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Der Dilettantismus-Begriff um 1800 im Spannungsfeld psychologischer und prozeduraler Argumentationen
(2007)
Der Dilettant ist, so heißt es in den von Schiller und Goethe 1799 gemeinsam verfaßten Fragmenten Über den Dilettantismus, ein „Liebhaber der Künste, der nicht allein betrachten und genießen sondern auch an ihrer Ausübung Teil nehmen will“. Damit ist ein Kernsatz des ‚klassischen Dilettantismus-Konzepts’ angesprochen – ein Konzept, das auf die Differenzierung zwischen ‚Künstler’, ‚Liebhaber’ und ‚Kenner’ abzielt. Auf die Frage, warum die Auseinandersetzung mit dem Dilettanten ausgerechnet um 1800 virulent wird, kann man mit Hans-Rudolf Vaget antworten, weil die Auseinandersetzung mit den Dilettanten immer dann stattfindet, wenn die Kunst Autonomie für sich reklamiert. Dies ist im Klassizismus um 1800 der Fall, aber auch im Ästhetizismus um 1900, wo der fin-de-siècle-Dilettant indes nicht allein durch seine Einstellung zur Kunst, sondern vor allem durch seine Einstellung zum Leben bzw. zur Kultur bestimmt wird. In diesem Sinne bezeichnet Paul Bourget den Dilettantismus als eine bestimmte Geisteshaltung, eine psychologische „disposition de l’esprit“, deren Resultat die Schwächung des Willens sei.
Sieht man von Beispielen strikter Ghettoisierung ab, bleibt der Fremde nicht sein Lehen lang fremd, und auch der interkulturelle Schriftsteller läuft Gefahr, sich der Mehrheitssprache anzupassen, bis er schließlich seinen Sonderstatus verliert und ein "normaler" deutscher Autor wird. Im allgemein-gesellschaftlichen Bereich spricht man hier von Assimilierung. Spätestens seit der massiven Eingliederung westeuropäischer Juden im 19. und frühen 20. Jahrhundert weiß man, daß der Anpassungswille von Außenseitern oftmals den von "Einheimischen" übertrifft, die sich um ihre kulturelle Identität ohnehin keine Gedanken machen. Auch heute kann man dieses Phänomen immer wieder beobachten. Im Bereich der Literatur gibt es Autoren, [...] die sich um ein besonders gutes, besonders literarisches Deutsch bemühen - so als müßte der Zuwanderer erst einmal seine Sprachkompetenz unter Beweis stellen (und im gesellschaftlichen Leben muß er das ja auch). In sprachlicher Hinsicht, nicht in bezug auf den Inhalt seiner Geschichten, gibt er damit seine spezifische Differenz auf, die ihn in die Lage versetzen könnte, etwas Neues, bislang Unerhörtes zu schaffen. Kein Problem - auch gut geschriebene Erzählungen ohne innovative Ansprüche haben ihre Daseinsberechtigung. Sie teilen den Angehörigen der Mehrheitskultur subjektive Erfahrungen aus einer fremden Kultur mit, die in keinem Medium, abgesehen vielleicht vom Kinofilm, so gut mitteilbar sind wie in dem der Literatur. Allerdings gilt das auch für übersetzte Werke, so daß die Bereicherung der deutschen Sprachkultur in erster Linie eben doch von jenen Autoren ausgeht, die zunächst einmal das Risiko eingehen, "schlecht" zu schreiben.