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Die CXCR4-CXCL12-Signalachse gilt als eines der bislang am besten studierten Signalsysteme in der Hämatopoese. Allerdings stammt unser Wissen über diesen kritischen Signalweg maßgeblich aus subtraktiven Studien, wie z.B. knock-out Modellen oder pharmakologischer Inaktivierung. Zwar können aus diesen Modellen wichtige Erkenntnisse über die physiologische Rolle dieses Signalwegs abgeleitet werden, aber dennoch bleiben einige Phänomene ungeklärt. So konnte gezeigt werden, dass es sowohl bei CXCR4-Defizienz als auch bei Patienten mit dem WHIM-Syndrom (ausgelöst durch eine überaktive CXCR4-Mutante) zu einer ausgeprägten B-Zellaplasie kommt. Dies scheint intuitiv nicht vereinbar. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit ein Modell mit einer überaktiven CXCR4- Mutante (CXCR41013/1013) hinsichtlich der (un)reifen Hämatopoese systematisch untersucht.
Zunächst wurden hämatopoetische Stamm- und Vorläuferzellen (HSPC) hinsichtlich der aberranten CXCR4-Signalweiterleitung ex vivo analysiert. Die CXCR4-Überaktivierung konnte sowohl in frühen Effekten nach Aktivierung des Rezeptors (F-Aktinpolymerisierung, Aktivierung des MAPK- Signalweges), als auch in späten, zellfunktionellen Effekten (Migrationsassay) nachgewiesen werden. Die veränderte CXCR4 Signalintegration hatte auch bereits in der Homöostase organismische Konsequenzen im Mausmodell. So konnte eine massiv vergrößerte HSPC-Population in der Milz von CXCR41013/1013-Tieren detektiert werden, im Sinne einer extramedullären Hämatopoese. Knochenmarks-HSPC aus CXCR41013/1013-Tiere zeigten ein massiv eingeschränktes (serielles) Repopulationspotenzial. Kombiniert mit der oben genannten ausgeprägten extramedullären Hämatopoese in diesen Tiere interpretieren wir diese Beobachtung als starken Hinweis auf eine dysfunktionelle Interaktion der Stammzellen mit der hämatopoetischen Stammzellnische im Knochenmark. In diesem Zusammenhang besonders interessant ist die Tatsache, dass auch ein Kompetitorknochenmark das Überleben einer Sekundärtransplantation nicht sichert. Dabei ist zu diskutieren, ob dieser Effekt durch eine effizientere Besetzung von Stammzellnischen durch CXCR41013/1013-Zellen, eine Akkumulation von CXCL12 in der Knochenmarkflüssigkeit (siehe unten) oder eventuell sogar ein vesikelabhänginger Transport von mutiertem CXCR4 in Kompetitorzellen ausgelöst wird. Ein weiteres Merkmal dieser Dysfunktion könnte ebenfalls die gezeigte Akkumulation von CXCL12 in der Knochenmarkflüssigkeit von CXCR41013/1013-Tiere darstellen. Diese Akkumulation könnte die Suppression co-transplantierter wildtypischer Hämatopoese sowie die verminderte Effizienz der G-CSF-induzierten Stammzellmobilisierung funktionell erklären. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Mobilisierung von Stammzellen aus dem Knochenmark durch einen CXCR4- Inhibitor in CXCR41013/1013-Tieren ebenfalls erheblich hinter der in Wildtypmäusen zurückbleibt.
Analog zu Patienten mit WHIM-Syndrom zeichnen sich CXCR41013/1013-Mäuse weiterhin durch eine ausgeprägte Leukopenie, insbesondere durch einen schweren B-Zell-Mangel, aus. Aus diesem Grund wurde die B-Lymphopoese und humorale Immunfunktion genauer analysiert. Eine grundsätzliche humorale Immunkompetenz von CXCR41013/1013-Tieren konnte nachgewiesen werden, jedoch ist die B-Memory-Funktion erheblich eingeschränkt. Durchflusszytometrisch und funktionell konnte eine reduzierte preB/pro-B Population im Knochenmark bei einer gleichzeitig vergrößerten preB/pro-B Population in der Milz (vgl. extramedulläre Hämatopoese) nachgewiesen werden. Ebenfalls konnten wir in dieser Zellpopulation eine stark erhöhte CXCR4-Oberflächenexpression im Vergleich zu wildtypischen Zellen nachweisen. Da diese unreifen B-Zellen keine verstärke Apoptoserate aufweisen, gehen wir derzeit davon aus, dass der Differenzierungsstopp nicht durch selektiven Zelltod, sondern durch aberrante Retention der preB/proB-Zellen in einer primitiven B-Vorläufer- Nische im Knochenmark zustande kommt, beziehungsweise durch eine gestörte Migration in differenzierende Nischen im Knochenmark. Alternativ könnte die Überdosis CXCR4-Signal differenzierenden Signalen entgegenstehen. Beide Hypothesen können das eingangs erwähnte Paradoxon bezüglich einer B-Zellaplasie in CXCR4-defizienten und CXCR4-überaktiven Zellen hinreichend erklären.
Die Kenntnis der Struktur von Biomolekülen und der biologischen Abläufe, in welche diese involviert sind, ist grundlegend für die Entwicklung von medizinischen Behandlungen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Systeme zur Untersuchung von Biomolekülen, insbesondere Proteinen, hergestellt. Im Mittelpunkt stand die Entwicklung von Materialien, welche neue Möglichkeiten zur Präparation von Proteinen zur Untersuchung derer Struktur mittels Kryo-Transmissionselektronenmikroskopie (Kryo-TEM) eröffnen. In zwei weiteren Projekten wurden biomimetische Systeme aufgebaut, welche die Oberfläche eines Biomoleküls oder biologischen Ensembles nachahmen und hierdurch deren Untersuchung ermöglichen. Hier wurden Systeme zur einfachen Nachbildung biologischer Membranen oder Proteinoberflächen betrachtet.
Eine wichtige Methode zur Untersuchung der dreidimensionalen Struktur von Biomolekülen ist die Kryo-TEM. Zur Mikroskopie werden die Biomoleküle in wenige Mikrometer großen Löchern eines amorphen Kohlenstofflochfilms mittels einer wenige Nanometer dicken Schicht aus amorphem Eis fixiert. Hierfür wird ein dünner Film einer wässrigen Probe auf den Kohlenstofflochfilm aufgebracht und gefroren. Insbesondere für Membranproteine ist die Herstellung derartiger Proben schwierig, da die Proteinpartikel zur Aggregation und Adsorption an dem Kohlenstofflochfilm neigen, wodurch keine Partikel in den Löchern des Kohlenstofffilmes auftreten, welche mikroskopiert werden können.
In dieser Arbeit wurden Materialien zur Verbesserung der Präparation von Proteinen für die Kryo-TEM entwickelt. Es wurden hierfür verschiedene biorepulsive Materialien, auch solche, welche eine spezifische Anbindung der Biomoleküle erlauben, untersucht. Da in der TEM die Probe durchstrahlt wird, eignen sich Nanometer dünne Membranen dieser Materialien als Trägermaterial für die Biomoleküle, da sie nur zu einem geringen Hintergrund führen. Zum einen wurden Nanomembranen durch die chemische Quervernetzung von Nanometer dicken Hydrogelfilmen mit verschiedenen quervernetzenden Molekülen hergestellt. Zum anderen wurden Trägerfilme, wie amorphe Kohlenstofffilme oder Kohlenstoffnanomembranen (engl. carbon nanomembranes, CNM) biorepulsiv funktionalisiert. Darüber hinaus wurde eine Nitrilotriessigsäure(NTA)-funktionalisierte Hydrogel-beschichtete Nanomembran entwickelt, welche markierte Proteine selektiv über einen His-Tag bindet.
Neben der Entwicklung von Materialien zur Untersuchung von Proteinen mittels Kryo-TEM wurden Beschichtungen hergestellt, welche die Oberfläche eines Biomoleküls oder eines Ensembles von Biomolekülen nachahmen. Diese Modelloberflächen sollten ebenfalls die Untersuchung von Eigenschaften der biologischen Systeme ermöglichen. Biologische Membranen bestehen aus einem Ensemble von Biomolekülen. Eine Vielzahl verschiedener Biomolekülen tritt in einer komplexen Anordnung in diesen dünnen Membranen auf. Es wurde versucht, strukturierte Membranen mit lokalen Variationen der physikalischen und chemischen Eigenschaften, jedoch weitaus weniger komplexen Aufbau, herzustellen. Die hergestellten Membranen mit biologisch relevanten Strukturen im Mikrometer- bis Zentimeterbereich, können nach weiterer Forschung als einfache Modellsysteme zur Nachahmung ihrer komplexen biologischen Vorbilder dienen.
In einem weiteren Projekt wurde eine Modelloberfläche für die Bindungstasche des Proteins FimH, welches eine wichtige Rolle in der bakteriellen Adhäsion spielt, entwickelt. In dem Kooperationsprojekt mit der Arbeitsgruppe Lindhorst wurde ein Modellsystem entwickelt, welches dazu dient, herauszufinden, inwiefern eine Funktionalisierung einer Aminosäurevon FimH über eine vorgeschlagenen Ligationsstrategie möglich ist. Das Modellsystem besteht aus einer biorepulsiven Hydrogel-Matrix, aus welcher die Seitenkette der Aminosäure Tyrosin in die Lösung exponiert ist. Die Substrat-katalysierte Reaktion der Aminosäuren-Seitenkette mit dem Photoschalter wurde mithilfe eines Bakterienadhäsionstests untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass sich die vorgeschlagene Ligationsstrategie unter Berücksichtigung von Nebenreaktionen zur Modifizierung des Proteins eignet.
Es konnten vier neuartige Systeme, welche die Probenpräparation zur Untersuchung von Proteinen mittels Kryo-TEM vereinfachen, entwickelt werden. Die Ergebnisse sind von wissenschaftlicher Relevanz, da sie die Strukturbestimmung vieler Proteine deutlich vereinfachen und hierdurch beschleunigen können. Außerdem wurden biomimetische Beschichtungen entwickelt, welche entweder Proteinoberflächen oder Biomembranen nachahmen. Die entwickelten Modellsysteme erweitern das Spektrum an Möglichkeiten, Biomoleküle oder biologische Ensembles zu untersuchen.
Das Glykoprotein AICL gehört zur Familie der C-Typ Lektin-ähnlichen Rezeptoren und wird nach Aktivierung humaner NK Zellen und Makrophagen auf deren Oberfläche exprimiert. Die Bindung von AICL an den genetisch gekoppelten, aktivierenden NKRezeptor NKp80, der auf allen reifen humanen NK Zellen exprimiert ist, induziert Effektorfunktionen von NK Zellen, wie Zytotoxizität und Zytokinsekretion. AICL Glykoproteine werden in ruhenden NK Zellen intrazellulär zurückgehalten und gelangen erst nach Zellaktivierung an die Oberfläche (Klimosch et al. 2013). Der Mechanismus dieser Regulation ist bisher unbekannt und sollte im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden, um weitere Einblicke in die Funktion des NKp80-AICL Rezeptor-Ligand-Paares im Rahmen einer Immunantwort zu ermöglichen.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass nach der Aktivierung von NK Zellen sowohl präformierte im Golgi-Komplex zurückgehaltene als auch de novo synthetisierte AICL Glykoproteine an die Zelloberfläche gelangen. Bei der intrazellulären Retention von AICL handelt es sich um eine intrinsische Eigenschaft von AICL, die auch im ektopen Kontext von Insektenzellen auftritt. Mechanistisch konnte gezeigt werden, dass die N-Glykosylierungen von AICL differentiell die AICLOberflächenexpression bestimmen. Die AICL Ektodomäne wird an einer nichtkonventionellen (N-X-C) und an drei konventionellen (N-X-S/T) N-Glykosylierungsstellen glykosyliert, wobei die Glykosylierung an ersterer ineffizient ist, sodass stets zwei Glykoisoformen vorhanden sind. Während die Glykosylierung zumindest einer konventionellen Stelle essenziell für die AICL-Oberflächenexpression ist, und diese mit zunehmender Glykosylierung konventioneller Stellen zunimmt, vermindert die nichtkonventionelle Glykosylierungsstelle die AICL-Oberflächenexpression. Für eine effiziente Oberflächenexpression ist auch die Ausbildung einer nicht-konservierten Disulfidbrücke erforderlich, die im membran-distalen Bereich der C-Typ Lektindomäne AICL-Homodimere miteinander verknüpft. Das Fehlen dieser Disulfidbrücke führt auch zu dem Verlust der NKp80-Bindung. Die intrazelluläre Reifung von AICL Glykoproteinen ist, im Gegensatz zu dem verwandten Glykoprotein KACL, in besonderem Maße abhängig von der Interaktion mit den ER-ständigen Proteinen der Proteinqualitätskontrolle. Insbesondere konnte mit Hilfe massenspektrometrischer Analysen eine starke Interaktion von AICL mit dem ER Chaperone Calnexin gezeigt werden. Entsprechend ist die zelluläre Expression von AICL in Abwesenheit von Calnexin stark reduziert. Massenspektrometrisch konnte auch eine spezifische Interaktion von AICL mit dem Protein ITM2A gezeigt werden, wobei allerdings eine funktionelle Relevanz in Folgeversuchen nicht bestätigt werden konnte. Schließlich konnte eine zusätzliche Regulation der AICL-Oberflächenexpression durch proteasomale Degradation nachgewiesen werden, die über zwei Lysine im kurzen zytoplasmatischen Bereich von AICL bestimmt wird.
Frühere Untersuchungen hatten eine Bindung von sowohl AICL- als auch NKp80-Ektodomänen an K562 Zellen, eine Erythroleukämie-zelllinie, ergeben. Da K562 Zellen weder NKp80 noch AICL exprimieren, handelt es sich bei der gebundenen Struktur um einen potenziellen weiteren Liganden des NKp80-AICL Rezeptor-Ligand-Paares. Hier konnte gezeigt werden, dass es sich bei der Bindestruktur um ein Oberflächenprotein der K562 Zellen handelt, das allerdings nicht identifiziert werden konnte.
Insgesamt konnten im Rahmen dieser Arbeit mehrere AICL-spezifische, molekulare Mechanismen identifiziert und charakterisiert werden, die die aktivierungsabhängige Oberflächenexpression von AICL regulieren. Offensichtlich unterliegt diese einer strikten Kontrolle auf mehreren Ebenen, was vermutlich mit der Funktion von AICL als Ligand für einen aktivierenden Immunrezeptor auf zytotoxischen NK Zellen erklärbar ist. Weitere Untersuchungen zur AICL-Expressionsregulation und zur Funktion des NKp80-AICL Rezeptor-Ligand-Paares in vivo sind erforderlich, um ein besseres Verständnis der Immunbiologie von NK Zellen zu erreichen.
Chlorsilane stellen Schlüsselsubstanzen zur Herstellung von elementarem Silicium dar. Zum Beispiel ist HSiCl3 ein wichtiger Ausgangsstoff im Siemensprozess[1, 2]. Chlorsilane werden unter anderem zur Herstellung von Silikonen im Müller-Rochow-Prozess[3-5] verwendet. Bei beiden Prozessen werden Silylene[6-10] als Schlüsselmediate in den Reaktionen angenommen. So auch bei der Bildung von höheren Perchlorsilanen (Reaktion b), die nur in Form komplexer Polymergemischen erhalten werden. In der vorliegenden Dissertation wurde die Plausibilität eines auf Silylen basierenden Reaktionsmechanismus zur Bildung und Reaktivität von Chlorsilanen quantenchemisch untersucht.Mit den Berechnungen aus dieser Arbeit konnten diese molekularen Prozesse aufgeklärt werden[33-35].
Die quantenchemischen Rechnungen aus dieser Arbeit umfassen Kalibrierungsrechnungen an Chlorsilanen, um die Leistungsfähigkeit der quantenchemischen Methoden zu beurteilen.
Hierbei wurden berechnete Strukturen mit den experimentellen verglichen. Zusätzlich wurden Standardbildungsenthalpien berechnet, um diese auch mit den experimentellen Daten zu vergleichen. Nach Prüfung der Validität der Referenzmethoden wurde die Tragfähigkeit der rechengünstigeren Methoden der Dichtefunktionaltheorie evaluiert.
In Vereinbarung von Rechenaufwand und Genauigkeit einer Rechenmethode wurden thermochemische Stabilitäten, Reaktionsenergien zur Bildung von Chlorsilanen aus Schema 1 berechnet. Die Betrachtung der Reaktionsmechanismen erfolgte sowohl in der Gasphase als auch in Lösung. Dabei wurden die Bildung von cyclo-Chlorsilanen, kettenförmigen und verzweigten Chlorsilanen betrachtet. Unterstützend konnten alle Intermediate und Produkte unter Verwendung der ausgewählten quantenchemischen Methode mit 29Si-NMR-Rechnungen begleitet werden. Hierbei wurden auch Vergleichsdaten von nicht literaturbekannten 29Si-NMR Verschiebungen erstellt.
Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt in der erfolgreichen Entwicklung von vier neuen Methoden zur Darstellung von Sulfonen und von einer neuen Methode zur Synthese von N-Aminosulfonamiden. Dabei sollen die Strukturmotive von Sulfonen und Sulfonamiden aus stabilen Startmaterialien in einer einfachen Durchführung, vorzugsweise in einer Eintopf-Synthese oder Multikomponenten-Reaktion, aufgebaut und der Reaktionsmechanismus weitestgehend experimentell aufgeklärt werden. In diesem Rahmen konnte die Lücke einer Nickel-katalysierten Darstellung von Diarylsulfonen sowohl unter thermischen als auch unter photochemischen Bedingungen gefüllt werden. Zusätzlich konnten im Bereich der SO2-Fixierung Sulfonylradikale mittels Diaryliodoniumsalzen und sichtbaren Licht erzeugt werden, die mit dem entsprechenden Quencher zum Sulfonamid oder Sulfon weiter reagieren konnten.
Im Forschungsgebiet der Proteomik hat sich die Massenspektrometrie als essenzielles Werkzeug etabliert. Zur Probengewinnung und deren Präparation für die chromatogra-phische Trennung und massenspektrometrische Analyse existieren eine Vielzahl von Protokollen, deren Verwendung jedoch unterschiedlichste Vor- und Nachteile mitbringt. Im Idealfall wäre ein solches Protokoll schnell und kostengünstig durchführbar, würde mit hoher Robustheit die Proteine aus den Ausgangszellmaterial quantitativ extrahieren und Probenverluste auf ein Minimum beschränken. Ziel dieser Arbeit war es, in einem strukturierten Ansatz sich diesem Ideal zu nähern und mögliche Kompatibilitaten mit anderen Methoden wie dem Arg-C analogen Proteinverdau zu untersuchen. Als Maß-stäbe dienen hierbei die aktuellen Standardprotokolle: die Acetonfällung der Proteine mit anschließender Solublisieung und das FASP-Protokoll, bei dem die zur Proteinpro-zessierung notwendigen Arbeitsschritte auf einer Größenausschlussmembran stattfinden. Dazu wurde zunächst das Adsorptionsverhalten von Proteinen auf den Silica-Oberflächen paramagnetischer Beads untersucht und dabei insbesondere der Einfluss von Chemikalien zur Zell-Lyse und den im Anschluss verwendeten Reduktions- und Alkylierungsreagenzien analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass die Proteine aus dem Totalzelllysat sehr effektiv an die Silicaoberfläche binden und dass der Prozess der Re-duktion von Disulfidbrücken mit nachfolgender Carbamidomethylierung positiv zur Adsorption beiträgt und negative Einflüsse auf die Immobilisierung negieren kann. Dar-aus wurde ein Protokoll zur kombinierten Lyse, Aufreinigung, Modifikation und Proteo-lyse (abgekürzt: ABP) entwickelt. Parallel dazu konnte die Kompatibilität des Protokolls mit dem ArgC-analogen Verdau gezeigt werden und in der Folge konnte die Komple-mentarität der Methoden erfolgreich getestet werden. Mit frischen Zell-Lysaten wurde der Einfluss der Lysisreagentien unter Einschluss einer kommerziellen Variante ("Bug-buster" Lysis-Puffer) bestimmt und Harnstoff konnte als Mittel der Wahl definiert wer-den, da mit diesem höhere Identifikationszahlen erreicht wurden, lipophile Proteine vermehrt in der Probe erhalten blieben und größere Ionscores ermittelt werden konnten. Das Potential von ABP wurde im Direktvergleich mit FASP und dem Verdau in Lösung anhand eines humanen Proteoms genauestens untersucht, wobei eine konsequente Ver-besserung gegenüber beiden Methoden festgestellt werden konnte, insbesondere im Hinblick auf Praktikabilität und die Zahl der erforderlichen Arbeitsschritte, Reprodu-zierbarkeit und Zahl der identifizierten Peptide. Ein Bias des ABP zugunsten spezieller Proteineigenschaften konnte nach ausführlicher Analyse der identifizierten Proteine und Peptide nicht festgestellt werden. Eine vermehrt auftretende Oxidation von Methionin wurde identifiziert, allerdings zeigten sich keine negativen Auswirkungen auf die Pro-teinidentifizierungen. Zur Unterdrückung potentieller und unerwünschter Nebenpro-dukte in Form von Methylierungen, die als Folge des ursprünglichen ArgC-analogen Verdaus36 auftreten, wurde mit Verwendung von Acetonitril eine Alternative erfolg-reich getestet. Ein humanes Proteom wurde mittels des formulierten Protokolls sowohl tryptisch als auch mit ArgC-analogen Verdau (mit Acetonitril bzw. Methanol) analysiert. In diesem Zusammenhang wurde die Vollständigkeit der Modifikation der Lysine unter Verwendung von ACN mit zufriedenstellenden 99% bestätigt und die unerwünschte Carbamylierung der Aminosäure durch Harnstoff als Lysisreagenz konnte ausgeschlos-sen werden. Beide Ansätze zum ArgC-analogen Verdau erwiesen sich zudem gegenüber der tryptischen Variante als überlegen, was sich in einer Erhöhung der Identifikations-zahlen des humanen Proteoms widerspiegelt. Insbesondere wenig abundante Proteine, Histone und membranassoziierte Proteine bildeten den Großteil der zusätzlich identifi-zierten Proteine. Zusätzlich konnte eine günstigeres Fragmentierungsverhalten beobach-tet werden. Die effektiven Grenzen des ABP im Hinblick auf die erforderliche Protein-menge wurden untersucht und beschrieben. Der zu erwartende Zusammenhang zwi-schen abnehmender Proteinmenge und Identifikationszahlen niedrig abundanter Protei-ne wurde bestätigt und ein effektiver Grenzwert von 5µg Ausgangsmenge humanen Proteoms ermittelt. Abschließend wurden Dauer und Aufwand der Probenvorbereitung durch Etablierung paralleler Reduktion, Carbamidomethylierung und Propionylierung minimiert und damit zusätzlich Probenverluste reduziert. Die dadurch erreichte Erhö-hung der Identifikationszahlen ergab sich wiederum aus der höheren Repräsentanz nied-rig abundanter Proteine.
Im Rückblick ist es überraschend, dass die Verwendung der Adsorptionstendenzen von Proteinen bisher keine größere Rolle in der Probenvorbereitung proteomischer Analysen eingenommen hat. Die symbiotisch wirkende, aktive Denaturierung als Resultat der durchgeführten Derivatisierung zur Analysenpräparation macht die Adsorption auf Sili-ca-Oberflächen zum prädestinierten Mittel der Probengewinnung und schafft die Vo-raussetzung für die erreichte Verkürzung der Arbeitsabläufe und Verbesserung der Ergebnisse.
Stickstoff (NO), Kohlenmonoxid (CO) und Schwefelwasserstoff (H2S) gehören zur Gruppe der Gasotransmitter. Dabei handelt es sich um kleine gasförmige Signalmoleküle, welche innerhalb des Körpers gebildet werden und dort wichtige physiologische Funktionen bei der Regulation der Apoptose, der Proliferation, der Entzündungsreaktion und der Genexpression übernehmen. Aufgrund ihrer Membranpermeabilität ist die Wirkung der Gasotransmitter nicht an die Interaktion mit spezifischen membranständigen Rezeptoren gebundenen. Je nach Organ, Gewebe und Konzentration können diese Mediatoren unterschiedliche Prozesse beeinflussen und teils sogar gegenteilige Wirkungen hervorrufen.H2S beispielsweise kann im Verlauf der Leukozytenadhäsion im Epithelium anti-inflammatorisch, bei Brandwunden oder rheumatischen Erkrankungen jedoch pro-inflammatorisch wirken. Im Kreislaufsystem hingegen bewirkt H2S durch die Aktivierung von ATP-abhängigen K+-Kanälen und die damit zusammenhängende Vasorelaxion der glatten Muskelzellen einen eindeutig protektiven Effekt.
H2S kann je nach Substrat und Zelltyp durch eines von 3 Enzymen gebildet werden. Die Cystathionin-γ-Lyase (CSE) und die Cystathionin-β-Synthase (CBS) nutzen L-Cystein als Substrat für die Synthese von H2S. Das dritte H2S-bildende Enzym, die 3-Mercaptopyruvate Sulfurtransferase (3-MST) verwendet α-Ketoglutarat als Substrat, welches zuvor von der Cystein-Aminotransferse (CAT) aus L-Cystein synthetisiert wurde. Während die beiden Enzyme CSE und CBS im Zytosol der Zelle zu finden sind, ist die 3-MST hauptsächlich in den Mitochondrien der Zelle zu finden. Im Gegensatz zur CBS, welche eher ein konstitutiv exprimiertes Protein ist, wird die Expression der CSE auf der Transkriptionsebene durch u.a. Entzündungsmediatoren wie TNF-α oder Wachstumsfaktoren wie PDGF-BB induziert.
Ein Ziel der Arbeit war es, die Wirkung von H2S bei der Wundheilung, bei entzündlichen glomerulären Erkrankungen der Niere und beim Schlaganfall zu untersuchen. Für diesephänotypische Analysen stand ein Knockoutmodell für die CSE zur Verfügung.
Zudem wurden in dieser Arbeit Untersuchungen mit einem Knockoutmodell für das zytoskeletäre Protein durchgeführt. Bei Clp36 (PDLIM1) handelt es sich um ein PDLIM-Protein (PDZ and LIM domain protein),welches durch die Gasotransmitter NO und H2S auf transkriptioneller und translationaler Ebene reguliert wird ist und aufgrund seiner Assoziation mit dem Zytoskelett dynamische Vorgänge der Zelle moduliert. Es ist bereits bekannt, dass Clp36 ein negativer Regulator des Glykoprotein VI (GPVI), welches eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Thrombozyten spielt, ist.
Beide Knockoutmodelle wurden in murinen Mesangiumzellen der Niere und in Krankheitsmodellen der Haut (kutane Wundheilung)und des Gehirns (Schlaganfall mit dem MCAO-Modell) analysiert.
Neben nicht signifikanten Effekten im MCAO-Modell, konnten sowohl Effekte des CSE-, als auch des CLP36-KOs auf die Migration und Proliferation und im Falle der CSE auch auf die Adhäsion der murinen Mesangiumzellen beobachtet werden. Die Depletion von Clp36 führte zu einer Verringerung der Migrations- und einer Erhöhung der Proliferationsrate, wohingegen die Depletion der CSE zu einer Erhöhung der Migrations-, Proliferations- und Adhäsionsrate führte. Die vielversprechendsten Ergebnisse konnten im Tiermodell der kutanen Wundheilung generiert werden. Untersucht wurde die Expression der H2S-produzierenden Enzyme CSE, CBS und 3-MST. Alle drei Enzyme zeigten im Tiermodell keine transkriptionelle Regulation und blieben auch während der akuten Entzündungsphase und der proliferativen Phase der Wundheilung unverändert. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Expression der CSE in der späten Phase der Wundheilung signifikant anstieg, wenn die Proliferation innerhalb des Granulationsgewebes und der Neoepidermis geringer wurde. Die Vermutung, dass H2S in dieser Phase eine wichtige Rolle spielt, konnte durch die Analyse der CSE-KO Mäuse bekräftigt werden, da dort der Verlust der CSE offenbar durch die CBS kompensiert wurde.
In immunhistochemischen Untersuchungen konnten insbesondere follikuläre Keratinozyten der Neo-Epidemis als Quelle der CSE-Expression identifiziert werden. Durch in-vitro Studien auf mRNA und Proteinebene in HaCaT Zellen wurde gezeigt, dass H2S die Keratinozyten-Differenzierung beeinflusst. Der langsam freisetzendeH2S-Donor GYY4137 konnte in humanen Keratinozyten zu einer signifikanten Erhöhung der Ca2+- induzierten Expression der frühen Keratinozyten-Differenzierungsmarker Cytokeratin 10 (CK10) und Involucrin (IVN) beitragen.
Im Laufe dieser Arbeit konnte der molekulare Mechanismus hinter diesen Beobachtungen noch nicht geklärt werden.
Durch weitere Versuche meiner Arbeitsgruppe konnte jedoch gezeigt werden, dass die GYY4137-abhängige Induktion der CK10-Expression durch eine verstärkte Bindung der RNA-Polymerase II an den CK10 Promotor zustande kommt.
In der vorliegenden Arbeit konnte die Entwicklung und Evaluierung einer neuen Apparatur zur Untersuchung der Freisetzungseigenschaften von kolloidalen Arzneiträgern erfolgreich umgesetzt werden. Verschiedene Prototypen und Versionen des Dispersion Releasers konnten entwickelt und mit Hilfe der Werkstatt des Fachbereiches 14 umgesetzt werden. Dabei ermöglicht die letzte Optimierung (Version 3) den Einsatz beider relevanter Dialysemembranen. Sowohl regenerierte Cellulose als auch Celluloseacetat konnten zur Freisetzungsuntersuchung eingesetzt werden. Vorteilhaft ist diese Optionalität vor allem, da auf diese Weise Partikelsysteme und Wirkstoffe mit unterschiedlichen physiko-chemischen Eigenschaften in der gleichen Apparatur auf das Freigabeverhalten untersucht werden können. Darüber hinaus hat der Dispersion Releaser das Potential, sich im Bereich der Freisetzungsuntersuchungen kolloidaler Arzneiträger über den Arbeitskreis von Dr. Wacker hinaus zu einem bevorzugten Testsystem zu entwickeln. In diesem speziellen Gebiet der Freisetzungsuntersuchung von kolloidalen Arzneiträgern wie Nanopartikeln oder Liposomen existiert bisher keine Apparatur, die als sogenannter Gold-Standard angesehen werden kann. Untersuchungen mittels der Durchflusszelle, dem A4D oder Sample & Separate Methoden im Labormaßstab unterliegen kaum standardisierbaren Bedingungen und diversen Limitierungen. Der Dispersion Releaser ist einfach zu handhaben und mit wenig Aufwand in die Freisetzungsapparatur 2 nach Ph. Eur. einzubauen. Zu den zahlreichen Vorteilen gehören außerdem die Kontrolle der Rührgeschwindigkeit sowie der Temperatur und der mögliche Probenzug in beiden Kompartimenten der Dialysezelle. Würden mehr Freisetzungsuntersuchungen von kolloidalen Arzneiträgern mit der gleichen, im besten Falle standardisierten, Apparatur durchgeführt, so würde dies die Vergleichbarkeit der Resultate erheblich verbessern.
Die präparierten Modellarzneiformen der beiden Arzneistoffe mTHPC und Flurbiprofen konnten die Funktionalität des Dispersion Releasers mittels der erhobenen Freisetzungsprofile belegen. Es konnten sowohl schnell als auch langsamer freisetzende kolloidale Formulierungen produziert und identifiziert werden. Als Standard-Freisetzungsmedium diente ein 10 mM Phosphatpuffer versetzt mit Natrium- und Kaliumchlorid bei pH 7,4. Dieser im Hinblick auf pH-Wert, Osmolalität und Pufferkapazität dem Blut angepasste Puffer lieferte reproduzierbare Freisetzungsprofile für alle untersuchten Partikelsysteme. Der Zusatz von Plasmaproteinen erfolge durch Zufügen von FBS zu diesem Standardpuffersystem oder durch Verwendung des im Ph. Eur. gelisteten Phosphatpuffers pH 7,2 mit Rinderalbumin. Der Effekt der im Plasma natürlicherweise enthaltenen Komponenten, insbesondere der Plasmaproteine, auf das Freisetzungsprofil zeigt in dieser Arbeit, dass -wie erwartet- die Freisetzungseigenschaften in komplexen, bzw. physiologischen Medien deutlich von denen in einfachen Puffersystemen abweichen können. Die Anwesenheit von Plasmaproteinen führte zu einer veränderten Freisetzungsrate, sowohl im Falle von Flurbiprofen als auch im Falle von mTHPC. Für mTHPC konnte außerdem der Zusatz von lösungsvermittelndem Methyl-ß-cyclodextrin zum Freisetzungsmedium etabliert werden. Gegenüber üblicherweise eingesetzten Tensiden verändert dieses cyclische Zuckermolekül die Oberflächenspannung des Mediums und damit die Benetzbarkeit der Partikel nicht.
Die mittels Dispersion Releaser und Dialysesack erhobenen Freisetzungsdaten des Wirkstoffes Flurbiprofen wurden in Zusammenarbeit mit Frau Dr. Li Kirsamer einer mathematischen Auswertung unterzogen. Auf diese Weise konnte zunächst das Freisetzungsprofil beider Kompartimente der Dialyse dargestellt werden, wodurch weitere Erkenntnisse der Qualität des kolloidalen Trägers und seiner Eignung für den jeweiligen Arzneistoff abgeleitet werden können. Die Auswertung an Hand dieses Modells berücksichtigt zwar die Fraktion des freigesetzten Wirkstoffes in beiden Kompartimenten, ermittelt jedoch keine theoretische Freisetzungsrate welche ohne Membrankinetik messbar wäre. Dies wäre in der Auswertung von Freisetzungsdaten ebenfalls von Interesse, konnte jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht näher untersucht werden. Berechnungen wie diese können in weiterführenden Arbeiten möglicherweise dazu dienen, in vitro Freisetzungsdaten mit Plasmaprofilen zu korrelieren. Mit dem Erwerb der Rechte an dem Dispersion Releaser durch die Firma Pharma Test Apparatebau AG im Jahr 2016 wurde der Weg für eine mögliche breite und auch kommerzielle Nutzung der neuartigen Apparatur eingeleitet. Diese Transaktion und die andauernde Kooperation zwischen Pharmatest und dem Arbeitskreis von Herrn Prof. Dr. Wacker soll die erfolgreiche Beantwortung der Fragestellungen innerhalb der vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Entwicklung einer Apparatur zur in vitro Testung der Wirkstofffreisetzung aus kolloidalen Arzneistoffträgern“ hervorheben.
Entzündungen sind eine Gegenreaktion des Körpers auf einen schädlichen Stimulus. Eine akute Entzündung zeichnet sich durch typische Zeichen wie Schwellung, Rötung, Überwärmung, Schmerz und eingeschränkter Funktionsfähigkeit aus.Findet die Auflösung der Entzündung nur sehr langsam oder nicht statt, entsteht eine chronische Entzündung. Eine chronische Entzündung kann Auslöser vieler schwerwiegender Krankheiten, wie Diabetes mellitus, Krebs oder kardiovaskulärer Erkrankungen sein. Die symptomatische Behandlung einer chronischen Entzündung erfolgt unter anderem durch NSAIDs. Diese haben bei einer Langzeiteinnahme schwere Nebenwirkungen wie gastrointestinale Blutungen oder nephrotoxische Eigenschaften.NSAIDs greifen in den Metabolismus der Arachidonsäure-Kaskade ein. Die Arachidonsäure wird über mehrere Enzyme metabolisiert, die drei Hauptmetabolismuswege erfolgen über die Cyclooxygenase- (COX), 5-Lipoxygenase- (5-LOX) und Cytochrom P450-Enzyme (CYP450). Studien ergaben, dass die Inhibition eines Metabolismusweges eine Verschiebung der Lipidwerte innerhalb des Arachidonsäurestoffwechsels verursacht. Viele dieser Nebenwirkungen bei einer Langzeitmedikation kommen vermutlich durch die Verschiebung der Metabolite zustande.8 Diese Problematik könnte möglicherweise durch eine Inhibition mehrerer Metabolismuswege umgangen werden. Tierstudien belegen eine bessere Wirksamkeit dualer Inhibitoren gegenüber der Einzelverabreichung von „selektiven“ Inhibitoren und zudem wird ein erhöhtes Sicherheitsprofil für duale Inhibitoren postuliert.9,10 Im Rahmen dieser Arbeit wurden einerseits duale Inhibitoren der löslichen Epoxidhydrolase (sEH) und Leukotrien-A4-Hydrolase (LTA4H) und anderseits der sEH und der 5-Lipoxygenase entworfen, synthetisiert und in vitro gegenüber den betreffenden Enzymen in einem Aktivitätsassay evaluiert.
Es ist gelungen, duale Inhibitoren der sEH und LTA4H mit IC50-Wert im submikromolaren Bereich zu synthetisieren. Dies wurde durch die Erweiterung des Fragments 3-(4-(Benzyloxy)phenyl)propan-1-ol, welches Amano et al. publizierten, bewerkstelligt.11 Die synthetisierten Inhibitoren wurden analytisch charakterisiert und in vitro auf ihr inhibitorisches Potential untersucht. Des Weiteren konnte die Kristallstruktur eines dualen Inhibitors in der Bindetasche der sEH gelöst werden und damit weitere Erkenntnisse über den Bindungsmodus des Inhibitors gewonnen werden. Es konnten auch duale Inhibitoren der sEH und 5-LOX synthetisiert werden und jene auf ihr inhibitorisches Potential untersucht werden. Es wurden einige Inhibitoren mit submikromolaren bis nanomolaren IC50-Werten gegenüber beiden Zielproteinen entworfen, synthetisiert und analytisch charakterisiert. Da mehrere Inhibitoren zwei stereogene Zentren aufweisen, wurde ein Inhibitor mit definierten Stereozentren durch eine asymmetrische Synthese generiert. Ein stereogenes Zentrum wurde über drei Schritte synthetisiert und zum Nachweis der Reinheit des Enantiomeres zum Diastereomer gekuppelt. Per NMR-Spektroskopie wurde das Verhältnis (dr 9:1) der Diastereomere zueinander bestimmt. Das andere stereogene Zentrum wurde mit Hilfe eines Evans-Auxiliar über eine achtstufige Synthese dargestellt und mit dem Enantiomer aus der dreistufigen Synthese verknüpft. Per HPLC konnte ein dr-Verhältnis von 99:1 für den Inhibitor HK330 bestimmt werden. Das andere Diastereomer wurde mittels HPLC aus dem Recemat isoliert. Eine in vitro Evaluation zeigte, dass der Einfluss des stereogenen Zentrums auf das Inhibitionsvermögen marginal ist.
Nach einer Evaluation des Inhibitionsvermögens, der Löslichkeit, der Zelltoxizität, der metabolischen Stabilität und der synthetischen Zugänglichkeit, wurde der Inhibitor HK330 weiter untersucht. In einem Zellassay konnte jener die 5-LOX-Aktivität senken, die 12- und 15-LOX wurde jedoch nicht inhibiert. Des Weiteren wurde der Inhibitor in einer pharmakokinetischen Studie untersucht und erreichte Plasmawerte, die bis zu 4 h in der aktiven Konzentration des Inhibitors lagen. LC-MS/MS Untersuchungen der Plasmaproben ergaben ein erhöhtes EETs/DHETs-Verhältnis, welches die in vivo Inhibition der sEH bestätigt. Die Verbindung HK330 besitzt vielversprechende Eigenschaften und deshalb soll die Wirksamkeit des Inhibitors in einem Tiermodell getestet werden. Geeignete Tiermodelle wie die unilaterale Harnleiterobstruktion (unilateral ureteral obstruction, UUO) in Mäusen könnten Aufschlüsse über die Wirksamkeit von HK330 geben. Denn sowohl die Inhibition der 5-LOX als auch der sEH sind renoprotektiv.12,13 Die profibrinolytischen und anti-inflammatorischen Eigenschaften eines sEH-Inhibitors könnten auch in einem Tiermodell zur gestörten Wundheilung untersucht werden. In einem murinen Ohrwundmodell wurde gezeigt, dass eine Behandlung mit Epoxyeicosatriensäuren (EETs) die Wundheilung signifikant beschleunigte.15 Ramalho et al. zeigten, dass die Leukotriene des 5-LOX-Metabolisimusweges eine verminderte Wundheilung in diabetischen Mäusen (Typ 1) bewirkten.
Die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Erkenntnisse zur Reaktivität zweifach reduzierter 9,10-Dihydro-9,10-diboraanthracene [A]2– erweitern das Einsatzspektrum von Hauptgruppenverbindungen im Hinblick auf die Aktivierung kleiner Moleküle. Komplementär zu Übergangsmetallkomplexen und FLPs ermöglichen die Salze M2[A] (M+ = Li+, Na+, K+) die Entwicklung neuartiger Synthesestrategien. Als besondere Herausforderung gilt die Aktivierung des stabilen H2-Moleküls, dessen Bindung die Dianionen [A]2– homolytisch in einer konzertierten Reaktion spalten.
Untersuchungen zur Kinetik der H2-Addition an M2[A] stellten die Abhängigkeit dieses Reaktionsschritts vom borgebundenen Substituenten und vom Kation heraus. Eine geringe sterische Abschirmung der Boratome durch kleine borgebundene Substituenten (C≡CtBu, Me, H) begünstigt die H2-Aufnahme gegenüber großen Substituenten (pTol, Xyl, Et). Die maximale Ausbeute an M2[A-H2] wird für M+ = Li+ erst nach mehreren Tagen bei 100 °C erhalten, während einige Stunden bei nur 50 °C für die quantitative Bildung von K2[A-H2] ausreichen.
Unter den Salzen M2[A] eignet sich Li2[68] mit borgebundenen Me-Substituenten besonders gut für den Einsatz als Hydrierungskatalysator. Mit Li2[68] konnten das Imin Ph(H)C=NtBu, das terminale Alken Ph2C=CH2 und Anthracen erfolgreich im NMR-Maßstab hydriert werden (Katalysatorladung 37 mol%, THF-d8, 1 atm H2-Initialdruck, 100 °C, 16 h). Im Reaktionsautoklaven war für die Hydrierung von Ph(H)C=NtBu eine Verringerung der Katalysatorladung auf 10 mol% Li2[68] möglich (THF, 7 atm H2-Initialdruck, 100 °C, 18 h). Konkurrenzreaktionen begründen Einschränkungen in Bezug auf die Substratpalette, da M2[68] (M+ = Li+, Na+) mit elektronenarmen ungesättigten Verbindungen, die C=C-, C≡C-, C=O- oder C=N-Bindungen enthalten, [4+2]-Cycloadditionsprodukte bilden können. Die Reversibilität dieser Reaktion entscheidet, ob Li2[68] als Katalysator fungiert oder irreversibel in den Strukturen gebunden bleibt.
Vielseitiger sind die H2-Aktivierungsprodukte M2[A-H2] als H–-Donoren geeignet: Na2[68-H2] ersetzt Halogenid- durch H–-Substituenten in Bromethan, sowie in Chlorsilanen und PCl3; CO2 wird in Natriumformiat überführt. Unabhängig von der Anzahl der Chlorliganden werden die Produkte immer vollständig hydriert. Eine erneute Reduktion von 68 kann wieder Na2[68] bereitstellen, das H2 aufnimmt und Na2[68-H2] regeneriert, welches für neue H–-Abgaben zur Verfügung steht. Bei der experimentellen Umsetzung des Kreislaufs ist es wichtig, die beschriebenen Reaktionsschritte nacheinander auszuführen und jeweils nur stöchiometrische Mengen des Elektrophils zuzugeben. Bei Abweichungen vom schrittweisen Syntheseprotokoll finden formale nukleophile Substitutionen mit M2[68] statt und monoanionische Spezies entstehen, z. B. wenn Et3SiBr als Elektrophil anwesend ist.
Gegenüber CO2 zeigt Li2[68] eine hohe Reaktivität, durch die selektiv CO und [CO3]2– gebildet werden. Wie zuvor bei den H–-Transferreaktionen ermöglicht die Reduktion der Neutralverbindung 68 die Regeneration von Li2[68].
Die Dianionen [A]2– stechen unter anderen cyclischen Borverbindungen in niedrigen Oxidationsstufen heraus, da mit [A]2– nicht nur die Aktivierung von H2 oder CO2 gelang, sondern erstmalig über die Einbindung der Additionsprodukte in zum Teil katalytische Folgereaktionen berichtet werden konnte.