zeit-Bild eine wesentlich demokratischere Form des “Wir” zu eröffnen: Es emanzipiert den Zuschauer durch das Miteinander des Aufzeigens der in einer bestimmten Sichtweise versteckten Interessen und der im gleichen Atemzug vorgenommenen, als solche jedoch stets kenntlich gemachten "Parteiergreifung" der Filme zu einem an deren Herausbildung und steten Neuerschaffung gleichberechtigt beteiligten Mitglied dieser Gemeinschaft.
Das Phänomen Terrorismus ist regelmäßig Gegenstand aktueller Berichterstattung in den Nachrichten und tritt hierbei deutlich als von Medien abhängige aggressive Taktik in Erscheinung. Seit den Anschlägen auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 hat es in verstärkter Form eine zentrale Rolle im öffentlichen Diskurs inne. Darüber hinaus stellt der Themenkomplex ein wiederkehrendes Motiv in den Unterhaltungsmedien dar. Diese nehmen Bezug auf zeitgeschichtliche Kontexte, welche oft in fiktionalisierter Form Ver- oder wenigstens Bearbeitung finden.
Wattstax
(2010)
„What you see is what you get“ - den Titel des Einleitungssongs seines Festival-Films gleichsam als filmisches Prinzip begreifend, sah Regisseur Mel Stuart bei den Dreharbeiten zur Dokumentation des Wattstax-Festivals etwas genauer hin. Das Ergebnis ist eine einzigartige Mixtur aus Festivalfilm und Milieustudie als Reflexion des durch die schwarze Bürgerrechtsbewegung Erreichten und nicht Erreichten. 1974 wurde Wattstax für den „Golden Globe“ in der Rubrik Dokumentarfilm nominiert.
Mit Mount St. Elias. Die längste Skiabfahrt der Welt. ist Mitte November ein Ski- und Bergfilm in den deutschen Kinos angelaufen, der schon jetzt als einer der meistgesehenen Dokumentarfilme der österreichischen Kinogeschichte gilt. Auch in Deutschland wurde der Film als Bergfilm angekündigt, der neue Maßstäbe setze. Dieser Kommentar beschäftigt sich mit den dramaturgischen Bausteinen des Erfolgs von Mount St. Elias und legt besonderes Augenmerk auf die Inszenierungsstrategien des ,Dokumentarischen‘ im Kontext des alpinen Diskurses.
Dieselbe Zeit, derselbe Raum - zwei grundverschiedene Regisseure und damit Erfahrungswelten. Sergei Loznitsas und Aleksandr Rastorguevs Dokumentarfilme der 2000er Jahre sind politische, poetische, punktgenaue Interventionen in die Gegenwart der 'kleinen Menschen' und damit in unsere Gegenwart. Das Buch widmet sich diesen dokumentarfilmischen Meisterwerken, die methodisch Verdrängtes und Übersehenes, planmäßig Vergessenes behutsam sichtbar machen und dabei immer wieder den Krieg in den Blick nehmen. Dokumentarische Filmästhetik erscheint hier in ihrer sozial-, geschichts- und kulturwissenschaftlichen Relevanz. Im post- und kontrafaktischen Zeitalter des allgegenwärtigen medialen Überflusses, inmitten der Fernseh-, YouTube- und virtuellen Realität, erfüllen, begründen, ermöglichen oder schlichtweg erkämpfen die Filme und ihre Autoren verlorengegangene Räume für Widersprüche und Fragen, die mal in ihrer Ambivalenz, mal in ihrer spröden Eindeutigkeit ihren Aussagewert haben. Wider die marginale Rezeption rückt die Publikation die Regisseure in den Raum der interdisziplinären wissenschaftlichen Forschung und stellt die Filmarbeiten als gleichwertige Formen der Wissens- und Erfahrungsproduktion vor. Bei all ihrer Unterschiedlichkeit katapultieren die Filme die Zuschauenden in ebenjene bekannte, aber nicht erkannte, weil nicht gesehene, übersehene, nicht wahrgenommene Hyperrealität ihrer Alltagswirklichkeit. Weder der Autor noch das Werk noch die Zuschauenden sind aus dem jeweiligen historischen oder soziopolitischen Diktum herauslösbar oder gar gänzlich frei.
In der gegenwärtigen Literatur- und Filmtheorie findet man wenig Übereinstimmung darüber, wie solide ideologischen Bedeutungen von Kunstwerken zu bestimmen wären. Im Gegenteil, bereits die Annahme, Kunstwerke träfen bestimmte, fixierbare Aussagen, wird vielerorts grundsätzlich abgestritten. […] Ich werde diese Ansicht hier nicht diskutieren, sondern schlicht voraussetzen, daß zumindest einige Kunstwerke tatsächlich einen ideologischen Geltungsanspruch erheben. […] Michail M. Bachtins Theorie der Dialogizität [bietet] mit ihrem Leitbegriff der Polyphonie einen Ansatz, der im Laufe der letzten dreißig Jahre zwar ausgesprochen populär geworden ist, aber auch häufig mißverstanden wird. Ich möchte einige wichtige Aspekte des Polyphoniebegriffs rekonstruieren und seine Erklärungskraft an einem Fallbeispiel überprüfen. […] „Beruf Neonazi“ wurde von seinen verschiedenen Interpreten als Film mit pro-, aber auch mit antifaschistischer Tendenz verstanden. Mit Hilfe des Polyphoniebegriffs kann dieser Interpretationsstreit geklärt werden. Bonengels Dokumentarfilm ist polyphon, weil er widerstreitende Stimmen scheinbar unkommentiert zu Wort kommen läßt, aber insgesamt doch durch indirekte Formen der Mitteilung seine neonazistischen Protagonisten kritisiert.