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Felicitas Hoppe entwickelt in ihrer fiktionalen Autobiografie 'Hoppe' (2012) ein komplexes Spiel mit Erzähl- und Erzählerkonventionen, Gattungs- und Leseerwartungen sowie mit Fakt und Fiktion. Offensichtlich changiert der Status dieses Textes: Für Fiktionalität sprechen etwa die paratextuelle Gattungskennzeichnung als "Roman", die Umschreibung auf dem Klappentext als "Traumbiographie" sowie die Rezeption als "Metaautobiografik". Auf Faktualität wiederum deuten eine ganze Reihe von epitextuellen und habituellen Inszenierungspraktiken hin, die den Text, gerade weil er gar nicht erst versucht, bloße Fakten zu schildern, als eine 'wahrhaftige' Autobiografie der 'realen' Autorin Felicitas Hoppes markieren. Der Text ist damit – wie es in Definitionen der Debatte um 'Autofiktion' heißt – von einer "oszillierenden Ungewissheit" zwischen autobiografischem und romaneskem Pakt, zwischen Fakt und Fiktion geprägt.
Im Rahmen meines Ansatzes möchte ich einen anderen Weg einschlagen und den autobiografischen Pakt (Lejeune) trotz besseren Wissens – das heißt trotz der Erkenntnis, dass es sich bei der literarischen Figur 'Felicitas Hoppe' offensichtlich um einen durch und durch konstruierten Charakter handelt – zunächst einfach akzeptieren. Deshalb soll (und muss) im Folgenden nicht trennscharf zwischen den Instanzen 'Felicitas Hoppe', 'Hoppe' und 'fh', so wie sie im Text in Erscheinung treten, differenziert werden. Vielmehr sollen diese verschiedenen, einer einzigen 'biofiktionalen' Person beziehungsweise persona zuschreibbaren Stimmen zusammengelesen werden, wobei in diesem Beitrag stets von 'Hoppe' gesprochen wird. Anders gesagt möchte ich den "Roman" – so die paratextuelle Genrebezeichnung des Titelblatts – Hoppe als mehrstimmige und traumlogische Inszenierung der Autorin Felicitas Hoppe lesen, wobei ich genauer der Rolle nachgehen möchte, die 'Hoppes' (fiktive) Mehrsprachigkeit innerhalb dieser Selbstinszenierung spielt.
Felicitas Hoppes fiktionale Biografie 'Hoppe' (2012) soll [...] im Folgenden als Text vorgestellt werden, der das Spiel mit gesellschaftlichen und literarischen frames zu einem zentralen Gestaltungselement erhebt [...]. Die Kompromittierungen sozialer Erwartungsrahmen gegenüber Autorschaft und Autorperson, literarischer Fiktionalität und außerliterarischer Realität sowie zwischen Roman und Biografie lassen sich dabei als 'Sprünge' zwischen verschiedenen 'Rahmungen' beschreiben. Die zentrale Frage, ob moderne Ästhetik Einfluss auf die 'wirkliche Welt' nehmen kann, beantwortet Hoppe somit einerseits durch eine Art Rückeroberung und Wiederverrätselung der allzu 'öffentlich' gewordenen Autorinstanz und -biografie und andererseits durch ein Lektüreangebot, das den Leser in produktive Distanz zu gängigen Rahmungen setzen soll. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Formen der literarischen Selbstthematisierung. Zunächst sollen zu diesem Ziel einige Aspekte der Goffman'schen Soziologie kurz rekapituliert werden.
Seit 20 Jahren schreibt Philippe Forest, Literaturprofessor und Schriftsteller, an einem Werk, das die Grenzen zwischen Autofiktion, Essay und literaturwissenschaftlichen Texten verwischt. Innerhalb dieser Produktion versucht er am Beispiel von Marcel Proust und in der japanischen Tradition eine Poetik der Fehldeutung zu grunden. Dabei verweist er einerseits auf die Aussage vom Autor der Recherche, man konne von schonen Buchern nur schone Fehlinterpretationen machen, andererseits auf ein Missverstandnis im Kulturtransfer zwischen Europa und Japan, das ihm ruckwirkend erlaubt, die Autofiktion als Genre fur sich und sein Werk neu zu definieren. Als Autorenpoetik funktioniert diese Asthetik der Fehldeutung, die ausserdem eine Analogie zwischen Traumarbeit und Literaturkritik fundiert, ohne grossere Probleme. Als wissenschaftliches Instrument eines Literaturprofessors ruttelt sie jedoch an den etablierten Regeln der Universitat und der Literaturwissenschaft.