Refine
Year of publication
- 2009 (2) (remove)
Document Type
- Article (2)
Language
- German (2)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Die Sommermaxima der Kolbenenten am „Ismaninger Speichersee
mit Fischteichen“, Bayern, sind von 1967 bis 1997
langsam von etwa 750 auf über 2.500 gestiegen. Das entsprach
etwa der Größenordnung und dem Trend der Brutbestände
im südlichen Mitteleuropa und Teilen Frankreichs. Ab 1998
kletterten die Maxima rasch auf mehr als 13.500 im Jahr 2003.
Dieses hohe Niveau blieb unter Schwankungen bis 2008 mit
immer noch 11.500 Ind. erhalten (Allzeit-Maximum: 16.093
Ind. am 30.07.2005).
Die hohen Zahlen im letzten Jahrzehnt sind Ausdruck einer
Verlagerung großer Mauserbestände aus Südwest- nach Zentraleuropa,
der die Verlagerung noch größerer Teile der Winterbestände
seit Beginn der 1990er Jahre entspricht. Aus
europäischen Mittwinter- und Brutbestandszahlen lässt sich
ableiten, dass in den Jahren um 2005 bis zu 40 % der zentral-/
südwesteuropäischen Flyway-Population in Ismaning die
Schwingen gemausert haben. An diesem Mauserzug waren
teils mehr als 10.000 Vögel aus Spanien beteiligt.
Die saisonale Dynamik war auch 2002 bis 2008 stark vom
Mauserzug dominiert: Mitte Juni waren bereits 2.400 bis 4.600
Mausergäste anwesend. Bis Ende Juli zogen in jeder Woche
durchschnittlich 1.050 bis 1.900 Ind. zu. Die Maxima, meist
Ende Juli, bestanden vor allem aus flugunfähigen Vögeln. Ab
Anfang August zogen im Mittel wöchentlich knapp 1.600 mit
neuen Schwingen wieder ab, vom 28.07. bis 11.08.2003 sogar
6.830 Ind. Dies sind aber nur Bilanzwerte aus abwandernden
Männchen und noch zuwandernden Weibchen, auch der
geschlechtsspezifische Turnover ist nicht bekannt. Zwischen
November und Februar waren höchstens Dutzende anwesend,
ausnahmsweise 450 bis 1.000 Vögel.
Fertig Vermauserte blieben bis 1984 gelegentlich bis in den
September. Ein Trend zum Verlassen des Gebietes bereits ab
Juli/Anfang August wird ab 1999 zur Regel, vielleicht infolge
einer rascheren Verknappung der Nahrungsgrundlage. Dagegen
blieben Beginn und Höhepunkt der Schwingenmauser
seit den 1980er Jahren etwa gleich.
Errechnete Männchenzahlen stiegen 2005 und 2006 rasch
auf Maxima von 11.000 bis 12.000 Mitte oder Ende Juli, ab
Anfang August fielen sie ebenso rasch wieder, Mitte September
waren nur noch 140 bis 300 anwesend. Die Zahlen der
Weibchen begannen später und langsamer zu steigen und
erreichten erst im August Höchststände über 5.300 bzw. 2.700.
Damit waren ein Drittel bzw. ein Fünftel aller Mausergäste
Weibchen, was in dieser Höhe bisher noch nicht dokumentiert
wurde. Selbstständige Jungvögel blieben in den Jahren 2002
bis 2008 bis Ende August stets unter 1 %.
Die Nahrungsgrundlage für bis zu 5.000 Individuen in den
Teichen sind nach wie vor makrophytische Grünalgen. Im
See mausernde Vögel ernähren sich seit der Verringerung des
Nährstoffeintrages von der Armleuchteralge Chara vulgaris
und Laichkraut-Arten Potamogetonaceae. Kolbenenten sind
also selbst während der Schwingenmauser keineswegs auf
Chara oder auf Makrophyten angewiesen. Das typische Habitat
für mausernde Kolbenenten sind offene Wasserflächen.
Schilfbestände wurden nicht aufgesucht.
In Ismaning beringte Brutvögel und Mausergäste sind 1970
bis 1989 im Winter vor allem in der Camargue, Frankreich,
aber auch in Spanien gefunden worden. Ein Mauserzug von
französischen Brutzeitfänglingen nach Ismaning wurde erstmals
2007 und 2008 nachgewiesen.
Eine Analyse von Bestandsverlagerungen braucht gerade
im Sommerhalbjahr streng simultane Erfassungstermine. Weil
große Verbände innerhalb weniger Stunden von Ismaning
zum Bodensee, in die Schweiz oder anderswo hin ziehen
können, empfehlen wir bei der Beschreibung von Sommervorkommen
eine klare Trennung zwischen nachgewiesener
und vermuteter Schwingenmauser.
Kolbenenten sind nach dem simultanen Abwurf der Schwingen
über zwei Wochen anhand einer veränderten Rückenpartie
rasch als flugunfähig erkennbar. Im letzten Drittel des
Federwachstums wird die Schwingenmauser aber nur deutlich,
wenn der Flügel beim Putzen geöffnet wird. Ein markiertes
Weibchen zog 35 Tage nach Abwurf - dann offenbar
gut flugfähig - vom Mauserplatz ab. Mit diesem Wert und
mittels einer Zuwachsrate der HS 9 eines gefangenen Männchens
von 5,6 mm/Tag (bzw. 5,0 mm/Tag bei Schwingenlängen
zwischen 60 und 100 mm) wurden die Daten von Schwingenabwurf
und wiedererlangter „guter“ Flugfähigkeit von 80
Kolbenenten kalkuliert, die 1980-1986 am „Ismaninger Speichersee
mit Fischteichen“, Oberbayern, während ihrer Mauser
gefangen wurden. In den Jahren 2002, 2005, 2006 und 2008
wurde die Phänologie der Schwingenmauser hingegen durch
Feldbeobachtung ermittelt (41 Stichproben bei 3477 Männchen
bzw. 976 Weibchen).
In beiden Zeiträumen gleichen sich die Verläufe der Schwingenmauser
hinsichtlich Beginn, Anstieg und Lage der Maxima
weitgehend. Männchen warfen die Schwingen frühestens
zwischen 15.06. und 20.06. ab. Anfang Juli stiegen die Anteile
Mausernder von unter 20 % rasch auf über 80 % Mitte Juli.
Gipfelwerte über 90 % lagen übereinstimmend Ende Juli. Ab
25.07. konnten die ersten Männchen wieder gut fliegen, Mitte
August schon zwei Drittel, Ende August über 90 %. In den
1980er Jahren mauserten die zentralen zwei Drittel der Männchen
ihre Schwingen innerhalb von 7 Wochen zwischen 05.07.
und 23.08.
Erste Weibchen warfen die Schwingen zwischen 02. und
05.07. ab. Ab Mitte Juli stiegen die Anteile Mausernder von
5-23 % langsam auf über 90 % Mitte August. Die frühesten
Weibchen konnten ab dem 06.08. wieder gut fliegen, Ende
August waren es schon um 40 %, nach der ersten Septemberwoche
zwei Drittel. Die zentralen zwei Drittel der Weibchen
mauserten 1980-1986 zwischen 10.07. und 12.09. innerhalb
von 9 Wochen. Letzte, isolierte Abwurfdaten waren 16.09. für
ein Männchen bzw. 10.10. für ein Weibchen, wieder gut flugfähig
waren diese Individuen am 21.10. bzw. 14.11.
Die beiden Zeiträume unterscheiden sich erheblich hinsichtlich
der Herkunft der Mausergäste. 1980-1986 kamen sie
vor allem aus dem südlichen Mitteleuropa, 2002-2008 dominierten
neu hinzu gekommene Vögel aus Spanien. Trotz
dieser Veränderung ist ein Einfluss auf den zeitlichen Ablauf
der Schwingenmauser nicht erkennbar.