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Die Verwendung von photolabilen Schutzgruppen zur nicht-invasiven Kontrolle von Systemen birgt ein großes Potential für verschiedenste Anwendungsgebiete, die von der Erforschung und Regulation biologischer Prozesse, über den Einsatz in medizinischer Therapie bis hin zur Verwendung als molekulare Datenspeicher reichen. Für diese Umsetzung benötigt es allerdings eine breite Auswahl an entsprechenden PPGs und das Wissen über ihre Reaktionsmechanismen. Im Allgemeinen lässt sich die Konzeptionierung von PPGs in drei Prozesse einteilen, beginnend bei dem Design und der Synthese einer neuen PPG. Bei diesem Schritt liegt der Fokus auf ein oder zwei besonderen Eigenschaften, wie beispielsweise einer Absorptionswellenlänge in einem bestimmten Spektralbereich oder einer hohen Uncaging-Quantenausbeute. Im zweiten Schritt folgt die Untersuchung der PPG bezüglich spektroskopischer und mechanistischer Eigenschaften und ggf. anschließender Optimierung auf synthetischer Ebene. Die so gewonnenen Informationen sind dann hilfreich bei dem letzten Schritt, bei dem es um den Einsatz der PPG in einem entsprechenden System geht. Hierbei müssen die verwendeten PPGs genau auf das Zielsystem abgestimmt sein, dazu zählen verschiedenste Parameter wie Anregungswellenlänge, Extinktionskoeffizient, Art und Struktur der Photoprodukte sowie Uncaging-Effizienz und Geschwindigkeit.
In der vorliegenden Arbeit wurde über die drei vorgestellten Projekte mittels spektroskopischer Methoden zu allen drei genannten Stadien zur Konzeptionierung von PPGs ein Beitrag geleistet. Dazu zählt die Entwicklung der CBT-basierten PPGs, die Untersuchung der Struktur-Wirkungsbeziehung von (DMA)(2)F-PPGs und die Etablierung einer wellenlängenselektiven An-/Aus-Funktionalität eines Antibiotikums. In enger interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen theoretischen, synthetischen und biologischen Teilgebieten konnte jedes Projekt innerhalb der jeweiligen Entwicklungsstufe erfolgreich abgeschlossen werden.
Mithilfe des relativ neuen Ansatzes, bei dem durch quantenmechanische Berechnungen der vertikalen Anregungsenergie von der kationischen Spezies einer PPG-Grundstruktur eine Aussage über ihre Qualität postuliert werden kann, konnte ausgehend von der Fluoren-Grundstruktur eine neue Klasse von PPGs gefunden werden. Dabei erwies sich die CBT-Struktur mit den Schwefelatomen an der para-Position als besonders geeignet. Insbesondere konnte die Grundstruktur durch die (OMePh)2-Substitution, welche in einer signifikanten bathochromen Verschiebung des Absorptionsmaximums resultierte, optimiert werden. Die Untersuchung der Ultrakurzzeit-Dynamik beider p-CBT Strukturen gab Aufschluss über die unterschiedlichen photochemischen Eigenschaften als PPG.
Für die Stoffklasse der Dimethylamino-Fluorene wurde ein wichtiger Unterschied zwischen den einfach- und zweifach-substituierten Derivaten aufgedeckt, der entscheidend für einen signifikanten Uncaging-Effizienzunterschied ist. Dabei stellt sich die Stabilität des symmetrisch-substituierten Fluorenyl-Kations als der wichtigste Faktor bezüglich der Uncaging-Quantenausbeuten heraus. Beide Schutzgruppen sind in der Lage photoinduziert eine AG freizusetzen, wobei der Reaktionsmechanismus über die kationische Spezies (DMA)(2)F + abläuft. Der Unterschied hierbei liegt in der Lebensdauer der beiden Kationen, die im Falle der symmetrischen PPG stark lösungsmittelabhängig ist und bis zu mehreren Stunden betragen kann, was bis dato das langlebigste Kation dieser Molekülklasse darstellt. Für die zukünftige Optimierung dieser PPG-Klasse ist die Erkenntnis über die Gründe für die Stabilität des Kations von großem Vorteil. Der stabilisierende Faktor ist zum einen die zweite Dimethylamino-Gruppe der symmetrischen Verbindung, welche durch die Erweiterung der Mesomerie zur besseren Verteilung der positiven Ladung im Molekül führt. Zum anderen spielt das Lösungsmittel eine entscheidende Rolle. Dabei bieten protische, polare Medien eine zusätzliche Stabilisierung, die notwendig für die Langlebigkeit des Kations ist. Die Lebensdauer des Kations war zudem durch eine zweite Bestrahlungswellenlänge kontrollierbar. Ausgehend vom Kation konnte eine reversible Nebenreaktion in protischen Lösungsmitteln identifiziert werden, die einen Austausch der AG durch das Lösungsmittel darstellt.
Zusätzlich konnte die kleine Stoffklasse der bisher bekannten Photobasen durch die Verbindung (DMA)2F-OH erweitert werden. Genauer betrachtet handelt es sich dabei um eine photoinduzierte Hydroxidfreisetzung, wodurch je nach eingesetzter Konzentration ein pH-Sprung von bis zu drei Einheiten erreicht werden konnte. Dabei stellt sich die Lebensdauer des pH-Sprungs als ein entscheidender Parameter für Photobasen dar, welcher sich für die hier untersuchte Verbindung aufgrund der besonderen Stabilität des entsprechenden Kations, im Vergleich zu einigen der bereits bekannten Verbindungen, als besonders langlebig herausgestellt hat. Ein weiterer Vorteil des Einsatzes von (DMA)2F-OH als Photobase ist die Möglichkeit den pH-Sprung durch zwei verschiedene Wellenlängen sowohl zeitlich als auch örtlich zu kontrollieren, indem die Verbindung zwischen den zwei Spezies (DMA)2F-OH und (DMA)2F + geschaltet werden kann.
Im Hinblick auf die Anwendungen von PPGs zur verbesserten zeitlichen und örtlichen Kontrolle biologischer Zielsysteme ist im Rahmen dieser Arbeit das Prinzip vom wellenlängenselektiven Uncaging zweier PPGs an einem Molekül (two-PPG-one-molecule, TPOM) etabliert worden. Das Zielmolekül war hier das Antibiotikum Puromycin, welches durch seine Fähigkeit an das Ribosom zu binden, die Proteinbiosynthese inhibieren kann. Dabei wurden zwei verschiedene PPGs gefunden, die sowohl aufeinander als auch auf das Biomolekül selbst abgestimmt sind. Im Ausgangszustand sind beide PPGs am Puromycin angebracht, wodurch es in seiner biologischen Wirkung inaktiv ist. Befindet sich das doppelt geschützte Puromycin in der ROI, so kann es durch die Bestrahlung mit einer bestimmten Wellenlänge infolge des ersten Uncaging-Schritts aktiviert werden. Da biologische Systeme nicht statisch sind, können aktivierte Moleküle stets von der gewünschten ROI nach außen gelangen, wodurch der Anspruch der räumlichen Kontrolle nicht erfüllt wird. In diesem Fall kann durch die TPOM-Umsetzung die zweite Bestrahlungswellenlänge auf den entsprechenden Bereich angewendet werden, wodurch das Uncaging der zweiten PPG initiiert und folglich das Puromycin deaktiviert wird. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Deaktivierungswellenlänge auch in der Lage ist beide PPGs zu entfernen, wodurch eine vollständige Inaktivierung des Puromycins außerhalb der ROI garantiert werden kann.
Ist die Proteinbiosynthese längerfristig blockiert, führt das schließlich zum Zelltod. Ein großes Anwendungsgebiet dieses Antibiotikums sind die Neurowissenschaften. Aufgrund der Tatsache, dass Puromycin keine Unterscheidung zwischen eukaryotischen und prokaryotischen Zellen macht, findet es keine Anwendung in der Medizin. Eine zeitliche und örtliche Kontrolle seiner Wirkung könnte den Anwendungsbereich dieses Antibiotikums evtl. ausweiten. Das wohl naheliegendste wäre der Einsatz bei Tumorzellen, deren Behandlung durch Zytostatika auf den gesamten Körper wirken und dadurch viele schwere Nebenwirkungen verursachen.
Wie bereits weiter oben beschrieben muss für jedes Biomolekül und das entsprechende Wirkzentrum die Auswahl des passenden PPG-Paares einzeln abgestimmt werden. Dennoch lässt sich anhand des hier etablierten Systems ein Konzept für die erfolgreiche Umsetzung zukünftiger TPOM-Systeme an anderen biomolekularen Wirkstoffen zusammenfassend formulieren.
* Der erste Schritt sollte die Betrachtung des Wirkzentrums des zu modifizierenden Biomoleküls sein: Welche funktionelle Gruppe bzw. Gruppen sind entscheidend für die Bindetasche oder –stelle? Dieser Bereich des Biomoleküls soll im Zuge des Uncagings entweder blockiert oder abgespalten werden. In der unmittelbaren Nähe muss die PPG1 angebracht werden.
* Bei der Wahl von PPG1 ist das wichtigste Kriterium, dass das Biomolekül mit enthaltener Schutzgruppe in seiner Wirkung unbeeinträchtigt bleibt. Dies schränkt die Auswahl beträchtlich ein. Eine mögliche Umsetzung wäre die Anbringung einer Nitro-Gruppe falls vorhanden an einen Benzolring, welcher sich im Fall eines großen Biomoleküls in der Nähe der wichtigen funktionellen Stelle befindet.
* Die zweite PPG (PPG2), deren photoinduzierte Abspaltung zur Aktivierung des Wirkstoffs führen soll, kann strukturell frei gewählt werden. Das Auswahlkriterium hierbei ist das Absorptionsspektrum. Hierbei sollte das Absorptionsmaximum rotverschoben zur PPG1 sein, um eine unerwünschte Abspaltung zu vermeiden. Außerdem darf keine signifikante Absorption von PPG2 bei der Uncaging-Wellenlänge von PPG1 vorhanden sein.
* Beide PPGs sollten eine ähnliche Uncaging-Quantenausbeute vorweisen, um im Deaktivierungsschritt der doppelt geschützten Verbindung durch das höher energetische Licht keine Bevorzugung einer einzelnen Schutzgruppe zu riskieren.
Anhand der erarbeiteten Herangehensweise können weitere Wirkstoffe oder Biomoleküle hin zu einer An- / Aus-Funktionalität modifiziert werden. Mit der Umsetzung des TPOM-Konzepts kann eine Verbesserung der örtlichen und zeitlichen Kontrolle der Aktivität eines Antibiotikums erreicht werden. Für die Anwendung in biologischer Umgebung ist diese präzische Kontrolle essentiell, um unerwünschte Nebenwirkungen angesundem Gewebe zu verhindern.
Patienten mit akuter Dekompensation einer Leberzirrhose (AD) oder einem akut-auf-chronischen-Leberversagen (ACLF) stellen ein vulnerables Kollektiv für den Erhalt eines Erythrozytenkonzentrates (EK) dar. Zu den Ursachen zählen das häufige Auftreten einer gastrointestinalen Blutung, die Koagulopathie oder das Vorliegen einer chronischen Anämie. Während für viele andere Patientenkollektive das richtige Transfusionsmanagement bereits erforscht worden ist, fehlen diese Studien für Patienten mit Leberzirrhose, insbesondere für die neue Entität ACLF. Die vorliegende Studie soll die Auswirkung einer EK-Transfusion auf Morbidität und Mortalität dieser Patienten untersuchen.
Insgesamt wurden 498 Patienten mit der Diagnose einer Leberzirrhose, die zwischen den Jahren 2015 und 2019 auf eine Intensivstation der Universitätsklinik Frankfurt aufgenommen worden sind, retrospektiv analysiert. Für die statistische Auswertung wurde ein Prospensity-Score-Matching nach EK-Transfusion mit Adjustierung für mögliche Konfundierungseffekte durchgeführt. Der Einfluss der Transfusion auf die Mortalität wurde mithilfe von Kaplan-Meier-Kurven und multivariater Cox-Regression untersucht. Für die ACLF-Kohorte wurden ROC-Kurven zum Versuch der Identifizierung eines Transfusionstriggers und eines Zielhämoglobinwertes nach Transfusion angefertigt.
In der Gesamtkohorte wiesen transfundierte Patienten eine signifikant höhere Mortalitätsrate als Nicht-Transfundierte auf (28-Tages-Mortalität: 39,6% vs. 19,5%, p<0,001). Dabei wirkte sich die Transfusion primär bei Patienten mit ACLF negativ auf das Überleben aus. Nach Matching der Patienten nach Erhalt eines EKs und Adjustierung für potentielle Konfundierungseffekte blieb die Kurzzeitmortalität bei transfundierten Patienten mit ACLF weiterhin signifikant erhöht (28-Tages-Mortalität: 72,7% vs. 45,5%, p=0,03). Bei AD Patienten zeigte die Transfusion keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben. Die multivariate Cox-Regression identifizierte die EK-Transfusion als unabhängigen Risikofaktor der Kurzzeitmortalität im ACLF (HR: 2,55; 95% KI 1,26 – 5,15, p=0,009). Die Identifizierung eines Transfusionstriggers oder eines Zielhämoglobinwertes war nicht möglich.
Die vorliegende Studie konnte zeigen, dass die EK-Transfusion einen Risikofaktor der Kurzzeitmortalität im ACLF, aber nicht für AD Patienten darstellt. Dieses Ergebnis macht fortführende Untersuchungen zur Ursachenforschung und zur Evaluierung des richtigen Transfusionsmanagements für Patienten mit ACLF notwendig.
Ziel unserer retrospektiven Studie war es, die refraktiven und kornealen Veränderungen nach DMEK bei pseudophaken Patienten, die sich auf Grund einer endothelialen Hornhauterkrankung behandeln ließen, zu untersuchen. Durch unsere einheitlich pseudophake Patientenkohorte wollten wir untersuchen, ob sich die refraktiven Veränderungen nach DMEK von den bereits bekannten Änderungen bei einer simultan durchgeführten Katarakt- und DMEK-Operation sogenannte „Triple“-DMEK unterscheiden. Primärer Endpunkt der Studie war die Veränderung der Refraktion unter besonderer Berücksichtigung des sphärischen Äquivalents (SEQ) des jeweiligen pseudophaken Auges nach DMEK. Sekundäre Endpunkte umfassten die Entwicklung des Visus, der CCT, der ECD und verschiedener kornealer Parameter, die mittels Scheimpflug- Tomographie ermittelt wurden.
In der vorliegenden Arbeit erfolgte hierzu die retrospektive Analyse von Daten, die in den Patientenakten dokumentiert und digital gespeichert waren (Pentacam® HR). Es wurden 109 Augen von 95 Patienten, die sich im Zeitraum von Februar 2015 bis Dezember 2018 mittels DMEK in unserem Zentrum behandeln ließen, in die Studie eingeschlossen. Davon stammten 66 Augen (61%) von weiblichen und 43 Augen (39%) von männlichen Patienten. Es handelte sich bei 61 Augen (56%) um ein linkes und bei 48 Augen (44 %) um ein rechtes Auge. Die Patienten waren 20 bis 91 Jahre alt. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der DMEK-Operation betrug 71,9 Jahre (SD ±10,23). Der Altersmittelwert der Männer lag bei 70,4 Jahren (SD 11,23, Spannweite: 20-84) und der der Frauen bei 72,9 Jahren (SD 9,49, Spannweite: 47-91). Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug 10,47 Monate (SD 6,78, Spannweite: 1-28 Monate).
Für das SEQ konnte bei Betrachtung aller ausgewerteten Daten eine leichte Tendenz in Richtung eines „hyperopen shifts“ mit einer mittleren Veränderung des SEQ von + 0,1 D gezeigt werden, die jedoch nicht statistisch signifikant war. Zwischenzeitlich kam es im Nachbeobachtungszeitraum zu einer klaren Tendenz hinsichtlich einer Myopisierung bei Betrachtung aller ausgewerteten Daten. Der „hyperope shift“ konnte erst am Ende, möglicherweise infolge einer deutlich reduzierten Patientenzahl, beobachtet werden. In der Subgruppe „vollständige Kontrollen“ für das SEQ zeigte sich eine Tendenz hinsichtlich einer leichten Abnahme des SEQ, die jedoch ebenfalls nicht statistisch signifikant war und aufgrund der geringen Gruppengröße (n=32) kritisch betrachtet werden sollte. In unserer Kohorte konnte somit keine eindeutige Aussage über eine postoperative Änderung des SEQ in Richtung eines „hyperopen shifts“ oder „myopen shifts“ gemacht werden. Die Refraktion verhielt sich in unserem Patientenkollektiv nach DMEK insgesamt weitestgehend stabil. Insofern sind refraktive "Überraschungen", wie sie weiterhin häufig nach "Triple"-DMEK zu beobachten sind, bei zuvor pseudophakisierten Patienten in einem weitaus geringeren Maße zu erwarten. Unter den mittels Scheimpflug-Technologie untersuchten kornealen Parametern wies lediglich der posteriore Astigmatismus signifikante Veränderungen im Sinne einer Reduktion der kornealen Krümmung auf. Indirekt heben unsere Ergebnisse damit die Bedeutung des posterioren Hornhautprofils auf die postoperative Refraktionsentwicklung und somit auch auf die IOL-Kalkulation bei "Triple"-DMEK-Prozeduren hervor. Außerdem scheint der postoperative Anstieg der Sehschärfe mit den gleichfalls signifikanten Änderungen der kornealen Densitometrie in der 2-6 mm Zone, des Hornhautvolumens und der zentralen Hornhautdicke umgekehrt korreliert zu sein.
Darüber hinaus lässt sich festhalten, dass auch unsere Untersuchung in einem gewissen Maße die Überlegenheit der DMEK gegenüber etablierten Techniken, wie beispielsweise der PK verdeutlicht. Sowohl anhand der refraktiven Stabilität als auch der Visusergebnisse konnten wir belegen, dass das DMEK-Verfahren nach der anfänglichen Lernkurve die wohl besten funktionellen Ergebnisse in der Behandlung von Patienten mit endothelialen Hornhauterkrankungen liefert. Besonders bei bereits pseudophaken Patienten weist die DMEK durch die zu erwartende hohe postoperative refraktive Stabilität viele Vorteile auf
und erscheint insbesondere hinsichtlich der Vorhersagbarkeit des postoperativen refraktiven Ergebnisses der „Triple“- DMEK überlegen.
Hintergrund: Die Endometriose und die Infertilität sind beide Erkrankungsbilder, die häufig miteinander assoziiert sind. So werden Literaturen zur Folge bei mindestens 30% der Endometriose Patientinnen eine Sterilität diagnostiziert, während wiederum bei etwa 25 - 50% der Patientinnen eine Endometriose als Hauptursache des unerfüllten Kinderwunsches erkannt wird. Die Laparoskopie dient bei Patientinnen mit Endometriose als wichtiger invasiver Eingriff, der entweder zu diagnostischen Zwecken im Sinne einer Ursachenabklärung dient und / oder zu therapeutischen Zwecken bei bereits bestätigter Endometriose assoziierter Infertilität durchgeführt wird.
Problemstellung und Zielsetzung: Anhand des laparoskopischen Befundes, z.B. durch das Erfassen des rASRM Scores bei Endometriose, kann Patientinnen im Voraus keine zuverlässige Aussage über die Chance auf eine postoperative Schwangerschaft geäußert werden. Das Ziel der hier vorliegenden Arbeit ist es, den Erfolg der laparoskopischen Behandlung bei Endometriose assoziierter Infertilität unter Einbezug von Patientencharakteristika, des intraoperativen Befundes, operativer Verfahren sowie der postoperativen Fertilitätsbehandlung zu beurteilen. Auf diese Weise soll den Frauen geholfen werden, im Voraus bzw. nach laparoskopischer Behandlung der Endometriose die Chance auf eine postoperative Schwangerschaft besser abzuschätzen. Es sollen somit Faktoren ermittelt werden, die die postoperative Fertilität protektiv oder ungünstig beeinflussen.
Material und Methoden: In die Studie aufgenommen wurden alle Patientinnen (n=102), die im Zeitraum von 2007 bis 2017 an der Universitätsklinik Frankfurt am Main einen laparoskopischen Eingriff mit der Diagnose einer Endometriose erhalten haben und einen unerfüllten Kinderwunsch von mehr gleich einem Jahr äußerten. Die Datenerhebung erfolgte über die elektronische Patientenakte sowie die telefonische Befragung der Studienteilnehmerinnen zur Patientencharakteristika und der postoperativen Fertilitätsbehandlung. Die statistische Auswertung wurde durch die Nutzung des Log Rank Tests / der Kaplan Meier Methode sowie uni- und multivariater Analysen mittels
Cox Regression durchgeführt.
Ergebnisse: Von den 102 Patientinnen konnten nach einer mittleren postoperativen Nachbeobachtungszeit von 70 Monaten 71 Patientinnen (69,6%) eine Schwangerschaft verwirklichen. Dabei wurden 21,6% der Frauen durch die alleinige Laparoskopie schwanger, während bei 48% der Frauen die Schwangerschaft durch die zusätzliche Nutzung reproduktionsmedizinischer Verfahren erreicht wurde. Die meisten Schwangerschaften ereigneten sich in den ersten 6 bis 12 Monaten nach der Operation. Die mittlere Dauer bis zur Schwangerschaft betrug 10 Monate. Der Log Rank Test zeigte keine statistisch signifikanten Unterschiede in den verschiedenen rASRM Stadien bei der Betrachtung der kumulativen Schwangerschaftsrate (rASRM 1: 83,3%; rASRM 2: 66,7%; rASRM 3: 93,8%; rASRM 4: 37,9%). Die uni- und multivariaten Analysen zeigten, dass die Dauer der Infertilität (Hazard Ratio: 0,85), das Vorkommen von intestinaler Endometriose (Hazard Ratio: 0,26) und ausgeprägten Adhäsionen (Hazard Ratio: 0,45), die Anzahl der Endometriose Lokalisationen (Hazard Ratio:0,82), die Anzahl der laparoskopischen Eingriffe für Endometriose (Hazard Ratio: 0,66) sowie der Voroperationen (Hazard Ratio: 0,75) und das Vorkommen von Endometriose Rezidiven (Hazard Ratio: 0,4) die Chance auf eine Konzeption signifikant ungünstig beeinträchtigen (p< 0,05). Ein protektiver Einfluss auf die Schwangerschaft zeigte sich nur für die Koagulation am Ovar (p= 0,02; Hazard Ratio: 7,74).
Schlussfolgerung: Die laparoskopische Behandlung scheint die Erfüllung des Kinderwunsches positiv zu beeinflussen, zumal fast ¾ der Patientinnen postoperativ schwanger wurden. Höhere Schwangerschaftsraten wurden durch die zusätzliche Nutzung der assistierten Reproduktionstherapie (ART) erreicht. Aus diesem Grund sollten Frauen für eine zusätzliche postoperative ART motiviert werden. Die Patientinnen sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie sich bei einem unerfüllten Kinderwunsch früher bei ihrem Arzt vorstellen sollten. Denn je länger die Zeit bis zur Operation einer Endometriose assoziierten Infertilität beträgt, desto schlechter ist die Chance auf eine postoperative Schwangerschaft (p= 0,02). Endometriosezysten am Ovar sowie deren Entfernung schränken die klinische Fertilität nicht signifikant ein. Die Anzahl der laparoskopischen Eingriffe sowie der abdominellen Voroperationen scheinen ein wichtigerer, ungünstiger Faktor in Hinblick auf die Schwangerschaft zu sein (p = 0,04). Außerdem könnte die Koagulation am Ovar eine wichtige Behandlungsmethode bei Endometriose assoziierter Infertilität sein. Diese Operationsmethode sollte durch weitere Studien und eine größere Stichprobe untersucht werden...
Sowohl die Lebenserwartung als auch die Prävalenz HIV-infizierter Patient*innen ist stetig ansteigend,aufgrund der HAART und durch verbesserte diagnostische Methoden. Nicht-AIDS-definierenden Erkrankungen sind heutzutage die führenden Todesursachen. Durch verzögerte Diagnosestellung und zurückhaltenden Therapien gynäkologischer Malignome ist die Prognose im Vergleich zur Normalbevölkerung schlechter.
In dieser retrospektiven Fall-Kontroll-Studie des Universitätsklinikums Frankfurt am Mains wurden die Therapie und das Outcome gynäkologischer Malignome von 23 HIV-infizierten Patientinnen aus den Jahren 2009-2019 mit einer Kontrollgruppe aus dem gynäkologischen Krebszentrum der Klinik Essen Mitte verglichen, um herauszufinden, inwiefern eine HIV-Infektion das Outcome der Patientinnen beeinflusst.
Das gynäkologische Malignom, dominierend das Zervixkarzinom, trat durchschnittlich ein Jahrzehnt nach der HIV-Diagnose auf. Im Unterschied zu anderen Studien, ist unser Kollektiv überwiegend hellhäutig. Ein bekannter Drogenabusus ist häufig und zusammenhängend mit weiteren Koinfektionen.
Die HIV-Erkrankung ist bei mehr als der Hälfte der Patientinnen bereits fortgeschritten, jedoch ließ sich kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten gynäkologischer Malignome und einer CD4-Zellzahl <500 CD4-Zellen/µl nachweisen. Die antiretrovirale Therapie entsprach größtenteils nicht den aktuellen Leitlinien.
Bis auf fünf Frauen wurden alle Frauen leitliniengerecht therapiert. Eine Korrelation zwischen der Therapie und der Tumorentität, der CD4-Zellzahl, dem Alter oder dem Stadium des Malignoms konnte nicht gezeigt werden.
Insgesamt liegt die 5-Jahresüberlebensrate der Kohorte bei 74.8%. Eine nicht leitliniengerechte Therapie ist nicht direkt mit einem schlechteren Outcome verbunden, jedoch mit einem weitaus kürzeren Follow-Up-Zeitraum von durchschnittlich 0.22 Jahren im Vergleich zu 4.85 Jahren bei leitlinienkonform therapierten Patientinnen. Es liegt ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Kontrollgruppe und unserer Kohorte vor, sodass angenommen werden kann, dass bei Vorliegen einer HIV-Infektion die Therapie des gynäkologischen Malignoms häufiger nicht leitliniengerecht ist.
Bislang existieren nur wenige Studien, die die Therapie und das Outcome gynäkologischer Malignome bei HIV-infizierten Patientinnen untersuchen. Die Interaktion einer ART mit antineoplastischen Medikamenten und die Anwendung von Checkpointinhibitoren und einer „targeted therapy“ sollten Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Dafür sollten HIV-Patientinnen in Therapiestudien inkludiert werden, sodass geeignete Leitlinien erarbeitet werden können.
Im Rahmen dieser Dissertation wurden unterschiedliche Aspekte der Verbreitung der Vertreter des Pseudoterranova decipiens Komplexes betrachtet und Fragestellungen zur Ökologie und Humanpathogenität der Parasiten bearbeitet. Sie basiert auf drei (ISI-) Fachartikeln, in denen die Nutzung von Fischparasitengemeinschaften als ökologische Indikatoren für entlegene Ökosysteme des Südpolarmeeres (I), die Modellierung geeigneter Verbreitungsgebiete für Arten mit geringen Vorkommensdaten am Beispiel des P. decipiens Komplexes (II) und das Vorkommen potentiell humanpathogener P. bulbosa in unterschiedlichen Mikrohabitaten in Atlantischem Kabeljau (III) thematisiert wurde.
Die Parasitengemeinschaften der in Studie I untersuchten, nahverwandten Antarktisdorsche (Nototheniinae) Nototheniops larseni (n=40), N. nudifrons (n=40) und Lepidonotothen squamifrons (n=49) unterschieden sich hauptsächlich hinsichtlich seltener Parasitenarten. Pseudoterranova decipiens E zählte zu den häufigsten Parasiten der drei betrachteten Wirtsarten. Die Analyse der Wirtsspektren der auf Artebene bestimmten Parasiten zeigte eine geringe Spezifität antarktischer Fischparasiten im Larven- (z.B. Pseudoterranova decipiens E) und Adultstadium (z.B. Elytrophalloides oatesi). Für eine Nutzung als Bioindikatoren ergibt sich die Empfehlung, nicht auf einzelne Parasitenarten, sondern die Zusammensetzung von Parasitenfaunen zurückzugreifen und Parameter wie Abundanz oder Intensität zu berücksichtigen. Vergleiche mit Literaturdaten legten nahe, dass ein Studiendesign, das den periodischen Vergleich der Parasitierungsmuster von Nototheniinae ermöglichen soll, Standorteffekte berücksichtigen sollte. Da es sich bei der Probennahme demersaler Fische um ein aufwändiges und einschneidendes Verfahren handelt, sollten alternative Samplingmethoden vorangetrieben und eine Datenbasis dafür geschaffen werden.
Um die Belastung von Speisefischen mit potentiell humanpathogenen Parasiten in bestimmten Fanggebieten abzuschätzen, kann anhand von Vorkommens- und Umweltdaten mittels statistischer Modelle die Habitateignung für den Parasiten bestimmt werden. Eine Voraussetzung für eine verlässliche Modellierung bilden die Wahl eines geeigneten Algorithmus und die Qualität der Eingangsdaten. Für die Modellierung geeigneter Verbreitungsgebiete für die sechs Arten des P. decipiens Komplexes wurde im Rahmen von Studie II erstmalig ein biotischer Deskriptor herangezogen. Dem Ansatz lag die Annahme zugrunde, dass das Vorkommen geeigneter Endwirte der entscheidende, limitierende Faktor für die Verbreitung eines Parasiten ist, da nur so der Lebenszyklus geschlossen werden kann. Als Hypothesentest dienten Vergleiche der ökologischen Nischen von Parasiten und ihren spezifischen Endwirten im Nischenraum. Anhand der Endwirtdistanz wurde eine Verbesserung der Modellierungsergebnisse mit MaxEnt, gegenüber der ausschließlich auf abiotischen Prädiktoren basierenden Modellierung, für alle Pseudoterranova Arten, insbesondere jene mit einer geringen Anzahl Fundpunkte, erzielt. Grundsätzlich ist der Ansatz auf marine Parasitenarten, deren spezifische Endwirte verlässliche Vorkommensdaten aufweisen, übertragbar. Die Methode stellt jedoch keinen Ersatz für die Erhebung von Vorkommensdaten dar, weshalb die genetische Bestimmung schwer zu identifizierender Taxa sowie die Angabe von Metadaten in jeder parasitologischen Studie obligatorisch sein sollten.
Die Verteilung potentiell humanpathogener Parasitenstadien in für den menschlichen Verzehr vorgesehenen Fischen kann ein entscheidender Faktor für die Übertragung sein. Im Rahmen von Studie III wurde mit dem Referenztranskriptom von P. bulbosa das erste Transkriptom für eine Art den P. decipiens Komplexes erstellt. Anhand einer differentiellen Genexpressionsanalyse wurde untersucht, was die Verteilung der Parasiten auf unterschiedliche Mikrohabitate beeinflusst haben könnte. Dabei wurden siebzig differentiell exprimierte Gene identifiziert, die in aus Leber (32 Gene) und Viscera (38 Gene) von Atlantischem Kabeljau (Gadus morhua) isolierten Proben von P. bulbosa hochreguliert waren. Eine Erklärung für diesen subtilen Unterschied könnte ein Dauerstadium der P. bulbosa Larven zum Zeitpunkt der Probennahmen sein. Ob sich bestimmte Mikrohabitate innerhalb des Wirtes begünstigend auf den Parasiten auswirken, muss mit Hilfe experimenteller Studien gezeigt werden. Erste in Studie III erhobene Daten zum allergenen Potential von P. bulbosa sollten in serologischen Studien getestet werden. Als Grundlage für die Bewertung des pathogenen Potentials von P. bulbosa, sowie der weiteren Arten des P. decipiens Komplexes, sollten in experimentellen Studien NGS-Daten erhoben werden.
Im Rahmen dieser Dissertation wurde in drei methodisch unterschiedlichen Studien ein Bedarf besserer Referenzdaten aufgezeigt. Bestreben diese Datenlücken zu schließen, um das Potential der Methoden besser ausschöpfen zu können, müssen zukünftig noch weiter verstärkt werden.
Die vorliegende Arbeit thematisiert den Vergleich der Bildqualität von Liegend-Röntgen-Thorax-Aufnahmen von Patienten auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Frankfurt unter Verwendung einerseits eines parallelen und andererseits eines virtuellen Streustrahlenrasters (=Bildverarbeitungssoftware). Es wurde untersucht, ob mit dem virtuellen Raster eine mindestens gleichwertige Bildqualität wie mit dem parallelen Raster erreicht und gleichzeitig Strahlendosis eingespart werden kann.
Insgesamt wurden 378 Röntgen-Thorax-Aufnahmen von 126 Patienten, die jeweils einmal mit parallelem Raster, mit virtuellem Raster und mit dem gleichen virtuellen Raster mit Dosisreduktion durchgeführt wurden, in die Studie eingeschlossen. Das virtuelle Raster ahmt das parallele Raster in der Streustrahlenreduktion nach. Das Übergewicht der Patienten als Einschlusskriterium der Studie rechtfertigte den Einsatz des parallelen Rasters. Jeder Patient wurde nur nach klinischer Indikationsstellung geröntgt, sodass der zeitliche Abstand zwischen zwei Röntgen-Thorax-Aufnahmen unterschiedlicher Aufnahmetechniken desselben Patienten variierte. Für alle Röntgen-Thorax-Aufnahmen wurde derselbe indirekte Flachdetektor verwendet. Die Röhrenspannung betrug konstant 125 kV, das Strom-Zeit-Produkt 1,4 mAs (für das parallele und virtuelle Raster) bzw. 1,0 mAs (für das virtuelle Raster mit Dosisreduktion). Für jeden Röntgen-Thorax wurde das Dosisflächenprodukt bestimmt. Vier Radiologen evaluierten die Bildqualität hinsichtlich sechs Kriterien (Lungenparenchym, Weichteile, thorakale Wirbelsäule, Fremdkörper, Pathologien und Gesamtqualität) anhand einer 9-Punkte-Skala. Der Friedman-Test (p < 0,05: signifikant) wurde angewendet. Die Übereinstimmung der Radiologen wurde über Intraklassenkorrelationskoeffizienten berechnet.
Das virtuelle Raster ohne/mit Dosisreduktion wurde insgesamt von allen vier Radiologen für die Weichteile, die thorakale Wirbelsäule, die Fremdkörper und die Gesamtbildqualität signifikant besser bewertet als das parallele Streustrahlenraster (p ≤ 0,018).
Für das Lungenparenchym und die Pathologien resultierten sowohl signifikante als auch nicht-signifikante Ergebnisse, wobei bei signifikanten Ergebnissen ebenfalls das virtuelle Raster ohne/mit Dosisreduktion besser bewertet wurde als das parallele Streustrahlenraster (p ≤ 0,002). Einzige Ausnahme stellten die Evaluationen der Bildqualität bez. des Lungenparenchyms eines Radiologen dar, der das virtuelle Raster ohne/mit Dosisreduktion signifikant schlechter bewertete als das parallele Raster (p < 0,0001). Insgesamt wurde das virtuelle Raster mit Dosisreduktion für die folgenden Kriterien am besten in absteigender Reihenfolge im Vergleich zum parallelen Raster bewertet: Fremdkörper, thorakale Wirbelsäule, Weichteile, Gesamtbildqualität, Pathologien und Lungenparenchym. Die Übereinstimmung der vier Radiologen in ihren Bildqualitätsbewertungen war maximal gering. Mit dem virtuellen Raster wurde im Durchschnitt etwa 28,7% des Dosisflächenprodukts im Vergleich zum parallelen Streustrahlenraster eingespart (p < 0,0001).
Bisher haben nur vier Studien Streustrahlenreduktionssoftwares an Liegend-Röntgen-Thorax-Aufnahmen untersucht, davon zwei an lebenden Menschen. Limitationen der vorliegenden Studie sind die Subjektivität der Bewertungen der Radiologen, die mögliche Identifizierung der Röntgen-Thorax-Aufnahmen, die mit dem parallelen Streustrahlenraster als gängige Aufnahmetechnik in der Radiologie des Universitätsklinikums Frankfurt durchgeführt wurden, die Konstanz der Expositionsparameter unabhängig des BMI der Patienten und die eingeschränkte Vergleichbarkeit der Röntgen-Thorax-Aufnahmen desselben Patienten aufgrund von Veränderungen der Pathologien, Fremdkörper, etc. bei (großem) zeitlichem Abstand zwischen den Röntgen-Thorax-Aufnahmen.
Das virtuelle Raster erzielte teils eine gleichwertige, teils eine bessere Bildqualität wie/als das parallele Raster bei gleichzeitiger Dosisreduktion von 28,7% und kann es somit bei Liegend-Röntgen-Thorax-Aufnahmen ersetzen. Weitere Studien sollten den Einsatz des virtuellen Rasters bei Röntgenaufnahmen des Thorax (stehend und liegend) und anderer Körperpartien im Hinblick auf die Bildqualität, (höhere) Dosiseinsparungen und den Workflow untersuchen.
Das Buch nimmt die Beobachtung zum Ausgangspunkt, dass wahrnehmende Lebewesen immer auch sich bewegende Lebewesen sind. Der Zusammenhang zwischen den Vermögen der Wahrnehmung und der Selbstbewegung wird hier als ein konstitutiver gefasst, der insofern Auswirkungen für das Verständnis und die philosophische Analyse des jeweiligen Vermögens hat. Im Fokus steht das wechselseitige Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Handeln beim Menschen und damit auch die Frage, in welcher Beziehung das begriffliche Denken zu den genannten Vermögen steht. Die Arbeit diskutiert Schriften von Wittgenstein, Anscombe, Merleau-Ponty, Dreyfus, McDowell, sowie neuere Beiträge aus der enaktivistischen und phänomenologischen Tradition.
Im ersten Kapitel wird der Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Handlung in der Erkenntnistheorie untersucht. Hier stehen enaktivistische Theorien, die auf den grundsätzlichen Handlungscharakter der Wahrnehmung verweisen, im Mittelpunkt. Anhand einer Kritik der Kamerametaphorik des menschlichen Blicks wird dafür argumentiert, dass die (visuelle) Wahrnehmung als aktiver Prozess verstanden werden muss. Das Sehen ist weder punktförmig noch bildhaft aufzufassen, vielmehr ist es eine stets prekäre Errungenschaft eines leiblichen Wesens im Austausch mit der es umgebenden Welt. Die Ergebnisse aus dem ersten Kapitel werden im zweiten Kapitel mit Ludwig Wittgensteins Überlegungen zum Aspektsehen in Kontakt gebracht. Wittgensteins Bemerkungen zum Sehen und Aspektsehen lassen sich als Anstoß zu einem pluralistischen Verständnis der Wahrnehmung verstehen. In Anbetracht der vielfältigen Diskussionen, für die Wittgensteins Bemerkungen über das Aspektsehen relevant sind, wird hier herausgearbeitet, inwieweit sie als eine Kritik an jeder Form des Gegebenseins in der Wahrnehmung verstanden werden können. Eine Diskussion des ebenso ungewöhnlichen wie wenig beachteten Beitrags Anscombes zur Theorie der Wahrnehmung, den sie hauptsächlich in »The Intentionality of Sensation« ausarbeitet, beschließt das zweite Kapitel.
Im dritten Kapitel geht es um den zweiten Teil der These, Wahrnehmung und Handeln seien wechselseitig voneinander abhängig. In diesem Kapitel geht es um Theorien, für die die Wahrnehmung nicht einfach Informationen über die Umwelt bereitstellt, sondern selbst Bestandteil des Handelns ist. Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Rolle der Wahrnehmung sowohl für das geistesabwesende Tun als auch für das überlegte Handeln und auch für mentale Handlungen, wie etwa Entscheidungen, zu bestimmen. Besonders offensichtlich wird die Rolle der Wahrnehmung im Handeln immer dort, wo das Überlegen zurücktritt und das gekonnte Handeln auf die Wahrnehmung von Gelegenheiten angewiesen ist – also insbesondere dort, wo das Handeln Ausdruck spezialisierter Fähigkeiten ist.
Der Wahrnehmungsbegriff, der in der Arbeit im Mittelpunkt steht, ist gerade kein allgemeiner oder übergreifenden – und erst recht kein »zugrundliegender« Begriff der Wahrnehmung. Vielmehr soll Wahrnehmung plural verstanden werden: die Wahrnehmung im Alltag, die beobachtenden Wahrnehmung, die Wahrnehmung des Profis, die begriffliche Wahrnehmung. Diese Herangehensweise läuft zwangsläufig auch auf die Frage hinaus, inwiefern sich die menschliche Wahrnehmung und die Wahrnehmung der Tiere unterscheiden. Zwar gilt für Tiere wie für Menschen, dass sie wahrnehmen und sich bewegen – aber bestimmte Formen der Wahrnehmung sind klarerweise dem Menschen vorbehalten, etwa die ästhetische, die moralische und die begriffliche Wahrnehmung. Das vierte Kapitel diskutiert – ausgehend von der Frage nach der Begrifflichkeit der menschlichen Vermögen des Wahrnehmens und Handelns –, in welchem Verhältnis diese zu denen der Tiere stehen.
Ein auffälliger Unterschied zwischen den Vermögen des Menschen und denen der Tiere – so wird sich herausstellen – ist die Flexibilität und Pluralität der menschlichen Vermögen. Doch diese Pluralität ist kein natürliches Faktum, sondern Produkt bestimmter Tätigkeiten und Praktiken. Erst im tätigen Umgang mit der Welt, durch den Erwerb bestimmter Techniken und innerhalb bestimmter Praktiken verwirklicht sich die grundsätzliche Offenheit der menschlichen Vermögen. Diese Idee, dass unsere natürlichen Vermögen in Kontakt und Auseinandersetzung mit unserer Lebenswelt sich allererst entwickeln, ist Gegenstand des fünften Kapitels.
Die konstitutiven Beziehungen zwischen Wahrnehmung und Handeln in den Mittelpunkt dieser Untersuchung zu rücken, ist dabei Ausdruck eines bestimmten Philosophieverständnisses, nämlich eines, das das wahrnehmende, denkende und handelnde Lebewesen in den Fokus seiner Untersuchung stellt – nicht das einzelne Vermögen, sondern der ganze Organismus sind der point of interest.
Ziel: Ziel dieser Studie war es die Verweildauerraten, sowie die komplikationslosen Verweil-dauerraten von rein zahn, rein implantat und kombiniert zahn-implantatgetragenen Galvano-Konusprothesen auf keramischen Primärteilen im Oberkiefer zu untersuchen. Zusätzlich wurden durchgeführte Reparaturen, sowie die Patientenzufriedenheit ausgewertet.
Methode: 83 Patienten, welche im Zeitraum von 1999-2012 am ZZMK eine Galvano-Konusprothese im Oberkiefer erhalten haben wurden retrospektiv nachuntersucht. Die Patientenzufriedenheit wurde anhand eines Fragebogens erhoben, welcher mittels 22 Fragen die Bereiche „Ästhetik“, „Prothesenhalt-bzw. funktion“ und die „Reinigungsmöglichkeit der Prothese“ aus Patientensicht evaluiert. Als Zielereignis der Kaplan-Meier Verweildaueranalyse wurde die erste Reparatur, das Versagen der Prothese, sowie der Pfeiler- bzw. der Implantatverlust definiert. Reparatur- und Nachsorgemaßnahmen wurden deskriptiv erhoben.
Ergebnisse: Es konnten 83 Prothesen und 477 Pfeiler nachuntersucht werden. Der mittlere Beobachtungszeitraum betrug 3,9 Jahre. Die 3- ,5- und 10- Jahres Verweildauerraten der Prothesen lagen bei 98,2%, 95,5% bzw. 70,7%. Die konstruktionsbezogene Pfeilerüberlebensrate bis zum ersten Pfeilerzahnverlust betrug 98,2% nach 3 Jahren, 92,9% nach 5 Jahren und 29,2% nach 10 Jahren. Die häufigste Ursache eines Versagens war der Mehrfachverlust von Pfeilern (n=5). Eine Prothese versagte aufgrund eines Gerüstbruchs (n=1). Es konnte keine signifikanten Unterschiede in der Verweildauerrate bis zum Prothesenverlust, sowie in der komplikationslosen Verweildauerrate zwischen rein zahn, rein implantat und kombiniert zahn-implantagetragenen Prothesen festgestellt werden. Zu den häufigsten Reparaturen zählten Erweiterungen nach Pfeilerverlusten, Verblendreparaturen, Dezementierungen der Primärkronen und Frakturen von Prothesenzähnen. Die häufigste Nachsorgemaßnahme war die Druckstellenentfernung. Die Patientenzufriedenheit mit der Galvano-Konusprothese erwies sich als sehr hoch. Die Ästhetik, der Prothesenhalt und die Reinigungsmöglichkeit des Zahnersatzes wurden unabhängig der Verankerungsart durchgängig positiv bewertet.
Schlussfolgerung: Die Galvano-Konusprothese hat sich als hochwertiger herausnehmbarer Zahnersatz bewährt, welcher hohe Verweildauerraten aufweist und dessen Reparaturanfälligkeit vergleichbar mit anderen Doppelkronenversorgungen ist.
Der Artikel „Longitudinal changes in cortical thickness in adolescents with autism spectrum disorder and their association with restricted and repetitive behaviors“ von Bieneck et al. (2021), veröffentlicht in „Genes“, beschäftigt sich mit der Frage nach einem Zusammenhang zwischen der intra-individuellen Entwicklung der Kortexdicke von Adoleszent*innen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) und der Schwere restriktiver und repetitiver Verhaltensweisen (restricted and repetitive behaviors = RRB) im Verlauf dieser Lebensphase. Darüber hinaus untersuchen wir potentielle Anreicherungen von Genen, bei denen eine Assoziation mit ASS bekannt ist, in entsprechenden Hirnregionen mit abweichender Entwicklung der Kortikalen Dicke (Cortical Thickness = CT). Ziel der Studie ist es mikroskopische und makroskopische Ätiologien der ASS miteinander zu verknüpfen und diese entsprechenden klinischen Phänotypen zuzuordnen.
Die Basis dieser Forschungsarbeit bilden Daten, die im Rahmen einer longitudinalen Studie zur Gehirnentwicklung bei ASS während der Adoleszenz an der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums in Frankfurt erhoben worden sind. Die Stichprobe setzt sich zusammen aus insgesamt 70 Proband*innen im Alter zwischen 11 und 18 Jahren zum ersten Testzeitpunkt (T1), davon N=33 mit diagnostizierter ASS und N=37 neurotypische Kontrollen. Alle Proband*innen erhalten im ersten Jahr (T1) einen strukturellen Magnetresonanztomographie-Scan (sMRT), der im Abstand von zwei Jahren (T2) wiederholt wird. Die Quantifizierung der Symptomschwere erfolgt in beiden Gruppen mittels eines klinischen Fragebogens zu restriktivem und repetitivem Verhalten an beiden Messzeitpunkten (T1, T2).
Die sMRT-Scans durchlaufen für die Auswertung ein Softwarepaket, um eine virtuelle Rekonstruktion der kortikalen Oberfläche von jedem T1-gewichteten Bild abzuleiten. Die Software gibt die intraindividuelle Veränderung der CT an jedem Vertex an. Mittels statistischer Analysen unter Verwendung eines generalisierten linearen Modells (GLM) werden Vertex-weise Unterschiede in der Veränderung der CT zwischen beiden Gruppen herausgearbeitet und mit der Änderung der Symptomschwere von RRBs korreliert.
Der dritte Schritt der Analyse umfasst die Auswertung potentieller genetischer Korrelate atypischer CT-Entwicklung der Adoleszent*innen mit ASS. Hierfür wird ein Hirnatlas (Allen Human Brain Atlas) hinzugezogen, der Informationen zur räumlichen Verteilung der Expression von Genen im menschlichen Cortex enthält. Dieser wird mit den Hirnregionen, die eine abweichende Veränderung der CT in Autist*innen zeigen, abgeglichen, und eine entsprechende Liste an Genen wird abgeleitet. Es folgt eine Analyse dieser Genliste im Hinblick auf Anreicherungen von Genen, die in Verbindung mit ASS stehen. Dieser Vorgang wird mit den Hirnregionen wiederholt, die eine Korrelation der abweichenden CT-Entwicklung mit der Veränderung der Symptomschwere von RRBs in den autistischen Teilnehmenden zeigen. Die daraus gewonnene Genliste wird auf eine vermehrte Anreicherung (i.e. Enrichment) von Genen untersucht, die in Verbindung mit restriktivem und repetitivem Verhalten stehen.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen eine signifikant verminderte Abnahme der CT in verschiedenen Hirnregionen von Personen mit ASS, die funktionell mit autistischen Symptomen und Verhaltensweisen gekoppelt sind. Eben diese Regionen zeigen zudem eine vermehrte Anreicherung von Genen, die ebenfalls eine Assoziation mit ASS aufweisen. Eine Verbindung von strukturellen und klinischen Parametern zeigt sich durch die Korrelation abnehmender CT in bestimmten Hirnregionen mit einer verminderten Schwere restriktiver und repetitiver Verhaltensweisen im Verlauf.
Diese Untersuchungen weisen auf Verbindungen des neuroanatomischen Parameters CT mit genetischen Grundlagen der ASS hin und zeigen einen Zusammenhang dieser Korrelationen mit unterschiedlichen Ausprägungen des klinischen autistischen Phänotyps.