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Manifest
(2016)
In der Frühphase der Französischen Revolution zeigt sich [...] eine Zäsur in der historischen Betrachtung von politischen Texten, die sich als Manifeste ausweisen: Die Vergangenheitsorientierung wird zum Anachronismus; erst durch die Ausrichtung auf Zukunft wird das Manifest zu einem zentralen Instrument politischer Kommunikation. Seit der Französischen Revolution wird in Manifesten Zukunft angekündigt und rhetorisch hergestellt. Das Manifest soll eine Mobilisierung hervorrufen, die das formulierte Programm realisiert. Dabei muss diese Zukunftsvorstellung nicht ausführlich entwickelt werden, häufig reicht es aus, sie anzudeuten und anzukündigen. Damit unterscheiden sich Manifeste von Utopien: Während die Utopie eine möglichst umfassende Fiktion einer zukünftigen Gesellschaftsform als Regulativ gegenwärtigen Handelns entwirft, begnügt sich das Manifest mit einer andeutenden Rhetorik des Futurischen und mit indexikalischen Zeichen, die das Neuartige, wenn auch nicht unbedingt Spezifizierte der Zukunft in der Gegenwart verankern. Diese Kopplung zwischen verheißener Zukunft und gegenwärtigem Handeln zeigt sich auch in der Etymologie: Der Ausdruck Manifest stammt vom lateinischen Verb 'manifestare' 'offenlegen', der Wortstamm verweist aber auch auf das Wort 'manus', ‚die Hand‘, so dass die Bedeutung 'handgreiflich machen' mitschwingt. Im Folgenden soll nicht versucht werden, die Gattungsform zu definieren oder eine Typologie der Manifeste zu entwerfen. Stattdessen geht der erste Teil des Beitrags auf einige historische Stationen der Geschichte des Manifests ein, worauf die folgenden beiden Abschnitte sich zwei konkreten Manifesten widmen: Karl Marx' und Friedrich Engels' 'Manifest der Kommunistischen Partei' (1848) und Bruno Latours 'An Attempt at a Compositionist Manifesto' (2010).
Rezension zu Alexandre Gefen (éd.), Territoires de la non-fiction. Cartographie d'un genre émergent, Leiden/Boston, Brill/Rodopi, coll. Chiasma, 2020, 377 pages.
Während man in Deutschland die Debatte um eine mögliche 'Rephilologisierung' der Literaturwissenschaft abermals zu entzünden sucht, ist in den USA der ebenfalls seit Ende der 1990er Jahre geführte Methodenstreit um die 'neuen Formalismen' in der Literaturtheorie bereits neuerlich entbrannt. Hier wie dort steht (nochmalig) zur Diskussion, wie Literatur als wissenschaftlicher Gegenstand konstituiert werden solle, was das 'Kerngeschäft' der Literaturwissenschaft sei und wie sie sich zu anderen Disziplinen ins Verhältnis zu setzen habe. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen sich eine immanent operierende, auf formale Aspekte fokussierte Lektürepraxis und eine historisch-kontextualisierende Herangehensweise so antagonistisch gegenüberstehen wie etwa im Fall von New Criticism und New Historicism. Gleichwohl bleibt der Stellenwert von Formfragen ein gewichtiges, vielleicht entscheidendes Moment der Debatten. Von Belang ist die aktuelle Diskussion in den USA zum einen, weil die neuen formalistischen Ansätze eben nicht mehr nur unter Ausschließung historischer oder kulturwissenschaftlicher Problemstellungen verfahren; zum anderen, weil dort eine (wissenschafts‑)politische Dimension dieser Fragen ins Licht rückt. In den folgenden Beiträgen, die im Anschluss an den ZfL-Workshop "Die 'neuen Formalismen' - Form, Geschichte, Gesellschaft" entstanden sind, diskutieren Eva Axer, Werner Michler und Marjorie Levinson die Konjunktur des Formbegriffs und der 'neuen Formalismen'.
This paper is the report of a study conducted by five people – four at Stanford, and one at the University of Wisconsin – which tried to establish whether computer-generated algorithms could "recognize" literary genres. You take 'David Copperfield', run it through a program without any human input – "unsupervised", as the expression goes – and ... can the program figure out whether it's a gothic novel or a 'Bildungsroman'? The answer is, fundamentally, Yes: but a Yes with so many complications that it is necessary to look at the entire process of our study. These are new methods we are using, and with new methods the process is almost as important as the results.