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Die Neurowissenschaften sind in Forschungsarbeiten für Schüler und Studierende immer wieder als eines der schwierigsten Teilgebiete der Biologie angeführt. Die Inhalte werden überwiegend nicht verstanden. Als mögliche Ursache gelten die seltenen praktischen Zugänge für die Lernenden aufgrund limitierter Ressourcen. Diese Ursache konnte in der vorliegenden Arbeit durch eine Befragung der Lehrkräfte zu ihren Praxisumsetzungen bestätigt werden. 70 % der Lehrkräfte gaben an, dass sie keine Experimente in der Schule zum Thema Nervenzellen anbieten. Experimente zur Verhaltensbiologie führen 65 % der Lehrkräfte nicht durch.
Um Schülern die Möglichkeit zu geben, sich experimentell mit den Themenfeldern der Neuro- und Verhaltensbiologie auseinanderzusetzen, wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit Schülerlabortage auf dem Feld der Neurowissenschaften konzipiert. Die Konzepte wurden schülerorientiert umgesetzt und neurowissenschaftliche Forschung durch den eigenen Umgang mit modernen Forschungsapparaturen erfahrbar gemacht. Die drei Labortage für die Sekundarstufe II wurden wissenschaftlich begleitet: 1) Verhaltensbiologie, 2) systemische Ebene der Elektrophysiologie, 3) elektrophysiologische Forschungsmethoden. Um die Qualität und Wirksamkeit der Labortage beurteilen zu können, wurden sie mit Feedbackerhebungen begleitet. Die drei Labortage wurden sowohl von den Lehrkräften als auch von den Schülern bezüglich ihrer Qualität positiv bewertet. Für die Schüler konnte gezeigt werden, dass die Beurteilung weitgehend unabhängig von einem zugrunde liegenden Interesse an Biologie und Forschung ausfällt. Anhand einer retrospektiven Erhebung wird außerdem gezeigt, dass alle drei Labortage eine höchst signifikante, selbsteingeschätzte Steigerung des „Wissens“, der „Anwendungszuversicht“ und des „Interesses“ bewirken. Schüler mit niedrigen Ausgangswerten zeigen einen besonders hohen Anstieg. Für das Interesse kann weiter gezeigt werden, dass auch Schüler mit hohem Ausgangswert eine große Interessenssteigerung durch den Labortag aufweisen. Das Interesse für den verhaltensbiologischen Labortag liegt etwas niedriger – die Labortage mit elektrophysiologischen Inhalten zeigen dagegen für die Anwendungszuversicht etwas niedrigere Werte.
Der Fokus der fachdidaktischen Forschung lag auf der Betrachtung des experimentellen Zugangs zur Elektrophysiologie über ein entwickeltes „EPhys-Setup“. Dabei handelt es sich um einen quasi-realen Messaufbau. Die Umsetzung kombiniert dazu Komponenten eines realen Elektrophysiologie-Setups (Hands-on Komponenten) mit einer speziell entwickelten schülerfreundlichen Software (Neurosimulation) und einem virtuellen Nervensystem in Form einer Platine. Als Modellnervensystem werden für diese Umsetzung Ganglien von Hirudo medicinalis verwendet – der Neurosimulation liegen originale elektrophysiologische Messspuren des Ganglions zugrunde. Experimentelle Vermittlungsansätze für die Elektrophysiologie finden sich kaum für den Schulbereich. Dem Bedarf einer entsprechenden Beforschung wurde mit verschiedenen Testinstrumenten nachgegangen, um den Vermittlungsansatz mit dem EPhys-Setup bewerten zu können. Dafür fand eine Wirksamkeitsanalyse über die Erhebung der Motivation der Schüler statt (Lab Motivation Scale; Dohn et al. 2016). Von Bedeutung war auch, inwiefern gegenüber der Umsetzung eine Technologieakzeptanz vorliegt (Technology Acceptance Model; Davis 1989), die im Schulkontext ausgehend von der steigenden Einbindung von Technologien einen entsprechenden Forschungsbedarf aufweist. Weiter wurde untersucht, ob sich die Bewertung des EPhys-Setups von der Bewertung einer Kontrollgruppe unterscheidet. Für die Kontrollgruppe wurde die Neurosimulation von den Hands-on Komponenten gelöst und die Schüler arbeiteten ausschließlich PC-basiert. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Umsetzungen die Motivation förderten und eine Technologieakzeptanz bei den Schülern aufwiesen. Der Unterschied der Untersuchungsgruppen fällt gering aus. Die Abhängigkeiten, die für die verwendete Simulationsumsetzung gefunden wurden, beziehen sich ausschließlich auf Komponenten der „Freude“. Somit wird der intrinsische Bereich von den Schülern die am EPhys-Setup gearbeitet haben höher bewertet. Zur weiteren Analyse der Testinstrumente wurde auch eine Abhängigkeit der Bewertung vom zugrunde liegenden Biologieinteresse sowie von den Computerfähigkeiten vergleichend betrachtet. Der Einfluss auf die Bewertungen der drei Testskalen ist in vielen Fällen höher als der Einfluss der verwendeten Simulation. Vom individuellen Biologieinteresse der Schüler zeigen alle untersuchten Komponenten eine Abhängigkeit. Die größeren Effekte beziehen sich auf die Komponenten der „Lernwirksamkeit“ oder der „Freude“. Von den individuellen Computerfähigkeiten der Schüler zeigen Komponenten zur „Zuversicht bezüglich der Methoden und der Inhalte“ eine Abhängigkeit.
Basierend auf dem kognitiv-motivationalen Prozessmodell von Vollmeyer und Rheinberg (1998) werden zwei Studien vorgestellt, die sich mit dem selbst regulierten Lernen mit Multimedia im Physikunterricht beschäftigen. Das kognitiv-motivationale Prozessmodell beschreibt, wie die Eingangsmotivation über Mediatorvariablen auf die Leistung, in diesem Fall den Wissenserwerb, wirkt. Wie in früheren Studien gezeigt werden konnte, besteht die Eingangsmotivation aus vier voneinander unabhängigen Faktoren: Herausforderung, Interesse, Erfolgswahrscheinlichkeit und Misserfolgsbefürchtung. Als Mediatorvariablen wurden in beiden Studien die von Schülern verwendeten Strategien, der motivationale Zustand während des Lernens und der funktionale Zustand während des Lernens angenommen. Bei den Strategien handelt es sich genauer gesagt um das beobachtbare Verhalten der Schülers während des Lernens. Mit Motivationalem Zustand sind die gleichen Faktoren wie bei der Eingangsmotivation gemeint, nur dass jetzt die Lerner schon Erfahrung mit der Aufgabe haben. Der funktionale Zustand gibt an, wie sehr ein Lerner auf die Aufgabe konzentriert ist. Ein Konstrukt, das diesen Zustand gut beschreibt, ist Csikszentmihalyis Flow. Ziel der Pilotstudie war es, das Lernen im Schulalltag mit einem Physikprogramm am Computer zu untersuchen. Dazu wurden folgende Hypothesen aufgestellt: 1) Die Eingangsmotivation wirkt auf die Mediatoren. 2) Die Mediatoren wirken auf die Leistung. 3) Die Eingangsmotivation wirkt auf die Mediatoren und diese wiederum auf die Leistung (Prüfung des Prozessmodells). 4) Es gibt Geschlechtsunterschiede bei den Variablen: Eingangsmotivation, hier insbesonders beim Interesse, den Mediatoren und der Leistung. Schüler sollten bei allen Variablen besser abschneiden. In der Pilotstudie hatten 32 SchülerInnen einer 11. Klasse 30 Minuten Zeit, sich ein Physiklernprogramm zum Thema Drehmomente (Wünscher & Ehmke, IPN Kiel, 2002) selbständig zu erarbeiten. Neben der Eingangsmotivation vor Beginn des Lernens (FAM, Rheinberg, Vollmeyer & Burns, 2001) wurde die Motivation und Flow während des Lernens gemessen (FKS; Rheinberg, Vollmeyer & Engeser, 2003; 8 Items aus dem FAM). Die Vorgehensweise am PC wurde mit Hilfe eines Videoüberwachungsprogramms (ScreenVirtuoso) und eines Monitoringprogramms (StatWin) aufgezeichnet. Indikatoren für das Lernen waren die im Anschluss an die Bearbeitung des Lernprogramms in einem Lernfragebogen zu der Lerneinheit erzielte Punktzahl. Als Kontrollvariable wurde zu Beginn das Vorwissen erfasst. Indikatoren für die Strategien waren a) die Schnelligkeit der Bearbeitung (Anzahl der bearbeiteten Abschnitte und Bearbeitungszeit der einzelnen Abschnitte), b) die Aktivität (Mausklicks) und c) die Verwendung der Animationen (Schnelligkeit des Auffindens, Anzahl, Länge und Art und Weise der Nutzung). Die Hypothesen konnten bestätigt werden. Das kognitiv-motivationale Prozessmodell konnte in den meisten Teilen bestätigt werden: Die Eingangsmotivation, vor allem das Interesse, wirkt über Mediatoren, hier besonders über die verwendeten Strategien, auf die Leistung. Die Geschlechtsunterschiede beim Lernen mit einem Physikprogramm am PC (in der Eingangsmotivation, den Vorgehensweisen, und der gezeigten Leistung) waren stärker als erwartet zu Gunsten der Schüler. Die Geschlechtsunterschiede waren bei allen Variablen signifikant. Damit Schülerinnen in dem untersuchten Bereich zukünftig bessere Ergebnisse erzielen, könnte es hilfreich sein, ihr situationales Interesse und die Erfolgszuversicht zu erhöhen. In der Hauptstudie wurde daher der Versuch gemacht, durch eine Veränderung der Instruktion die Motivation, besonders die der Schülerinnen, beim Arbeiten mit einem Physiklernprogramm zu steigern. Hier sollten besonders zwei Faktoren der Eingangsmotivation wichtig sein. Wenn es eine Rolle spielt, für wie fähig sich ein Schüler hält, dann müsste es möglich sein, durch entsprechende Instruktionen die Erfolgswahrscheinlichkeit zu stärken und damit das Lernergebnis zu verbessern. Dies erschien im Hinblick auf die schlechte Erfolgswahrscheinlichkeit der Schülerinnen in der Pilotstudie geboten. Weiterhin wurde der Einfluss, den das Interesse auf die Leistung hat, diskutiert und entsprechend in der Hauptstudie versucht, das Interesse der Schüler zu steigern. Die Hypothesen lauteten: 1) Bei den Experimentalgruppen wird durch die Instruktion die Eingangsmotivation verändert. 2) Da der Einfluss von Vorwissen nicht auszuschließen ist, wird es kontrolliert. Es wird erwartet, dass das Vorwissen mit der Leistung signifikant korreliert. Bei den Experimentalgruppen wird mehr Vorwissen aktiviert als bei der Kontrollgruppe. 3) Durch die Manipulation sollen sich auch die Mediatoren des Lernprozesses verändern. 4) Die Leistung soll sich in Abhängigkeit von der Instruktion in den Experimentalgruppen verbessern. Der Versuchsablauf blieb im Wesentlichen unverändert. In einem 3 x 2 Design wurden 60 Schüler (30 weiblich, 30 männlich) aus der Klassenstufe 11 getestet. Es gab eine Instruktion, worin die Schülerinnen über die Bedrohung durch Geschlechtsrollenstereotype informiert wurden und gebeten wurden, dagegen an zu arbeiten. In einer zweiten Experimentalgruppe sollte das Interesse aller Probanden erhöht werden. Die Ergebnisse waren weitgehend hypothesenkonform. Es konnte gezeigt werden, dass sich mittels der Instruktion die Eingangsmotivation verbesserte und sich dadurch auch Flow-Erleben und Motivation während des Lernens erhöhten, wodurch eine bessere Leistung zustande kommen konnte. Dies ist ein Ergebnis, das für den Schulalltag von Schülern und Lehrern berücksichtigt und umgesetzt werden sollte. Lehrer sollten Schülerinnen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern auf das Geschlechtsrollenstereotyp aufmerksam machen, da dies zu besseren Strategien und Leistungen bei deren Lernen führt. Sie sollten überdies das Interesse der Schülerinnen wecken, durch Betonung der persönlichen Relevanz des Themas ebenso wie durch noch zu untersuchende andere, Interesse besser weckende Instruktionen. Allerdings war in der Hauptstudie das Interesse in der Interessegruppe nicht wie erwartet gestiegen, dagegen veränderten sich andere Faktoren der Eingangsmotivation. Die Schüler hielten einen Erfolg für wahrscheinlicher, die Schülerinnen waren ängstlicher. Dennoch verhielten sich die Schülerinnen dieser Gruppe strategisch besser und erzielten auch bessere Leistungen. Die Schüler hatten ein höheres Flow-Erleben, erzielten aber keine besseren Leistungen. In der Stereotypgruppe gab es ebenfalls signifikante Verbesserungen bei allen Prozessvariablen bei den Schülerinnen. Sie hatten erwartungsgemäß eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit, zeigten bessere Lernstrategien und erzielten bessere Leistungen als die Schülerinnen der Kontrollgruppe. Während in der Kontrollgruppe fast alle Geschlechtsunterschiede der Pilotstudie repliziert wurden, gab es in den Experimentalgruppen keine Geschlechtsunterschiede mehr. Insbesondere die Schülerinnen hatten von der Manipulation profitiert. Die Gründe für die Veränderungen in den Experimentalgruppen wurden diskutiert und weitere Forschungsansätze aufgeführt. Erfreulich ist, dass im Schulalltag beim Lernen mit einem Computerprogramm Flow-Erleben erzeugt werden konnte. Ebenfalls erfreulich ist, dass der Benachteiligung von Schülerinnen beim Lernen mit Physikprogrammen wirksam begegnet werden konnte. Der Lernprozess konnte ein weiteres Stück im Schulalltag erforscht werden und mit Hilfe von Monitoringprogrammen konnten objektive Indikatoren für das Vorgehen bzw. die Strategien von Schülern beim Lernen am Computer bestimmt werden. Als günstiger Strategieindikator erwies sich vor allem die Länge und Güte der Nutzung von Animationen. Das kognitiv-motivationale Prozessmodell konnte erneut bestätigt werden und sollte in weiteren Forschungen als theoretischer Hintergrund herangezogen werden.
Seit den 1980er Jahren fällt dem Computer sowohl in Beruf und Bildung als auch in der Freizeit eine wachsende Bedeutung zu (z.B. Rheinberg & Tramp, 2006). Häufig ist es für Computernutzer erforderlich, sich Computerkenntnisse selbstständig und ohne explizite Anleitung anzueignen (Richter, Naumann & Horz, 2010). Männer und Frauen erleben dabei den Umgang mit dem Computer unterschiedlich; diese Unterschiede können in Lern- und Leistungsdifferenzen resultieren (z.B. Baloğlu & Çevik, 2008). Zur Erklärung potenzieller Lern- und Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern wurde in der Arbeit das kognitiv-motivationale Prozessmodell zugrunde gelegt. Das Modell erlaubt es, Leistungsunterschiede prozessnah über die aktuelle Motivation, das Flow-Erleben und die Strategiesystematik zu erklären. In Studie 1 (N = 18) wurde ein Beobachtungssystem zur Erfassung von optimalen und suboptimalen Explorationsstrategien am Computer entwickelt. In Studie 2 (N = 33) und 3 (N = 92) wurde im Rahmen eines quasiexperimentellen Designs getestet, ob sich weibliche und männliche Studierende der Wirtschaftswissenschaften in Strategiesystematik, Motivation und Leistung beim selbstregulierten Erlernen des Programms SPSS unterscheiden. Die Teilnehmer hatten nach einer kurzen Einführung in die Benutzeroberfläche von SPSS die Aufgabe, mehrere Statistikaufgaben mit SPSS zu lösen. Die Ergebnisse der Studien erbrachten zum Teil inkonsistente Befunde: Über die Studien hinweg zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede in der Motivation vor Beginn der Aufgabenbearbeitung. In Studie 2 ergaben sich jedoch Geschlechtsunterschiede in der aktuellen Motivation und der Strategiesystematik während des Bearbeitungsprozesses sowie in der Leistung. Frauen erreichten dabei niedrigere Werte bzw. weniger Punkte. In beiden Studien standen die aktuelle Motivation, das Flow-Erleben sowie die Strategiesystematik modellkonform in Beziehung mit der Leistung. Die Ergebnisse und die Methodik der Arbeit wurden abschließend kritisch diskutiert.