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Klugheit wird gemeinhin als das Gegenteil von Torheit aufgefasst. Auf diese Weise erfährt sie eine sprachlich vorstrukturierte positive Bewertung und erhält einen ausgezeichneten gesellschaftlichen Status. "Positiv" bedeutet eine Verknüpfung mit spezifischen je gesellschaftlich richtigen Wertmassstäben, die aber in unterschiedlichen Milieus und Regionen durchaus verschieden ausfallen. Diese bilden den impliziten Subtext für die alltägliche Zuschreibung von "Klugheit". Klugheit fokussiert das Verhalten der Menschen, die Handlungen, die Performanz. Klugheit wird denjenigen Personen zugeschrieben, die "das Richtige" tun, und nachdem sie das Richtige getan haben, etabliert sich erst das Kriterium für die Richtigkeit dieser Beurteilung: der Ausgang der Geschichte. Klugheit wird zwar im vornhinein behauptet, stellt sich aber erst im Nachhinein heraus: denn sie misst sich nicht an der vorgeführten Handlung selbst, sondern am Ausgang der "Geschichte". Eine Bauerntochter handelt dann klug, wenn ihre Handlungen zu einem – im Sinne des Erzählers – guten Ende führen, zu einem Happy-End sozusagen. ...
The article focuses on Jacob Grimm's linguistic scholarship, taking into account biographical details, Grimm's conception of law and freedom, and his morality. Examples consist of original citations from Grimm's works, primarily his "Deutsche Grammatik" and "Deutsches Wörterbuch".
In der Geschichte der Wissenschaftsgeschichtsschreibung wird die Entstehungsphase der Deutschen Philologie nahezu durchgängig mit dem Hinweis auf ein gemeinsames Wissenschaftsprojekt der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm und ihres Freundes und Kollegen Karl Lachmann verknüpft. Gelegentlich kommt noch der eine oder andere Name, meist der Georg Friedrich Beneckes, als "Gründerheroe" hinzu. Zur Beschreibung gehört auch die Erwähnung eines die Gründungsphase begleitenden "Wissenschaftskriegs" zwischen den Grimms und Friedrich H. von der Hagen. Die Gruppenbildung, die sich nach dem Selbstverständnis der Akteure und der Fremdeinschätzung durch Um- und Nachwelt als eine "Gemeinschaft von Freunden" darstellte, und das sie begleitende Streitgeschehen zwischen den verschiedenen Gruppen sind die zentralen Konstituenten des im 19. Jahrhundert entstandenen und bis heute fortlebenden "Gründungsmythos" unseres Fachs.
Jacob Grimm, der die Vorlesungen von Savignys in Marburg besucht hatte, führte dessen Ansatz fort, etwa im Beitrag "Von der Poesie im Rechte", auf den Kaspar Renner ausführlich eingeht. Renner analysiert sowohl die Argumentation wie auch die Bildlichkeit des Aufsatzes und beschreibt, weshalb die Sprache des germanischen Rechts für den jungen Philologen als poetisch gilt und warum dieser ein ursprünglich angenommenes Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Wörtern und den Dingen annimmt. Grimms Poesievorstellung lässt sich, Renner zufolge, aus seinem etymologischen Sprach- und Geschichtsbegriff erklären, welcher sich um die Figur des Ursprungs zentriert. Renner veranschaulicht, wie die Etymologie in Grimms Argumentation abgelöst wird von topischen Verfahren der Historiographie, welche die Geschichte konsequent in räumliche Konfigurationen überführen. Die Verwandtschaft von Recht und Poesie wird dann im gleichen Zuge metaphorisch ersetzt durch die Vorstellung ihrer 'Nachbarschaft'. Dabei greife Grimm auf grammatische und lexikographische Verfahren zurück, die in den "Deutschen Rechtsalterthümern" dokumentiert seien.
In meinem Vortrag habe ich einige Beispiele von Verführung in den Märchen der Brüder Grimm kommentiert, wo Tiere, Hexen, kleine Männchen, Menschen oder sogar der Teufel als Verführer erscheinen. Meiner Meinung nach spielt die Verführung in den Märchen eine erziehende Rolle, denn die meisten Kinder lesen diese Märchen nicht, sondern hören sie von ihren Eltern oder Großeltern, die ihnen beim Märchenerzählen die genauen Erklärungen geben können, weil das Märchenerzählen eine zwischenmenschliche Beziehung ist, an der Erwachsene und Kinder gleichermaßen teilnehmen, wobei das Kind daraus lernen kann, was erlaubt ist, was verboten ist, was schlimm ist, was gut ist, oder wo Gefahr lauert.
The mother tongue at school
(2023)
This paper focuses on a key contradiction in nineteenth century nationalist ideology, namely the opposition between the emphasis on the sacred status of the mother tongue, on the one hand, and the use of universal mandatory schooling as a means of homogenization, on the other. The influential philologist Jacob Grimm insisted that only people whose mother tongue was German counted as members of the German nation; the mother tongue was the key criterion of authentic belonging. Yet Grimm also realized that mandatory schooling imposed a uniform language across a wide territory, wiping out local dialects and effectively giving shape to a more linguistically unified people. He thus witnessed how modern mass instruction forged a more standardized culture at the expense of the more natural-seeming transmission of language within families. In Grimm's writings on education, the valorization of the mother is continually disturbed by the presence of a surrogate figure, the school teacher.
Die deutsche Literatur ist ohne die Märchen der Gebrüder Grimm nicht zu denken. Sie verkörpern die deutsche Kultur und sind sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene geeignet. Neben der Kulturvermittlung von Generation zu Generation haben die Märchen der Gebrüder Grimm den Zweck, das Volk zu belehren und aufzuklären. Die Märchen sind nicht nur in europäischen Ländern gängig, sondern stoßen auch in anderen Ländern wie Georgien, Aserbaidschan und der Türkei auf großes Interesse. Die vorliegende Arbeit hat die Absicht, orientalische Einflüsse in den georgischen, aserbaidschanischen und türkischen Märchenübersetzungen der Gebrüder Grimm zu analysieren und diese zu deuten. Hierfür wird von den Märchen "Rotkäppchen" und "Der Wolf und die sieben Geißlein" Gebrauch gemacht. Parallel dazu werden die Übersetzungen mit der deutschen Ausgangssprache in Vergleich gesetzt und somit sowohl Differenzen als auch Gemeinsamkeiten aufgezeigt.
É próprio do conto de fadas ser ilustrado, encenado, reinventado e adaptado de várias maneiras, com destaque para suas recriações verbovisuais na forma de livros ilustrados de contos de fadas. No presente trabalho, analisamos a obra metatextual e metaficcional "Caperucita Roja (tal y como se lo contaron a Jorge)", de Luis María Pescetti e Alejandro O’Kif, em comparação com o conto "Chapeuzinho Vermelho", dos Irmãos Grimm, ao qual se refere diretamente e reproduz de forma traduzida e adaptada. Como toda obra metatextual e metaficcional, a textualidade em questão enseja inúmeros questionamentos a respeito da obra de referência, o conto dos Grimm, o qual termina avaliando criticamente. Veremos como, em "Caperucita Roja", a estrutura formal do conto de fadas dos Irmãos Grimm, caracterizada pela abstração, planicidade, lógica intuitiva e magia naturalizada, é tematizada, bem como a 'Verwandlungsfähigkeit' da narrativa original.
Es gehört zu den bleibenden Leistungen der "Kinder- und Hausmärchen", daß sie die fiktionalisierte Moralförmigkeit älterer Kinder- und Jugendliteratur in eine poetisierende Märchenförmigkeit überführen - auf diesem Wege das kollektive Imaginäre ihrer Epoche als Ermöglichungsgrund jeglichen Bilderbewußtseins neu besetzend und umformulierend. Anders gesagt: die "Kinder- und Hausmärchen" öffnen – wiewohl sie sich nicht allein für die intentionale Kinderliteratur reklamieren lassen - deren Bereich nachdrücklich der Geltung der sog. “Ästhetik-Konvention”, die sich im Literatursystem um 1800 allgemein durchgesetzt hat. Sie bewirken damit eine folgenreiche Lockerung der für die Kinderliteratur immer noch verbindlichen Pädagogik-Konvention.
Le miroir intermédial : "Sneewittchen" des Grimm et "Blancanieves" de Pablo Berger en comparaison
(2017)
Contemporary studies about film adaptations of literary texts face many obstacles when it comes to compare two different media. They either tend to establish how faithful the film adaptation is to its textual source or they consider the literary text as canonical, which as such cannot be transposed to any other form. This contribution aims to cross the borders of 'adaptation studies' and offers an intermedial comparison between the Grimms' tale 'Sneewittchen', first published in 1812, and 'Blancanieves', a black and white silent movie directed by Pablo Berger and released in 2012. Regarding 'Blancanieves' not only as an adaptation of the Grimms' text(s), but also and above all as a reconfiguration of numerous media forms (film, photography, opera, among others), reveals how the Spanish director differentiates himself from the German tale and creates a new story with renewed meanings which echo the current social, economical and political situation of Spain.