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Eine fachübergreifende Zusammenarbeit von Fachleuten aus den Bereichen Makrophyten, Makrozoobenthos und Ornithologie hat am Bodensee zum ersten Mal das Beziehungsgefüge zwischen limnischen Nahrungsressourcen der Flachwasserzone und deren Hauptprädatoren, den Wasservögeln, aufgezeigt und die hohe Dynamik in diesem Ökosystem beleuchtet. Hierfür wurden bei dieser Untersuchung Stellen am Bodensee ausgewählt, die geeignet waren, um den Einfluss der Wasservögel auf Makrophyten beziehungsweise auf Dreikantmuscheln (Dreissena polymorpha PALLAS) zu untersuchen. Wasservögel wurden in halbmo-natlichem Abstand zwischen September und März quantifiziert und deren Aktivität abge-schätzt. Diese Erfassung wurde tags und nachts mit einem Infrarotgerät oder einem Restlichtverstärker durchgeführt. Die Beprobung von Makrophyten erfolgte über das gesamte Winterhalbjahr in 3 Tiefenstufen (-1, -1,5 und -2 m) bezogen auf die Mittelwasserlinie (MW, Pegel Konstanz = 361 cm) und wurde am Bodensee zum ersten Mal durchge-führt. Die Characeen-Vegetation im flacheren Litoralbereich des Zeller Sees war bis Dezember schon stark von Wasservögeln genutzt worden, während die tieferen Zonen erst nach der Vereisungsperiode im Februar und März abgeweidet wurden. Ferner zeigte die zum Ende des Winters noch vorhandene Biomasse in Fraßschutzkäfigen, dass der Seneszenzpro-zess am Biomasseverlust offensichtlich nur einen geringen Anteil hat. Bis in -2 m Wasser-tiefe wurde die vorhandene Characeen-Biomasse von den Wasservögeln fast vollständig als Nahrungsressource genutzt. In Iznang verknappten die Ressourcen in -1 m Tiefe frü-her als in Gundholzen. Die Vögel wichen aber nicht nach Gundholzen aus, wo noch genügend Nahrung in dieser Tiefenstufe vorhanden war, sondern sie erschlossen zunächst am selben Ort die tieferen Bereiche. Dies belegt eine Bevorzugung bestimmter Nahrungsgründe. Während der Untersuchungen im Dezem-ber 2001 wurden hier 10.000 Kolbenenten festgestellt, die wesentlich zur Reduktion der dortigen Chara-Bestände beitrugen. Aber im Gegensatz zu den Kolbenenten, die im Februar zahlenmäßig gering vertreten waren, schöpften die Blässhühner die aufgrund des gefallenen Wasserstandes leicht erreichbaren Chara-Rasen noch weiter ab. Die limnologischen Untersuchungen der Dreikantmuscheln erfolgten in vier Tiefenstufen (-1, -3, -7 und -11 m) unter dem Mittleren Niedrigwasserstand (MNW, Pegel Konstanz = 264 cm). Die Probennahmen fanden an allen Stellen vor (September), während (Januar) und nach der Prädation (März) durch Wasservögel statt.
Der Große Höckerflohkrebs Dikerogammarus villosus und die Körbchenmuschel Corbicula fluminea zeigen in den Bundeswasserstraßen Rhein, Main, Donau, Neckar und Mosel seit Mitte der 1990er Jahre invasorische Ausbreitungstendenzen. Beide Arten wurden nun auch im Bodensee nachgewiesen. Zwischen Juni und November 2004 wurde ihre Ausbreitung im Rahmen des vorliegenden Untersuchungsprogramms dokumentiert. Mit Hilfe eines dichten Probestellennetzes konnten die aktuellen Verbreitungsgrenzen der beiden Arten unterschiedlich genau abgegrenzt werden. Durch flächenbezogene Proben und Proben aus verschiedenen Wassertiefen wurden Informationen über ihre relative Besiedlungsdichte und Biomasse gewonnen. Die Proben von Uferabschnitten außerhalb der aktuellen Verbreitung der beiden Arten lieferten Referenzdaten zur Zusammensetzung der bisherigen Benthosbiozönose. Die Überprüfung (Screening) bisher noch nicht bearbeiteter Proben von Dauerbeobachtungsstellen des Limnologischen Instituts der Universität Konstanz erbrachte, dass Dikerogammarus villosus bereits im Oktober 2002 bei Immenstaad am nördlichen Bodenseeufer mit wenigen Exemplaren vorkam. Auf der Westseite des Überlingersees (Wallhausen) wurde Dikerogammarus in Uferproben seit August 2003 nachgewiesen; hier wurde er jedoch bereits seit Februar 2003 lokal beobachtet. Dikerogammarus breitete sich seither über den gesamten nordwestlichen Teil des Bodensees aus. Seine westliche Ausbreitungsgrenze lag im November 2004 im Konstanzer Trichter oberhalb des Seerheins. Seit Februar 2004 zeigte diese Krebspopulation eine Arealvergrösserung von rund 4 km Uferlänge. Seine nordöstliche Verbreitungsgrenze liegt bei Langenargen, möglicherweise handelt es sich hier um eine zweite Inizialpopulation. Dikerogammarus zeigte innerhalb seiner Verbreitungsgrenzen eine auffällige Habitatkonkurrenz gegenüber anderen Benthosorganismen, vor allem gegenüber der bisher im See dominierenden Flohkrebsart Gammarus roeseli. Die durchschnittlichen Besiedlungsdichten von Dikerogammarus liegen zwar bisher unter denen der zuvor an gleicher Stelle siedelnden G. roeseli; auf geeignetem Substrat zeigte jedoch auch Dikerogammarus Massenvorkommen mit über 2000 Individuen/m2. Corbicula fluminea besiedelte im September 2004 am vorarlbergischen Rohrspitz einen Flachwasserbereich von rund 5 km Länge. Die Art kommt im ganzen Bodensee bisher nur in diesem Bereich vor und zeigt dort ohne ihre mindestens ebenso häufigen Individuen 2mm zu berücksichtigen, maximale Besiedlungsdichten von rund 600 Individuen/m2. Eine im Rahmen des vorliegenden Programms konzipierte Datenbankstruktur dient künftig dazu, recherchierte, aktuelle und gesammelte Informationen zur Neozoenausbreitung - auch über regionale Grenzen hinweg - zentral zusammenzustellen und mit Hilfe eines geografischen Informationssystems darzustellen. Mit dem Untersuchungsprogramm sollte die Grundlage für Langzeitbeobachtungen invasorischer Neozoen im Bodensee und seinem Einzugsgebiet bereitstellt werden. Neben den Benthosuntersuchungen am Bodenseeufer wurde auch begonnen, weitere Informationen über Bodensee-Neozoen zusammen zu stellen. Ein Informationsaustausch erfolgt seither mit allen namhaften Forschungsinstitutionen und Gewässerschutzfachstellen am Bodensee und in seinem Einzugsgebiet.
Ziel des Projekts „Fischfreundliche Renaturierung am Bodensee“ (FIREBO) war es, den Einfluss unterschiedlicher Substrate und Substratmischungen, die bei Renaturierungen Anwendung finden können, auf Fische und bodenlebende wirbellose Tiere zu ermitteln. Diese limnologischen Ergebnisse sollen in die Optimierung künftiger Renaturierungsmaßnahmen münden. So wurden zum Niedrigwasserstand im März 2006 in Friedrichshafen-Fischbach (Baden-Württemberg) und Hard (Vorarlberg) jeweils fünf Probeflächen angelegt, die aus Substraten unterschiedlicher Korngrößen bestanden. Diese Flächen wurden zwischen April und Oktober zweiwöchentlich beprobt. Nach Auswertung der Daten konnten an den zwei Probestellen am Nord- und Südufer des Bodensees zum einen unterschiedliche Artenzusammensetzungen trotz gleicher Eigenschaften der verbauten Substrate nachgewiesen werden. Zum anderen bestanden Unterschiede zwischen den einzelnen Flächen in Bezug auf ihre Artenvielfalt. Die im Gewässerboden lebenden Organismen (Makrozoobenthos) die maßgeblich zur Unterscheidung der Orte beitrugen, waren Dreikantmuschel (Dreissena polymorpha), Wasserassel (Asellus aquaticus) und die Zuckmückengruppe der Orthocladiinae. Mit höheren Häufigkeiten kamen diese in Hard vor, während die Eintagsfliege Centroptilum luteolum und die Zuckmücken häufiger in Fischbach auftraten. Die Arten in Hard waren vornehmlich Besiedler von gröberen Steinen und Blocksteinen, wohingegen in Fischbach die Feinsubstratbewohner dominierten. Generell wurde eine Tendenz der meisten Arten zu den Grobkiesflächen festgestellt, wobei durchaus Ausnahmen zu verzeichnen waren. So wurden etwa von Asellus aquaticus die höchsten Häufigkeiten und Biomassen auf den Mittelkiesflächen mit Blöcken nachgewiesen. Flohkrebse waren ebenfalls häufig auf diesen Flächen zu finden, wobei der große Höckerflohkrebs Dikerogammarus villosus zudem auch andere verschieden zusammengesetzte Substrate, wie Grobkies mit Blöcken als Lebensraum nutzte. Im Allgemeinen waren die reinen Mittelkiesflächen eher schlechter besiedelt. Blöcke auf den Flächen steigerten die Häufigkeiten und Biomassen. Eine Datenanalyse der acht häufigsten Fischarten lies eine Aussage über die Vorlieben verschiedener Fischgruppen zu. So bevorzugten die bodennah lebenden Arten grobes, heterogenes Material wie Grobkies, Gerölle oder Blöcke. Über der Sedimentoberfläche schwimmende Arten zeigten unterschiedliche Präferenzen und die vier Freiwasserarten, zu denen ausschließlich Karpfenartige gehörten, zeigten einen Trend in Richtung der feineren, homogenen Substrate wie Mittelkies aber auch Mittelkies mit darauf liegenden Blöcken. Für künftige Renaturierungen können aufgrund unserer Ergebnisse Mischungen grober Substrate empfohlen werden. Allerdings darf diese Aussage nicht zu pauschalisierten Verfahren führen. Vielmehr spielen die lokalen Substratverhältnisse, der natürliche oder der Referenzzustand eine sehr wichtige Rolle für die Auswahl der jeweils optimalen Substratklasse. Darüber hinaus sollten neben der Substratwahl auch die Schaffung geeigneter Uferstrukturen (beispielsweise Seehaag, Buchten) berücksichtigt werden. Dies kann durch die Auswahl von Substraten, die durch die Kräfte des Sees selbst organisiert werden können, zumindest teilweise unterstützt werden.