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Wilhelm Tell vor Schiller
(2005)
In der Schweiz repräsentierte die Figur Tells zwei Traditionen, einerseits den Helden, der das Selbstbewusstsein der Eidgenossen zum Ausdruck bringt, andererseits die Verkörperung der Unterdrückten generell. Im Stück des Berners Samuel Henzi 'Grisler ou l’Helvétie délivrée' (1748) steht die Figur des Despoten Grisler im Zentrum, dem sich Tell widersetzt. Nachdem der Tyrann gestürzt ist, wird ein republikanisches Programm verkündet, das auf der Idee der Gleichheit vor dem Gesetz beruht. In der Tragödie 'Guillaume Tell' (1766) von Antoine-Marin Lemierre werden Tugend und Freiheitssinn mit dem topologischen Motiv der Berge in Verbindung gebracht. Tell erscheint hier nicht mehr als Einzelgänger, sondern als einer der Mit-Eidgenossen. Zur Zeit der Französischen Revolution wird Wilhelm Tell neben Brutus zu einer emblematischen Figur des Widerstandes des Volkes gegen die Tyrannei und das Stück von Lemierre kennt nun eine große Resonanz. Auch Schiller assoziierte in seinem 'Wilhelm Tell' (1804) die Idee der Schweizer Freiheit an die Vorstellung einer sublimen Natur, wie sie in den Reiseberichten verbreitet wurde. Sein Stück widersetzte sich jedoch der Vereinnahmung der Figur Tells durch die Jakobiner und beschwor eine Gemeinschaft, die auf Brüderlichkeit beruhte, die das alte Gesellschafts-Modell, das durch die Figur des Über-Vaters geprägt war, ablösen sollte.
Es sind literarische Texte, die das Corpus des folgenden Beitrages ausmachen. Die Fragen, die an diese Texte gestellt werden, sind indes sozialgeschichtlicher Natur: Über welche sozialen Gruppen wird gelacht? Welche Haltung wird durch die Komik zum Ausdruck gebracht? Wird durch das Lachen die bestehende soziale Ordnung bestätigt oder in Frage gestellt? Diese drei Fragen sollen für den Bereich der französischen Literatur in drei Schritten untersucht werden: zunächst soll nach der Funktion der Komik im Ancien Régime im Zusammenhang mit dem hierarchischen Gattungssystem, das mit der sozialen Hierarchie in Verbindung steht, gefragt werden; danach gilt es, die Funktion der Komik nach der Französischen Revolution mit dem Einbruch des Gattungs- und Sozialsystems zu untersuchen; ein letzter Abschnitt gilt der Wiederentdeckung Rabelais’ durch die romantische Generation mit ihrer Neueinschätzung des Komischen.