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Wenn die Beschäftigung mit dem Thema Erinnerung heutzutage als Mode erscheint, so indiziert das nichts anderes, als dass das Erinnern in ein Stadium der Selbstreflexion eingetreten ist, das das Vergessen nicht vergessen lässt. Zugleich erscheint das Erinnern durch den Bezug auf das Vergessen in einer dynamisierten Form, insofern es nicht mehr über einen einzelnen Term, sondern über das Wechselspiel zweier Terme erklärt wird. Dieses dynamisierende Spiel mit zwei Termen beschränkt sich in der aktuellen Memoriaforschung keineswegs auf das Erinnern und Vergessen. Vielmehr erscheint es als Effekt des mittlerweile erreichten selbstreflexiven Niveaus der Erinnerung und bestimmt auch, wie im Folgenden angedeutet werden soll, den Gegensatz von außerwissenschaftlicher Erinnerungsarbeit und wissenschaftlicher Erinnerungsforschung; da Nebeneinander von transdisziplinärer und interdisziplinärer Erinnerungsforschung, das Verhältnis von raum- und zeitorientierten Erinnerungsmodellen, den Zusammenhang von individuellem und kollektivem Gedächtnis, sowie die Spannung zwischen einer national bzw. lokal verorteten und einer global entorteten Erinnerung.
Im Folgenden soll am Beispiel der deutschen Erinnerungsgeschichte nach 1945 der lange, aber doch eindeutige und wohl auch irreversible Weg vom Vergessen zum Erinnern nachgezeichnet werden. Im Mittelpunkt dieser Entwicklungslinie steht das Thema Auschwitz, das Meier ja als Ausnahme seiner Regel aus seiner Darstellung herausgenommen hatte. [In] Abweichung von dieser These soll hier gezeigt werden, dass die Erinnerung an Auschwitz auch auf andere historische Ereignisse abgefärbt hat und deshalb nicht als ein abgesonderter Ausnahmefall anzusehen ist, sondern als Anstoß einer erinnerungskulturellen Wende. Diese Folgeerscheinungen, die zu einem Erinnerungsanspruch auch für andere historische Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie die Sklaverei oder die Ausrottung indigener Urbevölkerungen geführt hat, sind inzwischen gut dokumentiert.