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Klugheit wird gemeinhin als das Gegenteil von Torheit aufgefasst. Auf diese Weise erfährt sie eine sprachlich vorstrukturierte positive Bewertung und erhält einen ausgezeichneten gesellschaftlichen Status. "Positiv" bedeutet eine Verknüpfung mit spezifischen je gesellschaftlich richtigen Wertmassstäben, die aber in unterschiedlichen Milieus und Regionen durchaus verschieden ausfallen. Diese bilden den impliziten Subtext für die alltägliche Zuschreibung von "Klugheit". Klugheit fokussiert das Verhalten der Menschen, die Handlungen, die Performanz. Klugheit wird denjenigen Personen zugeschrieben, die "das Richtige" tun, und nachdem sie das Richtige getan haben, etabliert sich erst das Kriterium für die Richtigkeit dieser Beurteilung: der Ausgang der Geschichte. Klugheit wird zwar im vornhinein behauptet, stellt sich aber erst im Nachhinein heraus: denn sie misst sich nicht an der vorgeführten Handlung selbst, sondern am Ausgang der "Geschichte". Eine Bauerntochter handelt dann klug, wenn ihre Handlungen zu einem – im Sinne des Erzählers – guten Ende führen, zu einem Happy-End sozusagen. ...
Der Wald ist "klassischer Morast" (Heine): Was für die Grimm'schen Märchen der Deutsche Wald, ist für das österreichische Horrorgenre seit Andreas Prochaskas "In drei Tagen bist du tot" 1 (2006) und 2 (2008) der Wald österreichischer Mittelgebirge. Elfriede Jelineks Werk verbindet beides und führt uns dabei zur griechischen Tragödie hin bzw. zurück - das lässt sich aus dem Workshop "Elfriede Jelinek - eine Ästhetik der Übergänge" schließen, den die Jelinek-Spezialistinnen und Literaturwissenschaftlerinnen Uta Degner und Christa Gürtler von der Universität Salzburg am 17.1.2020 im Atelier des Kunstquartiers und in DAS KINO in Salzburg veranstaltet haben.
Märchenfiguren haben in allen Kulturen einen Namen, die auch Zeichen ihrer charakteristischen Eigenschaften sind. Die Namen können sowohl eine Bedeutung tragen als auch begrifflich willkürlich und ausgedacht erscheinen. In deutschen Volksmärchen werden die Märchenfiguren wie bekannt nicht unbedingt mit Eigennamen benannt. In türkischen Märchen dagegen gibt es verschiedene Varianten zur Benennungen der Figuren. Die Figuren können sowohl mit einem Eigennamen benannt werden oder können ihre Namen aus verschiedenen Wortbildungen erhalten. Auch die Beinamen haben von türkischen Märchenfiguren eine große Bedeutung, da sie kulturelle Merkmale übertragen. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass in türkischen Erzählungen großen Wert auf die Benennungen der Figuren gelegt wird und die Namen inhaltliche Bedeutungsträger sind. Auch bei Namen, die frei ausgedacht erscheinen, fällt bei eingehender Betrachtung auf, dass diese Benennung einen bestimmten Zweck erfüllt. Die Namen bzw. morphologische Elemente besitzen verschiedene Eigenschaften; sie können erstens als einfache Namen auftreten, zweitens mit Ableitungsmorphemen gebildet werden oder es handelt sich drittens um zusammengesetzte Namen. Ziel dieser Arbeit ist es, einen kurzen Überblick zu den Eigenschaften der türkischen Märchenfiguren und zu den Motivationen bei der Namengebung zu geben und die morphologischen Besonderheiten der Namen durch Analysen und Interpretationen zu zeigen. Dafür werden Namen aus Pertev Naili Boratavs Märchensammlung "Az gittik uz gitik" (1969) ausgewählt.
Anlässlich der Gedenkfeier 'Zum 100. Geburtstag des Dichters Oğuz Tansel und die türkische Märchenwelt' fand an der Middle East Technical University (Technische Universität des Nahen Osten; kurz: METU/ODTÜ) in Ankara eine internationale Tagung statt. Im Rahmen einer zwei tägigen wissenschaftlichen Veranstaltung vom 20. bis 21. Oktober 2016 wurde der renommierte Volkskundler und Dichter Oğuz Tansel im Kultur- und Kongresszentrum von METU/ODTÜ feierlich geehrt. Organisiert wurde die Tagung von der Abteilung für 'Türkische Sprache' (Türk Dili Bölümü), METU/ODTÜ und dem Forschungszentrum für Kinder- und Jugendliteratur der Universität Ankara (kurz: ÇOGEM).
Die vorliegende Untersuchung beabsichtigt die Schönheitsauffassung in der deutschen und türkischen Erzählwelt in ihrer Bedeutung, Funktionalität und kulturellen Einbettung herauszuarbeiten. Ausgehend von den Märchen der Brüder Grimm (Erstausgabe von 1812 und 1815) und den türkischen Märchen von Ignácz Kúnos (Erstfassung,1887) werden die Begriffe "schön", "Schönheit" und "Ästhetik" analysiert und zur Diskussion gestellt. Mittels einer Korpusanalyse werden so die Märchentexte einer hermeneutisch-analytischen, mythologischen und kulturtheoretisch-kritischen Betrachtung unterzogen. Ziel dabei sind die Maßstäbe der Schönheit zu hinterfragen. Was wird in der Märchenwelt als "schön" empfunden? Worin liegt die Grenze vom Schönen zum Hässlichen? Hier ist auch zu fragen, inwieweit das kulturelle Umfeld die Auffassung zum Schönen beeinträchtigt
Goethes "Märchen" schließt das novellistische Erzählen in den "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten" in einem - wie Goethe es selbst prononciert betont - "Übersprung" ab. Die "Unterhaltungen" setzen ein mit der Reflexion auf die Bedingung der Möglichkeit von Erzählen angesichts politischer Debatte, Parteienstreit, Räsonnement und subjektiver Impressionen. [...] Dieses Paradox, der "Übersprung" vom Unmöglichen zum Möglichen, entspricht exaakt Goethes Märchendefinition in den "Maximen und Reflexionen".
In der Märchenforschung ist man lange Zeit überwiegend von einem Archetypus oder einem Grundmuster ausgegangen, um dann danach, gleichsam im zweiten Schritt, die Vielfalt historischer Erscheinungen als Varianten eines Typs aufzuzeichnen. Dieses idealtypische Vorgehen schätzt nicht nur die historische Ausprägung eines Märchens als sekundär ein, es geht prinzipiell auch von einer Hierarchie aus. Gegenüber derartigen spekulativen Annahmen ist man heute skeptisch und vorsichtig geworden.
Die Geschichte des ästhetisch Wunderbaren läßt sich in drei Schritten oder Phasen nachzeichnen: vom Wunder zum Wunderbaren und vom Wunderbaren zum Phantastischen. Das Phantastische ist die höchste Emanzipationsstufe, wo das freie Spiel der Einbildungskraft in seiner autonomen, auf sich selbst gestellten Gesetzlichkeit das Reale, Vertraute unserer gewöhnlichen Welt in Frage stellt. Diese Entwicklung vom Wunder zum Wunderbaren und vom Wunderbaren zum Phantastischen wird von Jacob Grimm jäh unterbrochen. [...] Jacob Grimm leitet eine Denkbewegung ein, die ich die Rettung des Wunderbaren aus der Zerstörung durch das Phantastische nennen möchte. Dieser Rettungsversuch kann und will nicht mehr zur Rehabilitierung des theologischen Wunders zurückführen. Statt dessen zielt er auf das "Unvordenkliche" der eigenen Herkunft, das auf den Glauben an das eigene Volk gründet.
Die meisten Maler und Zeichner der Romantik haben von den in dem erzählten Märchen wachgerufenen Innenbildern berichtet und von ihnen bei ihrer Arbeit profitiert. [...] Bekanntlich rehabilitieren die romantischen Künstler nicht nur die erzählenden volkstümlichen Gattungen, die Legende, das Märchen, die Anekdote und das Volksbuch, sondern auch die volkstümlichen Formen der bildenden Kunst: die Scherenschnitte, die Silhouetten,
die Schattenrisse etc. [...]