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Uns geht es […] darum, über eckig und rund, einem Oppositionspaar, Formen, Formate, De-Figurationen und De-Konstruktionen von Geschlecht. aber auch von anderen Kategorien. die die Identität bestimmen, auszuloten. Mit welchem Oppositionspaar haben wir es hier zu tun? Oben […] im Netz. hieß es schon, dass wir das Eckige brauchen. um das Runde zu definieren, und umgekehrt. Oder aber auch, dass beide Kategorien gar nicht so leicht voneinander zu trennen sind, denn selbst der rundest geschliffene Kristall basiert auf der eckigen Struktur des Kristallgitters. Es scheint nicht so einfach zu sein. die Opposition eckig und rund aufrechtzuerhalten. Warum wird dann über dieses Paar versucht, die Kinder- und Jugendliteratur zu vermessen? Die Antwort liegt scheinbar auf der Hand – mit rund wird z.B. das Weiche. das Anschmiegsame. Kindliche oder eben das Weibliche. assoziiert. mit eckig das Härtere, Widerspenstigere, Kantigere, eben das Männliche zusammengedacht. Also 'rund' als das weibliche Prinzip? 'Eckig' als das männliche?
Im Zentrum der folgenden Überlegungen stehen die (fiktionalen, idealen) Entwürfe von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ in der deutschen Literatur des Mittelalters im allgemeinen und speziell im Werk Ulrichs von Liechtenstein, die dort beobachtenden literarischen Konstruktionen von sozialen Rollen, aber auch von männlichen und weiblichen Körpern – und (...) das Spiel mit diesen Konstruktionen und ihrer Montage.
In der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit entfällt – für fast alle Bereiche der weltlichen Literatur und so auch für die moralisch-didaktischen Werken – die Möglichkeit eines Vergleichs von Texten männlicher und weiblicher Autoren, wie sie für den französischen Sprachraum der gleichen Zeit etwa durch die Ausnahmeerscheinung einer Autorin wie Christine de Pizan möglich ist. Ihre Werke lassen deutlich werden, daß es für Frauen, die eine entsprechende Bildung und Selbstständigkeit aufzuweisen hatten, durchaus möglich war, andere Idealbilder weiblichen Verhaltens und weiblicher Lebensformen zu entwerfen, selbst unter der Voraussetzung einer grundsätzlich Gültigkeit und Akzeptanz christlicher Wertvorstellungen.
Im Falle jenes Textes, dem die (...) Überlegungen gelten sollen, handelt es sich freilich um eine fatale Verknüpfung von Umständen, die seiner editorischen Erschließung entgegenwirken, obwohl der ‚Ritter vom Thurn’ mit zu den erfolgreichen und immer wieder neu aufgelegten Werken der frühen Druckgeschichte zu zählen ist: (...) Der autobiographische Fiktionsrahmen um seine Übersetzung des ‚Livre du Chivalier de la Tour pour l’enseignment de ses filles’ wird durch die Existenz der Töchter Elsa und Jakobea (...) bestärkt.
Die Geburtsstunde der ‚Hexe’ als populäres Identifikationsmuster für weiblichen Widerstand gegen die fortdauernde gesellschaftliche Diskriminierung und Unterdrückung der Frau liegt mittlerweile mehr als ein Jahrzehnt zurück. (...) Im Zentrum dieser Widerstandaktion stand als wesentliches Interesse das Selbstbestimmungsrecht der Frau über sich selbst und ihren Körper im umfassenden Sinne. (...) Die feministische Bewegung der siebziger und achtziger Jahre war in erster Linie ein teils loses, teils enges Netzwerk intellektueller Frauen, zumindest was ihre prägenden Vertreterinnern und besonders ihr theoretisches Fundament betrifft (...)
Die Pferde der Enite
(2002)
Die Spurensuche, die (…) [Ingrid Bennewitz] im folgenden (…) [unternimmt], gilt dem – aus der Perspektive der handschriftlichen Überlieferung – ‚nach-nibelungischen’ Erzählen von Kriemhild, ein literarisch ‚post-humes’ Erzählen also, wenn man will, wobei der Umstand selbst ja eben nur in der ‚Klage’, nicht aber in den verschiedenen Ausprägungen der Dietrichsepik bewußt gehalten wird.
Die Entwicklung der Familie schein (...) [in der Zeit vom Mittelalter bis hin zur frühen Neuzeit] bei aller regionalen Variabilität eine Vielzahl von Veränderungen vollzogen zu haben, die Auswirkungen bis hinein in das 19. und 20. Jahrhundert zeitigten. Hier sollen zunächst die wichtigsten dieser Veränderungen skizziert werden, um anschließend der Frage nachzugehen, inwieweit die deutschsprachige Literatur dieses Zeitraums diesen Prozeß mitvollzogen (...) hat und in welcher Form die frühen literarischen Repräsentationen von „Familienbanden“ ein Wiedererkennen ermöglichen oder aber durch die Fremdartigkeit ihrer Inszenierung historische Distanz vermitteln, die wiederum den Blick für die Wahrnehmung der eigenen kulturellen Bedingtheiten schärfen könnte.
Zu fragen bleibt (...), welche Konzeptionen von Weiblichkeit bzw. Männlichkeit (...) in den literarischen Diskursen das Mittelalters über Liebe und Erotik entwickelt werden und in welchem Maße sie neuzeitliche Modelle geprägt haben oder aber von ihnen divergieren. (...) Diesen Spuren (...) [ geht Ingrid Bennewitz nach] , und zwar anhand von Beispielen aus unterschiedlichen literarischen Gattungen des Mittelalters (Minnesang, genauer: Sängermonolog; erotisches „Frauen“-Lied; höfischer Roman: Tristan und Isolde).
Lukas Betzler beschäftigt sich mit der Dominanz weiblicher über männlichen Identitätsentwürfen, indem er die Gegenüberstellung von Femme fatale und Homme fragile als entscheidendes Charakteristikum der Erzählung "Der kleine Herr Friedemann" von Thomas Mann aus dem Jahr 1898 voraussetzt, die Interpretation dieses nur allzu binär wirkenden Geschlechterverhältnisses jedoch deutlich relativiert. Zu diesem Zweck schließt er diese Überlegungen mit dem Konzept der "hegemonialen Männlichkeit" kurz und kommt dabei zu dem Schluss, dass sich die im Fokus stehende Geschlechterbeziehung mit den Symptomen der Krise der Geschlechterordnung um 1900 verbinden lässt. In dem Beitrag zeigt Betzler auf, dass sich die Inszenierung der Femme fatale als Schreckensvision von Weiblichkeit an einen dezidiert männlichen Blick des Protagonisten rückbinden lässt, der durch die Unzuverlässigkeit und die ironische Distanzierung des Erzählers wiederum ambivalent erscheint.