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Die deutsche Präposition-Artikel-Enklise bietet wie kaum eine andere Grammatikalisierung Einblicke in den Mikrobereich von Grammatikalisierungsprozessen: Klare, "zielorientierte" Verhältnisse sind hier nicht zu beschreiben, was der Grund für ihre bisher so geringe Beachtung durch die Grammatikalisierungsforschung sein dürfte. Es wurde deutlich, dass bezüglich der hier als zentral bewerteten Morphologisierung des Artikels das gesamte Spektrum von Nichtverschmelzbarkeit bis hin zu (kurz vor Flexiven stehenden) obligatorisch verschmelzenden speziellen Klitika abgedeckt ist. Diachron hat sich zwar insgesamt eine deutliche Rechtsdrift auf der Grammatikalisierungsskala vollzogen; bezüglich des Genitivartikels hat jedoch eine Degrammatikalisierung in Form von sog. retraction (gemäß Hapelmath 2004) stattgefunden, die hier in einer Demorphologisierung (Resyntaktisierung) eines Klitikons besteht. Dabei findet keine "Relexikalisierung" im Sinne einer lexikalischen Anreicherung eines bereits grammatikalisierten Elements statt (siehe hierzu Haspelmath 1999). Mittel- und frühneuhochdeutsche Verschriftungen deuten auf reichere Inventare an Verschmelzungs formen hin, doch sind hierzu diachrone Untersuchungen erforderlich. Ebenso ist der Übergangsbereich zwIschen einfachen und speziellen Klitika in sich abgestuft und weitaus komplexer gestaltet als hier dargestellt. Auch dazu besteht Bedarf an Detailanalysen unter der Fragestellung, welche der unter Abschnitt 2.2 aufgeführten Artikelfunkttonen am ehesten eine Präposition-Artikel-Verschmelzung erfordern. Einiges deutet auf den am stärksten desemantisierten (expletiven) Artikel z.B. vor Eigennamen hin. Um den Einfluss von Schriftlichkeit und Standardisierung auf Grammatikalisierungsprozesse ermitteln zu können, wurden zwei Dialekte in den Blick genommen: das Ruhrdeutsche, das die Erwartung nach deutlich fortgeschritteneren Verhältnissen erfüllt, und das Alemannische, das andere Phänomene ausgebildet hat wie etwa die Proklise des Artikels an das Substantiv, die Nullrealisierung klitischer Artikelformen und den kategorialen Umbau der vier Nominalkategorien am Artikel. Die Einbeziehung weiterer Dialekte und vor allem auch der gesprochenen "Umgangssprache" könnte weiteren Aufschluss über die Ratio dieser Grammatikalisierung liefern. Sollten flektierende Präpositionen Ziel dieses Wandels sein, so hätte dies tiefgreifende Konsequenzen für die Grammatikschreibung.
In der Forschung zu Grammatikalisierungsphänomenen wurden die Untersuchungsergebnisse häufig in Form grafischer Schemata dargestellt. Die einschlägige Forschungsliteratur spricht daher von 'grammaticalization paths', 'chains' und 'channels'. Wir möchten in dieser Arbeit erstens einen Überblick darüber bieten, welche Grammatikalisierungspfade – und zu welchen traditionellen grammatischen Domänen – bisher vorgeschlagen wurden. Zweitens möchten wir mittels der Zusammmenstellung der Pfade in einem Gesamtbild veranschaulichen, wie ein Grammatik-Modell aussehen könnte, dem die Grammatikalisierungstheorie zugrunde liegt. Ein solcher Überblick ist aus mehreren Gründen problematisch: Zum einen liegen für einige Grammatikalisierungsentwicklungen verschiedene Vorschläge vor, von denen wir jeweils die auswählten, für die ausreichend Belegmaterial angeführt wurde. Ein anderes Problem stellt die Heterogenität der grafischen Schemata dar, für die wir versucht haben, ein einheitliches Format zu erarbeiten, um sie in unser Gesamtmodell zu integrieren. In gleicher Weise wurden die Vorschläge einbezogen, die nicht in grafischer Gestalt vorlagen. Ein grundlegendes Kriterium für die Auswahl aus der vielfältigen Literatur war, daß die Bewegung eines sprachlichen Elements entlang seines historisch belegten Pfades betrachtet wurde. Im ersten Teil der Arbeit wird die Gesamtgrafik in Bezug auf die von Himmelmann 1992 skizzierte Grammatikalisierungtheorie in einzelnen Aspekten erläutert. Der zweite Teil dient der Einordnung der historisch belegten Entwicklungen in das Gesamtschema, wobei zwei Pfade gesondert behandelt werden. Zum Abschluß möchten wir kurz auf die Möglichkeiten und die Mängel des Modells eingehen.
What do corpora reveal about ongoing grammaticalization and transitions between word class categories? Everything, something, or nothing? Using the example of the lexemes nicneříkající, nichtssagend, všeříkající and vielsagend the authors examine the syntactic distribution and semantics of participial adjectives. To what extent do the Czech and German equivalents differ? What (if any) effect does the orthography have (i.e. whether the expressions are written as compounds or as chains of separate words)? Is a new form accompanied by a new function? The text presents an analysis of monolingual corpora (SYN, DeReKo) and a parallel corpus (InterCorp).
Ich werde zunächst auf neuere Theorien zur Abgrenzung von Komposition und Derivation eingehen, um – darauf aufbauend –einen eigenen Lösungsvorschlag anhand von Sprachdaten auszuarbeiten. Dabei werde ich mich nicht auf das Deutsche beschränken, sondern ein Modell skizzieren, das auch eine gewisse übereinzelsprachliche Gültigkeit besitzt . Das Sprachmaterial entstammt allerdings in erster Linie indogermanischen Sprachen, da sich hier das Problem besonders augenfällig stellt. Es wäre jedoch interessant, das vorgestellte Modell an einer größeren Zahl von Sprachtypen zu überprüfen (und entsprechend zu modifizieren). In einem dritten Abschnitt schließlich möchte ich versuchen, die beobachteten Phänomene (und somit mein Modell) ansatzweise in einen Erklärungszusammenhang zu bringen. Das Hauptgewicht soll jedoch auf die Beschreibung der Phänomene selbst, d. h. den zweiten Teil meiner Ausführungen gelegt werden.
Eine Reihe von nicht in Kodifikationen des Standards aufgenommenen sprachlichen Mustern wird im Blick auf ihre Karrieren in verschiedenen mündlichen und schriftlichen Texten in einer Flut von Veröffentlichungen thematisiert, meist in der Hoffnung hier grammatische Entwicklungen und die Basis für eine Orientierung der Grammatikschreibung an der Pragmatik zu entdecken. Im Folgenden soll Sprache nicht „konzeptuell schriftlich“ gedacht und „sozusagen literal idealisiert“ werden. Es soll argumentiert werden für eine einheitliche, mit Sprachgeschichte, ontogenetischem Spracherwerb und Variantenbildung verträgliche Erklärung nicht-standardisierter sprachlicher Muster im Rahmen einer Grammatikalisierungstheorie.
This paper deals with selected semantic, morphological and syntactic characteristics of Yiddish modal verbs, compared to their cognates in German and other Germanic language. In particular, it focuses on the modal ker, the subjunctive zoln and the conditional with volt. The synchronic description is completed by diachronic observations which refer to the Middle High German basis of Yiddish.
The 'de-allative'-pattern (Heine/ Kuteva 2008: 103) gives rise to the French grammaticalized periphrasis aller + INF and the Spanish grammaticalized periphrasis ir a + INF. This construction (anar + INF) also consists in Catalan, but here, however, with the periphrasis expressing a past tense. Concerning the grammaticalization path ir a + INF and aller + INF were formerly used to express a past (historical present), whereas anar + INF also expressed a future (and can still take on this function). This paper discusses possible reasons for the development and the thus exceptional position of the Catalan past-periphrasis. In addition to morphological and normative explanations, language contact between Catalan and Spanish/ French as well as sociolinguistic circumstances are factors which may possibly account for the development of the Catalan construction. After a separate presentation of the development and the former and actual use(s) and forms of the three periphrasis, the cognitive processes which took place during the grammaticalization are presented. Afterward the three periphrasis are compared using the parameters of Lehmann. The second part of this paper consists of a corpus which verifies and illustrates the results of the previous part.
This paper gives a survey over the forms that can be used as prepositions in contemporary German. Apart from prototypical prepositions such as an [at, by], auf [on] or in [in], there are prepositions with the form of a content word or the form of a syntactical structure. Prepositions with the form of a content word look like adverbs (e.g. abseits [away], außerhalb [outside]), verbs (entsprechend [corresponding], betreffend [concerning]), adjectives (nahe [near], seitlich [at the side]) or nouns (trotz [despite], kraft [by virtue]); prepositions with the form of a syntactical structure look like prepositional phrases (im Gefolge [in the wake], am Rande [on the brink]). These "atypical" prepositions are of special interest for two reasons: (1) they raise the question of the delimitation of the grammatical category "preposition"; (2) unlike prototypical prepositions, they are often characterized by semantically irrelevant variations in position (preposing vs postposing) and in the choice of the governed case (dative vs genitive). These synchronic variations are documented by authentic examples from a large corpus of written German of the 90s, and are explained on the basis of a diachronic gramrnaticalization rnodel.
Der Schauinsland – die Mobiliar - das Turm : das referentielle Genus bei Eigennamen und seine Genese
(2014)
Das Genus von Eigennamen verhält sich grundlegend anders als das von Appellativen. Im Zuge der Proprialisierung legen Eigennamen ihr appellativisch ererbtes Genus ab und entwickeln nach und nach ein eigenes, referentiell zugewiesenes Genus, das fest mit einer bestimmten Objektklasse verbunden ist (sieh die Kaiser Wilhelm als Schiff, das Kaiser Wilhelm als Hotel). Damit leisten die onymischen Genera einen echten Beitrag zur Klassifikation und bilden einen Fall von Degrammatikalisierung. Dieser Artikel untersucht die Entstehung und Festigung onymischer Genera am Beispiel von Namen für Flüsse, Berge, Restaurants und Hotels, Versicherungen, Banken, Fluggesellschaften, Autos, Motorräder und Konzerne und stellt das Prinzip eines onymischen Ikonismus auf.