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Trauma ist in Deutschland und weltweit eine der häufigsten Todesursache bei Personen unter 55 Jahren. Eine traumatische Verletzung von Gewebe führt zur Freisetzung von sogenannten damage-associated molecular patterns (DAMPs), die eine Entzündungskaskade auslösen, welche die Organfunktion negativ beeinträchtigt. Dies führt bei anhaltender Entzündung zunächst zu Organdysfunktion, was im weiteren Verlauf zu Organversagen führt und im Spätstadium im multiplen Organversagen (MOF) enden kann. In den meisten Fällen ist die inflammatorische Antwort des Immunsystems auf das Trauma adäquat und entspricht einem gut koordinierten Netzwerk von Immunzellen, Zytokinen und Chemokinen, welches zur Wiederherstellung des geschädigten Gewebes führt. Wenn dieses Netzwerk jedoch nicht im Gleichgewicht ist, kann die Entzündungsreaktion durch eine sogenannte feed-forward-loop von Inflammation und Gewebeschäden verstärkt werden. Wenn dieser Prozess systemisch wird, spricht man vom systemic inflammatory response syndrome (SIRS). Auf der anderen Seite gibt es ein Gegenstück zu SIRS, nämlich das sogenannte compensatory anti-inflammatory response syndrome (CARS). Auch ein Überschießen von CARS kann den Verlauf der posttraumatischen Inflammation negativ beeinträchtigen. Sowohl eine Verschiebung in Richtung von SIRS als auch in Richtung von CARS kann zu Organfunktionsstörungen, nosokomialen Infektionen und letztendlich zum Tod führen. Daher ist eine ausgeglichene, frühe posttraumatische Immunantwort für ein gutes Outcome von entscheidender Bedeutung.
Monozyten nehmen eine kritische Stellung sowohl in der primären Immunantwort nach Trauma als auch nach Infektion ein. Durch die Oberflächenexpression von diversen sogenannten pattern-recocnition receptors (PRRs), insbesondere Toll-Like-Rezeptoren (TLRs), können Monozyten Pathogene und sogenannte pathogen-associated molecular patterns (PAMPs) erkennen und neutralisieren. Darüber hinaus können Monozyten PAMPs über major histocompatibility complex class II -Moleküle (MHC-II) dem adaptiven Immunsystem präsentieren und somit als zelluläre Verbindung zwischen dem angeborenen und dem adaptiven Immunsystem fungieren. TLR2, eine Untergruppe der TLRs, ist einer der Hauptrezeptoren für PAMPs von grampositiven Bakterien wie S. aureus, dem Hauptkeim für posttraumatische Wundinfektionen und nosokomiale Infektionen.
Es gibt immer noch keinen Konsens über den Einfluss von Trauma auf die Funktion von Monozyten und deren Expressionsprofil von PRRs und MHC-II-Molekülen nach einem Trauma. Verschiedene Studien berichten von einer beeinträchtigten TLR2-Expression bei Monozyten nach Trauma, während sich in anderen Studien eine konstante oder sogar erhöhte TLR2-Expression bei Monozyten nach Trauma gezeigt hat. Die Daten sind auch in Bezug auf die posttraumatische Phagozytoseleistung von Monozyten unbeständig. Während in einigen Studien im frühen posttraumatischen Verlauf im Vergleich zu gesunden Probanden von einer erhöhten Anzahl zirkulierender Monozyten mit erhaltener Phagozytoseleistung berichtet wird, zeigten andere Studien eine verminderte Phagozytoseleistung von Monozyten nach Trauma. Darüber hinaus gibt es widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Fähigkeit von Monozyten, proinflammatorische Zytokine wie Interleukin (IL)-1β oder Tumor necrosis factor (TNF)-α freizusetzen.
Zusammengefasst ist die derzeitige Studienlage widersprüchlich. Zusätzlich wurde es in bisherigen Studien verpasst, die Kombination verschiedener Aspekte wie die Funktionalität der Monozyten in Bezug auf Phänotypisierung oder funktioneller Assays und deren Beobachtung über einen längeren Zeitraum miteinzubeziehen.
Die unterschiedlichen Ergebnisse der bisherigen Studien könnte durch die Natur des Polytraumas bedingt sein, beispielsweise durch verschiedene Verletzungsmuster und Verletzungsschwere, die unterschiedliche Erstversorgung am Unfallort, die Zeit bis zur Ankunft in der Notaufnahme oder die unterschiedliche primäre und definitive Versorgung der Verletzungen. All das kann zu einer unterschiedlichen Antwort des Immunsystems und somit zu unterschiedlichen Outcomes führen.
Daher war es Ziel unserer Studie, die oben genannten Variablen zu eliminieren, und eine kontrollierte Polytraumastudie am Schweinemodell durchzuführen, um die Funktionalität von Schweinemonozyten über einen Zeitraum von 72 Stunden nach Trauma zu untersuchen.
Zusätzlich und im Gegensatz zu früheren Studien haben wir die Phänotypisierung von Monozyten (TLR2 und MHC-II [SLA-DR]) mit einem funktionellen Phagozytose-Assay kombiniert und deren direkte Assoziation in einem unabhängigen Assay analysiert.
Peripheres Blut wurde vor (-1h) und direkt nach der Induktion des Polytraumas (PT) (0h) entnommen, sowie 3,5h, 5,5h, 24h und 72h später. Die Expression von H(S)LA-DR und TLR2 auf Schweine-Monozyten wurde untersucht. Außerdem wurde die Phagozytierungsaktivität von Schweinemonozyten gemessen.
Darüber hinaus wurden aus mechanistischen Gründen Blutproben von 10 gesunden Schweinen zunächst einem TLR2-neutralisierenden Antikörper und anschließend S. aureus-Partikeln ausgesetzt, bevor die Phagozytoseleistung der Monozyten untersucht wurde.
Die Anzahl der CD14 + -Monozyten aller zirkulierenden Leukozyten blieb während des Beobachtungszeitraums konstant, während der Prozentsatz der CD14 + H(S)LA-DR + -Monozyten direkt, 3,5h und 5,5h nach dem Trauma signifikant abnahm. Der Prozentsatz von TLR2 + exprimierenden Zellen aus allen Monozyten verringerte sich direkt, 3,5h und 5,5h nach dem Trauma signifikant. Der Prozentsatz der phagozytierenden Monozyten nahm direkt nach Trauma ab und blieb in den ersten 3,5 Stunden nach dem Trauma niedriger, stieg jedoch nach 24 Stunden an. Die Antagonisierung von TLR2 verringerte signifikant die Phagozytoseleistung der Monozyten.
Sowohl der verringerte Prozentsatz der aktivierten als auch der TLR2-exprimierenden Monozyten blieb bestehen, solange die verringerte Phagozytoseleistung beobachtet wurde.
Darüber hinaus führte auch die Neutralisation von TLR2 zu einer verminderten Phagozytoseleistung. Daher nehmen wir an, dass eine verringerte TLR2-Expression für die verringerte Phagozytoseleistung verantwortlich ist.
Im Rahmen der Versorgung von polytraumatisierten (schwerstverletzten) Patienten ist insbesondere die systemische Inflammation zu beachten. Durch das initiale Trauma (“first hit“) kommt es zu einer systemischen Dysregulation der inflammatorischen Kaskaden, wobei sowohl eine überschießende (SIRS/Sepsis) wie auch unterschießende Reaktion (CARS) zu schweren Komplikationen wie Multiorganversagen bis hin zum Tod führen kann. Die notfallmässige chirurgische Versorgung fügt durch multiple Faktoren wie Weichteilverletzung, Blutverlust und Intubation dem Patienten einen “second hit“ zu, welcher sich auf den “first hit“ aufsummieren und besagte Komplikationen induzieren kann. Aufgrund dessen wurden verschiedene Therapiekonzepte entwickelt wie beispielsweise die “Damage control surgery“, welche durch minimalinvasive Techniken die notfallmässig versorgungsbedürftigen Verletzungen temporär stabilisiert/versorgt, bis der Patient sich physiologisch stabilisiert und definitiv versorgt werden kann. Eine weitere Strategie stellt die „Safe Definitive Surgery“ dar, welche eine Synopsis bildet aus zu einen frühzeitiger definitiver Versorgung gepaart mit minimalinvasiven Techniken, um während der Operation multipler Frakturen intraoperativ anhand der Physiologie des Patienten regelmäßig zu reevaluieren und daran zu adjustieren.
Bei der definitiven Versorgung von langen Röhrenknochen im Schaftbereich werden klinisch standardmässig Marknägel verwendet. Hierbei eröffnet man den langen Röhrenkochen am proximalen Eintrittspunkt, bohrt den Knochen intramedullär mittels “Reamer“ auf und führt den Nagel ein, welchen man mittels Schrauben multidimensional in der Corticalis verriegelt. Hierbei stellt die intramedulläre Aufbohrung den kritischsten Schritt dar, da hierbei zum einen Knochenmark austritt und durch den Bohrer Thermonekrosen im Knochen auftreten können sowie auch Knochenpartikel austreten. Um diese Nachteile zu beheben, wurde der “Reamer-Irrigator-Aspirator“ (RIA) entwickelt, welcher nebst der klassischen Bohrfunktion noch eine Spül-Saugfunktion innehat und somit parallel intramedullär eine Kühlung herbeiführt, wie auch das Knochenmark nebst Knochenpartikeln absaugt. Hiervon gibt es eine ältere (RIA 1) und eine neuere (RIA 2) Version, wobei sich diese geringfügig in Grösse des Bohrkopfes und der Saugfunktion wie auch im Handling unterscheiden. Wenig ist jedoch zum aktuellen Zeitpunkt bekannt, welche Auswirkungen diese unterschiedlichen Versionen verglichen mit dem konventionellen “Reamer haben“. Um dies näher zu evaluieren, wurde ein standardisiertes Polytrauma-Modell an 30 Schweinen (Sus scrofa) durchgeführt. Unter konstanter Analgesie wurde nach Erreichen einer standardisierten Baseline an 24 der Tiere ein Polytrauma, bestehend aus unilateraler Femurfraktur, stumpfem Thoraxtrauma inklusive Leberlazeration und hämorrhagischem Schock ausgeübt. Sechs Tiere fungierten als Kontrollgruppe (sham), welche kein Trauma sowie Therapie erhielten, aber sonst gleich behandelt wurden. Die polytraumatisierten Tiere erhielten Therapie nach Schockraum- und ATLS Versorgung nach dem Trauma. Bestehend aus “Abdominal Packing“, Kreislaufstabilisierung und Versorgung der Femurfraktur mittels intramedullärer Nagelung. Die 24 polytraumtisierten Versuchstiere wurden bezüglich der Versorgung der Femurfraktur in drei Gruppen aufgeteilt: 1) Konventionelles Reaming, 2) RIA 1 und 3) RIA 2. An sechs Zeitpunkte (t1 (-1.5h) - t6 (6h)) über 7.5 Stunden erfolgten regelmäßige Blut- wie Urinentnahmen und eine bronchoalveoläre Lavage vor fachgerechtem Exitus am letzen Zeitpunkt. Anschließend wurde mittels ELISA in besagten Proben das Interleukin-6, Interleukin-8, Interleukin-10 und Tumornekrosefaktor-alpha bestimmt und statistische Unterschiede zwischen den Gruppen ermittelt.
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Verwendung des Reamer-Irrigator-Aspirator Typ 2 aufgrund spezifischer Modifikationen verglichen mit seinem Vorgänger (RIA Typ 1) eine geringere inflammatorische Immunantwort aufweist. Verglichen mit dem konventionellen Reaming konnte in unserer Versuchsreihe in Hinblick auf entzündliche Mediatoren systemisch wie lokal kein Unterschied zu der Versorgung mittels RIA aufgezeigt werden. Jedoch präsentierte sich bei der Benutzung des konventionellen Reamers auch in unserer Versuchsreihe das Auftreten einer Fett/Lungenembolie, was bereits in der Literatur als eine gängige Komplikation dieses Instrumentariums beschrieben wird. Zusammenfassend ist der Reaming-Irrigator-Aspirator eine modernisierte Version des konventionellem Reamers, welcher multiple Vorteile aufweist, jedoch im Rahmen der Kostensenkung wahrscheinlich erst im weiteren zeitlichen Verlauf regelmäßige Anwendung in der Klinik finden wird.