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Intersektionalität hält als Forschungsgegenstand, als Schauplatz theoretischer Diskussion und als Analyseperspektive seit Jahren verstärkt Einzug in unterschiedliche akademische Disziplinen und Bereiche. Es verwundert daher nicht, dass sich das Intersektionalitätsparadigma auch im Bereich der Literaturwissenschaft und -didaktiken zunehmend als produktiv erweist, wie wir mit dem Sammelband zeigen wollen, der intersektionale literaturwissenschaftliche und -didaktische Fallstudien aus unterschiedlichen Philologien versammelt und so ein Prisma der Erforschung literarischer Repräsentationen des Zusammenspiels von einander verschärfenden bzw. abschwächenden Diskriminierungskategorien bietet. Inwiefern die Einzelbeiträge kritische Reflexionen verschiedener Positionen der Intersektionalitätsforschung präsentieren und Beispiele für die vielfältige Ausgestaltung intersektional orientierter Textanalyse auf theoretischer und methodischer Ebene anbieten sowie didaktische Lesarten des Intersektionalitätsparadigmas aufzeigen, machen wir aufbauend auf einer ausführlichen Begriffs- und Theoriereflexion einleitend deutlich.
Die Geburtsstunde der ‚Hexe’ als populäres Identifikationsmuster für weiblichen Widerstand gegen die fortdauernde gesellschaftliche Diskriminierung und Unterdrückung der Frau liegt mittlerweile mehr als ein Jahrzehnt zurück. (...) Im Zentrum dieser Widerstandaktion stand als wesentliches Interesse das Selbstbestimmungsrecht der Frau über sich selbst und ihren Körper im umfassenden Sinne. (...) Die feministische Bewegung der siebziger und achtziger Jahre war in erster Linie ein teils loses, teils enges Netzwerk intellektueller Frauen, zumindest was ihre prägenden Vertreterinnern und besonders ihr theoretisches Fundament betrifft (...)
Die Verbindung feministischer Themen und Fragestellungen mit dem Dispositiv der Populärkultur wird unter dem Label 'Popfeminismus' verhandelt. Um diesen Sammelbegriff ist eine lebhafte Diskussion entbrannt: Ist die Performativität des Pop als Chance zu begreifen, breiten Gesellschaftsschichten feministische Anliegen zugänglich zu machen? Oder handelt es sich dabei doch nur um die marktwirtschaftliche Vereinnahmung einer gesellschaftspolitischen Strömung? Das skizzierte Spannungsverhältnis verschärft sich in einem sexualisierten und hypermaskulinen Subgenre wie dem Gangsta Rap. Das Online-Magazin der Wochenzeitung "Die Zeit" kürte den deutschen Gangsta Rap jüngst zur erfolgreichsten Jugendkultur der 2010er-Jahre. Rapper wie Bonez MC oder Gzuz landen einen Chart-Erfolg nach dem anderen, und zwar mit äußerst sexistischen, misogynen, homo- und transphoben, ableistischen und gewaltverherrlichenden Texten. Angesichts der nicht von der Hand zu weisenden kulturellen Prägekraft des Gangsta Raps und seiner identitätsstiftenden Wirkung auf junge Menschen gewinnt die Frage nach der Kommensurabilität von Feminismus und Hip-Hop noch einmal an Bedeutung: Sind feministische bzw. intersektionale Perspektiven mit der Sprache, den Bildern und Symbolen einer männlich-chauvinistischen Szene überhaupt vereinbar? Mit welchen sprachlich-medialen Strategien antworten Künstlerinnen der Rap-Szene auf diesen Widerspruch? Mit diesen und anderen Fragen befasst sich der vorliegende Beitrag.
In the reactivation of the feminist collective of artists Le Nemesiache, this paper looks at the tension between rhetoric and translation in relation to the dislocation of archival materials from their situatedness in place (Naples) and time (1970 to the present). Translation emerges as the conveyor of the conditions from which the addresser started, as well as the ones of the addressees, as a potential that takes place in the moment of enunciation through a plurality of subjects. Considering the epistemological tension between history and fiction, as well as the mediation that happens through the body and the different subjectivities triggered by intra-action, this essay will engage with the following question: if the archive is the memory, can dramaturgy and reenactment from the archive become the message of a prophecy?
In this reflection piece, I look at the feminist artistic landscape emerging in Berlin with its growing, diverse migrant community. I examine the ways in which women* artists challenge the imposed notions of their migrant status in the city and their states of belonging within it. I demonstrate this through two feminist initiatives I have been involved in that aim to amplify the voices of women* artists whose creative practices disrupt carefully constructed frameworks relating to borders of inclusion and exclusion. I argue that the artistic practices of women* in these networks are killjoy because they unapologetically get in the way, dismantling carefully constructed frameworks that delineate borders of inclusion and exclusion. By reflecting on homemaking practices in exile, I exemplify how feminisms from the global south decentralize claims to truth by taking the means of production into their own hands. By framing the chapter around the recent protests in Berlin unfolding in solidarity with the feminist revolution in Iran, I reveal the possible limits of such actions when they do not embrace intersectionality. Ultimately, I propose to invest in feminist artistic practices that destabilize exclusionary politics by creating visibility and bridging theory and practice.
Identity politics redux
(2014)
Pornography reappropriated by feminist and queer pornographers is being reimagined as a site of activist productions, be it through the reshaping of desire or engaging with wider discussions of representational politics. Here, K. Heintzman takes up Shine Louise Houston's feature length film, "The Wild Search", as a unique case study for addressing the relationship between debates of identity politics and queer activist practice.
The following think piece explores what it means to exist in a culture of idols by questioning the universalistic practice of canonization. By rejecting homogenous Eurocentric thinking, this piece makes room for the voices of plurality and collective thinking with each other. To this end, it relies on feminist praxis to criticize the genius-based, self-contained understanding of creativity and success perpetuating within contemporary scientific research. Indeed, it presents a case for cultivating cultures of failure within academia and demonstrates with its own stylistic development how cultivating a stream of thoughts can speak to the fragmented and collective nature of the entangled process of thinking and writing.
Mit Erstaunen stellen LinguistInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz immer wieder fest, dass sich in der "kleinen" Schweiz der geschlechtergerechte Sprachgebrauch in Öffentlichkeit und Alltag weit stärker durchgesetzt hat als in den anderen deutschsprachigen Ländern. Diese Einschätzung gilt es hier zu überprüfen und, falls sie zutrifft, zu belegen. Ausserdem werden - als erster Schritt fur weitere Untersuchungen - Thesen formuliert, die Erklärungen liefern, worauf diese Entwicklung zurückgeführt werden kann. Mit diesem Artikel geben wir anband von ausgewählten, konkreten Beispielen einen Einblick in die Situation, wie sie sich zur Zeit in der Schweiz präsentiert. Wir konzentrieren uns - unter sprachsoziologischer Perspektive - auf eine erste Bestandesaufnahme mit dem Blick auf die Diskussion in den Medien, die Institutionalisierung und die Einstellungen, die die spezifische sprachliche Situation in der Deutschschweiz prägen. Einen Rahmen fur unsere Untersuchung bilden die Überlegungen von Schräpel (SCHRÄPEL 1986), die die Auseinandersetzung um nichtsexistische Sprache als ein besonderes Sprachwandelphänomen untersucht. Sprachwandel im Vollzug ist einerseits einfacher zu erfassen als einer, der weiter zurückliegt, andererseits erschwert die Fülle des greifbaren Materials auch den Durchblick und das klare Erkennen von Tendenzen. Aus diesem Grund werten wir unser Datenmaterial nicht quantitativ aus, sondern konzentrieren uns darauf, für verschiedene Aspekte typische Beispiele zu geben und so den Stand der öffentlichen Diskussion und die Breite der vertretenen Meinungen darzustellen. Es wäre verlockend, das hier vorliegende Material auch allgemeinerer Form unter der Thematik "Sprachkritik" oder "Einstellungen" zu analysieren. Dies ist jedoch nicht im Zentrum unserer Fragestellung, weshalb wir bei einigen Beispielen auf entsprechende Untersuchungen (z.B. BLAUBERGS 1980, SCHOENTHAL 1989) verweisen.
Eine dreifache Bewegung der Emanzipation appelliert im 19. Jahrhundert an eine realistische Darstellung: Die Befreiung und Gleichstellung von Frauen, Jüd:innen und der Arbeiter:innenklasse wird von realistischen Texten teils protegiert, teils bekämpft. Am Beispiel von sowohl vor- als auch nachrevolutionären Romanen und Erzählungen Fanny Lewalds entwickelt der Beitrag ein intersektionales Verständnis von Realismus, das dieser politischen Seite des Begriffs Rechnung trägt. Ausgangspunkt ist dabei die Beobachtung, dass realistische Poetiken mit der Verfahrensweise intersektionaler Textbeobachtungen eine Gemeinsamkeit in der Privilegierung der Referenzebene der 'erzählten Welt' besitzen. Wie aber können sich mehrere strukturell divergente Erfahrungswelten innerhalb derselben erzählten Welt artikulieren, ohne in ihrer konfliktuellen Heterogenität nivelliert zu werden? Während "Jenny" (1843) als Versuch über die Phänomene doppelter, aber auch wechselseitiger Diskriminierung subalterner Akteur:innen gelesen werden kann, wirft der Beitrag am Beispiel der Novellen "Der dritte Stand" (1845) und "Auf Rother Erde" (1850) die Frage auf, welche poetologischen Konsequenzen sich aus jener intersektionalen Problematik ergeben, der sich Lewald auch in diesen beiden Novellen systematisch verschrieben hat. Anknüpfend an Überlegungen Susan Lansers geraten dabei u.a. das Geschlecht der Erzählinstanz und die Poetik des Dialogs in den Blick. Wie damit gezeigt werden soll, gehört der nur intersektional fassbare Streit um die Wirklichkeit zu den entscheidenden Voraussetzungen sowie den formalen Problemstellungen des Realismus.