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1. Hintergrund und Ziel der Studie: Bei der Thrombolysetherapie des akuten ischämischen Schlaganfalls ist die Dosierung des Thrombolytikums strikt an das Körpergewicht des Patienten gebunden. Dies ist notwendig um die Effektivität der Therapie zu gewährleisten und um das Auftreten von Blutungskomplikationen weitestgehend zu verhindern. Aufgrund unterschiedlichster Faktoren, wie beispielsweise Einschränkungen des Bewusstseinszustands, oder aber Aphasie und Dysarthrie, sind viele potentielle Lyse-Patienten jedoch nicht in der Lage, ihr Körpergewicht dem behandelnden Arzt mitzuteilen. In vielen Fällen fehlen in der Akutsituation die Zeit, sowie die entsprechenden technischen Möglichkeiten, insbesondere bettlägerige Patienten zu wiegen. Folglich wird das Körpergewicht oftmals vom Arzt nach Augenmaß abgeschätzt, was erwiesenermaßen mit Ungenauigkeiten verbunden ist. Ziel der Studie war es, Approximationsmethoden zu entwickeln, die das Körpergewicht des Patienten anhand einfach erhältlicher anthropometrischer Maße zuverlässig zu bestimmen vermögen. 2. Methoden: Auf Grundlage anthropometrischer Daten einer bevölkerungsbasierten Population von 6.954 erwachsenen Probanden wurden, mittels linearer Regression, Approximationsformeln zur Abschätzung des Körpergewichts erstellt. Diese Formeln beinhalteten die Parameter „Körpergröße“, „Bauchumfang“ und „Hüftumfang“, sowie teilweise das Lebensalter der Person. Die verwendeten Parameter stellten allesamt unabhängige Prädiktoren des Körpergewichts dar. Die geschlechtsspezifischen Formeln wurden anschließend anhand einer unabhängigen Gruppe von 178 Patienten (90 Männer, 88 Frauen, Durchschnittsalter: 67,3 Jahre [±15,6 Jahre]) validiert. Einschlusskriterium war hierbei die Verdachtsdiagnose eines Schlaganfalls bei einer notfälligen stationären Aufnahme in die neurologischen Klinik des Klinikums der Johann-Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main im Zeitraum April bis August 2006. Unter Verwendung des Goldstandards „Wiegung“, wurde die Genauigkeit der anthropometrischen Gewichtsapproximationen mit der Genauigkeit von jeweils zwei unabhängigen visuellen Schätzungen von in der Schlaganfall-Thrombolyse erfahrenen Ärzten verglichen. Für die klinische Nutzung wurden Approximationshilfen (ein Internet-Rechner und Nomogramme) entwickelt, die den Gebrauch der anthropometrischen Approximationsformeln erleichtern sollen. 3. Ergebnisse: Unter Verwendung der anthropometrischen Approximationsformeln konnten genauere Abschätzungen des wahren Körpergewichts erzielt werden, als durch rein visuelle Schätzung. Für die einfachsten und gleichzeitig genauesten Approximationsformeln (Approximationsmodell 1) betrug die durchschnittliche absolute Abweichung vom gewogenem Körpergewicht 3,1 kg (± 2,6 kg). Die Formeln waren somit signifikant genauer als die beiden Schätzungen durch Ärzte (Schätzung 1: 6,5 kg [± 5,2 kg], Schätzung 2: 7,4 kg [± 5,7 kg]; p < 0,001 für die Genauigkeitsvergleiche zwischen der jeweiligen Schätzung und der Approximation). Die Verwendung der Approximationsformeln reduzierte den Anteil aller Schätzungen, die mehr als 10% vom wahren Körpergewicht abwichen, von 31,5% (Schätzung 1) bzw. 40,4% (Schätzung 2) auf 6,2% (Approximationsmodell 1). In lediglich einem Fall (0,6%) wich das approximierte Gewicht mehr als 20% vom wahren Körpergewicht ab, wohingegen dies in 4,6% (Schätzung 1), respektive 8,5% (Schätzung 2) der Fälle für die Schätzungen zutraf. Die Benutzung der auf den Approximationsformeln basierenden Nomogramme führte zu keiner relevanten Verschlechterung der Schätzgenauigkeit (durchschnittliche absolute Abweichung vom gewogenen Körpergewicht 3,11 kg [± 2,69 kg], Anteil der Fehlschätzungen > 10% des Körpergewichts: 7,3%). Mit einer durchschnittlichen absoluten Abweichung vom wahren Körpergewicht von 2,7 kg (± 2,4 kg) und einem Anteil von 3,4% der Gewichtsschätzungen mit einer Abweichung von mehr als 10% vom wahren Gewicht, waren lediglich die Gewichtsangaben der Patienten selbst genauer als die anthropometrischen Approximationen. Die Messung der anthropometrischen Parameter dauerte durchschnittlich 99,5 Sekunden (± 36,7 s), für die Berechnung des Körpergewichts mittels Nomogramm wurden im Durchschnitt 56,7 Sekunden (± 15,3 s) benötigt. Die Übereinstimmung der Messergebnisse zwischen verschiedenen Untersuchern war hoch (Intraclass correlation Coefficients [ICC] für Körperlänge: 0,9978 [95% Konfidenzintervall 0,9954 - 0,9991], ICC für Bauchumfang: 0,9891 [0,9771 - 0,9953], ICC für Hüftumfang: 0,9921 [0,9836 - 0,9966]). 4. Schlussfolgerung: Durch die Verwendung von Approximationsformeln, basierend auf einfach bestimmbaren anthropometrischen Messgrößen (Körperlänge, Bauch- und Hüftumfang) ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit eine relativ genaue Abschätzung des Körpergewichts von Schlaganfallpatienten zu erhalten. In Situationen, in denen das Körpergewicht des Patienten nicht umgehend erfragbar oder durch Wiegung bestimmbar ist, kann die vorgeschlagene Approximationsmethode helfen, grobe Schätzfehler und in der Folge Dosierungsfehler bei dosiskritischen Medikamenten zu minimieren.