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Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Wendepunkte in der zwölf-jährigen Geschichte der Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Irak. Die andauernden Konflikte in Syrien und Irak haben, neben ihren unmittelbaren humanitären Folgen für die Zivilbevölkerung, auch Auswirkungen auf die globale Ideologie des Dschihadismus und beeinflussen somit indirekt auch andere regionale Konflikte.
Von 2003 bis 2014 war der IS eine von vielen regionalen Gruppen weltweit, die unter der nominellen Führung von al-Qaida am globalen Dschihad teilnahmen. Heute setzt der IS eigene Machtansprüche in Syrien und Irak in direkter Konfrontation mit dem syrischen Ableger der Al-Qaida(Jabhat An-Nusra) durch. Infolge dieser Auseinandersetzung gab Ayman az-Zawahiri im Februar 2014 öffentlich bekannt, dass al-Qaida den IS aus ihrer Organisation ausschließt.
Nicht zuletzt durch diesen Ausschluss war der IS unter der Führung von Abu Bakr al-Baghdadi genötigt den eigenen Führungsanspruch in der Region durch die Ausrufung eines Kalifates nachdrücklich geltend zu machen.
Dies war allerdings keine spontane Entscheidung, denn die Errichtung eines Kalifats war ein Plan, den Baghdadis Gruppe seit vielen Jahren mit großem Aufwand verfolgte.
Durch das Zerwürfnis zwischen dem IS und der afghanisch-pakistanischen al-Qaida teilt sich die globale dschihadistische Bewegung nun in zwei Einflussreiche Einheiten.
Die fragmentierte Verrechtlichung des internationalen Raums, die Proliferation von Regelungsarrangements jenseits des Staates und die Diffusion globaler Normen sowie die daraus resultierenden Geltungs-, Kompetenz- und Autoritätskonflikte sind seit geraumer Zeit ein in der sozialwissenschaftlichen Literatur viel diskutiertes Phänomen. Überlappungen von nationalen Regierungssystemen und von im Völkerrecht verankerten klassischen internationalen Regimen existieren seit der Schaffung des Westfälischen Staatensystems.In jüngerer Zeit verstärkte sich der Pluralismus normativer Ordnungen jedoch global durch neuartige Typen von Regelungsarrangements jenseits des Staates. Auch unter den zwischenstaatlich geschaffenen internationalen Institutionen finden sich solche, die autonome Handlungs- und Entscheidungskompetenzen zugesprochen bekommen haben und diese als Akteure mit eigener Subjektivität ausüben. Hinzu kommt eine immer stärkere Aufnahme von „behind the border issues“ in den Aufgabenkatalog dieser Regime und Organisationen (Zürn 2004). Diese Entwicklungen führen zu einem neuen Grad an Kontestation und Umstrittenheit globaler normativer Ordnungen. Weder die Herstellung einer einheitlichen globalen normativen Ordnung noch eine Re-Nationalisierung des Rechts erscheinen heute als realistische Zukunftsprognosen. Umso wichtiger ist es daher, sich mit den Auswirkungen dieses Pluralismus’ normativer Ordnungen zu beschäftigen.
Im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 konnte sich der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) zu einer erfolgreichen und gefährlichen islamistischen Organisation im Nahen Osten entwickeln. Der IS nutze die politisch instabile Lage in den arabischen Ländern, um an Macht und Einfluss zu gewinnen und schaffte es, mehrere syrische Regionen unter seine Kontrolle zu bringen. Da die eroberten Regionen in Syrien und Irak direkt oder unmittelbar entlang der türkischen Grenze verlaufen, gerieten auch Abschnitte der türkisch-syrischen Grenze unter die Kontrolle des IS. Die Eroberungen unter anderem ar-Raqqas in Syrien bis einschließlich Falludschas, Kerküks und Diyales im Norden Iraks spiegeln den Erfolg des IS wider. Dieser Erfolg wirkt attraktiv für viele jihadistische Sympathisanten weltweit, weshalb die Gruppe in kurzer Zeit rasant wuchs und noch wächst. Dem International Centre for the Study of Radicalisation and Political Violence (ICSR) zufolge fanden im November 2014 allein aus Europa rund 4.300 Männer und Frauen den Weg zum IS.1 Die meisten von ihnen reisten über das Nachbarland Türkei ein. Jihadisten aus Deutschland nehmen beispielsweise den Bus, die Fähre oder das Flugzeug nach Istanbul. Auf Bus- und Fährfahrten werden die Fahrgäste in den Durchfahrtsländern des Schengener Abkommens nicht und außerhalb des Schengen-Raums kaum kontrolliert. In der 14-Millionen-Metropole Istanbul angekommen, fahren sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiter quer durch die Türkei in den Südosten des Landes.
Die Reisenden werden an ausgewählte Grenzbereiche gebracht, die kaum kontrolliert werden können.2 Die 900 km lange Grenze ermöglicht ihnen eine problemlose Überquerung nach Syrien. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan weist darauf hin, dass eine lückenlose Überwachung einer Grenze in dieser Länge nicht zu gewährleisten sei. Allerdings wurde von Repräsentanten europäischer Länder, der USA und aus den Reihen der türkischen Opposition wiederholt der Verdacht geäußert, dass die türkische Regierung mit dem IS kooperiere. Dies aufgreifend stehen im Fokus dieses Artikels folgenden Fragen: Worauf basieren diese Behauptungen und wie geht die türkische Regierung damit um?
Markus Beckedahl bloggt auf netzpolitik.org über den politischen Umgang mit dem Internet und über die Änderungen, die Politik durch das Internet erfährt. Ich sprach mit ihm über Teilmengen von Sicherheits- und Netzpolitik, über die Art des Umgangs mit neuen Technologien in Deutschland und über Drohnen. Das Schluss-Statement thematisiert Cyber War, als Begriff, militärische Strategie und Zukunftsprognose. Das Interview führte Andrea Jonjic.
Teil IX unserer aktuellen Artikelserie zum Syrienkonflikt.
Am 21. August ereignete sich in der Nähe vonDamaskus der schwerste Angriff mit chemischenWaffen seit 25 Jahren – dies bestätigte eininternationales Expertenteam nun offiziell in einem Bericht an den UN-Generalsekretär. Kurz zuvor hatte Syrien seinen Beitritt zum Chemiewaffen-Übereinkommen (CWÜ) erklärt, das Herstellung, Besitz und Einsatzchemischer Kampfstoffe verbietet und ihre Abrüstung vorschreibt. DieVorhersage eines syrischen Beitritts hätte noch vor kurzem bei den meistenExperten ein müdes Abwinken oder Kopfschütteln hervorgerufen, galt Syriendoch als einer der hard cases für das Abkommen, dessen 190. Mitglied es am14. Oktober nun aber wird. Die internationale Gemeinschaft steht jetzt vorder Aufgabe, eines der weltweit größten Chemiewaffenarsenale abzurüstenund gleichzeitig den erfolgten Einsatz chemischer Waffen zu ahnden – unddas alles vor dem Hintergrund eines brutalen Bürgerkriegs, in dem keinEnde der Gewalt in Sicht ist.
Wie man weiß, zählt der Sozialstaat der Industrieepoche zu den ganz großen Innovationen in der Institutionengeschichte. Es entsteht ausgehend vom europäischen Norden und Westen und schnell mit kontinentalen und globalen Dimensionen ein hochkomplexes Geflecht aus Organisationen, aus juridischen und nicht-juridischen Normen und aus sozialen Praktiken, das auf die große – für das Schicksal der kapitalistischen Ordnung mitentscheidende – Herausforderung der "sozialen Frage" antwortet. Dabei ist dieses Gefüge nicht strukturell einheitlich, sondern durch erhebliche nationale Variation geprägt. Darüber hinaus entstehen die Institutionen im Rahmen der Einzelstaaten in keiner Weise gleichzeitig, sondern auf einer langgestreckten Zeitachse. Dieser Befund der hochgradigen Varianz kennzeichnet den Sektor der industriellen Beziehungen, in dem kollektive Akteure wesentliche Aufgaben des Sozialstaats "übernehmen", in einer besonders intensiven Weise. Es ist dieser Bereich, auf den wir sogleich näher eingehen. Im Weiteren kommt es auf dem Kontinent mit dem Aufstieg nicht-demokratischer Regime und deren Versionen des Sozialstaats zu einer zusätzlichen Komplizierung. Und schließlich tritt die neue Makrostruktur – ihren genetischen Raum überschreitend – alsbald im globalen Rahmen in Erscheinung. Ihre weltweiten Wirkungen sind immens, wie das 100-jährige Jubiläum der ILO unterstreichen mag. Und die Rückwirkungen und Irritationen vor allem aus neuen dynamischen Zentren des demokratisch verfassten Kapitalismus, zunächst der USA und dann auch Japans, sind es nicht minder. ...
Aus der Sicht der deutschen Innenpolitik ist heute kaum eine andere inter-nationale Relation so brisant wie das Verhältnis zwischen Türken und Deutschen. Nicht erst seit Sarrazins Buch wird die Herausbildung und strukturelle Verfestigung einer neuen Kategorie des "Inländers", der Kategorie des "Deutschtürken", mit großem Argwohn betrachtet. Aber Sarrazin hat diesen Argwohn angeheizt, indem er das Thema in einer Weise angesprochen hat, die den Maximen der obwaltenden Medien- und Jetzt-rede-ich-Gesellschaft entspricht. Seither wird so laut auf "Klärung" gedrungen, dass selbst auf Verdrängung programmierte Ohren den Ruf nicht überhören können. Die Politik reagiert, will Gutes bewirken oder wenigstens die Scherben zusammenkehren und ruft sich selbst zur "integrationspolitischen" Ordnung. Man kündigt eine neue Offensive an, die sich reibungslos in das Netz der zahllosen Offensiven einfügt, die auf allen möglichen Feldern in unserer Offensivenzeit unternommen wurden und noch kommen werden. Dass die integrationspolitischen Blaupausen, die da entstehen sollen, eigentlich gar nicht von Integration im strikten Sinne, sondern von Assimilation handeln, spielt keine Rolle. Falsa demonstratio non nocet. Unterscheidungen stören nur, und "Multi-Kulti" ist tot, wie jeder weiß oder wissen müsste. ...
"Sozialwissenschaftlich aufschlussreich sind für mich nicht Zustände, sondern Verläufe – oder Zustände nur im Zusammenhang von Verläufen. Theorien, die Strukturen oder Ereignisse als freistehende Unikate in einem feststehenden Ereignis- und Möglichkeitsraum behandeln, können fundamental in die Irre führen. Alles Soziale spielt sich in der Zeit ab, entfaltet sich mit der Zeit und wird in und mit ihr sich selber ähnlicher. Was wir heute sehen, können wir nur verstehen, wenn wir wissen, wie es gestern ausgesehen hat und auf welchem Weg es sich befindet. Alles, was vorfindlich ist, ist immer auf einem Entwicklungspfad unterwegs. Auf diesen kommt es entscheidend an." ...
Michael Kittner ist kein professioneller Rechtshistoriker. Er hat an der Universität Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht gelehrt, vor allem aber war er über ein Vierteljahrhundert hinweg der Syndikus der Industriegewerkschaft Metall und somit der womöglich wichtigste juristische Kopf des Deutschen Gewerkschaftsbundes. In seine Amtszeit fiel die bis jetzt und, wie man mit Blick auf das heutige Deutschland meinen kann, für lange letzte hohe Konjunktur des Arbeitskampfes – mit spektakulären Streiks und Aussperrungen, die in den späten 70er, besonders aber in den frühen 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Öffentlichkeit in Atem hielten. Der Jurist Bernd Rüthers, als prominenter Schlichter ("Leber-Rüthers-Kompromiss" von 1984) einer der bedeutenden Akteure jener Zeit, sprach im Zusammenhang mit der Expansion des industriellen Konfliktsystems von einem "Wirtschaftsbürgerkrieg" und traf mit dieser Übertreibung ganz gut die Stimmungslage in der Endzeit des rheinischen Kapitalismus. Heute ist das Regime des nationalstaatlich modulierten Fordismus erodiert, und mit ihm sind die Chancen dahingeschwunden, in den Arbeitsbeziehungen am großen Rad zu drehen. Die Berliner Republik ist nicht der Ort der arbeitspolitischen Emphase. Die Wasser der postnationalen Konstellation, die den Gewerkschaften, ihren Mitgliedern, aber auch so manchem Arbeitgeber heute wahrlich bis zum Halse reichen, legen anderes nahe als den Furor, der die alte – im Grunde genommen so überaus wirtschaftsfriedliche – Bonner Republik zu später Stunde noch einmal ergriffen hatte. ...