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Unsere Ausgangsthese ist, dass sich die unterschiedlichen methodischen Zuspitzungen und Richtungswechsel, die die Philologie seit ihrer disziplinären Ausdifferenzierung im 19. Jahrhundert erlebt hat, als Parametrisierung des Verhältnisses von Konjektur und Krux beschreiben lassen. Anders gewendet: Konjektur und Krux markieren die Grenzen eines epistemischen Bezirks, der von unterschiedlichen philologischen Methodenpolitiken konfiguriert wird. Die sich daraus ergebende "disziplinäre Matrix" an Verfahrensweisen, die den Anspruch erheben, 'Methode' zu sein, hat insofern politischen Charakter als die Entscheidung für bzw. gegen eine bestimmte Verfahrensweise implizit oder explizit ein Interesse verfolgt, das in aller Regel über das Anliegen einer bloßen Textrekonstruktion entschieden hinausreicht: Es geht darum, die Bedingungen festzulegen, unter denen eine philologische Aussage als 'wissenschaftlich qualifiziert' gelten darf.
Geht man davon aus, die Aufgabe der Philologie sei eine – wie auch immer geartete – »historische Textpflege«, die auf die »Ermittlung und Wiederherstellung von Texten« abzielt, dann steht die Aufgabe der Wiederherstellung in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Lesbarmachen und der Bewahrung eines Texts: In welchem Maße darf man in einen überlieferten Text eingreifen, um ihn lesbar zu machen? In welchem Maße muss man einen Text in seiner überlieferten Form bewahren? Die Formulierung ›in welchem Maße‹ macht deutlich, dass es sich um eine Frage der Angemessenheit handelt, deren Antwort zum einen davon abhängt, mit welchen Schwierigkeiten sich die Aufgabe der Wiederherstellung des Textes konfrontiert sieht, zum anderen von der gerade vorherrschenden ›Methodenpolitik‹, die gleichsam als »stilgemäßer Denkzwang« fungiert. Konjektur und Krux markieren dabei – so haben wir einleitend erklärt – zwei komplementäre Positionen, zwischen denen die Methodenpolitiken der Editionsphilologie changieren. Die Konjektur, gefasst als »plausible Vermutungen zur Verbesserung des Textes«, ist eine inferentielle Intervention, um einen lücken- oder fehlerhaften Text wieder herzustellen mit dem Ziel, ihn lesbar und verstehbar zu machen. Die Krux, gefasst als indizierte Nicht-Intervention, bewahrt den Text in seiner Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit – auch auf die Gefahr hin, dass Lesbarkeit und Verstehbarkeit darunter leiden.
Dilettantische Konjekturen
(2009)
»Und wer also nicht die Fähigkeit besitzt«, schreibt Max Weber in […] »Wissenschaft als Beruf«, »sich einmal sozusagen Scheuklappen anzuziehen und sich hineinzusteigern in die Vorstellung, daß das Schicksal seiner Seele davon abhängt: ob er diese, gerade diese Konjektur an dieser Stelle dieser Handschrift richtig macht, der bleibe der Wissenschaft nur ja fern.« […] Anstatt zu fragen, wann eine Erkenntnis als »wissenschaftlich qualifiziert« gelten kann […] beschreibt Weber die Einstellung […] des Wissenschaftlers […]: Ein leidenschaftliches Erkenntnisinteresse für seinen Untersuchungsgegenstand haben – ist das nicht genau die Haltung, die den Enthusiasten, den Liebhaber, den Amateur, sprich, den Dilettanten auszeichnet? […] Inwiefern kann Leidenschaft zum Beruf des Wissenschaftlers qualifizieren? […] »Nun ist es aber Tatsache: daß mit noch so viel von solcher Leidenschaft, so echt und tief sie sein mag, das Resultat sich noch lange nicht erzwingen läßt. Freilich ist sie eine Vorbedingung des Entscheidenden: der ›Eingebung‹«. […] Offenbar verwendet Weber die Formulierung ›Eingebung‹ synonym mit dem Begriff ›Einfall‹, dessen Resultat die ›Konjektur‹ ist. Im Anschluss an die beiden Zitate aus Webers Aufsatz stellt sich in meinen Augen nicht nur die Frage, welche Rolle die Leidenschaft für den berufenen Wissenschaftler spielt, sondern auch inwiefern der Umgang mit Konjekturen und Einfällen zugleich den Unterschied zwischen Fachmann und Dilettant markiert. Diese Frage steht im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen.
Jede vegetationskundliche Untersuchung besteht aus einer Reihe klar abgrenzbarer Untersuchungsschritte: Formulierung der Zielsetzung, Abgrenzung der Grundgesamtheit, Festlegung von Lage und Größe der Aufnahmeflächen, Wahl der Aufnahme- und der Analysemethode. Es wird vorgeschlagen, sich dabei an drei Referenzräumen zu orientieren: Dem physischen, dem standörtlichen und dem floristischen Raum. Bei den meisten Fragestellungen geht es darum, Strukturen und Prozesse des einen Raumes in den andern Räumen unverzerrt abzubilden. Ein konstruiertes Beispiel dient der Erläuterung des Prinzips. Anhand der Analyse eines Überganges von einem Zwischen- zu einem Flachmoor wird gezeigt, wie sich methodische Elemente zu einem leicht überblickbaren Konzept zusammenstellen lassen: Statt der bei Gradientenanalysen üblichen Transsektmethode wird ein systematisches Stichprobennetz verwendet. Die Vegetationsaufnahmen beruhen auf der Skala von BRAUN-BLANQUET. Zu jeder Aufnahme werden zahlreiche Standortparameter gemessen. Die Analyse erfolgt mit Hilfe verschiedener numerischer Methoden. Das Ergebnis zeigt ein klares Abbild der Gradientenstruktur mitsamt deren Variationsbreite.
Grenzen und Möglichkeiten der Datenanalyse in der Pflanzenökologie werden diskutiert. Dabei steht die Analyse von reinen Vegetationsdaten im Vordergrund. Dazu werden 5 Thesen aufgestellt. Die weitgehende Identität der Ziele der Klassifikation und Ordination wird aufgezeigt. Die Verwandtschaft der numerischen Klassifikation mit der BRAUN-BLANQUET-Schule wird dargestellt.
Allen Arten von Vegetationsanalyse gemeinsame Ziele (Datenreduktion, Hypothesenbildung, noise reduction) werden erläutert. 2 Grundannahmen der Vegetationsanalyse werden geprüft. Diese sind der vermutete starke Effekt der kontinuierlichen, messbaren Habitatsparameter auf die Zusammensetzung der Vegetation und das taxonomische Artkonzept. Beides kann in vielen Fällen nicht einfach vorausgesetzt werden.
Zusätzlich wird die Schwierigkeit der Analyse des Zusammenhanges zwischen Vegetationsdaten und ökologischen Parametern bzw. künstlichen Indizes diskutiert. Alle Analysen führen zu dem Vorschlag, das Vegetationskonzept als Ganzes als analytischen Begriff in Frage zu stellen.
Die zunehmende Nutzung von Online-Kommunikationskanälen vereinfacht nicht nur den alltäglichen, zwischenmenschlichen Austausch, sondern eröffnet auch der erziehungswissenschaftlichen Forschung neue Möglichkeiten. Gleichzeitig stehen Chancen wie der Reichweitenerhöhung von Forschungsaktivitäten auch Herausforderungen bspw. im Bereich der Validität gegenüber. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag der Frage nach, ob sich diese Nachteile durch die methodologisch fundierte Kombination von Offline- und Online-Umgebungen kompensieren lassen. Anhand eines Forschungsszenarios werden drei verschiedene Designs konzipiert, die auf genau diese Herausforderung eingehen. Dazu wird eine Mixed Methods Perspektive eingenommen, um verschiedene Möglichkeiten aufzuzeigen, die einzelne Schwächen der Methoden adäquat ausgleichen oder sogar Synergieeffekte erzielen.
In diesem Essay erzählt Loïc Wacquant, wie er zum Ethnographen wurde; wie er zufällig mit dem Chicagoer Box-Klub, dem Gym, in Berührung kam, der zur Hauptbühne und zugleich zum Hauptdarsteller seiner Ethnographie des Berufsboxens im schwarz-amerikanischen Ghetto wurde; und wie er dazu kam, das Buch "Leben für den Ring" zu schreiben, das auf diesen Erkenntnissen und Beobachtungen beruht, indem es Pierre Bourdieus Signalkonzept des Habitus sowohl methodologisch anwendet als auch empirisch weiterentwickelt. Er stellt auch einige biographische, intellektuelle und analytische Verbindungen zwischen diesem Forschungsprojekt über eine plebejische körperliche Fertigkeit, dem zugrunde liegenden theoretischen Rahmen und der makrokomparativen Studie über städtische Randgesellschaften, aus der es eher zufällig entstanden ist, her. Er zeigt auf, wie die praktischen Bedingungen der Feldforschung ihn dazu führten, das Ghetto nicht als Instrument ethno-rassischer Dominanz, sondern als deren Ausdruck zu verstehen. Damit wurde das Ghetto vom soziologischen Problem zu einer hervorragenden Möglichkeit für seine sozialwissenschaftliche Untersuchung. Mit diesem Artikel argumentiert er für die Feldforschung als ein Instrument für die theoretische Konstruktion, für die Wucht körperlicher Erfahrung und die Notwendigkeit epistemischer Reflexion, und ebenso betont er, dass die Textsorten und Stile der Ethnographie erweitert werden müssen, um den "Sturm und Drang" des sozialen Handelns, wie er konstruiert und gelebt wird, besser zu verstehen.
Ausgehend vom immer stärkeren Einsatz der computergestützten Methoden in der Vegetationskunde und der damit möglichen Gefahr einer zunehmenden "Digitalisierung der Vegetation" wird nach einem Gegengewicht gesucht, das die Pflanzengesellschaften wieder als lebende Gebilde sieht, ohne bei einem rein gefühlsmäßigen Zugang stehen zu bleiben.
Es wird die Möglichkeit der "anschauenden Urteilskraft", wie sie GOETHE gefasst hat, als solch ein Gegengewicht dargestellt. Die Verbindung der pflanzensoziologischen Methode und der GOETHEschen Arbeitsweise stellt der "Typus" dar, der in dieser Betrachtung eine zentrale Rolle spielt.
Wie die "anschauende Urteilskraft" gefördert werden kann, wird an einem Beispiel gezeigt.
Auf die praktische Bedeutung dieser Richtung in der Lehre und in der Landespflege wird kurz hingewiesen.
In this paper, a methodology for the analysis of the structure of the thematic openings of academic journal articles is developed. The methodology is derived from Hyland (2000) and Fredrickson/Swales (1994). After sketching the methodology, it is used to examine a corpus of 14 articles selected from the periodical Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. The conclusion discusses perspective for further studies in this thematic field.
The medium of (oral) language is mostly disregarded (or overlooked) in contemporary media theories. This "ignoring of language" in media studies is often accompanied by an inadequate transport model of communication, and it converges with an "ignoring of mediality" in mentalistic theories of language. In the present article it will be argued that this misleading opposition of language and media can only be overcome if one already regards oral language, not just written language, as a medium of the human mind. In my argumentation I fall back on Wittgenstein’s conception of language games to try to show how Wittgenstein’s ideas can help us to clear up the problem of the mediality of language and also to show to what extent the mentalistic conception of Chomskyan provenance cannot be adequate to the phenomenon of language.