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Bei der Analyse der Diffusion von Gallensäuren durch Lipiddoppelmembranen (SUV´s, LUVET´s) erweisen sich die lipophilen Gallensäuren als besonders diffusionsfreudig. Zu diesen können die LC, CDC und die DC gezählt werden. Die deutlich hydrophilere und therapeutisch bedeutende UDC permeiert ebenfalls durch Liposomenmembranen, hat jedoch eine geringere Geschwindigkeitskonstante. Konjugierte Gallensäuren zeigen dagegen nur eine minimale Diffusionsrate. Weiterhin wurde nachgewiesen, daß eine deutliche Abhängigkeit der Permeation von der Gallensäurenkonzentration besteht. Mit steigender Konzentration erhöht sich die Geschwindigkeit. Auch bei diesen Experimenten sind die lipophileren Substanzen die schnelleren. Zudem kann festgehalten werden, daß auch eine Temperaturerhöhung bis auf 37 °C und ein Abfall des pH- Wertes auf 5,4 einen positiven Einfluß auf die Permeabilitätsrate von Gallensäuren haben. Umgekehrt verhält es sich bei einer Temperaturminderung auf 10 °C und einer pH- Erhöhung auf 9,4. Eine gleichzeitige pH- Minderung und Temperaturerhöhung hat einen additiven Effekt auf die Diffusion. Geschwindigkeitssteigernd erweist sich auch die Verwendung größerer Liposomen. Eine Steigerung des Liposomendurchmessers geht mit einer Zunahme der Permeabilität einher. Auch die Zugabe von Ethanol bewirkt eine Zunahme der Diffusion durch Liposomenmembranen. Eine herabgesetzte Diffusionsrate kann bei Änderungen in der Lipidkomposition von Lipiddoppelmembranen beobachtet werden. Ein Einbau von Cholesterin führt eine deutliche Minderung der Permeation aller Gallensäuren herbei, wobei die lipophilen Gallensäuren auch weiterhin rascher permeieren. Ein Cholesteringehalt von 20% (w/w) wirkt dabei stärker hemmend als ein Gehalt von 10% (w/w). Im zweiten Abschnitt der vorliegenden Arbeit konzentrieren sich die Beobachtungen auf den Einfluß von Ethanol auf Lipiddoppelmembranen. Es kann gezeigt werden, daß Ethanol einen membrandestabilisierenden Effekt hat, der um so stärker ist, je höher die Ethanolkonzentration gewählt wird. Die DPH- Fluoreszenzversuche lassen zudem erkennen, daß Ethanol zu einer Reduktion der Membranordnung führt und damit zu einer Zunahme der Membranfluidität. Ein Einbau von UDC in die Liposomenmembran hat dagegen einen membran-stabilisierenden Effekt und reduziert die Ethanolwirkung. Dieser Effekt ist zu der Menge der in der Membran eingebauten UDC proportional. Der Cholesterineinbau in die Membran zeigt ähnliche Effekte wie der Einbau von UDC. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern zusätzliche Erklärungen für Phänomene beim therapeutischen Einsatz von Gallensäuren, die bisher nur mangelhaft zu verstehen waren. So kann aus den Diffusionsstudien die Erkenntnis gewonnen werden, daß bei der Diffusion von mehr apolaren Gallensäuren, wie z.B. der CDC, eine leichtere Diffusion durch Membranen möglich ist als für die mehr polaren Moleküle. In der PBC sind vor allem die mehr apolaren Gallensäuren nachweisbar und stellen somit einen vielleicht wichtigen pathophysiologischen Faktor dar, der sich eventuell durch Einbau von Cholesterin in Membranen oder durch Applikation von UDC mindern läßt. UDC scheint jedoch auch gegen andere schädigende Substanzen eine protektive Wirkung zu haben. Ethanolinduzierte Schädigungen an Membranen konnten z.B. durch die Anwendung von UDC deutlich reduziert werden. Eine wenig geschädigte oder sogar intakte Membran kann ihren vielfältigen Funktionen gerecht werden, z.B. die Funktion von Transportsystemen aufrechterhalten. Dies könnte erklären, warum UDC bei primär biliären Leberkrankheiten eine Cholestase vermindert oder sogar aufheben kann, die heute weitgehend mit einer Schädigung membranständiger Carriersysteme erklärt wird.
Etablierung, Charakterisierung und Anwendung eines In-vitro-Zellkulturmodells der Blut-Hirn-Schranke
(2001)
Es wurde durch die Optimierung der Isolierung und Kultivierung von cerebralen mikrovaskulären Endothelzellen (BCEC) ein in vitro-Zellkulturmodell der Blut-Hirn-Schranke (BHS) etabliert, das bezüglich seiner Permeabilitäts-Charakteristiken spezifische und herausragende Eigenschaften aufwies. Nach Abschluss der Etablierungs- und Optimierungsphase konnten im bovinen System wiederholt und reproduzierbar transendotheliale elektrische Widerstände (transendothelial electrical resistance, TEER) von zum Teil deutlich oberhalb 1000 Ohm mal cm hoch 2 erzielt werden, und die parazelluläre Permeabilität der bovinen BCEC-Monolayer für Sucrose lag annähernd auf dem niedrigen Niveau hochimpermeabler MDCK-Epithelzell-Monolayer und der entsprechenden in vivo-Parameter. Die per se niedrige Permeabilität des in vitro-BHS-Zellkulturmodells konnte sowohl durch Erhöhung des intrazellulären cAMP-Spiegels der BCEC als auch durch Kokultur der BCEC-Monolayer mit C6-Glioma- Zellen zusätzlich deutlich verringert werden. In Kombination konnte dabei ein TEER von über 3000 Ohm mal cm hoch 2 erzielt werden, einem Wert, der deutlich über dem TEER cerebraler pialer Kapillaren in vivo (1000-2000 Ohm mal cm hoch 2) liegt und in BHS-Zellkultursystemen bisher nicht einmal annähernd erreicht wurde. Der Vergleich des im Rahmen dieser Arbeit etablierten in vitro-BHS-Modells mit gut etablierten und charakterisierten BHS-Modellen bestätigten eindeutig dessen hohe Qualität und herausragende Eigenschaften. Im Rahmen eines indirekt-Kontakt-Kokultursystems konnte in zahlreichen Experimenten eindeutig und reproduzierbar gezeigt werden, dass eine Kokultur von postkonfluenten bovinen oder humanen BCECMonolayern mit humanen Makrophagen zu einer durch deutliche Erhöhung des TEER nachweisbaren Verringerung ihrer Permeabilität führte. Die bei den BCEC durch die Makrophagen induzierte TEER-Erhöhung war mit der durch die Kokultur mit C6-Glioma-ZeIlen bewirkten vergleichbar. Eine proinflammatorische Stimulation der Makrophagen vor Beginn der Kokultur zeigte keine eindeutige Beeinflussung ihrer Wirkung auf die mit ihnen kokultivierten BCEC-Monolayer. Eine Infektion der Makrophagen mit zwei verschiedenen HIV-1-Isolaten zeigte trotz Vorhandenseins einer produktiven HIV-1-lnfektion keine Auswirkung auf die von ihnen bewirkte TEER-Erhöhung bei den kokultivierten BCEC-Monolayer, es konnten diesbezüglich keine Unterschiede zwischen uninfizierten und infizierten Makrophagen festgestellt werden. Eine Erhöhung des intrazellulären cAMP-Spiegels führte bei den mit Makrophagen kokultivierten BCECMonolayern wie bei den mit C6-Glioma-Zellen kokultivierten BCEC-Monolayern zu einer zusätzlichen Steigerung des TEER. Die Inhibition der Adenylat-Cyclase und verschiedener Protein-Kinasen (Protein-Kinasen A, C, G und MLCK) zeigte keine Auswirkung auf die von Makrophagen bewirkte TEER-Erhöhung bei den kokultivierten BCEC-Monolayern; die Aktivierung der Protein-Kinase C führte zu dem gleichen Ergebnis. Die Inhibition der Phospholipase C und der Ca2~-vermittelten Aktivierung des Calmodulins zeigte ebenfalls keine Auswirkung auf die durch die Makrophagen- beziehungsweise C6-Kokultur bewirkte TEER-Erhöhung bei den BCEC-Monolayern. Eine Beteiligung der untersuchten Signaltransduktionswege an dem von Makrophagen oder 06 ausgeübten Einfluss auf die BCEC erscheint somit unwahrscheinlich. Der Befund, dass hämatogene Makrophagen in der Lage sind, bei kultivierten BCEC BHS-spezifische Eigenschaften zu induzieren und/oder aufrechtzuerhalten, ist überaus bemerkenswert, da diese Wirkung bislang ausnahmslos Zellen neuroektodermalen Ursprungs (beispielsweise Astrocyten) sowie glialen Zelllinien zugeschrieben wurde. Hämatogene Makrophagen oder davon abgeleitete Zellen des Hirnparenchyms könnten damit ein Teil der Mikroumgebung sein, die in vivo die charakteristischen Eigenschaften von Hirnendothelzellen modulieren, beispielsweise in Form der perivaskulären Mikrogliazellen, die in engem Kontakt mit den cerebralen Blutgefäßen stehen und höchstwahrscheinlich durch aus dem Blutstrom in das Gehirn einwandernde Monocyten/Makrophagen kontinuierlich ersetzt werden. Das in vitro-BHS-Zellkulturmodell wurde weiterhin für pharmakologische Studien eingesetzt, um den Einfluss von Nanopartikeln, die als potentielle brain targeting-Trägersysteme für Arzneistoffe diskutiert werden, auf die Barriere-Eigenschaften postkonfluenter cerebraler Endothelzellen zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass die Zugabe verschiedener Nanopartikel-Präparationen zu postkonfluenten BCECMonolayern zu einer deutlichen und konzentrationsabhängigen Erhöhung deren Permeabilität für Elektrolyte und makromolekulare Substanzen führte.
Verfahren zur elektrochemischen Messung von Stickstoffmonoxid und S-Nitrosothiolen in Flüssigkeiten
(2001)
Stickstoffmonoxid (NO) ist in den letzten Jahren als Kreislaufregulator und biologischer Botenstoff in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Inzwischen gilt als sicher, dass NO an vielen Schlüsselstellen, nicht nur in der Kreislaufregulation, aber dort besonders, eine prominente Rolle spielt. Das Endothel als disseminiertes Organ betrachtet ist als Produktionsort des zu Beginn der Forschungen phänomenologisch ,,endothelium derived relaxing factor" genannten NO scheinbar von größerer Bedeutung, als zunächst angenommen. Anstelle einer einfachen Gefäßauskleidung ist das Endothel Regulator vieler wichtiger Prozesse. Diskutierte Wirkungen reichen vom septischen Kreislaufversagen bei überschießender NO-Produktion, bis zur Atherosklerose bei gestörter Endothelfunktion mit verminderter NO-Produktion. Es gibt hier ,,gute" und ,,böse" Wirkungen, so das hier von einer Janusköpfigkeit, also Doppelgesichtigkeit, gesprochen wird. NO wird hier jeweils eine Schlüsselrolle als Botenstoff und Effektor zugewiesen. Bisher gibt es aber keine praktikablen Verfahren, um die effektive NO-Produktion zeitnah und in vivo zu quantifizieren. In der vorliegenden Arbeit ist im Anschluß an vorbestehenden Überlegungen und Verfahren eine Methode entwickelt worden, mit deren Hilfe Rückschlüsse auf die jeweilige Produktion und den Plasmaspiegel von NO gezogen werden können. Stickstoffmonoxid hat eine Halbwertszeit von wenigen Sekunden im Plasma. Ein wichtiges Stoffwechselprodukt aus dem Abbau des freien NO sind S-Nitrosothiole. Freies NO geht eine Verbindung mit Thiolgruppen von Plasmaproteinen ein. Diese gebundene Form von NO ist relativ stabil und gilt als Plasmaspeicher von NO. Es kann aus dieser Verbindung wieder herausgelöst werden und liegt dann wieder als freies NO vor. In der vorliegenden Arbeit werden die Grundlagen geschaffen für ein Verfahren, mit dem der Plasmaspiegel von S-Nitrosothiolen bestimmt, und Rückschlüsse auf die NO Produktion gezogen werden können. Die Methode basiert auf dem Umstand, dass man mittels Metallionen, wie beispielsweise Kupferionen, S-Nitrosothiole zur Dekomposition bringen kann. Das freigesetzte NO wurde dann mittels einer amperometrischen NO-selektiven Sonde gemessen. Die zu erwartenden Konzentrationen sind sehr gering und einer verlässlichen Messung nur bedingt zugänglich, da die Abspaltung von NO aus hochmolekularen S-Nitrosothiolen, wie dem S-Nitrosoalbumim, nur sehr langsam abläuft. Günstiger ist die Zerfallskinetik von niedermolekularen S-Nitrosoverbindungen. Daher wird der Zwischenschritt der Transnitrosylierung, der Übertragung der Nitrosylgruppe von Albumin auf einen niedermolekularen Baustein mit einer Nitrosogruppe, eingeschaltet. Die Konzentrationen des zu messenden NO bleiben aber sehr gering, so dass die Minimierung der Störeinflüsse der Methodik einen großen Teil der Arbeit einnimmt. Es konnte in dieser Arbeit nachgewiesen werden, dass S-Nitrosoalbumin mittels des beschriebenen Verfahrens quantitativ bestimmbar ist. Eine Übertragung des Verfahrens auf Messungen im Blutplasma wird der Gegenstand weiterer Forschungen sein.
Organisation und Steuerung des Treiberameisenverhaltens südostasiatischer Ponerinen der Gattung Leptogenys Treiberameisen zeichnen sich durch eine einzigartige Kombination aus Wanderverhalten (häufige Umzüge) und koordinierter Massenjagd (kollektive Raubzüge) aus. Obwohl allgemein angenommen wird, daß die Kommunikation dieser Ameisen zu einem bedeutenden Teil durch Spurpheromone erfolgt, sind bisher in den drei Unterfamilien Ecitoninae, Dorylinae und Aenictinae nur wenige Drüsen bekannt, die derartige Pheromone produzieren. Welche Rolle einzelne Pheromonkomponenten bei der Koordination des komplexen Schwarmverhaltens spielen, wurde bislang noch nicht untersucht. In der Gattung Leptogenys gibt es ein weites Spektrum verschiedener Ökotypen, u.a. auch Arten, die echtes Treiberameisenverhalten zeigen. Bei sieben malaiischen Leptogenys-Arten wurde die Koordination des kollektiven Verhaltens auf Basis der Kommunikation zwischen den Einzelindividuen untersucht. Bei allen Arten wurden mehrere Spurpheromone entdeckt, die in den Gift- und in den Pygidialdrüsen lokalisiert waren. Ökologisch verschiedene Arten wiesen Unterschiede im Kommunikationssystem auf. Die Koordination des Treiberameisenverhaltens von L. distinguenda wurde besonders ausführlich untersucht. Diese Art besitzt ein Mehr-Komponenten-Signalsystem, bei dem die einzelnen Pheromone multiple Funktionen erfüllen. Die Pygidialdrüse enthält eine Pheromonkomponente, die ca. 20 min lang gute Spurfolge bewirkt. Sie dient der Orientierung einzelner Individuen und damit dem Koloniezusammenhalt. Aufgrund konzentrationsabhängiger Spurfolge und durch Modulation der Spurkonzentration kann eine langsame Rekrutierung auf neues Territorium mit diesem Pheromon koordiniert werden. Die Giftdrüse enthält zwei Pheromone. Eine sehr flüchtige Substanz (4-Methyl-3-Heptanon) bewirkt nur 1-2 min lang eine außerordentlich starke Attraktion sowie Erregung, Beschleunigung der Fortbewegung und Aggressivität. Mit dieser Komponente werden Beuterekrutierungen koordiniert. Die starke Wirkung kann das Verhalten zahlreicher Tiere und auf diese Weise sogar die Vorstoßrichtung ganzer Raubzüge beeinflussen. Aufgrund der extremen Flüchtigkeit des Pheromons ist dieser Einfluß jedoch nur momentan, so daß die Raubzugformation außerordentlich dynamisch ist. Eine zweite Komponente der Giftdrüse bewirkt bis zu 5 min lang gute Spurfolge ohne Erregung. Diese Substanz dient ebenfalls dem Koloniezusammenhalt. In den chemischen Spuren können Komponenten gemischt und der Informationsgehalt dadurch variiert werden. Zudem reagieren einzelne Tiere je nach Motivation nur auf bestimmte Komponenten, was situationsspezifisches Verhalten ermöglicht. Beute eintragende Arbeiterinnen folgen selektiv einer Komponente der Pygidialdrüse und ignorieren Komponenten der Giftdrüse. Auf diese Weise steuern sie gezielt das Nest an. In ähnlicher Weise fungieren beim Nestumzug hoch konzentrierte Spuren aus Pygidialdrüsensekret als Leitlinie zum neuen Nest. Umziehende Tiere meiden zudem sehr empfindlich das Sekret der Giftdrüse. Auf diese Weise werden Raubzugspuren klar unterschieden und nicht betreten, so daß beide für Treiberameisen charakteristischen Verhaltensweisen synchron ausgeführt werden können. Der Nestumzug wird mit einem distinkten, mechanischen Signal ausgelöst. Im Notfall kann ein Umzug oder Raubzug mit einer spezifischen Alarmsubstanz aus der Mandibeldrüse abrupt beendet werden. Dies ist z.B. von Bedeutung, wenn sich artgleiche Kolonien begegnen. Das Kommunikationssytem von L. distinguenda zeigt, wie komplexes Verhalten mit einem minimalen Satz an Signalen koordiniert werden kann. Nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit reicht ein einziges Pheromon bei weitem nicht aus, um treiberameisentypisches Verhalten zu realisieren. Treiberameisen sind besonders reich an Myrmekophilen. Die Integration dieser Ameisengäste vor allem in das Kommunikationssystem ihrer Wirte wurde in der vorliegenden Arbeit ebenfalls untersucht. Dabei wurden unterschiedliche Strategien vorgefunden, mit denen Myrmekophile den häufigen Umzügen ihrer Wirtskolonie folgen. Ein Teil der Arten läßt sich von den Ameisen auf der Brut aufsitzend in das neue Nest tragen. Diese Arten reagieren i.d.R. nicht auf die Pheromonspuren der Ameisen. Ein anderer Teil ist in der Lage, den Pheromonspuren aktiv zu folgen. Diese Fähigkeit ist erstmalig bei einer Spinne (Gamasomorpha maschwitzi) nachgewiesen worden. Einen besonders bemerkenswerten Gast stellt die neu beschriebene Lungenschnecke Allopeas myrmecophilos dar. Sie sondert selektiv bei Kontakt mit L. distinguenda ein spezifisches Attraktionssekret ab, welches die Ameisen dazu veranlaßt, die Schnecke mit den Mandibeln aufzunehmen und ins Nest zu tragen. A. myrmecophilos ist der erste nachgewiesene Fall eines Myrmekophilen aus dem Stamm der Mollusken.
Nichtmethan-Kohlenwasserstoffe sind in Gegenwart von Stickstoffoxiden (NO, NO2) wichtige Vorläufersubstanzen von troposphärischen Photooxidantien (z. B. Ozon), die beim photochemischen Metabolismus gasförmiger organischer Verbindungen durch Hydroxylradikale (OH) unter Einwirkung von Sonnenlicht gebildet werden. Experimenteller Beitrag dieser Arbeit ist die Charakterisierung, Modifizierung, Optimierung und Qualitätssicherung des zur Messung von leichtflüchtigen atmosphärischen C2-C10 Kohlenwasserstoffen verwendeten mobilen Gaschromatographen (GC) mit Flammenionisationsdetektor (AirmoVOC HC2010). Im Rahmen des vom BIvIBF geförderten Berlin Ozonexperiments BERLIOZ, das im Sommer 1998 im Großraum Berlin/Brandenburg stattfand, wurden an einer ländlichen Bodenstation in Blossin, 40 km südöstlich Berlins, in situ Messungen von 69 Nichtmethan-Kohlenwasserstoffen durchgeführt. im Vorfeld der Feldkampagne wurde der GC einer umfangreichen Qualitätssicherung unterzogen. Bei einer Immissionsvergleichsmessung, die unter Beteiligung aller Arbeitsgruppen stattfand, ergab sich eine mittlere konzentrationsabhängige Abweichung des HC-2010 von ± 16% und ein konstanter Offset (Bias) von 0,71 nmol/m3 (16 pptv) vom Referenzmeßverfahren des Forschungszentrums Jülich. Die Geräteblindwerte waren für die meisten Analyten kleiner 0,3 nmol/m3 (6 pptv). Aus der dreifachen Standardabweichung der Blindwerte ergaben sich die für Außenluftuntersuchungen geforderten Nachweisgrenzen um 0,4 nmol/m3 (10 pptv). Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde der BERLIOZ-Datensatz hinsichtlich einer Bestandsaufnahme ausgewertet. Die beobachteten Konzentrationen der einzelnen Kohlenwasserstoffe wiesen jeweils eine logarithmische Normalverteilung auf, die Charakterisierung des Datensatzes erfolgte deshalb nicht anhand von arithmetischem Mittelwert und Standardabweichung, sondern mit geometrischem Mittelwert und multiplikativer Standardabweichung. Anhand der OH-Verlustrate wurde der Einfluß der verschiedenen Kohlenwasserstoffe auf die lokale Bildung von Photooxidantien untersucht. Der natürliche Kohlenwasserstoff Isopren lieferte mit 70% den weitaus größten mittleren Beitrag zur Photooxidantienproduktion am Boden. In der Grenzschicht verlor isopren allerdings seine dominante Rolle. Sein Beitrag schrumpfte mit zunehmender Höhe auf 20-40%. in der in 200 m Höhe beobachteten Abluftfahne Berlins verursachten anthropogene Kohlenwasserstoffe rund 2/3 der OH-Verlustrate, wobei die reaktiven C3/C4-Alkene alleine bereits 50% beitrugen.
In der vorliegenden Arbeit wurden retrospektiv Frauen mit polyzystischem Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom) bzw. luteinisiertem nicht rupturiertem Follikel Syndrom (LUF-Syndrom) und unerfülltem Kinderwunsch untersucht, die sich einer operativen Therapie mittels Elektrokoagulation der Ovarialoberfläche unterzogen hatten. Ziel der Arbeit war es, die postoperative Schwangerschaftsrate (SR) nach Elektrokauterisierung der Ovarien zu ermitteln, diese mit den Schwangerschaftsraten anderer Therapieverfahren für das PCO bzw. LUF-Syndrom zu vergleichen sowie Faktoren aufzuzeigen, die die SR bei PCO bzw. LUF-Syndrom nach Elektrokauterisierung der Ovarien beeinflussen. Das Patientenkollektiv setzte sich aus 86 Patientinnen mit primärer oder sekundärer Sterilität zusammen. Dabei waren bei 40 der 86 Patientinnen anamnestisch frustrane medikamentöse, hormonelle Stimulationsbehandlungen durchgeführt worden. Weitere 46 Patientinnen stellten sich ohne hormonelle Vorbehandlung zur Sterilitätsdiagnostik vor. Das durchschnittliche Alter der Patientinnen lag bei 29,9±0,3 Jahren und hatte keinen signifikanten Einfluß auf die post-OP SR. Bei allen Patientinnen wurde eine Laparoskopie mit Chromopertubation durchgeführt und in gleicher Sitzung nach intraoperativer Bestätigung der Verdachtsdiagnose PCO-Syndrom/LUF-Syndrom eine Thermokoagulation der Ovarien angewandt. Bei 74% (n=64) der Patientinnen wurde ein PCO-Syndrom, bei 26% (n=22) ein LUF-Syndrom diagnostiziert. Postoperativ wurde für das Gesamtkollektiv nach Thermokoagulation eine kumulative Schwangerschaftsrate von 46,5 % (n=40) im Nachbeobachtungszeitraum von 46 Monaten erzielt (PCOSyndrom 45,3%, n=29; LUF-Syndrom 50%, n=11) erzielt. 52,5% (n=21) der Schwangerschaften wurden innerhalb der ersten 6 Monate, 25 % (n=10) innerhalb des ersten Jahres, 15 % (n=6) innerhalb der ersten 24 Monate und 7,5 % (n=3) nach mehr als 24 Monaten postoperativ erreicht. Die Abortrate lag insgesamt bei 15 % (n=6). Der initiale body-mass-index (BMI) der Patientinnen hatte keinen signifikanten Einfluß auf die postoperative SR. Die Art der Sterilität (primär/sekundär) beeinflußte in dieser Untersuchung die Schwangerschaftsrate nach Thermokoagulation der Ovarialoberfläche ebenfalls nicht signifikant. Sowohl bei primärer als auch bei sekundärer Sterilität konnten im Gesamt- sowie im PCO- und LUF-Kollektiv gleiche Schwangerschaftsraten von etwa 48% erzielt werden. Dabei lag insgesamt in beiden Kollektiven signifikant häufiger eine primäre als eine sekundäre Sterilität vor. Im Gesamtkollektiv konnte präoperativ bei 53% (n=46), postoperativ bei 65% (n=56) der Frauen eine Zyklusregelmäßigkeit nachgewiesen werden. In der Untergruppe der Frauen, bei denen eine Schwangerschaft eintrat (SRpos), stieg der Anteil der Frauen mit regelmäßigem Zyklus von 43% (n=17) präoperativ auf 63% (n=25) postoperativ an. Die postoperative Zyklusregelmäßigkeit der Frauen scheint sowohl im Gesamtkollektiv als auch im Kollektiv der postoperativ schwanger gewordenen Frauen durch die Elektrokoagulation der Ovarien - wenn auch nicht statistisch signifikant- günstig beeinflußt zu werden. Das gleichzeitige Vorhandensein einer Endometriose (28% der Patientinnen; n=24) hatte keinen signifikanten Einfluß auf die postoperative SR. Bei 7 % (n=6) der Patientinnen im Gesamtkollektiv konnte das gleichzeitige Auftreten von PCOSyndrom/LUF-Syndrom und Myomen diagnostiziert werden. Ein signifikanter Einfluß der Myome auf die postoperative SR konnte nicht nachgewiesen werden. Insgesamt waren jedoch bei LUF-Patientinnen signifikant häufiger Myome (18,1% ; n=4) nachzuweisen als bei PCO-Patientinnen (3,1%; n=2). Im Kollektiv der postoperativ nicht schwanger gewordenen Frauen hatten annähernd doppelt so viele Frauen anamnestisch einen Nikotinabusus wie im Kollektiv der postoperativ schwanger gewordenen Frauen. Im Alter zwischen 20-40 Jahren hat das Alter der Patientinnen zum Zeitpunkt des Eingriffes keinen signifikanten Einfluß auf die postoperative SR. Die in dieser Studie untersuchte operative Sterilitätsbehandlung mittels Elektrokoagulation der Ovarialoberfläche bei PCO-Syndrom und LUF-Syndrom ermöglichte insgesamt 46,5 % (n=40) der Frauen die Erfüllung des Kinderwunsches. Dieses Verfahren stellt damit bis zur Kenntnis einer kausalen Therapie für alle Frauen nach frustranen konservativen Hormonbehandlungsversuchen und für alle Frauen, die sich im Rahmen der Sterilitätsdiagnostik einer Laparoskopie unterziehen müssen ein erfolgreiches Therapiekonzept dar.
Die Entwicklung der Keramik von 3000 BP bis zur Gegenwart in den Tonebenen südlich des Tschadsees
(2001)
Den Kern der hier vorliegenden Arbeit bildet die Gliederung der Keramikfunde von drei Siedlungshügeln aus den Tonebenen (auch firki genannt) des südwestlichen Tschadbeckens Nordost- Nigerias. Obwohl das Gebiet in den 60er Jahren bereits archäologisch erschlossen wurde, waren die keramikchronologischen Aspekte nur oberflächlich abgehandelt worden. Ziel der Arbeit war somit die Erstellung einer grundlegenden Keramikchronologie anhand der sehr umfangreichen Fundmengen aus den Siedlungshügeln Kursakata, Mege und Ndufu. Ihre Stratigraphien erlaubten es, eine Keramikchronologie für die letzten 3000 Jahre zu erstellen. Das Gebiet der dem Tschadsee vorgelagerten firki-Tonebenen konnte erst ab 3000 BP besiedelt werden, wie die C14-Datierungen der Fundplätze bezeugen. Vorher war der auch als Chad Lagoonal Complex bezeichnete Raum von den Wassern des Mega-Tschadsees bedeckt. Diese sogenannte 3000- Jahresgrenze gilt aber nur für die firki-Region, denn in den westlich angrenzenden Sandebenen (Bama Deltaic Complex) war eine Besiedlung um 1000 Jahre früher möglich. Das Siedlungsmaterial der drei Hügel wurde mittels Veränderungen in der Keramik in Bezug auf Verzierung und Form sowie mehrerer C14-Daten in verschiedene Perioden gegliedert: Later Stone Age (1000-500 cal BC), Early Iron Age (500 cal BC-500 cal AD), Late Iron Age (500- 1600 cal AD), Historisch (16.-19 Jh. AD), Subrezent (19.-20. Jh. AD). Later Stone Age und Early Iron Age zeigen in der Keramikentwicklung eine Früh- und Spätphase. Den wichtigsten chronologischen Faktor bilden die Verzierungstechniken, denn vom Later Stone Age bis zur subrezenten Periode ist eine Abnahme von unverzierten Scherben im Verhältnis zu verzierten Scherben zu beobachten, d. h. größere Flächen wurden auf der Keramik verziert. Der Keramikhorizont von Ritz-, Stich- und Wiegebandtechnik im Later Stone Age wandelt sich über das Early Iron Age zu einem Matten- und Roulettehorizont schließlich zu einem Roulettehorizont im Late Iron Age. Den Entwicklungen in der Verzierung lassen sich Veränderungen bei den Gefäßformen gegenüberstellen, die sich von geschlossenen zu offenen Formen wandeln. Das Later Stone Age ist durch Kümpfe, dagegen das Early Iron Age durch Töpfe geprägt. Offene Schalen-Schüsseln bestimmen das Gefäßinventar ab dem Late Iron Age, aber auch verschiedene neue Gefäßtypen wie So-pots, Dreifußgefäße, Gefäße mit flachem Boden sowie solche mit langen konischem Rand treten jetzt in Erscheinung. Die zunehmende Bedeutung der Verzierungstechniken Matte und Roulette in den Fundplätzen spiegelt sich in ihrer Variationsbreite wider. Einzelne Matten- und Roulettetypen nehmen die Stellung von Leitformen ein. Im Later Stone Age sind nur Randparallele/Diagonale Geflechte und kombinierte Roulettes (cord wrapped stick roulette) vorhanden. Ab dem Early Iron Age wird das Formenspektrum erweitert. Zwirnbindige Geflechte und gezwirnte Schnurroulettes (twisted string roulette) bilden die charakteristischen Arten in der Frühphase des Early Iron Age, aber ab der Spätphase des Early Iron Age gewinnen die kombinierten Roulettes (cord-wrapped stick with spacing roulette) wieder an Bedeutung. Danach treten nur noch Roulettearten neu hinzu. Im Late Iron Age ist es das Schnitzroulette (carved roulette) und gegen Ende des Late Iron Age, aber vor allem ab der historischen Periode das gezwirnte Bandroulette (twisted strip roulette). Anders als bei den Roulettetechniken ist das Vorkommen von Matten an bestimmte Herstellungstechniken von Gefäßen gebunden, vorausgesetzt die Matten wurden nicht nach der Herstellung in die Oberfläche des Gefäßes eingeklopft. Ihr flächendeckender oder auf das Gefäßunterteil beschränkter Auftrag auf der Keramik der untersuchten Fundplätzen deutet auf die Anwendung von Treibtechnik zur Herstellung der Gefäße hin. Die begrenzte Handhabung der Matten und ihre primär technische Bedeutung (Oberflächenbehandlung) spielten vermutlich eine Rolle bei ihrer Verdrängung durch die Roulettetechnik. Insgesamt zeigt die chronologische Entwicklung der Keramik, daß die Tonebenen ohne längere Unterbrechung kontinuierlich besiedelt waren. Der Übergang von einer Periode zur nächsten ist zwar durch Veränderungen im Keramikmaterial gekennzeichnet, es werden aber immer auch verschiedene Merkmale aus der vorangegangenen Periode übernommen. Am markantesten stellt sich der Übergang vom Later Stone Age zum Early Iron Age dar. Hier finden Entwicklungen in der Keramik statt, die heute noch ihren Niederschlag (Roulettetechnik) finden. Die politischen Veränderungen im Gebiet der firki zu Beginn der sogenannten historischen Periode (Integration in das Kanem-Bornu-Reich) fallen keramiktypologisch betrachtet weniger ins Gewicht, d. h. die bestehende Keramiktradition wurde nicht vollständig durch eine andere ersetzt. Das Keramikmaterial aus den firki-Tonebenen Nordost-Nigerias zeigt, wie zu erwarten, die größten Übereinstimmungen zu dem anderer Fundplätze aus den Tonebenen der heute angrenzenden Staaten Kamerun und Tschad. Mit den Fundinventaren aus der südlich angrenzenden Mandara-Region in Kamerun und Nigeria haben unsere Keramikinventare die Entwicklung zu vorwiegend Rouletteverzierter Keramik (genauer gesagt Schnurroulette) in der Eisenzeit gemeinsam. In der nördlichen Mandara-Region scheint die Keramikentwicklung allerdings statischer verlaufen zu sein, da hier die markanten Veränderungen aus der firki während der Eisenzeit fehlen. Dennoch läßt das Keramikmaterial auf Beziehungen zwischen beiden Regionen schließen, die nach der Fundlage im Handel von Steinen und vermutlich auch Eisenerzen und Metallobjekten bestanden. Ebenso ist die politische Entwicklung in den Tonebenen (Integration in das Kanem-Bornu Reich) eng mit der in der nördlichen Mandara-Region (Bildung des Wandala-Reiches) verknüpft, was sich auch im Keramikmaterial widerspiegelt. Dagegen offenbaren die Fundstellen des östlichen Tschadbeckens in der Republik Tschad gänzlich andere Keramiktraditionen. Typische Keramikelemente aus der firki treten dort erst später oder gar nicht auf. Die Integration der firki Nordost-Nigerias in das Kanem-Bornu-Reich stellt sich als eine Verbreitung bestimmter Keramikelemente (twisted strip roulette, Sgraffito) westlich des Tschadsees (Yobe Valley) weiter nach Süden dar, wobei diese Keramikmerkmale von der autochthonen Bevölkerung westlich des Tschadsees schon vor der Ankunft der Kanuri verwendet wurden. Dies bedeutet, daß die Kanuri die Keramikmerkmale entweder von der einheimischen Bevölkerung übernommen haben oder schon vorher ein kultureller Austausch zwischen dem Yobe Valley und Kanem bestand. Die firki-Region war im Laufe ihrer Besiedlung verschiedenen Einflüssen anderer Regionen ausgesetzt. So müssen die ersten Siedler von außerhalb in das Gebiet eingewandert sein, da es längere Zeit für eine Besiedlung unzugänglich war. Weder die westlich angrenzenden Sandflächen noch die südlich angrenzenden Ebenen der Mandara-Region oder der östliche Teil des Tschadbeckens kommen derzeit dafür in Frage. Die Wirtschaftsweise der ersten Siedler deutet in nördliche Richtung, denn sie brachten domestizierte Rinder, Schafe, Ziegen und die Kenntnis vom Anbau domestizierter Perlhirse (Pennisetum glaucum) mit. Ihre Keramik steht in der Tradition des saharischen und sudanesischen Endneolithikums, was sich aus zonal begrenzten Verzierungen und der häufigen Verwendung von Ritztechnik und Spatelstich ableiten läßt. Die für das Later Stone Age in der firki typische Rouletteund Mattentechnik wurde in der Sahara/Sahel entwickelt. Ob die ersten Siedler nun aus östlicher oder westlicher Richtung kamen, läßt sich nicht definitiv sagen. Allerdings ist eine westliche Richtung durch die dort nachgewiesene Verwendung von Matten in Köperbindung und der eines kombinierten Roulette (cord-wrapped stick with spacing roulette) zu favorisieren. Der Übergang zum Early Iron Age in der firki ist mit neuen Einflüssen aus der südwestlichen Sahara und dem angrenzenden Sahel verbunden. Dies geht aus der Verwendung von twisted string roulette und zwirnbindiger Geflechte hervor. Auch wirtschaftlich hat mit Beginn des Early Iron Age ein Wandel stattgefunden, denn zu diesem Zeitpunkt setzt ein großflächiger Anbau von Perlhirse (Pennisetum glaucum) ein. Erst jetzt kann man von einer vollentwickelten seßhaften Lebensweise in der firki sprechen. Archäobotanische und archäozoologische Untersuchungen bezeugen einen Umschwung zu arideren klimatischen Bedingungen am Übergang vom Later Stone Age zum Early Iron Age, der die wirtschaftlichen Veränderungen nach sich gezogen haben könnte. Die grundlegenden Veränderungen in der Keramik unterstützen diese Hypothese, denn sie spiegeln vielleicht dieselbe Entwicklung nur auf anderer Ebene wider. Der Einfluß von Keramiktechniken aus dem Nordwesten läßt Bevölkerungsverschiebungen aus dem trockenen Norden in die von Wasservorkommen begünstigten firki-Tonebenen vermuten. Ein Einfluß aus anderer Richtung zeigt sich für das Late Iron Age. So hat sich wahrscheinlich die Technik des carved roulette im Savannenraum von Nigeria, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik entwickelt und weiter ausgebreitet. Für die historische Periode und den mit ihr in Zusammenhang stehenden politischen Veränderungen wurde schon auf Einflüsse aus dem westlichen Tschadbecken (Yobe Valley) Nordost-Nigerias hingewiesen. Dennoch muß die Bevölkerung in den Tonebenen nicht erst mit der Ausbreitung der Kanuri am Ende des 16. Jh. AD mit der Verwendung von twisted strip roulette in Berührung gekommen sein, wie Funde aus dem Late Iron Age zeigen. Diese Technik ist typisch für die Eisenzeit in Mali, sie wurde aber auch im 1. Jt. AD in der nördlichen Mandara-Region vereinzelt verwendet. Die Verbreitung der Roulette- und Mattentechniken ist für die Rekonstruktion von Beziehungen zu anderen Regionen ausschlaggebend. Am Keramikmaterial von Kursakata, Mege und Ndufu läßt sich sehr gut beobachten, daß verschiedene Roulette- und Mattentechniken hier zeitlich versetzt voneinander im Later Stone Age und Early Iron Age in Gebrauch kommen, die weiter nördlich schon im Later Stone Age bekannt waren und gemeinsam verwendet wurden. Die Bedeutung von twisted string roulette als Indikator für das Early Iron Age teilen sich die Fundplätze aus der firki mit anderen Fundplätzen aus dem Savannenraum. In der firki stehen Schnurroulettes und zwirnbindige Geflechte als Synonym für Eisen und seßhafte Lebensweise. Mit der hier vorliegenden Arbeit ist zum ersten Mal eine grundlegende Keramikchronologie für die firki-Tonebenen Nordost-Nigerias erstellt worden. Die verschiedenen Verzierungstechniken und auch die bislang wenig berücksichtigten Gefäßformen wurden näher bestimmt. Weiterhin ermöglichten es die Analysen, das Fundmaterial anderer Plätze besser zu beurteilen bzw. eine fundiertere Grundlage für Vergleiche zu bilden, d. h. es wurde ein detaillierter und kritischer Vergleich mit allen wichtigen Fundplätzen aus dem südlichen Tschadbecken vorgenommen. Darüber hinaus wurden die für die Keramikchronologie wichtigen Roulette- und Mattentechniken dokumentiert und anhand ihrer technischen Merkmale definiert. Eine zusammenfassende Darstellung zur Verbreitung der Rouletteund Mattentechniken in Afrika erlaubte es, ihre Vorkommen in Nordost-Nigeria in einen größeren vorgeschichtlichen Zusammenhang zu sehen. Somit bietet die hier vorliegende Arbeit genügend Grundlagen, auf die nachfolgende Forschungen aufbauen können. Für das östliche Tschadbecken und die nördliche Mandara Region steht bislang eine solche Keramikchronologie noch aus.
In dieser Arbeit wurde versucht, das Phänomen des Metamagnetismus, wie es in den elektronisch hochkorrelierten Systemen auftritt und im Besonderen in CeRu2Si2, eingehender zu untersuchen. Hauptanliegen war die Rolle der Elektron-Gitter-Wechselwirkung zu analysieren. Hierzu wurde eine Messzelle konstruiert, die es ermöglichen sollte das Volumen während der Magnetfeldläufe durch das Ausüben von "passivem" uniaxialen Druck konstant zu halten. Die Experimente konnten an verschiedenen CeRu2Si2-Proben durchgeführt werden, mit stark unterschiedlichen Länge-zu-Breite-Verhältnissen. Die Messergebnisse an den zur Verfügung stehenden Chargen, den Lejay-Proben und der Onuki-Probe, sind in sich nicht schlüssig, führten doch die Magnetostriktions- und die Suszeptibilitätsmessungen unter Druck an den Lejay-Proben vermittels einer Beschreibung über die Skalierungsthese zu unterschiedlichen -Parametern. So ist über die Magnetostriktion ein Wert von =280Mbar-1 gewonnen worden und über die Suszeptibilität unter Druck resultierte letzten Endes unter Grundlage einer Kompressibilität von =0.64Mbar-1 ein Wert von =160Mbar-1. Die Onuki-Probe zeigte unterdessen eine stärkere Feldverschiebung unter Druck in den Suszeptibilitäts- sowie den realisierten Ultraschallmessungen einer longitudinalen Mode, die entlang der [110]-Richtung propagierte. Beide Messmethoden wiesen zwar ein eindeutiges Verhalten unter Druck auf, doch ist auch hier ebenfalls eine Abweichung des -Parameters gegenüber den aus der Literatur bekannten Werten von171-200Mbar-1, als auch gegenüber den ,,Lejay-Werten" festgestellt worden. So zeigte die Onuki-Probe im Rahmen einer Auswertung mit einer Kompressibilität von =0.64Mbar-1 kein schlüssiges Verhalten bei einer Zusammenschau der Suszeptibilitätsmessungen unter Druck sowie der Transformation der Magnetostriktions- auf die Magnetisierungsdaten, basierend auf Messungen der Lejay-Proben. Der erhaltene - Parameter von 250Mbar-1 steht hierbei dem Wert von 280Mbar-1 gegenüber. Diese Differenz entspricht einer Feldverschiebung von 0.7T. Kalkuliert man aus der Striktionsmessung entlang der [110]-Richtung die relative Volumenänderung, findet sich hingegen ein - Parameter von 170Mbar-1, der sich seinerseits wieder mit den Resultaten von Mignot deckt. Festzuhalten ist jedoch, dass für beide Proben ein erhöhter Grüneisenparameter aus den Experimenten mit ,,passivem Druck" gefunden wurde. Kann man das über die unterschiedlichen -Parameter deduzierte Verhalten beider Proben unter Druck noch auf eine eventuelle Probenqualität zurückführen, so bleibt immer noch die Tatsache kritisch, dass die experimentell bestimmten -Werte hier größer als die in der Literatur veröffentlichten und nicht alleine aus einem abweichenden Kompressibilitätswert zu erklären sind. Trotzdem ist ein wichtiges Ergebnis erzielt worden. An der Probe mit dem für uniaxialen Druck günstigen geometrischen Abmessungen wurde die Zwangsbedingung des konstanten Volumens verifiziert. Dies geschah durch ein von G.Bruls neu entwickeltes Dilatationsmessverfahren auf Ultraschallbasis. Es wurde durch eine Unterdrückung des Gitterfreiheitsgrades gezeigt, dass der Metamagnetismus intrinsischer Natur ist, wie es theoretische Überlegungen mit Hilfe des Skalierungsansatzes prognostizierten. Das kritische Feld ist jedoch im Gegensatz zum frei expandierenden System zu höheren Feldern verschoben und der Metamagnetismus wesentlich schwächer ausgebildet. Wodurch sich in der Diskussion um die Rolle des Gitters bei der Prägnanz des metamagnetischen Überganges deutlich dessen Relevanz abzeichnet. Ist aus der Skalierungsthese eine Beschreibung der physikalischen Vorgänge mit einem Parameter hinreichend, so bedingte, wie zuvor erwähnt, eine Adaption der Skalierungsthese auf die durchgeführten ,,passiven Druckexperimente" die Einführung eines gegenüber dem thermischen Grüneisenparameter erhöhten, renormalisierten Grüneisenparameters. Diese eventuelle druckbedingte Renormierung kann aber auch ursächlich als Erhöhung des magnetischen Grüneisenparameters gewertet werden, die als Indiz eines im Magnetfeld anwachsenden Sommerfeld-Wilson-Verhältnisses gedeuted wird. Abschließend wurde ein theoretisches Modell vorgestellt, das den metamagnetischen Übergang auf das Feldverhalten der hybridisierten Quasiteilchenbänder mit erhöhter Zustandsdichte zurückführt. Das Maximum in der Suszeptibilität ist dabei die Folge eines levelcrossings des spinup-Bandes mit der Fermikante, das von einem Abwandern der itineranten Elektronen in das obere spinup-Band begleitet wird. Als wichtig für die naturgemäße Beschreibung des Metamagnetismus in CeRu2Si2 hat sich hierbei die Berücksichtigung der Anisotropie der Hybridisierungswechselwirkung, sowie die durch das Kristallfeld bedingte korrekte Grundzustandswellenfunktion erwiesen. Mit diesem Modell gelingt auch eine Reproduktion des phänomenologisch gefundenen Skalierungsverhaltens mit dem die Magnetostriktionsdaten auf die Magnetisierungsdaten transformiert werden.
Im Gegensatz zu den Arbeiterinnen der sozial lebenden Wespen und Bienen sind alle Ameisen flügellos. Die Flügellosigkeit der Ameisenarbeiterinnen bedingt, dass selbst kleinste Räume in der Erde oder in Holz von Kolonien besiedelt werden können. Sie war eine wichtige Voraussetzung für ihre Vorherrschaft auf dem Boden. Die für bodennistende Arten als Baumaterial in Frage kommende Erde hat jedoch die Eigenschaft, dass z. B. starke Regenfälle die Stabilität der Bauwerke negativ beeinflussen können. Deshalb und weil Erde in den höheren Regionen des Laubdaches schwierig zu beschaffen ist, sind Erdnester für den Übergang zum Leben in den Baumkronen wenig geeignet. Höhlungen in verrottendem Holz stehen aufgrund der schnellen Zersetzung in den Tropen nur für einen relativ kurzen Zeitraum und wenig regelhaft zur Verfügung. Der dadurch vorherrschende Mangel an Nistraum im tropischen Regenwald ist möglicherweise der wichtigste Faktor der Koloniegrößeregelung bei Ameisen. Erst mit dem Übergang zu aktivem Freinestbau ist es den Ameisen gelungen, sich (i) unabhängig von natürlichen Höhlen zu machen und dadurch große Kolonien zu etablieren, (ii) den Kronenraum als Habitat dauerhaft zu erschließen, (iii) negativen Witterungseinflüssen entgegenzuwirken und (iv) vorhandene Nahrungsressourcen in diesem Stratum permanent zu nutzen. Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten freinestbauenden Ameisen sind selbst in der Lage, additiv Nistraum zu schaffen. Die Vertreter dieser Gilde legen ihre Nester nicht in der Erde oder in natürlichen oder selbst ,ausgeräumten-- Hohlräumen von Bäumen an, sondern konstruieren aktiv frei in der Laubregion der Holzgewächse Nisträume bzw. Unterstände, indem sie Material zusammentragen oder herstellen, mit dem eine Abschottung des Brut- und Nahrungsraumes gegenüber der Umwelt erreicht wird. Die erfolgreiche Besiedlung der Kronenregion war den Ameisen nur durch veränderte Bautechniken und eine verbesserte und angepasste Materialverwendung möglich. Gegenstand der vorliegenden Dissertation war zunächst die Bestandsaufnahme der freinestbauenden Ameisen der Baumkronenregion südostasiatischer Regenwälder. Der erste Schritt einer Analyse der Freinestkonstruktionen von Ameisen bestand darin, die Vielfältigkeit der verwirklichten Nestformen zu erfassen und darzustellen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten und die beteiligten Ameisenarten zu identifizieren. Im zweiten Teil der Arbeit wurden intensiv die proximaten Mechanismen des aktiven Nest- und Pavillonbaus untersucht. Dazu wurden die einzelnen Schritte der Nestentwicklung für sieben Ameisenarten aus sechs Gattungen in allen Details dargestellt und zusammenfassend beschrieben. Es wurde ermittelt, welche Baumaterialien die verschiedenen Ameisen nutzen und wie diese Materialien verwendet werden. Zur Bestimmung der verschiedensten Nesttypen wurden neben architektonischen Unterschieden auch Differenzen in der Substratwahl, Materialbeschaffenheit und in der Funktion der Nestkonstruktionen berücksichtigt. Als weiteres Kriterium zur Klassifikation arborealer Nestanlagen diente die Verschiedenartigkeit der Materialbearbeitung und der Substratvorbereitungen durch die Ameisen. Einige dieser Nestcharakteristika sind quantitativer, andere qualitativer Natur. Im Verlauf der Untersuchung wurden 1767 Kolonien bearbeitet und eingeordnet. Davon konnten insgesamt 100 Arten bzw. Morphospezies bestimmt und als echte Freinestbauer im Sinne der vorher formulierten Definition charakterisiert werden. Die ermittelten Arten verteilten sich auf acht Gattungen aus den drei Unterfamilien Formicinae, Dolichoderinae und Myrmicinae. Diese drei Unterfamilien gelten als die am weitesten entwickelten Ameisen und dominieren in der Kroneregion tropischer Regenwälder. Auffallend an dieser höher entwickelten Gruppe von Ameisen ist die Tendenz, pflanzliche Produkte als Hauptnahrungsressource zu nutzen. Die artenreichste Gattung Polyrhachis (39 Arten) gehört der Unterfamilie Formicinae an; zusammen mit den Gattungen Camponotus (10) und Oecophylla (1) wurden allein 50 Arten aus dieser Unterfamilie gefunden. In der Gattung Camponotus konnten zwei Untergattungen (C. Karavaievia, C. Myrmotarsus) mit freinestbauenden Arten ermittelt werden. Mit 29 identifizierten Arten aus drei Gattungen stellten die Myrmicinae die zweitgrößte Unterfamilie, wobei allein 23 Arten auf die Gattung Crematogaster entfielen. In den beiden anderen Myrmicinen-Gattungen Monomorium (5 Arten) und Myrmicaria (1 Art) fanden sich nur vergleichsweise wenige Vertreter mit Freinestbau. Die dritte Unterfamilie, die Dolichoderinae, wird durch die Gattungen Dolichoderus und Technomyrmex mit zusammen 21 Arten repräsentiert. Die als Freinestbauer ermittelten Ameisenarten zeigen hinsichtlich ihrer Koloniestruktur und Nestorganisation einige nennenswerte Parallelen. Die Mehrzahl der Arten lebt in polydomen Kolonieverbänden, die ihre manchmal mehr als 200 Nestanlagen meist nur auf eine einzelne oder wenige Nestpflanzen verteilen. In den Gattungen Camponotus und Monomorium sind alle Arten polydom organisiert, bei Dolichoderus und Technomyrmex sind es 90 % und bei Crematogaster 70 %. Polydomie findet man auch bei Myrmicaria arachnoides und Oecophylla smaragdina. Als weitere Gemeinsamkeit fällt ins Auge, dass mit Ausnahme von Myrmicaria arachnoides und Polyrhachis spp. funktionell als Stallnester zu charakterisierende Nestkonstruktionen überwiegen. Insbesondere bei Technomyrmex (100 %), Dolichoderus (100 %), Camponotus (70 %), Crematogaster (82 %), aber auch bei Monomorium (100 %) und Oecophylla smaragdina besteht eine ausgeprägte Tendenz, die Honigtau liefernden Trophobionten und die Brut in denselben Bauten unterzubringen. Bei den meisten Arten besteht somit ein enger Zusammenhang zwischen Freinestbau und trophobiotischer Ernährungsweise. Diese enge räumliche Vereinigung von Nahrungs- und Nistressourcen bildet die Basis für die Entwicklung individuenreicher, konkurrenzstarker und ökologisch dominanter Ameisenarten in der Kronenregion. Insgesamt wurden 22 unterscheidbare Nesttypen ermittelt und in allen Einzelheiten dargestellt. Auf 47 Bildtafeln wurden dazu fotografisch und zeichnerisch die Charakteristika der verschiedenen Nesttypen hinsichtlich der Nestarchitektur und ethologischer Besonderheiten der beteiligten Ameisenarten abgebildet. Während die Anzahl der freinestbauenden Ameisenarten sicherlich nur annähernd erfasst werden konnte, ist bei der Darstellung der verschiedenen Nesttypen zu erwarten, dass die erfolgreichsten, auf der Basis ethoökologischer sowie material- und substrattechnischer Unterschiede ermittelten Erscheinungsformen aufgeklärt werden konnten. Die vorgenommene Unterteilung der Hauptkategorie ,Nestsubstrat-- in drei blattgebundene und zwei stammgebundene Unterkategorien zeigte, dass die zweifach geschützte und materialsparende Position zwischen Blättern, von zusammen 13 Arten aus den Gattungen Polyrhachis (6), Camponotus (Karavaievia) (2), Oecophylla (1) und Crematogaster (3) präferiert wurde. Nester auf der vergleichsweise ungeschützten Blattoberseite wurden nur von Arten der Gattung Polyrhachis gebaut. Die bevorzugte Position der Polyrhachis-Nester war auf der Blattunterseite, 67 % aller Polyrhachis Nester waren dort lokalisiert. Die Nester der Untergattung Camponotus (Karavaievia) waren zu 75 % und die von Technomyrmex, Monomorium und Myrmicaria gar zu 100 % auf der Blattunterseite angebracht. Zusammen betrachtet waren 64 % aller im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgenommenen Nestbauten auf der Unterseite einzelner Blätter zu finden. Von allen Nestbauten auf Stamm- und Astoberflächen waren 75 % von Crematogaster-Arten besiedelt. Diese Nestposition konnte ansonsten nur noch bei zwei Polyrhachis-Arten und bei der mit Epiphyten assoziierten Camponotus (Myrmotarsus) gefunden werden. Je nach Anteil der hauptsächlich verarbeiteten Baustoffe kann man in vier Nestmaterialtypen unterteilen: (i) Nester aus toten pflanzlichen Materialien, (ii) Pilznester, (iii) Seidennester und (iv) Wurzelnester (Ameisengärten). Am häufigsten vertreten waren die aus Larvalseide gefertigten Webenester der Gattungen Polyrhachis, Camponotus (Karavaievia) und Oecophylla; insgesamt 45 % aller Funde gehörten zu dieser Materialgruppe. Fremde Seide konnten neben drei Polyrhachis-Arten auch drei Arten aus der Gattung Dolichoderus verarbeiten. Bemerkenswert ist der hohe Anteil pilzbewachsener Nestbauten. In allen drei Unterfamilien fanden sich Arten, die zu unterschiedlichen Teilen Pilze in ihren Nestern hielten. In der Gattung Technomyrmex waren 70 % aller älteren Nester vollständig aus Pilzhyphen gebildet. Mehr als die Hälfte des Nestmaterials von Monomorium-Nestern bestand ebenfalls aus einem dichten Pilzmyzel. Pilze bildeten auch in den Nestern von einigen Arten der Gattungen Dolichoderus, Crematogaster und Camponotus (Myrmotarsus) die maßgebliche Materialkomponente. Folgt man der bisher verwendeten Begriffsdefinition, die arboreale Ameisennester in der Regel nach den hauptsächlich verwendeten Baumaterialien einteilt, so muss man zu den bislang bekannten Karton- und Seidennestern die dritte Gruppe der Pilznester hinzufügen. Die Wahl des jeweiligen Baumaterials wirkt sich direkt auf die angewandten Bearbeitungsmechanismen und die Art und Weise der Nestfixierung und Neststabilisierung aus. Die Vertreter der Myrmicinen-Gattungen Myrmicaria und Monomorium zeigten in der Materialnutzung sowie bei der Stabilisierung und Fixierung der Konstruktionen gattungsspezifische Eigenheiten. Die Festigung der Nestbauten werden über H- Brückenstabilisierung (Myrmicaria) und Trichomstabilisierung (Monomorium) erreicht. Pilzhyphenstabilisierte Nester bauen Vertreter der Gattungen Technomyrmex, Dolichoderus und Crematogaster. Wobei innerhalb der beiden letztgenannten Gattungen noch eine Reihe weiterer Fixierungsmechanismen auftreten können. Bei Dolichoderus und Crematogaster sind die Methoden der Materialverfestigung sehr vielfältig und haben jeweils eine große Radiation erfahren (Stabilisierung durch Fremdseide, Pilze, Wurzeln und Klebstoff). Den Camponotus-Arten war die Eroberung der Baumkronenregion mit Hilfe von wurzelstabilisierten Ameisengärten (C. (Myrmotarsus)) und mit der Verwendung klebriger Larvalseide (C. (Karavaievia)) möglich. Beschränkt auf Seide zur Nestfixierung sind die Arten der Gattungen Oecophylla und Polyrhachis. Das bestimmende Element in der Nestarchitektur von fast allen Ameisennestern ist die Bogenkammer oder der Bogengang. Die innere Architektur von Oecophylla-Nestern weicht praktisch als einzige von dieser weit verbreiteten ,Bogenkammer-Struktur-- ab. Bei allen anderen Ameisenarten sind die Nestkammern in der Höhendimension in etwa auf die Größe einer einzelnen Arbeiterin beschränkt. Wegen der kooperativen Zusammenarbeit vieler Arbeiterinnen bei Oecophylla wird die Korrelation von Kammerhöhe und Körpergröße in dieser Gattung aufgehoben. Morphologische Besonderheiten, die als Anpassung an das Leben in Freinestern gedeutet werden könnten, konnten in der vorliegenden Arbeit bei keiner der untersuchten Arten festgestellt werden. Bei Bienen, Wespen und bei den Termiten wird überwiegend eine modellierende Bearbeitungstechnik angewandt. Die körpereigenen, flüssig-adhäsiven Substanzen (Wachs, Sekret und Kot) werden dazu oft noch mit Wasser verdünnt. Auch viele Ameisenarten verarbeiten wassergetränktes Material, nur einige wenige Vertreter der Gattung Crematogaster versetzen es allerdings mit klebenden Sekreten. Die durch das Baumaterial und dessen Fixierung am Substrat vorgegebene Verschiedenartigkeit der Bearbeitungstechniken hat bei den Ameisen zu sehr komplexen Verhaltensweisen geführt. So zum Beispiel das gezielte Verzahnen von Blatthaaren und das Verbinden von Baustoffen ohne die Zugabe von Leim. Weiter bearbeiten Ameisen Materialien, indem sie sie mit Fäkalien und anderen nährstoffreichen Substanzen düngen und so das Wachstum von Pilzhyphen und Wurzelfasern aktiv lenken. Die Seidenweber zeigen mit dem Verspinnen noch eine zusätzliche Möglichkeit der Materialbearbeitung bei Ameisen. Im Vergleich mit anderen sozialen Insekten findet man innerhalb der Ameisen eine mehr generalisierte Bautechnik, die möglicherweise variabler und effizienter ist als die Spezialisierung auf nur eine Materialkomponente. Generell sind die Freinestbauer, anders als die weitgehend deterministisch eingenischten obligaten Pflanzenameisen, bei der Auswahl des Nistplatzes nicht auf vorgegebene Hohlraumstrukturen (Domatien etc.) ganz bestimmter Pflanzen angewiesen, sondern erhöhen ihre Beweglichkeit in der Nistplatzwahl durch die Auswahl vergleichsweise häufig zu findender Substrattypen und Nestmaterialien. Bei allen untersuchten Freinestbauern konnte keine Spezialisierung auf eine bestimmte Pflanzenart festgestellt werden. Stochastische Besiedlungsprozesse gewinnen damit in dieser Ameisengilde, im Vergleich mit den myrmekophytischen Ameisenarten, an Bedeutung. In der vorliegenden Dissertation konnte erstmalig experimentell gezeigt werden, dass die bislang nur aus der Neotropis bekannten Ameisengärten auch im paläotropischen Faunengebiet zu finden sind. Die erstaunlichen Ähnlichkeiten zwischen neotropischen und paläotropischen Ameisengarten-Assoziationen deuten darauf hin, dass es in den unterschiedlichen tropischen Gebieten zu einer konvergenten und parallelen Entwicklung von ähnlich präadaptierten Ameisen und Pflanzen gekommen ist. Freinestbau ist mehrfach unabhängig voneinander entstanden. Sehr wahrscheinlich stand bei vielen Ameisen die Sicherung von Trophobiosestellen am Anfang der Entwicklung. Denkbar ist ebenso, dass die Vergesellschaftung von Epiphyten und Ameisen bei einigen Gruppen die Basis für die Evolution von Freinestbau war. Die Fertigung ausgedehnter Schutzbauten außerhalb der Nester, wie man sie beispielsweise bei der Myrmicinen-Gattung Pheidole findet, könnte ebenfalls die Evolution von frei gestalteten Nestern initiiert haben. Insgesamt wird deutlich, dass Konkurrenzvermeidung und die Erweiterung des Nistraum- und Nahrungsspektrums die drei bestimmenden Faktoren in der Evolution des Nestbauverhaltens von Ameisen waren. Anders als bei Wespen und Termiten fehlt den Ameisen jegliche Prädisposition für die Produktion von liquiden Klebesubstanzen. Sie haben vielfältige Wege gefunden, Wasser zum Nest zu transportieren und damit ihren Möglichkeiten entsprechende Verarbeitungs- mechanismen anzuwenden. Die fehlende gemeinsame Prädisposition der Ameisen für eine dauerhafte Fixierung von Baumaterialien, wie sie für freie Nestkonstruktionen notwendig ist, hat viele verschiedene Lösungen hervorgebracht und ist einer der Gründe für die hohe Variabilität der Freinestbauten bei Ameisen. Die in der vorliegenden Arbeit gezeigte variable Nistbiologie hat einen wichtigen Einfluss auf die Abundanzstrukturen tropischer arborealer Arthropodengemeinschaften und ist in hohem Maße für den großen Erfolg der Ameisen in diesem Habitat verantwortlich.
Im Gegensatz zu den Arbeiterinnen der sozial lebenden Wespen und Bienen sind alle Ameisen flügellos. Die Flügellosigkeit der Ameisenarbeiterinnen bedingt, dass selbst kleinste Räume in der Erde oder in Holz von Kolonien besiedelt werden können. Sie war eine wichtige Voraussetzung für ihre Vorherrschaft auf dem Boden. Die für bodennistende Arten als Baumaterial in Frage kommende Erde hat jedoch die Eigenschaft, dass z. B. starke Regenfälle die Stabilität der Bauwerke negativ beeinflussen können. Deshalb und weil Erde in den höheren Regionen des Laubdaches schwierig zu beschaffen ist, sind Erdnester für den Übergang zum Leben in den Baumkronen wenig geeignet. Höhlungen in verrottendem Holz stehen aufgrund der schnellen Zersetzung in den Tropen nur für einen relativ kurzen Zeitraum und wenig regelhaft zur Verfügung. Der dadurch vorherrschende Mangel an Nistraum im tropischen Regenwald ist möglicherweise der wichtigste Faktor der Koloniegrößeregelung bei Ameisen. Erst mit dem Übergang zu aktivem Freinestbau ist es den Ameisen gelungen, sich (i) unabhängig von natürlichen Höhlen zu machen und dadurch große Kolonien zu etablieren, (ii) den Kronenraum als Habitat dauerhaft zu erschließen, (iii) negativen Witterungseinflüssen entgegenzuwirken und (iv) vorhandene Nahrungsressourcen in diesem Stratum permanent zu nutzen. Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten freinestbauenden Ameisen sind selbst in der Lage, additiv Nistraum zu schaffen. Die Vertreter dieser Gilde legen ihre Nester nicht in der Erde oder in natürlichen oder selbst ,ausgeräumten-- Hohlräumen von Bäumen an, sondern konstruieren aktiv frei in der Laubregion der Holzgewächse Nisträume bzw. Unterstände, indem sie Material zusammentragen oder herstellen, mit dem eine Abschottung des Brut- und Nahrungsraumes gegenüber der Umwelt erreicht wird. Die erfolgreiche Besiedlung der Kronenregion war den Ameisen nur durch veränderte Bautechniken und eine verbesserte und angepasste Materialverwendung möglich. Gegenstand der vorliegenden Dissertation war zunächst die Bestandsaufnahme der freinestbauenden Ameisen der Baumkronenregion südostasiatischer Regenwälder. Der erste Schritt einer Analyse der Freinestkonstruktionen von Ameisen bestand darin, die Vielfältigkeit der verwirklichten Nestformen zu erfassen und darzustellen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten und die beteiligten Ameisenarten zu identifizieren. Im zweiten Teil der Arbeit wurden intensiv die proximaten Mechanismen des aktiven Nest- und Pavillonbaus untersucht. Dazu wurden die einzelnen Schritte der Nestentwicklung für sieben Ameisenarten aus sechs Gattungen in allen Details dargestellt und zusammenfassend beschrieben. Es wurde ermittelt, welche Baumaterialien die verschiedenen Ameisen nutzen und wie diese Materialien verwendet werden. Zur Bestimmung der verschiedensten Nesttypen wurden neben architektonischen Unterschieden auch Differenzen in der Substratwahl, Materialbeschaffenheit und in der Funktion der Nestkonstruktionen berücksichtigt. Als weiteres Kriterium zur Klassifikation arborealer Nestanlagen diente die Verschiedenartigkeit der Materialbearbeitung und der Substratvorbereitungen durch die Ameisen. Einige dieser Nestcharakteristika sind quantitativer, andere qualitativer Natur. Im Verlauf der Untersuchung wurden 1767 Kolonien bearbeitet und eingeordnet. Davon konnten insgesamt 100 Arten bzw. Morphospezies bestimmt und als echte Freinestbauer im Sinne der vorher formulierten Definition charakterisiert werden. Die ermittelten Arten verteilten sich auf acht Gattungen aus den drei Unterfamilien Formicinae, Dolichoderinae und Myrmicinae. Diese drei Unterfamilien gelten als die am weitesten entwickelten Ameisen und dominieren in der Kroneregion tropischer Regenwälder. Auffallend an dieser höher entwickelten Gruppe von Ameisen ist die Tendenz, pflanzliche Produkte als Hauptnahrungsressource zu nutzen. Die artenreichste Gattung Polyrhachis (39 Arten) gehört der Unterfamilie Formicinae an; zusammen mit den Gattungen Camponotus (10) und Oecophylla (1) wurden allein 50 Arten aus dieser Unterfamilie gefunden. In der Gattung Camponotus konnten zwei Untergattungen (C. Karavaievia, C. Myrmotarsus) mit freinestbauenden Arten ermittelt werden. Mit 29 identifizierten Arten aus drei Gattungen stellten die Myrmicinae die zweitgrößte Unterfamilie, wobei allein 23 Arten auf die Gattung Crematogaster entfielen. In den beiden anderen Myrmicinen-Gattungen Monomorium (5 Arten) und Myrmicaria (1 Art) fanden sich nur vergleichsweise wenige Vertreter mit Freinestbau. Die dritte Unterfamilie, die Dolichoderinae, wird durch die Gattungen Dolichoderus und Technomyrmex mit zusammen 21 Arten repräsentiert. Die als Freinestbauer ermittelten Ameisenarten zeigen hinsichtlich ihrer Koloniestruktur und Nestorganisation einige nennenswerte Parallelen. Die Mehrzahl der Arten lebt in polydomen Kolonieverbänden, die ihre manchmal mehr als 200 Nestanlagen meist nur auf eine einzelne oder wenige Nestpflanzen verteilen. In den Gattungen Camponotus und Monomorium sind alle Arten polydom organisiert, bei Dolichoderus und Technomyrmex sind es 90 % und bei Crematogaster 70 %. Polydomie findet man auch bei Myrmicaria arachnoides und Oecophylla smaragdina. Als weitere Gemeinsamkeit fällt ins Auge, dass mit Ausnahme von Myrmicaria arachnoides und Polyrhachis spp. funktionell als Stallnester zu charakterisierende Nestkonstruktionen überwiegen. Insbesondere bei Technomyrmex (100 %), Dolichoderus (100 %), Camponotus (70 %), Crematogaster (82 %), aber auch bei Monomorium (100 %) und Oecophylla smaragdina besteht eine ausgeprägte Tendenz, die Honigtau liefernden Trophobionten und die Brut in denselben Bauten unterzubringen. Bei den meisten Arten besteht somit ein enger Zusammenhang zwischen Freinestbau und trophobiotischer Ernährungsweise. Diese enge räumliche Vereinigung von Nahrungs- und Nistressourcen bildet die Basis für die Entwicklung individuenreicher, konkurrenzstarker und ökologisch dominanter Ameisenarten in der Kronenregion. Insgesamt wurden 22 unterscheidbare Nesttypen ermittelt und in allen Einzelheiten dargestellt. Auf 47 Bildtafeln wurden dazu fotografisch und zeichnerisch die Charakteristika der verschiedenen Nesttypen hinsichtlich der Nestarchitektur und ethologischer Besonderheiten der beteiligten Ameisenarten abgebildet. Während die Anzahl der freinestbauenden Ameisenarten sicherlich nur annähernd erfasst werden konnte, ist bei der Darstellung der verschiedenen Nesttypen zu erwarten, dass die erfolgreichsten, auf der Basis ethoökologischer sowie material- und substrattechnischer Unterschiede ermittelten Erscheinungsformen aufgeklärt werden konnten. Die vorgenommene Unterteilung der Hauptkategorie ,Nestsubstrat-- in drei blattgebundene und zwei stammgebundene Unterkategorien zeigte, dass die zweifach geschützte und materialsparende Position zwischen Blättern, von zusammen 13 Arten aus den Gattungen Polyrhachis (6), Camponotus (Karavaievia) (2), Oecophylla (1) und Crematogaster (3) präferiert wurde. Nester auf der vergleichsweise ungeschützten Blattoberseite wurden nur von Arten der Gattung Polyrhachis gebaut. Die bevorzugte Position der Polyrhachis-Nester war auf der Blattunterseite, 67 % aller Polyrhachis Nester waren dort lokalisiert. Die Nester der Untergattung Camponotus (Karavaievia) waren zu 75 % und die von Technomyrmex, Monomorium und Myrmicaria gar zu 100 % auf der Blattunterseite angebracht. Zusammen betrachtet waren 64 % aller im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgenommenen Nestbauten auf der Unterseite einzelner Blätter zu finden. Von allen Nestbauten auf Stamm- und Astoberflächen waren 75 % von Crematogaster-Arten besiedelt. Diese Nestposition konnte ansonsten nur noch bei zwei Polyrhachis-Arten und bei der mit Epiphyten assoziierten Camponotus (Myrmotarsus) gefunden werden. Je nach Anteil der hauptsächlich verarbeiteten Baustoffe kann man in vier Nestmaterialtypen unterteilen: (i) Nester aus toten pflanzlichen Materialien, (ii) Pilznester, (iii) Seidennester und (iv) Wurzelnester (Ameisengärten). Am häufigsten vertreten waren die aus Larvalseide gefertigten Webenester der Gattungen Polyrhachis, Camponotus (Karavaievia) und Oecophylla; insgesamt 45 % aller Funde gehörten zu dieser Materialgruppe. Fremde Seide konnten neben drei Polyrhachis-Arten auch drei Arten aus der Gattung Dolichoderus verarbeiten. Bemerkenswert ist der hohe Anteil pilzbewachsener Nestbauten. In allen drei Unterfamilien fanden sich Arten, die zu unterschiedlichen Teilen Pilze in ihren Nestern hielten. In der Gattung Technomyrmex waren 70 % aller älteren Nester vollständig aus Pilzhyphen gebildet. Mehr als die Hälfte des Nestmaterials von Monomorium-Nestern bestand ebenfalls aus einem dichten Pilzmyzel. Pilze bildeten auch in den Nestern von einigen Arten der Gattungen Dolichoderus, Crematogaster und Camponotus (Myrmotarsus) die maßgebliche Materialkomponente. Folgt man der bisher verwendeten Begriffsdefinition, die arboreale Ameisennester in der Regel nach den hauptsächlich verwendeten Baumaterialien einteilt, so muss man zu den bislang bekannten Karton- und Seidennestern die dritte Gruppe der Pilznester hinzufügen. Die Wahl des jeweiligen Baumaterials wirkt sich direkt auf die angewandten Bearbeitungsmechanismen und die Art und Weise der Nestfixierung und Neststabilisierung aus. Die Vertreter der Myrmicinen-Gattungen Myrmicaria und Monomorium zeigten in der Materialnutzung sowie bei der Stabilisierung und Fixierung der Konstruktionen gattungsspezifische Eigenheiten. Die Festigung der Nestbauten werden über H- Brückenstabilisierung (Myrmicaria) und Trichomstabilisierung (Monomorium) erreicht. Pilzhyphenstabilisierte Nester bauen Vertreter der Gattungen Technomyrmex, Dolichoderus und Crematogaster. Wobei innerhalb der beiden letztgenannten Gattungen noch eine Reihe weiterer Fixierungsmechanismen auftreten können. Bei Dolichoderus und Crematogaster sind die Methoden der Materialverfestigung sehr vielfältig und haben jeweils eine große Radiation erfahren (Stabilisierung durch Fremdseide, Pilze, Wurzeln und Klebstoff). Den Camponotus-Arten war die Eroberung der Baumkronenregion mit Hilfe von wurzelstabilisierten Ameisengärten (C. (Myrmotarsus)) und mit der Verwendung klebriger Larvalseide (C. (Karavaievia)) möglich. Beschränkt auf Seide zur Nestfixierung sind die Arten der Gattungen Oecophylla und Polyrhachis. Das bestimmende Element in der Nestarchitektur von fast allen Ameisennestern ist die Bogenkammer oder der Bogengang. Die innere Architektur von Oecophylla-Nestern weicht praktisch als einzige von dieser weit verbreiteten ,Bogenkammer-Struktur-- ab. Bei allen anderen Ameisenarten sind die Nestkammern in der Höhendimension in etwa auf die Größe einer einzelnen Arbeiterin beschränkt. Wegen der kooperativen Zusammenarbeit vieler Arbeiterinnen bei Oecophylla wird die Korrelation von Kammerhöhe und Körpergröße in dieser Gattung aufgehoben. Morphologische Besonderheiten, die als Anpassung an das Leben in Freinestern gedeutet werden könnten, konnten in der vorliegenden Arbeit bei keiner der untersuchten Arten festgestellt werden. Bei Bienen, Wespen und bei den Termiten wird überwiegend eine modellierende Bearbeitungstechnik angewandt. Die körpereigenen, flüssig-adhäsiven Substanzen (Wachs, Sekret und Kot) werden dazu oft noch mit Wasser verdünnt. Auch viele Ameisenarten verarbeiten wassergetränktes Material, nur einige wenige Vertreter der Gattung Crematogaster versetzen es allerdings mit klebenden Sekreten. Die durch das Baumaterial und dessen Fixierung am Substrat vorgegebene Verschiedenartigkeit der Bearbeitungstechniken hat bei den Ameisen zu sehr komplexen Verhaltensweisen geführt. So zum Beispiel das gezielte Verzahnen von Blatthaaren und das Verbinden von Baustoffen ohne die Zugabe von Leim. Weiter bearbeiten Ameisen Materialien, indem sie sie mit Fäkalien und anderen nährstoffreichen Substanzen düngen und so das Wachstum von Pilzhyphen und Wurzelfasern aktiv lenken. Die Seidenweber zeigen mit dem Verspinnen noch eine zusätzliche Möglichkeit der Materialbearbeitung bei Ameisen. Im Vergleich mit anderen sozialen Insekten findet man innerhalb der Ameisen eine mehr generalisierte Bautechnik, die möglicherweise variabler und effizienter ist als die Spezialisierung auf nur eine Materialkomponente. Generell sind die Freinestbauer, anders als die weitgehend deterministisch eingenischten obligaten Pflanzenameisen, bei der Auswahl des Nistplatzes nicht auf vorgegebene Hohlraumstrukturen (Domatien etc.) ganz bestimmter Pflanzen angewiesen, sondern erhöhen ihre Beweglichkeit in der Nistplatzwahl durch die Auswahl vergleichsweise häufig zu findender Substrattypen und Nestmaterialien. Bei allen untersuchten Freinestbauern konnte keine Spezialisierung auf eine bestimmte Pflanzenart festgestellt werden. Stochastische Besiedlungsprozesse gewinnen damit in dieser Ameisengilde, im Vergleich mit den myrmekophytischen Ameisenarten, an Bedeutung. In der vorliegenden Dissertation konnte erstmalig experimentell gezeigt werden, dass die bislang nur aus der Neotropis bekannten Ameisengärten auch im paläotropischen Faunengebiet zu finden sind. Die erstaunlichen Ähnlichkeiten zwischen neotropischen und paläotropischen Ameisengarten-Assoziationen deuten darauf hin, dass es in den unterschiedlichen tropischen Gebieten zu einer konvergenten und parallelen Entwicklung von ähnlich präadaptierten Ameisen und Pflanzen gekommen ist. Freinestbau ist mehrfach unabhängig voneinander entstanden. Sehr wahrscheinlich stand bei vielen Ameisen die Sicherung von Trophobiosestellen am Anfang der Entwicklung. Denkbar ist ebenso, dass die Vergesellschaftung von Epiphyten und Ameisen bei einigen Gruppen die Basis für die Evolution von Freinestbau war. Die Fertigung ausgedehnter Schutzbauten außerhalb der Nester, wie man sie beispielsweise bei der Myrmicinen-Gattung Pheidole findet, könnte ebenfalls die Evolution von frei gestalteten Nestern initiiert haben. Insgesamt wird deutlich, dass Konkurrenzvermeidung und die Erweiterung des Nistraum- und Nahrungsspektrums die drei bestimmenden Faktoren in der Evolution des Nestbauverhaltens von Ameisen waren. Anders als bei Wespen und Termiten fehlt den Ameisen jegliche Prädisposition für die Produktion von liquiden Klebesubstanzen. Sie haben vielfältige Wege gefunden, Wasser zum Nest zu transportieren und damit ihren Möglichkeiten entsprechende Verarbeitungs- mechanismen anzuwenden. Die fehlende gemeinsame Prädisposition der Ameisen für eine dauerhafte Fixierung von Baumaterialien, wie sie für freie Nestkonstruktionen notwendig ist, hat viele verschiedene Lösungen hervorgebracht und ist einer der Gründe für die hohe Variabilität der Freinestbauten bei Ameisen. Die in der vorliegenden Arbeit gezeigte variable Nistbiologie hat einen wichtigen Einfluss auf die Abundanzstrukturen tropischer arborealer Arthropodengemeinschaften und ist in hohem Maße für den großen Erfolg der Ameisen in diesem Habitat verantwortlich.