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[I]m "Selbstversuch", der von Christa Wolf in der Anthologie über den "Geschlechtertausch" publizierten Erzählung, tauchen Elemente einer Wiederaneignung des Weiblichen auf, in denen ein gänzliches Anderssein anklingt. [...] Die Struktur der Erzählung nimmt [...] die Form eines Prismas an, das die "Person" in ihre primären Elmente zerlegt: "Maske. Rolle. Wirkliches Selbst." Durch diese sorgfälltige und geduldige Filterung gelingt es [Christa] Wolf nicht nur, die kleinbürgerlichen Schwächen und gefährlichen konformistischen Haltungen der gut bezahlten sozialistischen Intelligenz zu identifizieren, sondern auch die Verheerungen einer als Anpassung an die "blinde" Männerwelt ökonomischer Rationalität verstandenen Emanzipation der Frau zu benennen: die Kritik am eingeschliffenen Verhalten überschneidet sich mit der Negation des Bestehenden, die bewußte Erfahrung des Anderssein der Frau stellt, wie wir sehen werden, die sozialen und politischen Grundlagen der gesamten Gesellschaft in Frage, indem es Abgründe öffnet, die sich zur totalen Dissidenz ausweiten.
Dokumentation, Rekonstruktion, Transformation : Plädoyer für einen offenen Umgang mit der DDR-Kultur
(2002)
Die DDR »kommt nicht wieder, sowenig wie die Römer«, lautete bereits 1994 der ultimative Befund des Berliner Kulturredakteurs Harald Martenstein. Selbst der Name ist nicht geschützt, so dass die Suchmaschinen im Internet unter »DDR Memory« nicht nur die Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik finden, sondern auch einen PC-Speicher mit Double- Data-Rate-Technik. Trotzdem oder gerade deshalb versuchen sich Betroffene wie Berufene auch nach mehr als zehn Jahren deutsch-deutscher Vereinigung in Erinnerung und Aufarbeitung des gescheiterten Modells DDR und seiner ideellen wie materiellen Errungenschaften.
Die materiellen wie ideellen Welten der DDR sind aufgrund der erfolgreichen bundesrepublikanischen Transformation weiterhin dem Ausverkauf, der Zerstörung und der Auflösung preisgegeben. Sie erhalten im allgemeinen nach wie vor keine Schonfristen oder Anerkennungen, auch wenn sich längst ihre Substanz und Alternativkraft als (politisch) unwirksam und ungefährlich erwiesen haben. Zudem sind kulturelle Halbwertzeiten kurz. Je länger der Systemwechsel zurückliegt, desto mehr verblassen, zerfallen und verlieren sich die Relikte, Spuren und Zeichen des Früheren und Anderen im realen Alltag, im öffentlichen und privaten Raum.
Nach der Spaltung Europas infolge des Zweiten Weltkrieges und der NS-Kapitulation 1945 erreichte die Bundesrepublik eine militärische, ökonomische und kulturelle Integration in die westeuropäische Staatengemeinschaft, was eine rasche Angleichung ihrer Lebenswelten an bürgerlich-demokratische wie marktwirtschaftliche Prinzipien bedeutete. Die DDR hingegen suchte ihre Anbindung an die "sozialistischen Bruderländer", die mit einer stärker formierten gesellschaftlichen Neuorientierung verknüpft war.
Trotz einer auf den ersten Blick weitgehend homogen ausgerichteten und statuarisch wirkenden Kulturszene in der DDR gelang es einigen kompromißlosen oder in einer Art freiwilligen "inneren Emigration" wirkenden Künstlern immer wieder, kreativ an tabuisierte Traditionen oder internationale Tendenzen zeitgenössischer Kunst anzuknüpfen. Geprägt waren alle diese formal differenzierten Ausdrucksweisen von dem Grundsatz, der allgemeinen Gültigkeit einer sozialistischen Identität eine Absage zu erteilen. So hielten die Nonkonformisten trotz individueller Nachteile an Formauffassungen fest, die zwar eine Reflexion historischer und faktischer Wirklichkeit nicht ausschlossen, sich aber in Abgrenzung zum anbefohlenen parteilichen und volkstümlichen Realismus artikulierten: Sie ließen sich keine illustrative oder idealisierte Abbildung der Gesellschaft diktieren. Subjektive und abweichende Haltungen wurden in dem selbsternannten "Arbeiter- und Bauernstaat" jedoch zu keinem Zeitpunkt als innovatives Potential erkannt und geduldet, sondern vielmehr als "opportunistische Verwaschenheit und Unverbindlichkeit", "rechter" und "linker Revisionismus" oder allgemein als "künstlerischer Modernismus" verurteilt und bekämpft, dessen "Abneigung gegen das gesellschaftliche Alte und Überlebte [hier umschlägt] in einen Feldzug zur Verneinung der 'alten Kunst'. Wo jene ein großes humanistisches Menschenbild entworfen hatte, kam und kommt die 'Moderne' fortschreitend zur 'Dehumanisierung', zur Entmenschlichung der Kunst."
Da Kultur immer ein Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse ist, war mit der Implosion des DDR-Systems auch das Kapitel sozialistischer Mediengeschichte alsbald beendet: Das Fernsehen, die Filmbetriebe und wissenschaftlichen Einrichtungen wurden bekanntermaßen radikal aufgelöst, das Personal in die unbestimmte Selbständigkeit entlassen bzw. nur in Ausnahmefällen von bundesrepublikanisch orientierten Nachfolgeorganisationen aufgefangen. Dieser politisch gewollte Auflösungs- und Transformationsprozeß vollzog sich dermaßen rasch und gründlich, daß selbst Erinnerungen an die spezifischen Leistungen der ostdeutschen Audiovision drohen, verloren zu gehen. Um sowohl dem allgemeinen und eigenen Vergessen (neben dem Verdrängen) entgegenwirken als auch die (nach wie vor andere) Befindlichkeit im "Beitrittsgebiet" verstehen zu können, sind historisch interessierte (und betroffene) Theoretiker wie Praktiker auf Publikationen angewiesen, welche die abgeschlossene Entwicklung der kinematographischen und elektronischen Bildproduktion in 41 Jahren DDR dokumentieren, rekonstruieren oder analysieren.