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Im Jahr 1662 erschien in Paris anonym ein Werk, das seinen der Öffentlichkeit bislang eher als streitbare Theologen bekannten Autoren – den Jansenisten Antoine Arnauld und Pierre Nicole – den Weg in den zeitlosen Ideenhimmel der Philosophiegeschichte eröffnen sollte: La Logique ou l'art de penser. In zahlreichen Auflagen und Übersetzungen verbreitet, avancierte die Logik von Port-Royal rasch zu einem bis weit ins 19. Jahrhundert hinein kanonischen Standardwerk, das, wie seine Autoren versprachen, bei aufmerksamem Studium selbst dem unerfahrensten Schüler in nur fünf Tagen die Grundlagen der Begriffsbildung, des Urteilens und Schließens vermitteln können sollte. Zumeist wohl muss ein Text erst seinem Gebrauch entzogen worden sein, um als historisches Dokument lesbar zu werden. So galt das unter den Vorzeichen des linguistic turn der ausgehenden Moderne wiederkehrende Interesse an der Logik von Port-Royal kaum der eigentlichen Logik, umso mehr aber den begleitenden linguistischen Definitionen und Analysen. Es galt, genauer, dem Status der Repräsentation in einer erklärtermaßen auf den Grundlagen der cartesischen Epistemologie begründeten Analyse der Sprache, deren zentrale Unterscheidungen – die Unterscheidung von Idee und Repräsentation, von logischer und grammatischer Ordnung des Wissens – gleichsam zwanglos auf die linguistischen Logiken Gottlob Freges und Ludwig Wittgensteins vorauszuweisen scheinen. In dieser Tradition hat Noam Chomsky in seinem Cartesian Linguistics die Logik von Port-Royal – im Verbund mit der wenig zuvor erschienenen Grammaire générale et raisonné (1660) – geradezu als Antizipation einer generativen Grammatik lesen können [...].
Thema des vorliegenden Beitrags ist das interaktionale Potenzial des Scherzens in seiner Funktion als kooperativ entfaltete Handlung der Kritik. Im Fokus liegen speziell Kontexte, die als 'interkultureller Dialog' markiert sind und in denen sich die Interaktionsaufgabe stellt, an diskursiven 'kulturellen Grenzen' verständigungsorientiert zu arbeiten. Exemplarisch wird an einer Gesprächssequenz zwischen deutschen und ägyptischen Studierenden gezeigt, wie gerade im gemeinsamen Scherzen Konstruktionen kultureller Zugehörigkeit und Differenz kritisch-konstruktiv bearbeitbar werden, auch in beziehungsorganisatorisch schwierigen Situationen. Als entscheidend erweist sich die damit verbundene Initiierung "kulturellen Handelns". Grundlage der Untersuchung ist ein sprachwissenschaftlicher kritisch-diskursanalytischer Zugang zum Material ('Oldenburger Ansatz' der Kritischen Diskursanalyse), in dessen Rahmen diskurssemantische und interaktionsanalytische Perspektiven zusammengeführt werden.
Es ist eine alte Debatte. Auf der einen Seite steht die althergebrachte Maxime, alles, was wert ist, gesagt zu werden, müsse in jeder Sprache gesagt werden können - umso mehr dann, wenn es sich um die Wissenschaft handelt, die den Anspruch erhebt, universelle Wahrheiten zu erfassen. Demgegenüber steht ein immer wieder anzutreffender Gedanke, dessen wohl inspirierteste Formulierung von Wilhelm von Humboldt stammt, nämlich, dass die Verschiedenheit der Sprachen nicht nur eine von „Schällen und Zeichen“, sondern eine der „Weltansichten selbst“ sei. Thema dieses Vortrags ist die Frage, wo die Wahrheit zwischen diesen scheinbaren Gegensätzen liegt.
Ali Benmakhlouf zeigt die Spannung zwischen dem Begriff des Conatus und der Lebensnot bei Spinoza auf. Spinoza gründe seine Ethik gerade auf dem wirkmächtigen Vergleich der menschlichen und philosophischen Suche nach beständiger Freude mit einer tödlichen Erkrankung, angesichts der man in äußerster Gefahr zu den noch so unsichersten Hilfsmitteln greift. Mit seiner Ethik, so Benmakhlouf, arbeitet Spinoza nicht auf die Änderung einer moralischen Einstellung oder Haltung hin, sondern auf eine Lebensform im Sinne Wittgensteins. Hiervon ausgehend verfolgt der Beitrag weiter, wie sich die Spannung zwischen Streben und Lebensnot durch Überlegungen von Montaigne, Frege, Whitehead bis hin zu Wittgenstein nachverfolgen lässt. Abschließend setzt Benmakhlouf seine Position von der Wittgensteins mit einem Verweis auf ein literarisches Gedankenspiel Lewis Carrolls ab, unterstreicht aber mit Spinoza und Wittgenstein, dass das Philosophieren und ethische Entscheidungen gewissermaßen eine therapeutische Tätigkeit darstellen, die der Lebensnot begegnet.
An ein philosophisches Fachpublikum richtete sich Blumenberg zuerst mit "Die sprachliche Wirklichkeit der Philosophie", geschrieben 1946 und veröffentlicht im Jahr darauf in der Hamburger Akademischen Rundschau. [...] Der Essay von nur vier Seiten zeugt von Blumenbergs Hadern mit allen Versuchen, die Philosophie von Grund auf neu zu errichten. Erstaunlich daran ist nun, dass Blumenberg dabei nicht als Vertreter der Phänomenologie und Anthropologie auftritt, als der er heute vor allem gelesen wird. Stattdessen erscheint er in diesem Anfangstext als Sprachtheoretiker.
Das Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut des Landes Berlin, das gemeinsam von Bund und Ländern gefördert wird; Träger ist der Verein Geisteswissenschaftliche Zentren Berlin (GWZ e.V.).
Am ZAS wird die menschliche Sprachfähigkeit und deren Ausprägung in Einzelsprachen erforscht. Ziel ist es, diese zentrale Fähigkeit des Menschen und ihre biologischen, kognitiven und sozialen Faktoren besser zu verstehen. Durch das Verständnis der Strukturen von Sprache, ihres Erwerbs und der Verarbeitung werden Grundlagen für Anwendungen geschaffen, z.B. im Bereich Sprachdiagnostik oder Sprachtechnologie.
Die "ZAS Papers in Linguistics" wurden ursprünglich vom Forschungsschwerpunkt Allgemeine Sprachwissenschaft, Typologie und Universalienforschung (FAS, Forschungszentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft, Typologie und Universalien) veröffentlicht. Von 1996 bis 2016 war das Forschungsinstitut als Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) bekannt. Seit Januar 2017 ist es Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft und heißt seither Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft.
Am ZAS sind in aktuell vier Forschungsbereichen Expert*innen aus allen Kernbereichen der Linguistik tätig: Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexikon, Semantik und Pragmatik sowie dem kindlichen Spracherwerb. An die vier Forschungsbereiche sind extern eingeworbene Drittmittelprojekte angelagert. Die Konzentration von aktiver Forschung in vielen linguistischen Teildisziplinen in einer einzigen Institution ist einmalig in Deutschland und ermöglicht einen direkten Austausch aktueller Forschungsergebnisse und Methoden. Zahlreiche Aufenthalte von Gastwissenschaftler*inen und Stipendiat*innen, nationale und internationale Workshops und Tagungen geben wichtige Impulse für die wissenschaftliche Arbeit am ZAS.
Die "ZAS Papers in Linguistics" spiegeln die laufenden Arbeiten am ZAS. Sie bestehen aus Beiträgen der ZAS Forscher*innen sowie Gastwissenschaftler*innen.
Die "ZAS Papers in Linguistics" wurden ursprünglich vom Forschungsschwerpunkt Allgemeine Sprachwissenschaft, Typologie und Universalienforschung (FAS, Forschungszentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft, Typologie und Universalien) veröffentlicht. Von 1996 bis 2016 war das Forschungsinstitut als "Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft" (ZAS) bekannt, seit 2017 heißt es Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS). Es erhält seine Förderung seit 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Land Berlin. Zu den Forschungsbereichen gehören Syntax, Semantik, Morphologie, Phonologie, Phonetik sowie Sprachkontakt und Spracherwerb. Es bietet ein Forum für den Austausch von Ideen in der akademischen Gemeinschaft im Berliner Raum durch Vorträge, Seminare, Workshops und Konferenzen. Das Zentrum kooperiert mit anderen Hochschulen in Deutschland und fördert Besuche von Wissenschaftlern aus aller Welt.
Die "ZAS Papers in Linguistics" spiegeln die laufenden Arbeiten am ZAS. Sie bestehen aus Beiträgen der ZAS Forscher sowie Gastwissenschaftler.
Die Sprachtheorie steht heute vor neuen Herausforderungen. Sie zeichnet sich durch die schnelle Dynamik ihrer Entwicklung und die Öffnung gegenüber anderen Wissenschaften und Forschungsbe-reichen aus. Ergebnisse der Sprachtheorie sind für die Philosophie, die Linguistik und die Sozialwissenschaften, aber auch für die Kommunikationswissenschaften von Bedeutung. Die in diesem Band versammelten Beiträge konzentrieren sich auf folgende Schwerpunkte der Sprachtheorie: intentionale Bedeutung, Sprecherbedeutung und Sprachbedeutung, Intentionalität, Kommu-nikation und kommunikative Intentionen, die Fortbildung und Kri-tik der von Grice entwickelten Bedeutungstheorie (Bedeutungsnominalismus) sowie ihre Anwendung auf die sogenannte Theorie der sprachlichen Kraft (illokutive Kraft), einen Neuanfang der Klas-sifikation von Sprechakten, Analyse der Gültigkeitsunterstellungen der Interpretation, Ergebnisse der Dialogforschung und Modelle der Argumentationstheorie. Inhalt Einleitung: Zu kognitiven und handlungstheoretischen Grundlagen der Sprachtheorie 7 Gerhard Preyer, Maria Ulkan, Alexander Ulfig I Intentionen und kommunikative Handlungen Maria Ulkan Kommunikative und illokutionäre Akte 22 Georg Meggle/Maria Ulkan Grices Doppelfehler. Ein Nachtrag zum Griceschen Grundmodell 43 Jan Nuyts Intentionalität und Sprachfunktionen 51 II Interpretation und Bedeutung Gerhard Preyer Kognitive Semantik 74 Anhang: Sprechaktsemantik: J.L. Austin, J.R. Searle, H.P. Grice, P.F. Strawson 113 Louise Röska-Hardy Sprechen, Sprache, Handeln 139 Frank Siebelt Zweierlei Holismus. Überlegungen zur Interpretationstheorie Donald Davidsons 159 Peter Rothermel Semantische Implikaturen 173 Volkmar Taube Referenz und Interpretation. Zur Theorie nichtsprachlicher Symbolisierung 187 Georg Peter Zu Richtigkeit und Interpretation der Metapher: Kognitive Funktion und rekonstruktive Schemainterpretation 195 III Klassifikation von Sprechakten Maria Ulkan Informations- und Aufforderungshandlungen 218 Dirk Hartmann Konstruktive Sprechakttheorie 228 Volkmar Taube Bildliche Sprechakte 247 IV Kommunikatives Handeln und intersubjektive Gültigkeit Jürgen Habermas Sprechakttheoretische Erläuterungen zum Begriff der kommunikativen Rationalität 258 Karl-Otto Apel Illokutionäre Bedeutung und normative Gültigkeit. Die transzendentalpragmatische Begründung der uneingeschränkten kommunikativen Verständigung 288 Peter-Paul König Kommunikatives und strategisches Handeln. Kritische Bemerkungen zu zwei zentralen Begriffen der "Theorie kommunikativen Handelns" von Jürgen Habermas 304 Alexander Ulfig Präsuppositionen und Hintergrundwissen. Eine Kritik am formalpragmatischen Präsuppositionsbegriff 321 V Dialogstruktur und Argumentation Wilhelm Franke Konzepte linguistischer Dialogforschung 346 Franz Hundsnurscher Streitspezifische Sprechakte: Vorwerfen, Insistieren, Beschimpfen 363 Dieter Mans Argumentation im Kontext Exkurs: Zu Christoph Lumers "Praktische Argumentationstheorie" 376