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Der Aufbau des zweiten Romans der Braunschweiger Trilogie "Stopfkuchen" gründet sich auf eine Zweipoligkeit, die durch das Gegenüberstellen des Romanhelden Heinrich Schaumann und seines Gegenspielers Eduard entsteht. Diese zwei Figuren gehören gegensätzlichen Welten an. Dem Antagonisten wird nur ein Name gegeben, und zwar der Vorname: Eduard! Der Protagonist wird mit beiden Namen vorgestellt: Heinrich Schaumann! Der Name des Helden hat symbolische Bedeutung, wie man es oft bei Raabe findet: Schaumann ist der Mann, der schaut. So wird dieses Kennzeichen seiner Funktion gerecht. Der Held beobachtet etwas. Seine Beobachtungen gelten der Gesellschaft. Er beobachtet eine Gesellschaft, die er nicht gutheißt, in die er sich nicht integriert. Vom geographischen Standpunkt aus betrachtet: Der Held Schaumann ist einer der Einwohner des am Fuße des Berges Rote Schanze gelegenen Ortes namens Maiholzen.
Günter Wallraffs Industrie-Reportagen sind wohl die bekanntesten Beispiele für eine kritische, auf gesellschaftliche Veränderungen zielende „Literatur der Arbeitswelt“, und sein 1966 erstmals erschienener Bericht „Am Fließband“ kann als klassisches Beispiel sowohl für die Ziele und Methoden dieser Literaturgattung im allgemeinen wie auch für Wallraffs individuelle Verfahrensweisen gelten. Die folgende Lektüre will daher nicht in erster Linie die vom Text vermittelten Informationen zusammenfassen, sondern exemplarisch zeigen, auf welche Weise diese Informationen aufbereitet und vermittelt werden und welche Wirkungen der Text damit zu erzielen hofft. Dabei geht es nicht darum, Wallraffs oft zitierten Anspruch zu konterkarieren: „Nicht gestalten (...), sondern die Vorkommnisse und Zustände für sich selbst sprechen lassen.“ Vielmehr ist zu zeigen, wie erst durch eine bestimmte Gestaltung das Material zu „sprechen“ beginnt und Wirkungen zustande kommen.
Der Jugendunterricht
(2017)
Bei "Der Jugendunterricht" handelt es sich um eine Vorlesung aus Bertha von Suttners "Maschinenalter" (in späteren Auflagen "Maschinenzeitalter"). Das vortragende Ich hält in einer fiktiven Zukunft, in welcher der Mensch höher entwickelt ist, eine Vorlesungsreihe über die gesellschaftlichen Zustände des 19. Jahrhunderts. Die einzelnen Vorlesungen bilden die Kapitel des Buches, welches nicht nur die gesellschaftlichen Missstände des 19. Jahrhunderts darlegt, sondern eine soziale, in sich stimmige Utopie erschafft. [...] Bertha von Suttners Soziologieverständnis war stark von Auguste Comtes positivistischer Sichtweise geprägt, die auf einem absoluten Glauben an Wissenschaft und Vernunft beruht. Dieses positivistisch geprägte soziologische Programm hatte um 1900 seinen Höhepunkt erreicht und war danach für Jahrzehnte unter den Generalverdacht der Faktenhuberei und der naiven Wissenschaftsgläubigkeit gestellt worden. Mit den Positivisten teilte Suttner ein monistisches Weltbild, sah das menschliche Zusammenleben als naturgesetzliches Ganzes an und negierte eine nomothetische Wissenschaftsauffassung. Für sie hatte die Soziologie - wie die Wissenschaft überhaupt - die Aufgabe, das menschliche Zusammenleben sowohl zu beschreiben als auch zu verbessern. Besonders präzise kommt Suttners Standpunkt zur Bildung und ihre Kritik am Bildungssystem in der Vorlesung über den Jugendunterricht zum Ausdruck. Das vortragende Ich aus dem Maschinenzeitalter kritisiert die Kluft zwischen dem Stand der Wissenschaft und dem in der Schule vorgetragenen Wissen um 1885 / 86. Den Gegensatz erklärt es durch die Zweckgebundenheit des schulischen Wissens: "Was der Staat heranbilden wollte, waren Staatsdiener und nicht Weltweise", weshalb der Lehrstoff nach vermeintlicher Gefahr und Nützlichkeit ausgewählt worden sei und der Wahrheitsanspruch eine untergeordnete Rolle gespielt habe. Vor allem der Geschichtsunterricht sei im 19. Jahrhundert dazu verwendet worden, den jungen Menschen "sogenannte Grundsätze beizubringen", wie die Erweckung des patriotischen Stolzes und der Kriegslust, die Loyalität gegenüber dem Vaterland und das Schüren von Rassenhass. Als Beispiel werden Erzählungen von Herrscherbiographien herangezogen: Mit "kriechende[r] Bewunderung" verfasst, verherrlichen sie Gräueltaten und schreiben Kultur nicht vielen Personen, sondern einer einzelnen zu. Suttner verwahrt sich gegen diese "'Große-Männer-Theorie', welche die Schicksale aller Reiche und Völker von dem Genius einzelner Helden und Führer ablenkt". Ferner kritisiert sie den verherrlichenden Ton der fürchterlichen Szenen in diesen Biographien, welcher dem wichtigsten Attribut der Wissenschaftlichkeit - der "absolute[n] Gleichgiltigkeit" - widerspreche. Suttner stand den traditionellen staatlichen Bildungseinrichtungen sehr kritisch gegenüber. Gerade deshalb spielte für sie eine Bildung, deren Ziel die "Erkenntnis von der Wirklichkeit der Dinge, von deren ursächlichem und notwendigem Zusammenhang" ist, programmatisch eine große Rolle.
Die Dummheit
(2017)
Suttner meint in ihrer Betrachtung von 1890, dass man in der Dummheit deshalb "nichts 'Unmoralisches' sieht", da sie "noch zu allgemein verbreitet [ist], um das öffentliche Gewissen zu beunruhigen. Es gibt noch keine 'öffentliche Vernunft', gegen die man verstoßen könnte, wie etwa gegen die 'öffentliche Sittlichkeit'". Während die Dummheit von ihren Zeitgenossen oft als harmlos bewertet wurde, sieht Suttner in ihr das "allerverbreitetste Uebel", dessen "Bethätigungen" mitunter "gemeingefährlich" seien. Als Beispiel hierfür führt sie die Folter an: Die "Torturjustiz" beruhe auf unzulänglicher Denkkraft, zumal es einleuchtend sei, dass man unter den Qualen jegliches Geständnis erzwingen könne, dieses also nichts beweise. Suttner erklärt deshalb die Dummheit zu einem mit Bosheit und Habgier vergleichbaren Übel. Die Folgen einer dummen Tat seien nicht weniger verderblich als jene der angewandten Bosheit.
La situation de la littérature au Gabon a souvent suscité nombre d’interrogations. Généralement perçue comme une littérature nationale jeune, elle ne fait pas pour autant l’économie des débats scientifiques de l’heure sur la littérature en tant qu’institution. Au niveau national, la critique ne l’a pas épargnée. Par rapport à la qualité d’écriture de certaines de ses œuvres, celle-ci a vite réagi. Luc Ngowet, essayiste et critique gabonais, n’a pas tardé à fustiger ce manquement majeur à travers un titre révélateur : « littérature gabonaise : un renouveau en trompe-l’œil. » Magloire Ambourhouët-Bigmann, universitaire et critique gabonais, traduit à son tour cette situation : « La littérature gabonaise suscite toujours d’embarrassantes interrogations : "Existe-t-elle vraiment ?", "Quels sont ses auteurs ?" - silences embarrassés... Même la petite minorité de Gabonais ne doutant pas de la "réalité" de sa littérature la connaît mal. » Mais au delà du livre qui constitue l’élément de base d’une littérature, se constituent autour de celui-ci un ensemble d’acteurs dont les enjeux politiques sont différents les uns des autres. L’analyse sociocritique de la littérature gabonaise envisagée ici, intéresse autant que faire se peut les questions inhérentes aux politiques des acteurs sociaux non écrivains qui, dans leur interaction, se construisent autour de l’œuvre publiée ; c’est-à-dire en amont et en aval de celle-ci. L’autre intérêt soulevé par cette question est le comment s’institutionnalise la littérature au Gabon. Ce que le qualificatif "sociocritique", adjoint au substantif "analyse", nomme ici, c’est en effet, une des tendances ou visions de la sociocritique. Comme le dit Isabelle Tournier : « L’extension internationale de la ou des sociocritique(s) rassemble sous ce terme plusieurs tendances ou écoles, les unes proches de la sociologie de la littérature (Jacques Dubois), d’autres issues de l’analyse des discours (Marc Angenot, Antonio Gómez-Moriana, Régine Robin), d’autres plus préoccupées des fondements d’une sociologie plus littéraire (Pierre Zima), [...]. » C’est la première tendance, celle théorisée par Jacques Dubois, qui va retenir notre attention dans la présente étude. Pour amorcer notre analyse sociocritique de la littérature gabonaise, nous donnerons d’abord un éclairage sur la question de l’institution littéraire envisagée par Jacques Dubois et Jòzef Kwaterko , auteurs de travaux inauguraux sur la question ; puis nous nous intéresserons aux acteurs institutionnels en présence et aux enjeux politiques.
Der Titel scheint unverfänglich, ist aber alles andere als harmlos. Aus einer Erzählposition, in der sich zwei Perspektiven der Annäherung überschneiden, eine äußere der „[v]ersuchte[n] Nähe“ (des kritischen Beobachters) zum Vorsitzenden des Staatsrates (Außensicht) und eine innere der „[v]ersuchte[n] Nähe“ des Staatsoberhauptes zum „Volk der DDR“ (Innensicht), wird die „[v]ersuchte Nähe“ des Protagonisten aus dem Blickwinkel des Beobachters Schritt für Schritt in ihrer Hinfälligkeit entlarvt. Beschrieben wird der Ablauf einiger Stunden des Generalsekretärs der staatstragenden Partei an einem „Feiertag“, dem Gründungstag der DDR am 7. Oktober. Die Instanz des Erzählers verfolgt dabei den Einsatz des dem Staatschef zu Gebote stehenden gestischen, mimischen und sprachlichen Instrumentariums. Vertraut mit der Mentalität des Funktionärs, befähigt, dessen Umgang mit den Hilfsmitteln der Macht zu analysieren, durchleuchtet der Autor bestimmte Rituale als Syndrome einer totalitären Gesellschaftsstruktur.
The article traces the development of Günter Grass's work with special emphasis on his reception in Germany and his being awarded the Nobel Prize. It shows how Grass employs traditional narrative strategies, particularly that of the fairy-tale, and how he represents the recent German past in figures of the unreal. By these means his texts are able to show the grotesqueness of historical reality in the 20th century.
Karl Nauwerck in Sizilien : eine Edition zweier früher sozialkritischer Bildungsreiseberichte
(2009)
Die vorliegenden Dokumente "Palermos Bettler" und "Wahnsinn aus Katania" sind sozialkritische literarische Genrebilder. Sie hatte Nauwerck nach der Rückkehr von seiner Italienreise ins väterliche Haus in Neustrelitz (31. März 1835) angefertigt. Diese Reise, die er am 17. Juli 1834 angetreten hatte, war offenbar der 'Lohn' für seine Promotion in Halle am 5. Juli 1834. Vermutlich beabsichtigte er eine Veröffentlichung der Skizzen. Erhalten blieben sie in seiner "Großen Aphorismensammlung" in seinem Nachlaß, die er unter dem Titel "Allerlei. Eigenes und Fremdes" ganz offensichtlich zu einer - dann allerdings nicht realisierten - Publikation vorbereitet und seiner Frau Julie gewidmet hatte. Darin hatte er alle jene Sentenzen aus seinem publizierten und nichtveröffentlichtem Lebenswerk, seinen Briefen, verlorenen Tagebüchern und anderen von ihm für wichtig gehaltenen Äußerungen zusammengetragen, unter anderem eben auch diverse frühe Schreibversuche. Beide Texte beweisen im Unterschied zur modischen antiklassischen Kritik an der angeblichen Italienschwärmerei ein 'echtes' soziales Engagement. Nauwerck geißelt die elenden gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen die Armen, Mühseligen, die untersten Schichten im zerfallenden spätfeudalen System des italienischen Südens und Siziliens leben müssen.
Im antiken Rom war das Publikum im Colosseum live bei der Inszenierung von Gewalt dabei. Heutzutage werden "tödliche Spiele" in Film und Literatur nicht nur medial re-inszeniert (Stichwort Hollywood-Historienfilme, Gladiatoren-Computerspiele), sondern auch zunehmend als Vehikel für Gesellschaftskritik eingesetzt. Ausgehend vom Erfolg der Buchtrilogie "Die Tribute von Panem" (The Hunger Games) wird der Vortrag erkunden, welche gesellschaftliche Funktion die Darstellung und Betrachtung von Gewalt im Spiel erfüllt.