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Die Studie zur holozänen und pleistozänen Umweltgeschichte Süd-Kameruns betrachtet den Aussagewert alluvialer Ablagerungen der Flüsse Boumba, Dja, Nyong, Ntem und Sanaga für die Paläoumweltforschung. Die zugrundeliegende Forschungsarbeit fand im Rahmen des ReSaKo-Projektes, als Teil der interdisziplinären DFG-Forschergruppe 510 (“Ökologischer Wandel und kulturelle Umbrüche in West- und Zentralafrika”) statt, welches die zeitliche und räumliche Korrelation zwischen Klimawandel, Landnutzungsstrategien und kulturellen Innovationen während der “First Millennium BC Crisis” untersucht hat. Hierfür wurde der ökologisch sensitive Bereich des tropischen bis äquatorialen, immergrünen bis halb-immergrünen Guineisch-Kongolesischen Regenwaldes und dessen Übergangszone zur Savanne im Süden Kameruns ausgewählt. Als Hauptziele galten dabei zum einen der Nachweis und die Interpretation umweltgeschichtlich verwertbarer Alluvionen in einer diesbezüglich bisher unerforschten Region und zum anderen die Korrelation der Befunde mit bereits vorliegenden terrestrischen und hemi-pelagischen Paläoumweltarchiven zur weiteren Rekonstruktion der Paläoumweltbedingungen im westlichen (monsunalen) Äquatorialafrika. Nach der Identifizierung geeigneter Arbeitsgebiete entlang verzweigter, mäandrierender und verflochtener bis anastomosierender Flussabschnitte mittels Fernerkundung von Satellitenbildszenen (LANDSAT ETM+ und ASTER), wurden unter Verwendung physiogeographischer und geomorphologischer Arbeitsmethoden ausgedehnte Feldarbeiten während der Trockenzeiten der Jahre 2005-2008 durchgeführt. Zahlreiche Bohrarbeiten (161 Handbohrungen bis 550 cm Tiefe) zur Sedimentprobennahme (1093 Proben) innerhalb der Alluvial- und Auenbereiche der fluvialen Systeme lieferten einen umfassenden Einblick in die Stratigraphie und fluvial-morphologische als auch paläoökologische und –hydrologische Entwicklung der verschiedenen fluvialen Ökosysteme. Die mehrschichtigen, sandigen bis tonigen Alluvionen enthalten Paläooberflächen (z. B. Gyttjen, reliktische Sümpfe, fossile organische Lagen/Horizonte), die hervorragende zusätzliche Proxydaten-Archive für die Rekonstruierung umweltgeschichtlicher Bedingungen darstellen. Bohrtransekte und die Interpretation von Korngrößensequenzen (Verfeinerung, Vergröberung) und Paläooberflächen aus solchen alluvialen Sedimentarchiven stellen ein wichtiges, diagnostisches Instrument bei der Rekonstruktion paläoökologischer und paläohydrologischer Bedingungen und Veränderungen dar und belegen zeitweise einsetzende Austrocknung und Bodenbildung in den Auen sowie die Entstehung von Sümpfen, Mudden, Altarmen und Altwasserseen. Dies zeugt eindeutig von einer modifizierten Dynamik der fluvialen Systeme als Reaktion auf endogene Steuer-größen und (fluss-)interner Variabilität (equilibrium). Eine Vielzahl (76) von 14C (AMS)-Datierungen an organischem Sediment und Makroresten aus diesen Alluvionen lieferten spätpleistozäne bis rezente Alter (~48 – 0,2 ka BP). Die dazugehörigen δ13C-Werte (-35.5 bis -18.0 ‰) belegen für den Großteil der Untersuchungsstandorte (außer Oberläufe des Nyong und Sanaga) den Fortbestand von C3-Spezies dominierter Galleriewald-Ökosysteme entlang der Flusssysteme (“fluviale Regenwaldrefugien”) trotz einiger klimatischer Veränderungen/Aridisierungen (z. B. Letztes Glaziales Maximum um etwa 20.000 BP). Trotz der bestehenden Schwierigkeiten bei der Interpretation tropischer Sedimentarchive (z. B. Hiatusproblematik) und fluvialer Archive im Allgemeinen, unterstützen weitere sedimentologische und pedologische Analysen (bodenchemische und -physikalische Laboranalysen: Korngrößen, Kohlenstoff [Ctot], Stickstoff [N], Eisengehalt [Feo und Fed], pH, Munsell-Farben und C/N) und ausgewählte 14C (AMS)-Datierungen und δ13C-Bestimmungen diesen Beitrag zur hypothetischen Rekonstruktion der umweltgeschichtlichen und paläohydrologischen Entwicklung des Untersuchungsraumes. Die Interpretation des Alluvialarchivs liefert zusätzlich fundierte Informationen hinsichtlich der komplexen Zusammenhänge zwischen Klima, Ozean, fluvialen und ökologischen Systemen und anthropogener Einflussnahme in einem regional weitestgehend unerforschten Gebiet mit hoch-sensitiven tropischen Ökosystemen. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Korrelation mit früheren Paläoumweltstudien, die über Untersuchungen an weiteren terrestrischen (lakustrin und palustrin) und hemi-pelagischen Archiven dieser Region gewonnen werden konnten. Sie bekräftigen Milanković- bis sub-Milanković-skalige Fluktuationen (bes. Präzession-Zyklus) der Intensität des westafrikanischen Monsuns und daraus resultierende klimatische, hydrologische und ökologische Modifikationen im Untersuchungsgebiet, was wiederum weitreichende Telekonnektionen und Reorganisationen impliziert. Insgesamt können im Liegenden grobkörnige, sandige sedimentäre Einheiten, welche turbulente fluvial-morphologische Bedingungen und geöffnete Landschaftsstrukturen während des Spätpleistozäns (48-30 ka BP) vermuten lassen, von fein-sandigen LGM-zeitlichen (22-16 ka BP) und mächtigen schluffigen bis tonigen, holozänen Sedimenteinheiten im Hangenden unterschieden werden, welche eher stabilisierte und saisonale Umweltverhältnisse widerspiegeln. Größere Um- und Verlagerungen innerhalb der Alluvialbereiche (v. a. Gerinnebettverlagerungen, Versumpfung) konnten für den Übergang vom Pleistozän zum Holozän (14-10 ka BP) nachgewiesen werden. Weitere einschneidende Veränderungen traten im Spätholozän auf (um 4, 2 und 0,8 ka BP), wahrscheinlich begünstigt durch die einsetzende Sesshaftwerdung Bantu sprechender Volksgruppen im tropischen Regenwald Zentralafrikas und die Einführung der Metallurgie um 3 ka BP. Die Informationen über regionale umweltgeschichtliche Oszillationen und Variationen im Prozess- und Landschaftsgefüge sind in den alluvialen Sedimenten gut dokumentiert und erhalten geblieben und ergänzen somit frühere Ergebnisse (z. B. ECOFIT Programm) zur spätquartären Umweltgeschichte des vom Monsun geprägten westlichen Äquatorialafrikas. Die Ergebnisse bestätigen vor allem die Bedeutung und Anwendbarkeit tropischer (afrikanischer) alluvialer Sedimente für die Paläoumweltforschung und belegen zudem, dass neben (neo-)tektonischen Impulsen das Klima die tragende Rolle in der Gestaltung der Landschaft und der Dynamik, sowie der Entwicklung der Flusseinzugsgebiete gespielt hat.
Durch die vorliegende Arbeit wird die Genese von Nyong- und Ntem-Einzugsgebiet seit der Öffnung des Südatlantiks unter Berücksichtigung neotektonischer Vorgänge nachgezeichnet. Die Ergebnisse unterstützen die Identifikation geeigneter Sedimentfallen als Proxydatenarchive zur Paläoumweltrekonstruktion. Mithilfe von Fernerkundung und Geländearbeit wird der Formenschatz in den Einzugsgebieten hinsichtlich ihrer Morphogenese untersucht. Vier Formengesellschaften werden unterschieden: (1) Rumpfflächen und Inselberge, (2) ‚demi-oranges’ und ‚bas-fonds’, (3) anastomosierender Flusslauf und (4) Rumpfstufe mit Inselgebirge und Kerbtälern. Sie werden morphodynamisch-genetisch interpretiert. (1) Ein Pisolithhorizont unter einer hillwash-Decke wird als Ferricretresiduum einer Paläooberfläche gedeutet und als Ergebnis der Pedimentierung gewertet. Die Morphogenese eines Inselbergs ergänzt die Diskussion zur Einrumpfung. Die Entwicklung zweier Altarme zeigt einen dritten Prozess, der vermutlich LGM-zeitlich die Region veränderte. Die Kuppe eines Inselbergs gibt ein ehemaliges Flächenniveau wieder. Durch die rückschreitende Verlagerung einer Stufe wurde er herauspräpariert. (2) In den oberen Einzugsgebieten liegen zwischen polykonvexen Hügeln breite Auen. Es wird angenommen, dass sich der Formenschatz durch Lateralerosion nach einer initialen Eintiefung gebildet hat. Flussanzapfungen reduzieren das obere Einzugsgebiet des Nyong. Eine Klassifikation in drei Klassen ist anhand der Überformung der Anzapfungen möglich: Die erste ist durch eine Talwasserscheide und Anzapfungsknie definiert. Bei der zweiten ist das Erscheinungsbild überprägt, die Orientierung zum ehemaligen Vorfluter ist jedoch eindeutig zu erkennen. Die dritte Klasse lässt nur noch aufgrund der Flussbettphysiognomie eine Anzapfung vermuten. (3) Im Ntem-Binnendelta wurden weitflächig Schotter und Gesteinsbruchstücke abgelagert und durch Mangan- und Eisenoxid zu einem Fanglomerat ausgehärtet. Das Gewässernetz bildet die geologischen Strukturen ab. Es wird angenommen, dass sich das Binnendelta primär durch eine gestaffelte Abschiebung entlang E-W verlaufender Brüche gebildet hat. Die Sedimentfallen wurden vom Ntem mit spätpleistozänen bis holozänen Sedimenten verfüllt. Ein ursprünglich flächenhaft ausgebildetes Ferricret wurde durch E-W verlaufende Brüche unterteilt. (4) Unterhalb des Binnendeltas überwindet der Ntem in einem Kerbtal entlang einer NNE-SSW-Struktur mit zwei linearen Störungen die Rumpfstufe. Es erinnert an einen Graben mit zwei Transformstörungen. Entlang des Tals wurden weitflächig Gesteinsbruchstücke und Schotter abgelagert, die zu einem Fanglomerat aushärteten. Gesteinsschnitte geben verschiedene Prozesse wieder, die die Bildung des Kerbtals als Graben belegen. Ergänzend wird eine Lineamentanalyse durchgeführt. Es werden vier Cluster herausgearbeitet, die die linearen Einheiten primär der panafrikanischen Orogenese zuordnen. Archaische Strukturen konnten nicht eindeutig zugewiesen werden. In der Synthese wird versucht, die Einzelergebnisse auf die Fläche zu extrapolieren. Die Arbeit bietet einen breiten Einblick in die tropische Geomorphologie mit der genetischen Diskussion unterschiedlicher Formengesellschaften. Es werden primär die strukturellen Richtungen N-S, E-W und NE-SW hervorgehoben, entlang derer eine neotektonische Remobilisation stattfand. Hebungen, die sich seit dem Miozän verstärkt haben, sind Auslöser für geomorphologische Modifikationen und Extensionsbrüche. Die Nähe zur aktiven Cameroon Volcanic Line und die Kompression des Kongokratons durch Riftprozesse lösen die tektonischen Ereignisse aus. Die wiederholte tektonische Erneuerung durch Hebungen des zentralafrikanischen Hinterlands führte zu einer Umgestaltung des Drainagenetzes.