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Die HAART hat einen Durchbruch in der Therapie der HIV-Infektion bewirkt und so zu einer drastischen Senkung der Mortalität und Morbidität geführt. Um diesen Ansprüchen weiterhin gerecht zu werden und sie bestenfalls zu übertreffen, erfordert eine ständige Weiterentwicklung der HAART mit neuen und ausgefeilteren Alternativen. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die Entwicklung einer neuen Formulierung des Kombinationspräparates LPV/r (Kaletra®) von der „lipophilen Kapselform“ zur „hydrophilen Tablettenform“, aus der Wirkstoffgruppe der Proteasehemmer. Lopinavir (LPV) ist ein HIV-Proteasehemmer der mit Ritonavir (r oder RTV) als fixe Kombination (LPV/r) hergestellt wird. Der Proteasehemmer Ritonavir wird dabei in subtherapeutischer Dosierung als Booster verwendet, dadurch wird eine Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften erzielt. Der Vorteil hierbei sind die höheren Lopinavir-Plasmaspiegel die erreicht werden. Diese Kombination wird als Kaletra® (LPV/r) vermarktet.
LPV/r ist erhältlich als lipophile Kapselform (133,3/33,3mg) oder in Flüssigform (80/20mg pro ml). Beide erfordern eine kühle Lagerung und müssen mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen werden, um optimale Lopinavir Plasmaspiegel zu erzielen.
Durch das „Melt Extrusion (Meltrex)“ Produktionsverfahren gelang die Herstellung einer „hydrophilen Tabletteform“ (200/50mg und 100/25mg) mit verbesserter Bioverfügbarkeit. Dadurch reduzierte sich die einzunehmende Anzahl von 6 Kapseln pro Tag auf 4 Tabletten pro Tag. Zudem bedarf die LPV/r Tablette keiner Kühlung und kann nahrungsunabhängig eingenommen werden.
Ziel dieser Untersuchung war es zu prüfen, welche LPV/r (Kaletra®) Darreichungsform, Kapsel oder Tablette, in einer HAART von HIV-Patienten bevorzugt wird. Es sollte ermittelt werden, ob bei gleichbleibender Wirksamkeit kombiniert mit einer verbesserten Verträglichkeit und Handhabung (weniger Tabletten, nahrungsunabhängige Einnahme und keine Kühlung), die überwiegende Mehrzahl der HIV-Patienten sich zugunsten der LPV/r Tablette, im Sinne einer verbesserten Lebensqualität bzw. Gemütszustandes, entscheiden werden.
Dies geschah anhand einer prospektiven, nicht randomisierten Studie mit 238 HIV-infizierten Patienten, die über mindesten 16 Wochen oder länger eine LPV/r Kapsel haltige antiretrovirale Kombinationstherapie einnahmen und am Tag 0 auf LPV/r Tabletten umgestellt wurden, ohne weitere Änderungen in ihrer bisherigen HAART vorzunehmen. Der darauffolgende Beobachtungszeitraum betrug 32 Wochen. Es wurden Vorher-, Nachher-Fragebogen ausgefüllt und die Patienten unterzogen sich einer Vorher-, Nachher-Laboruntersuchung (CD4 und HI-Viruslast). Zudem wurde nach der subjektiven Präferenz gegenüber beiden Darreichungsformen (Kapsel oder Tablette) gefragt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unter der LPV/r Tablette bei gleichbleibender antiretroviraler Wirksamkeit, signifikant weniger intestinale Nebenwirkungen auftraten und daran geknüpft signifikant weniger Medikamente gegen intestinale Beschwerden eingenommen wurden. Was bei den Patienten zu einer deutlichen Präferenz der LPV/r-Tablette (71,2 %) gegenüber der LPV/r Kapsel (3,0 %) führte. Die Ergebnisse zu Lebensqualität zeigten zwar eine tendenzielle Besserung aber zusammen mit den Gemütszuständen ergaben sich hier keine signifikanten Unterschiede.
Nach der vorliegenden Untersuchung muss die LPV/r Tablette im Vergleich zur LPV/r-Kapsel, als die überlegene antiretrovirale Therapieoption in Betracht gezogen werden. Angesichts zahlreicher Einschränkungen durch die Infektion und die Notwendigkeit einer lebenslangen Therapie, kann dies, ein bedeutender Beitrag zur Therapietreue sein und dadurch den Erfolg einer HIV-Therapie wesentlich mitbestimmen.
In dieser Arbeit wurden Methoden entwickelt, mit denen das Auflösungsverhalten schwer wasserlöslicher schwacher Säuren verbessert werden kann. Als Modellwirkstoffe wurden drei Vertreter der Sulfonylharnstoff-Gruppe (Glibenclamid, Glipizid und Glimepirid) gewählt. Diese Wirkstoffe, werden zur oralen Standardtherapie des Typ 2 Diabetes eingesetzt. Die Ergebnisse aus den Löslichkeits- und Freisetzungsuntersuchungen der reinen Arzneistoffe bildeten in dieser Arbeit den Ausgangspunkt der Entwicklungsarbeit. Um den Einfluss der galenischen Methoden auf das Freisetzungsverhalten der entwickelten Formulierungen besser zu beurteilen, wurden ebenfalls entsprechende Handelspräparate (Euglucon N 3,5 mg, Luditec 5 mg und Amaryl 4 mg) untersucht. Zunächst wurden mit Glibenclamid und dem natürlichen ?-CD sowie verschieden Cyclodextrin-Derivaten (M-?-CD und HP-?-CD) binäre Komplexe im molaren Verhältnis von 1:2 (Glibenclamid:CD) hergestellt und charakterisiert. Anschließend wurden feste Lösungen aus Glibenclamid und Kollicoat(r) IR bzw. PVP K30 entwickelt. Bei den nachfolgenden Freisetzungsuntersuchungen zeichnete sich im Falle der binären Cyclodextrin-Komplexe ab, dass der Glibenclamid-HP-?-CD-Komplex das beste Freisetzungsverhalten von Glibenclamid in den untersuchten Medien erreichte. Bei den festen Lösungen von Glibenclamid gab es zwischen den beiden untersuchten Polymeren keine signifikanten Unterschiede im Ausmaß der Glibenclamidfreisetzung. Im nächsten Schritt wurden ternäre Komplexe (Glibenclamid-HP-?-CD-Polymer) entwickelt, eine Kombination aus binären CD- Komplexen und festen Lösungen. Als dritte Komponente wurden Kollicoat(r) IR, PVP K30 und PEG 6000 in unterschiedlichen Zusätzen, 5, 10 und 20% bezogen auf den zugrunde liegenden binären Glibenclamid-HP-?-CD-Komplex eingearbeitet. Die Charakterisierung der verschiedenen ternären Komplexe ergab, dass das beste Freisetzungsverhalten bei den Komplexen, welche einen 10%igen Kollicoat(r) IR- bzw. 20%igen PVP K30-Zusatz enthielten, generiert werden konnte. Bei den drei verwendeten Methoden (binäre-, ternäre Komplexe und feste Lösungen) erhielt man während der Freisetzungsuntersuchungen in den Medien mit einem pH-Wert unterhalb des pKs-Wertes von Glibenclamid (5,4) eine übersättigte Wirkstofflösung, was zum Teil innerhalb kürzester Zeit zum Präzipitieren des Wirkstoffes führte. Initiale DSC-Untersuchungen hatten gezeigt, dass Glibenclamid in den beschriebenen Präformulierungen in amorpher Form vorlag, was der Grund für die rasche Freisetzung war. Anschließend wurde versucht, das Präzipitieren zu verlangsamen und im besten Fall zu verhindern. Hierfür wurde HPMC in verschiedenen Formen verwendet. Das einfache Hinzumischen von HPMC in eine Gelatine-Kapsel zu der Glibenclamid-Formulierung führte aufgrund von Agglomeratbildungen zu einer deutlichen Verzögerung der Wirkstofffreisetzung. Pankreatin als Zusatz zum Freisetzungsmedium konnte die Bildung eines Agglomerates nicht verhindern, was darauf schließen ließ, dass dieses nicht durch sogenanntes "Cross-linking" der Gelatine entstanden war. In einem nächsten Schritt wurden HPMC-Kapseln eingesetzt. Die Glibenclamidfreisetzung konnte durch einfaches Austauschen der Gelatine-Kapseln gegen Vcaps(r) Plus-Kapseln in allen untersuchten Medien deutlich gesteigert werden, was auf die durch die Anwesenheit von HPMC verzögerte Präzipitation des Wirkstoffes im Freisetzungsmedium zurückzuführen war. Im nächsten Schritt wurde, die Formulierungsmethode von Glibenclamid, auf Glipizid übertragen. Es wurde analog zu Glibenclamid ein binärer Glipizid-HP-?-CD-Komplex im molaren Verhältnis von 1:2 (Glipizid:HP-?-CD) hergestellt. Dieser Komplex führte zu einer deutlichen Verbesserung des Auflösungsverhaltens von Glipizid, was zu einer annähernd 100%igen Wirkstofffreisetzung in allen untersuchten Medien führte. Weiterhin wurden die mit Glibenclamid entwickelten Methoden auch auf Glimepirid übertragen. Die Formulierung von Glimepirid zu einem binären Glimepirid-HP-?-CD-Komplex führte zu einer höheren Wirkstofffreisetzung, verglichen mit der kristallinen Reinsubstanz und des Handelspräparates. Durch die Verarbeitung von Glimepirid in ternären Komplexen erhöhte sich das Ausmaß der Wirkstofffreisetzung deutlich. Mit Kollicoat(r) IR konnte eine Wirkstofffreisetzung von ca. 60% der Dosis und mit PVP K30 als dritter Komponente sogar ca. 85% Wirkstofffreisetzung in Blank FeSSIF erzielt werden. Das Präzipitieren des Wirkstoffes nach initialer Wirkstofffreisetzung in Blank FeSSIF konnte durch den Einsatz von Vcaps(r) Plus-Kapseln deutlich reduziert werden. Stabilitätsuntersuchungen, welche mit den in dieser Arbeit verwendeten Präformulierungen durchgeführt wurden zeigten, dass der jeweilige Wirkstoff auch nach einem Jahr der Lagerung bei Raumtemperatur und < 30% rel. Luftfeuchte, in amorpher Form in den entsprechenden Präformulierungen vorlag. All diese Untersuchungen zeigten eindrucksvoll, dass sich Cyclodextrin-Derivate in Kombination mit hydrophilen Polymeren, dazu eigneten, die Verfügbarkeit schwer löslicher Wirkstoffe im Dünndarm für deren Resorption zu verbessern. Es wurde gezeigt, dass die Herstellungsmethodik der Cyclodextrin-Komplexe einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkstofffreisetzung hatte.
Eine Autoimmunreaktion impliziert Verlust der Autotoleranz und ermöglicht Immunreaktionen gegen körpereigene Antigene. Bei autoimmuner Erkrankung der Schilddrüse Typ M. Basedow führt die Aktivierung von T-Lymphozyten zur vorübergehenden und sequentiellen Expression von spezifischen Molekülen auf der Zelloberfläche, z.B. CD25 oder HLA-DR. Dass die CD4+CD25+-, CD8+CD25+-Zellen sowie HLA-DR-positive T-Zellen eine wesentliche Rolle in der Autoimmunität der Schilddrüse haben, ist erwiesen. Dennoch sind die genauen pathophysiologischen Mechanismen ungeklärt. Zusätzlich haben mehrere Studien eine Erhöhung der B-Zellen, insbesondere die Erhöhung der Anzahl von CD19+CD25+-Zellen bei Ophtalmopathie, sowie eine Erhöhung der zytotoxischen Aktivität der NK-Zellen beschrieben. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mit Hilfe der Durchflusszytometrie die Veränderungen in der Expression von Aktivierungsmarkern CD25, HLA-DR und CD94 auf peripheren und intrathyreoidalen Lymphozytensubpopulationen bei M. Basedow und Struma zu bestimmen. Im ersten Teil der Arbeit wurden periphere Lymphozytensubpopulationen von M. Basedow, Struma, und Kontrollgruppe untereinander verglichen. Die Analyse von peripheren T-Helferzellen CD3+CD4+CD25- zeigte sowohl bei M. Basedow- als auch bei Struma-Patienten eine signifikant niedrigere Anzahl im Vergleich zur Kontrolle, während die peripheren CD3+CD4+CD25+-Zellen signifikant höhere Werte gegenüber der Kontrollgruppe aufwiesen. Im Rahmen der Untersuchung traten die peripheren aktivierten B-Zellen (CD45+CD19+CD25+) sowie peripheren NK-Zellen (CD45+CD56+CD94-, CD45+CD56+CD94+, CD45+CD8-CD56+, CD45+CD3-CD56+ und NK-T-Zellen (CD45+CD8+CD56+, CD45+CD3+CD56+) bei Struma in eine signifikant erhöhten Anzahl im Vergleich zur Kontrolle auf. Die nicht aktivierten B-Zellen (CD45+CD19+CD25-) zeigten bei Patienten mit M. Basedow eine signifikante Erhöhung der Anzahl verglichen mit der Strumagruppe. Diese Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede in den Aktivierungsmustern von M. Basedow und Struma gegenüber der Kontrolle. Somit kann man bei beiden Erkrankungen über eine immunologische Reaktion in der Peripherie sprechen, die sich deutlich von der bei gesunden unterscheidet. Dennoch war in der Peripherie bei M. Basedow-Patienten die Aktivierung von B-Zellen, wahrscheinlich autoimmun bedingt, beeinträchtigt. Im zweiten Teil der Arbeit wurden intrathyreoidale Lymphozytensubpopulationen von M. Basedow- und Struma-Patienten untereinander verglichen. Die Anzahl der intrathyreoidalen CD3+CD4+CD25--Zellen von M. Basedow war signifikant höher im Vergleich zu Struma, andererseits waren die Werte der CD45+CD19+CD25+-Zellen signifikant niedriger. Zusätzlich wurde bei M. Basedow-Patienten eine Analyse der Verhältnisse zwischen aktivierten und nicht aktivierten intrathyreoidalen Lymphozytensubpopulationen durchgeführt. Der Anteil nicht aktivierter T-Helferzellen (CD4+CD25-), zytotoxischer Zellen (CD8+CD25-) und B-Zellen (CD19+CD25-) war höher als der Anteil aktivierter T-Helferzellen (CD4+CD25+), zytotoxischen Zellen (CD8+CD25+) und B-Zellen (CD19+CD25+). Die hier vorgestellten Ergebnisse legen nahe, dass die Fähigkeit der CD4+CD25+-Zellen, die Proliferation von CD4+CD25--Zellen zu unterdrücken, bei M. Basedow-Patienten beeinträchtig ist. Dies führt bei diesen Patienten zu einer Zunahme der CD4+CD25--Subpopulation. Die Änderung der Verhältnisse von intrathyreoidalen aktivierten zu nicht aktivierten T-Helferzellen scheint hierbei mit der Entwicklung von M. Basedow assoziiert zu sein. Im dritten Teil der Arbeit wurden periphere und intrathyreoidale Lymphozyten von M. Basedow gegenübergestellt. Die Anzahl von intrathyreoidalen aktivierten zytotoxischen Zellen von M. Basedow mit dem Phänotyp CD3+CD8+CD25+ war erhöht im Vergleich zur Peripherie. Derselbe Vergleich wurde auch bei Struma durchgeführt. Dabei zeigten die intrathyreoidalen CD3+CD4+HLA-DR+- CD3+CD4+CD25+- CD3+CD8+CD25+- und CD3+CD8+HLA-DR+-Zellen sowie CD45+CD56+CD94--NK-Zellen höhere Werte als Periphere. Somit konnten wir zeigen, dass bei M. Basedow die Aktivierung von CD3+CD4+HLA-DR+- CD3+CD4+CD25+- und CD3+CD8+HLA-DR+-Zellen in der Schilddrüse unterdrückt ist. Dies könnte als Unterscheidungsmerkmal zwischen M. Basedow und Struma wichtig sein. Im vierten Teil der Arbeit wurden die peripheren und intrathyreoidalen Lymphozyten nach der Kultivierung mit Thyreozyten verglichen. Die Kultivierung von peripheren CD3+CD4+HLA-DR--Zellen mit Thyreozyten von Patienten mit M. Basedow bzw. Struma zeigte eine Vermehrung dieser Zellen im Vergleich zur Kultivierung ohne Thyreozyten. Die Struma-Patienten zeigten jedoch bei Kultivierung mit Thyreozyten höhere Anzahlen von intrathyreoidalen aktivierten T-Helferzellen (CD3+CD4+HLA-DR+) und zytotoxischen Zellen (CD3+CD8+HLA-DR+), als kultiviert ohne Thyreozyten. Aufgrund der Ergebnisse in diesem Teil der Arbeit kann angenommen werden, dass ein hemmender Einfluss von Thyreozyten auf intrathyreoidalen CD3+CD4+HLA-DR+- und CD3+CD8+HLA-DR+ -Zellen bei M. Basedow vorhanden ist.
Orthopockenviren sind große DNA-Viren, die im Zytoplasma der Wirtszelle replizieren und für über 200 Proteine kodieren. Sie besitzen ein breites Wirtszellspektrum (host-range) und modulieren auf komplexe Art und Weise zelluläre Prozesse, um ihre Replikation zu gewährleisten. Zu diesem Genus der Familie der Pockenviren gehört auch das modifizierte Vacciniavirus Ankara (MVA). MVA ist ein hoch attenuiertes, replikationsdefizientes Impfvirus, dem im Vergleich zu ursprünglichen Vacciniavirus-Stämmen viele virale Genfunktionen fehlen. Zu diesen verlorengegangenen Genen zählen so genannte host-range-Gene, die für das breite Wirtszellspektrum des Vacciniavirus (VACV) verantwortlich sind, deren molekulare Funktion aber größtenteils unbekannt ist. Diese Arbeit befasste sich zum einen mit der Untersuchung der Rolle der host-range-Gene K1L und C7L in der MVA-Infektion. Zum anderen sollte geprüft werden, ob der im MVA-Genom unvollständige Leserahmen F11L durch Wiederherstellung seiner Funktionalität den Wirtstropismus von MVA erweitern kann. Das Fehlen von K1L und C7L in MVA ist mit dem Verlust der späten viralen Genexpression verbunden. Als mögliche Ursache hierfür wurde in dieser Arbeit die Phosphorylierung des eukaryotischen Translationsinitiationsfaktors 2alpha (eIF2alpha) entdeckt, welche zum Abbruch der Proteinsynthese in der infizierten Zelle führt. Unter den möglichen Kinasen wurde die Proteinkinase R (PKR) als das verantwortliche Schlüsselenzym identifiziert und somit gezeigt, dass das K1- und C7-Protein den anti-viralen PKR-eIF2alpha-Signalweg inhibieren. Es stellte sich heraus, dass die eIF2alpha-Phosphorylierung alleine jedoch nicht für das Fehlen der späten Genexpression verantwortlich ist. Neben dem inhibitorischen Einfluss auf den PKR-eIF2alpha-Signalweg zeigte sich, dass C7 die Aktivierung des NFKB-Signalwegs reduziert, welcher für eine anti-virale Antwort der Wirtszelle wichtig ist. Ein weiterer Ansatz zur Aufklärung der K1- und C7-Funktion bestand darin, zelluläre Interaktionspartner zu identifizieren. Hierbei konnte das heterogene nukleäre Ribonukleoprotein K (HNRPK) als möglicher Interaktionspartner von C7 entdeckt werden. Neben den bisher bekannten host-range-Genen gibt es vermutlich weitere Gene, die den Wirtsbereich des VACV definieren. Das im MVA-Genom defekte F11L-Gen war ein guter Kandidat für eine solche Genfunktion, da es bei der Virionenmorphogenese, Virusausbreitung und der Migration VACV-infizierter Zellen eine Rolle zu spielen scheint. Deshalb wurde ein rekombinantes MVA mit vollständiger F11L-Gensequenz konstruiert und das Wirtszellspektrum dieses Virus untersucht. Die Reparatur des F11L-Gens ermöglichte MVA die Induktion von Zellbewegung nach Infektion, jedoch blieben seine unvollständige Morphogenese und eingeschränkte Vermehrungsfähigkeit in Säugetierzellen unbeeinflusst. F11L hat daher zumindest keine selbstständige Funktion als VACV host-range-Gen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind ein Beitrag zum besseren Verständnis der komplexen Virus-Wirts-Interaktionen des VACV sowie des eingeschränkten Wirtstropismus des Impfvirus MVA.
In der Doktorarbeit wurde ein Verfahren zur Ermittlung der Schwerpunkthöhe eines Fahrzeugs aus den Messwerten von Sensoren, die serienmäßig in vielen geländegängigen Fahrzeugen verbaut sind, entwickelt. Dieses Verfahren benötigt nur die Signale von Sensoren des elektronischen Stabilitätssystems (ESP) und eines Fahrwerks mit Luftfeder. Um die Höhe des Schwerpunkts zu bestimmen, wurde ein Modell entworfen, das die Drehbewegung des Fahrzeugs um seine Längsachse beschreibt. Eine der unbekannten Größen in diesem Modell ist das Produkt m_g\Deltah, wobei mit m_g die gefederte Masse des Fahrzeugs und mit Deltah der Abstand zwischen dem Schwerpunkt und der Wankachse des Fahrzeugs bezeichnet wird. Die Höhe des Schwerpunkts wird berechnet, indem zu diesem Abstand der als bekannt vorausgesetzte Abstand der Wankachse von der Straße addiert wird. Es wurden drei Varianten des Modells betrachtet. Die eine Modellvariante (stationäres Modell) beschreibt das Fahrzeugverhalten nur in solchen Fahrsituationen exakt, in denen die Wankgeschwindigkeit und die Wankbeschleunigung vernachlässigbar klein sind. In dieser Modellvariante wurden die Federkräfte mit einem detaillierten Modell der Luftfeder berechnet. Eine Eingangsgröße dieses Modells ist der Druck in den Gummibälgen der Luftfeder. Um diesen Druck zu ermitteln, wurde ein Algorithmus auf dem Steuergerät des Luftfedersystems implementiert. Um die Genauigkeit des Luftfedermodells zu testen und um die Abmessungen bestimmter Bauteile der Luftfeder zu ermitteln, wurden Messungen am Federungsprüfstand durchgeführt und eine Methode entwickelt, wie aus diesen Messungen die gesuchten Größen berechnet werden können. Bei den zwei übrigen Modellvarianten (dynamisches Modell) gelten die Einschränkung für die Fahrsituationen nicht. Die einzelnen Varianten des dynamischen Modells unterscheiden sich darin, dass das eine Mal die Feder- und Dämpferkonstanten als bekannt vorausgesetzt und das andere Mal aus den Sensorsignalen geschätzt werden. Passend zu jeder Modellvariante wurde ein Verfahren gewählt, mit dem Schätzwerte für das Produkt m_g\Deltah berechnet wurden. Des Weiteren wurde auch eine Methode entwickelt, mit der die Masse mg geschätzt wurde, ohne zuvor ein Wert für das Produkt m_g\Deltah zu ermitteln. Die Schätzwerte wurden unter Verwendung von Daten ermittelt, die bei einer Simulation und bei Messfahrten gewonnen worden sind. Das Ergebnis des Vergleiches der betrachteten Modellvarianten ist, dass die eine Variante des dynamischen Modells zum Teil falsche Werte für m_g\Deltah liefert, weil die Modellgleichungen ein nicht beobachtbares System bilden. Die andere Variante dieses Modells liefert nicht bei jeder Beladung exakte Werte, was vor allem daran liegt, dass in den Modellgleichungen dieses Modells ein konstanter Wert für die Federsteifigkeit angenommen wird. Bei Fahrzeugen mit Luftfeder ändert sich jedoch dieser Wert in Abhängigkeit von der Fahrzeugmasse. Die Werte von m_g\Deltah und mg können am genauesten mit dem stationären Modell ermittelt werden. Des Weiteren wurden Methoden entwickelt, die die Genauigkeit der durch den Schätzalgorithmus ermittelten Werte verbessern. So wurde zusätzlich zu dem Produkt m_g\Deltah und der Masse mg auch die Verteilung des Gewichtes auf die Vorder- und Hinterachse betrachtet. Es wurde ermittelt, welche Zusammenhänge zwischen dieser Verteilung und dem Produkt m_g\Deltah sowie zwischen dieser Verteilung und der Masse des Fahrzeugs bestehen. So konnte der Fehler in den Schätzwerten dieser Größen minimiert werden. Außerdem wurde auch der Zusammenhang zwischen dem Produkt m_g\Deltah und der Masse des Fahrzeugs ermittelt. Damit konnten die Schätzwerte dieser Größen genauer bestimmt werden. Aus den so gewonnenen Werten kann die Schwerpunkthöhe von einem Mercedes ML auf etwa 8cm genau berechnet werden. Diese Genauigkeit reicht aus, um das elektronische Stabilitätsprogramm auf die aktuelle Beladung des Fahrzeugs abzustimmen und damit einen Gewinn an Agilität für dieses Fahrzeug zu realisieren.
Das visuelle Arbeitsgedächtnis (AG) kann visuelle Information enkodieren, über eine kurze Zeitperiode aktiv halten und mit neu wahrgenommener Information vergleichen. Dadurch ermöglicht es eine Reihe höherer kognitiver Funktionen ( z.B. Kopfrechnen). Störungen des visuellen AGs sind ein relevantes Symptom neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Die funktionellen und neuronalen Prozesse, die dem visuellen AG unterliegen, stellen eine fundamentale Frage der kognitiven Neurowissenschaft dar. Bisherige Forschung hat bereits einen großen Beitrag zum Verständnis der Vorgänge während der Enkodierungs- und Halte-Phase des AGs geleistet. Die neuronalen Korrelate der Wiedererkennung (WE) hingegen sind relativ unbekannt. Ziel der vorliegenden Studie war es, die neuronalen Mechanismen der WE anhand zweier Modulationen (Gedächtnisbelastung und Ähnlichkeit zwischen Merk- und Test-Stimulus) zu erforschen. Den neuronalen Grundlagen von Ähnlichkeit zwischen wurde bislang nahezu keine Beachtung geschenkt, ihre Untersuchung stellte deshalb eine wesentliche Motivation der Arbeit dar. Da erhöhte Gedächtnislast bei einer endlichen Anzahl an Stimuli zu einer erhöhten Anzahl an möglichen ähnlichen Test-Stimuli und auf diese Weise zu einer erhöhten Ähnlichkeit zwischen Merk- und Test-Stimulus führen kann, sind die Effekte beider Modulationen konfundiert. Es sollte deshalb zusätzlich der Nachweis für einen ähnlichkeitsunabhängigen Lasteffekt erbracht werden. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation stand der zeitliche Ablauf der zu erwartenden kortikalen Aktivationen im Mittelpunkt des Interesses. Aus diesem Grund kam die Magnetenzephalographie (MEG) mit ihrem hervorragenden zeitlichen und guten räumlichen Auflösungsvermögen zum Einsatz. Die neuronale Aktivität von 17 Probanden wurde mittels MEG erfasst. Zusätzlich wurden Verhaltensdaten (VD) in Form von Reaktionszeit (RZ) und Korrektheit (KH) der Antworten aufgezeichnet. Als Stimuli dienten 15 verschiedene Farben, die einmal den gesamten Farbkreis abbildeten. 1 oder 3 verschiedenfarbige Quadrate dienten als Merk-Stimuli und ein farbiges Quadrat, das einem der vorher gezeigten glich (G), ihm ähnlich (Ä) oder unähnlich (U) war, folgte als Test-Stimulus. Die Probanden antworteten per Fingerheben aus einer Lichtschranke, ob der Test-Stimulus dem Merk-Stimulus glich (G) oder nicht glich (Ä, U). Insgesamt führten die 2 Belastungsmodulationen und die 3 Ähnlichkeitsmodulationen zu einem 2 x 3 Design, das eine Untersuchung der Haupteffekte und Interaktionen von Ähnlichkeit und Last ermöglichte. Die Ergebnisse der VD decken sich mit früheren Erkenntnissen, die mit ansteigender Gedächtnislast und Ähnlichkeit von einer signifikanten Verminderung der KH der Antworten sowie einer signifikanten Zunahme der RZ berichteten. Zusätzlich konnte eine signifikante Interaktion beider Modulationen beobachtet werden. Mit zunehmender Gedächtnislast verlängerte sich die RZ, bzw. verminderte sich die KH der Antworten für gleiche Testreize stärker als für ungleiche (Ä, U). Es konnten wesentliche neue Erkenntnisse über die neuronalen Korrelate der WE im visuellen AG gewonnen werden. Für die Ähnlichkeits-Modulation konnten drei zeitlich, räumlich und funktionell distinkte Ereigniskorrelierte-Felder (EKF)-Komponenten detektiert werden: eine frühe Komponente, die stärker auf U im Vergleich zu Ä und G Stimuli ansprach, eine mittlere, die mit der Schwierigkeit der Aufgabe assoziiert war sowie eine späte Komponente, die als Korrelat einer kategorialen Entscheidung interpretiert wurde. Diese Ergebnisse replizieren Befunde von Studien über die Entscheidungsfindung und die summierte Ähnlichkeit im Langzeitgedächtnis (LZG) und liefern gleichzeitig neue Hinweise für eine funktionelle Dissoziation verschiedener Komponenten der WE im visuellen AG. Die WE scheint aus der Berechnung der summierten Ähnlichkeit, der Entscheidungsfindung sowie der Evidenzevaluation unter schwierigeren Bedingungen zu bestehen. Es gelang außerdem der Nachweis eines ähnlichkeitsunabhängigen Effektes der Lastmodulation. Es konnte eine bilateral parieto-okzipitale sowie eine linksseitig fronto-temporale Aktivierung erfasst werden, die wahrscheinlich allgemeinen Schwierigkeitseffekten entsprechen. Unter ansteigender Gedächtnisbelastung kam es zu einer Zunahme der Amplitude beider Aktivitäten. Diese Ergebnisse bestätigen Befunde über die Amplitudenentwicklung während der Halte-Phase, die als Heranziehung zusätzlicher Ressourcen unter schwierigeren Bedingungen gedeutet wurden. Die EKF-Daten konnten jedoch keine Bestätigung des in den VD nachgewiesenen Interaktionseffektes bringen. Vielversprechende Ansätze für zukünftige Studien bieten eine präzisere Bestimmung der räumlichen Verteilung sowie eine weitere Evaluation der kognitiven Funktion der neuronalen Aktivität der Ähnlichkeit, da die Ähnlichkeit zwischen Merk- und Test-Stimulus eine entscheidende Rolle bei der Beschränkung der WE-Leistung einzunehmen scheint.
Die Objekterkennung spielt für die menschliche Wahrnehmung eine zentrale Rolle. Hierzu nutzen wir das visuelle System in ähnlichem Maße wie den Tastsinn zur Exploration unserer Umwelt. In Kombination beider Sinne gelingt es uns unser Umfeld adäquat wahrzunehmen. Um postulierte Interaktionen zwischen visuellem und haptischem System aufzudecken und näher zu untersuchen, bedienten wir uns der Methode der funktionellen Magnetresonanztomographie.
Vorangehende funktionell bildgebende Studien über visuo-haptische zerebrale Informationsverarbeitung beschrieben den lateralen okzipi-talen taktil-visuellen Kortex (LOtv) und den intraparietalen Sulcus (IPS) als Hauptkandidaten für visuo-haptische Integration (Amedi et al., 2005; Sathian, 2005). Die meisten Studien betrachteten jedoch alleinig Schnittmengen aus Ergebnissen nach unimodaler Aktivierung. Um nun strengere statistische Kriterien für das Auffinden visuo-haptischer Integrationsareale zu testen (Beauchamp, 2005; Laurienti et al., 2005), suchten wir nach Regionen, welche durch direkte bimodale Stimulation stärker aktiviert werden, als nach Darbietung unimodaler Reize. Ziel dieser Arbeit war es, in Anlehnung an vorbestehende Literatur unter Zuhilfenahme strengerer statistischer Kriterien und mittels abstrakten Stimulations-Materials nach Integrationseffekten infolge simultaner visuo-haptischer Stimulation im menschlichen Gehirn zu suchen. Neurophysiologische Grundlage dieses Vorhabens ist dabei die Annahme, dass neuronale Gruppen spezifische Funktionen erfüllen und deren Aktivität über das sogenannte „Blood Oxygen Level Dependend-Signal“ (BOLD-Signal) mittels fMRT sichtbar gemacht werden kann.
Sechzehn gesunde Probanden partizipierten an der vorliegenden Studie. Während des Experiments kamen Schwarz-weiß-Fotografien und haptisch zu explorierende Figuren wahlweise von Tieren oder abstrakten Objekten zum Einsatz. Diese wurden dem jeweiligen Probanden teils als Einzelreiz (rein visuell/rein haptisch), teils simultan als visuo-haptische Reize während des fMRT-Messvorgangs dargeboten. Diese visuo-haptische Objektdarbietung führte zu einer signifikanten Aktivierung verschiedener kortikaler Gehirnregionen. Im Rahmen unseres Experiments konnten hauptsächlich drei bilaterale Regionen identifiziert werden, welche einen visuo-haptischen Integrationseffekt für das verwendete Stimulusmaterial zeigten: LOtv, IPS und das anteriore Cerebellum. Interessanterweise zeigte das rechtslaterale Cerebellum den robustesten visuo-haptischen Effekt, der weder vom Stimulusmaterial (Tiere/Fribbles), noch von der Kongruenz der dargebotenen Reize abzuhängen schien.
Aufgrund der Beobachtung, dass selbst isolierte motorische Beanspruchung Aktivationssignale im Gehirn auslösen kann, wurde ein zweites Studienprotokoll zum Ausschluss motorischer Aktivität als alleinige Komponente der Signalantwort entwickelt und eine zusätzliche rein motorische Kontrollbedingung eingeführt. Im Folgenden ließen sich die im Hauptexperiment identifizierten Regionen auch unter dieser zusätzlichen Bedingung abbilden. Mit unserem Studiendesign gelang es, die in der Literatur als multisensorisch vorbeschriebenen Regionen erneut nachzuweisen. Zusätzlich deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass es cerebelläre bimodal integrierende Areale gibt, welche auch in Abwesenheit zusätzlicher Aufgabenstellungen eine wichtige Rolle in visuo-haptischen Verarbeitungsprozessen spielen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Regionen zukünftig endgültig als multisensorisch einzustufen sind.
Auf dem Weg zur multikulturellen Gesellschaft besteht Bedarf, die psychologischen Komponenten verschiedener Migrantengruppen zu erfassen. In Deutschland sind 83.598 Mitmenschen mit chinesischer Staatsbürgerschaft verzeichnet (StatBA, 2009). Werden die Eingebürgerten Übersee-Chinesen mit einbezogen, beläuft sich die Zahl an gesamtchinesischen Mitmenschen auf 135.000 (OCAC, 2009). Als einzige Anhaltspunkte über im Ausland lebende Chinesen dienen Studien aus dem angloamerikanischen Sprachraum. Menschen chinesischen Ursprungs mit westlichem Intellekt erhalten dort die Bezeichnung „Banane“, welche eine gelbe Hülle mit einem weißen Inneren illustriert. Die vorliegende Studie beschäftigt sich erstmalig mit den psychologischen Komponenten der in Deutschland lebenden chinesischen Mitbürger. Welchen Einfluss nimmt die Anpassung an das europäische Umfeld gekoppelt mit der chinesischen Internalisierung auf erinnertes elterliches Erziehungsverhalten, Persönlichkeitsstruktur, Erleben von Emotionen und Körpererleben? 154 chinesisch-stämmige Studierende aus ganz Deutschland wurden für verschiedene standardisierte psychometrische Testverfahren rekrutiert. Ein eigens konzipierter Fragebogen diente zur Messung der asiatischen und europäischen Identität. Wie vorherige Studien (Chao & Aque, 2009) aussagten, zeigten sich in der vorliegenden Stichprobe Züge des autoritativen Erziehungsstils. Im FEE (Fragebogen zum erinnertenelterlichen Erziehungsverhalten) (Schumacher, Eisemann, & Brähler, 1999) erhielten die Übersee-chinesischen Probanden neben einer höheren mütterlichen Strenge auch höhere Werte in der elterlichen Kontrolle und Überbehütung als die deutsche Normstichprobe. Je mehr mütterliche „Ablehnung und Strafe“ und elterliche „Kontrolle und Überbehütung“ die Probanden perzipierten, desto chinesischer sieht der heutige Lebensstil aus. Kongruent mit den Ergebnissen von McCrae et al. (1998) schnitten Übersee-Chinesen im NEO-FFI (Borkenau & Ostendorf, 1993) mit niedrigeren Werten in der Offenheit und höheren Werten in der Verträglichkeit ab. Anders als bei Eap et al. (2008) zeigten Chinesen in Deutschland höhere Werte in der Gewissenhaftigkeit und Extraversion. Diese hingegen korrelierten positiv mit der europäischen Identität. In der MSWS (Multidimensionale Selbstwertskala) (Schütz & Sellin, 2006) erzielten die Übersee-Chinesen einen niedrigeren allgemeinen Selbstwert als die deutsche Normgruppe. Außerdem empfanden die Übersee-Chinesen weniger eigene Selbstwertschätzung im sozialen Kontakt zu anderen, im Umgang mit Kritik und im leistungsbezogenen Bereich. Überraschenderweise erhielten die Probanden einen höheren Selbstwert in der Sportlichkeit. Die SEE (Skalen zu Erleben von Emotionen) (Behr & Becker, 2004) zeigten, dass die körperliche Symbolisierung von Gefühlen bei der chinesischen Stichprobe niedriger war als bei der deutschen Norm. Dies hing mit der Ausprägung der europäischen Identität zusammen. Negativ korrelierte die europäische Identität auch mit der Regulation von Emotionen. Im FBeK (Fragebogen zur Beurteilung des eigenen Körpers) (Strauß & Richter-Appelt,1995) ging das Körpererleben der Übersee-Chinesen mit weniger Selbstbewusstsein für die eigene Attraktivität einher. Je mehr die Lebensart zum Asiatischen tendierte, desto weniger äußerte sich die Akzentuierung des äußeren Erscheinungsbildes und desto höher erschien die Unsicherheit. Zusammenfassend weisen die Ergebnisse darauf hin, dass die Auslebung einer bikulturellen Identität Folgen für die psychologische Entwicklung eines Individuums mit sich bringen, welche beispielsweise für die Arbeit bei Patienten im psychotherapeutischen Prozess mit berücksichtigt werden sollten.
Ein erblich bedingter Funktionsverlust der DNA Mismatch Reparatur (MMR) Proteine hMSH2 und hMLH1 führt zu genetischer Instabilität und frühzeitiger Ausbildung von Krebserkrankungen, insbesonders des Kolons und des Endometriums. Diese Erkrankung wird nach ihrem Erstbeschreiber als Lynch Syndrom oder im Falle eines kolorektalen Karzinoms auch als erbliches nichtpolypöses kolorektales Karzinom (hereditary non polyposis colorectal cancer, HNPCC) bezeichnet. Neben der DNA Reparatur sind MMR Proteine auch an weiteren regulatorischen Prozessen wie genetischer Rekombination, Antikörperbildung sowie Zellzyklus Regulation und Apoptose beteiligt. Aus onkologischer Sicht ist besonders der letzte Punkt von Interesse, da man davon ausgeht, dass MMR Proteine bei exzessiven DNA-Schäden den Zellzyklus anhalten und entweder die DNA reparieren oder die Apoptose einleiten. Dies ist von klinischer Bedeutung, da viele Chemotherapeutika künstliche DNA-Läsionen hervorrufen, die in MMR defizienten Zellen weder zu einem Zellzyklus Stop noch zur Apoptose führen, so dass die Wirksamkeit bestimmter Substanzen vermindert ist. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der vorgelegten Dissertation ein Screening zur Identifikation von Interaktionspartnern von hMLH1 durchgeführt. hMLH1 ist hauptsächlich im Zellkern lokalisiert, über Interaktionspartner im Zytoplasma ist bisher wenig bekannt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neues bakterielles Zweihybrid-System etabliert. In diesem System besitzen die Wirtszellen keinen Zellkern, so dass die detektierten Interaktionen unabhängig von der intrazellulären Lokalisation stattfinden. Die Klone einer cDNA-Datenbank wurden mit hMLH1 in Bakterienzellen koexprimiert und die Interaktionen durch positives Zellwachstum auf Minimalnährböden angezeigt. Die positiven Klone wurden anschließend sequenziert und die Sequenz mit Hilfe der BLAST-Funktion mit der PubMed Online-Datenbank abgeglichen. Insgesamt wurden 108 bisher unbekannte Interaktionspartner von hMLH1 detektiert. Von diesen konnten zahlreiche Proteine den bekannten Funktionen der MMR zugeordnet werden. Von besonderem Interesse sind einige Interaktionspartner aus den Bereichen Zellzyklus Regulation (ANXA6, LPP2, NDRG1, PTP4A2/RH, RAPGEFL1, SPTLC2 und ARAF1), Apoptose (CTSB, CAPN5, DDX47, DES und Atmungskettenproteine) und ribosomale Proteine (EIF2A, EEF2, RPS2, RPS5 und RPS16). Weitere Untersuchungen müssen zeigen, welche dieser Interaktionspartner sich möglicherweise als prognostische bzw. prädiktive Biomarker nutzen lassen. Weiterhin könnten sich durch fundierte Kenntnis der Interaktion von MMR und Zellzyklus Regulation bzw. Apoptose neue Ansatzpunkte bei der Entwicklung zukünftiger therapeutischer Substanzen ergeben.
Hintergrund: Patienten mit einer Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) sind von einer langfristigen Behinderung betroffen, die sich nachteilig auf die schulische und soziale Entwicklung auswirkt. Insbesondere stellt die Lesekompetenz einen Grundbaustein der individuellen Bildung dar, ohne die ein fächerübergreifendes Lernen nicht möglich ist. Es besteht die Vermutung, dass die Diagnostik und folglich auch die Therapie der isolierten Rechtschreibstörung in der klinischen Praxis überwiegen und Kinder mit einer (isolierten) Lesestörung übersehen werden. Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, ob Lesestörungen unerkannt bleiben. Ferner ist bekannt, dass Patienten mit einem Asperger-Syndrom bei guter Lesefertigkeit, häufig Defizite im Bereich des Leseverständnisses aufweisen. Es wird untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen der Lesefertigkeit und der Ausprägung autistischer Symptomatik besteht. Patienten und Methode: In einem dreimonatigen Zeitraum (T 2: 09/07 – 11/07) werden alle ambulanten und stationären Neuaufnahmen (8 - 17 Jahre) hinsichtlich ihrer Lese- und Rechtschreibfähigkeit sowie autistischer Symptomatik untersucht. Nach Anwendung der Ausschlusskriterien nehmen N = 104 Patienten an den Gruppentestungen teil, die jeweils einen IQ-Test, je nach Altersgruppe zwei bis drei Lesetests und einen Rechtschreibtest beinhalten. Die Eltern der Kinder füllen einen Autismus-, psychopathologischen und Zusatzfragebogen aus. Die Ergebnisse der Leistungstests werden mit den Diagnosestellungen des gleichen Zeitraumes aus dem Jahr 2006 (T 1: 09/06 – 11/06) verglichen, wobei zu dieser Zeit keine forcierten Testungen stattfanden. Ergebnisse: Im Zeitraum T 2 wiesen 14 Patienten (13,5%) eine isolierte Lesestörung auf. Dies entspricht einer viermal häufigeren Diagnosestellung als im Jahr zuvor, bei der nur 3 Patienten (3,3 %) eine alleinige Lesestörung aufwiesen (p = .013). Bei 16 (15,4%) Probanden konnte eine isolierte Rechtschreibstörung diagnostiziert werden. 2006 wurden nur 6 (6,7 %) Kinder mit dieser Diagnose ermittelt (p = .056). Die Diagnose der LRS (F81.0) erhielten im Jahr 2007 20 Kinder (19,2%). Im Jahr zuvor fanden sich bloß 8 (8,9%) Kinder mit einer LRS (F81.0) (p = .041). Die Ergebnisse im Autismusscreening konnten keine Zusammenhänge zwischen der Lesefertigkeit und der Ausprägung autistischer Symptomatik bestätigen. Schlussfolgerung: Lesestörungen bleiben unerkannt. Für ihre Diagnostik ist es von essentieller Bedeutung, bei Vorliegen eines klinischen Verdachts stets Testungen zu Lese- und Rechtschreibstörungen durchzuführen. Einer Routinetestung aller Neuaufnahmen kann jedoch nicht angeraten werden. Es empfiehlt sich alle Patienten zu testen, die eine typische Begleitstörung der LRS aufweisen, z.B. hyperkinetische Störungen.