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Dies ist eine Festschrift für Detlef Brandes zum 75. Geburtstag. Ein Vorwort für sie zu verfassen, ist kein leichtes Unterfangen, denn die beeindruckende wissenschaftliche Arbeit und die Tätigkeit von Detlef Brandes sind schon vor zehn Jahren in der Festschrift zum 65. Geburtstag ausführlich gewürdigt worden. Der inzwischen leider verstorbene Hans Lemberg zeichnete damals den wissenschaftlichen Lebensweg des Jubilars in bewegender Weise nach, von den Archivstudien des jungen Doktoranden in der Tschechoslowakei der 1960er Jahre über die Tätigkeit am Collegium Carolinum in München, an der Freien Universität Berlin und die internationalen Wanderjahre, die ihn nach Florenz, New York, Stanford und Sapporo geführt hatten, bis er nach einem kurzen Intermezzo in Oldenburg 1991 auf die Stiftungsprofessur für "Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa" an die Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf berufen wurde. ...
In seinem in mehrfacher Hinsicht gewichtigen Buch 'Europe. A History' hat der Oxforder Polen-Historiker Norman Davies 1996 die Formulierung eines "'tidal Europe', whose frontiers ebb and flow", geprägt, eines Europas also, dessen Fläche der Tidenhub beziehungsweise die etymologisch ja verwandte Zeit mal größer, mal kleiner werden läßt. Das ist eine Metapher, die sich gewinnbringend auch und gerade auf das östliche Europa anwenden lässt, hier vor allem auf den Teil, der seit 1918 mit dem politischen Begriff "Zwischeneuropa" belegt wurde - einem Neologismus, der sodann in der Wissenschaftssprache zu "Ostmitteleuropa" gerann. [...] In den folgenden Ausführungen soll lediglich auf zwei Dinge hingewiesen werden: Erstens, nicht die einzelnen Merkmale, sondern ihre Kombination macht die Spezifik der Region aus. Libertäre Ständegesellschaften, ethnokonfessionelle Pluralität und Großmachtdominanz finden sich in der Neuzeit nicht nur im historischen Polen und Ungarn, sondern auch in anderen Teilen Europas. Aber in Kombination mit Magdeburger Recht, Sprachnationalismus und politischer Dissidenz entsteht eben doch eine historisch ganz besondere und damit "kartierbare" Mischung, eine ostmitteleuropäische "Grundordnung". Zweitens, auch hier ist das Spezifische nicht ohne ein abgrenzbares und andersartiges Umfeld denkbar: Die eine Geschichtsregion ist daher nur im Kontext anderer - benachbarter oder weiter entfernter - zu fassen.
Der Band untersucht die Ursachen, Ausprägungen und Reaktionen auf die Entstehung bzw. Erstarkung populistischer Parteien und Bewegungen in Deutschland und Ostmitteleuropa.
Inhaltsverzeichnis:
Arthur Benz: Populismus als Herausforderung für Wissenschaft und Praxis - Einleitung
Dirk Jörke: Populismus – Ursachen und falsche Antworten
Michael Edinger: Mobilisierung gegen das Establishment. Zu einem Wesensmerkmal populistischer Strömungen
Claudia Landwehr und Nils D. Steiner: Populismus – eine Nachfrageperspektive
Joachim Klose: Ein Land, zwei Perspektiven? Zum Populismusin Ost- und Westdeutschland
Petra Guasti und Lenka Buštíková: Populismus in Ostmitteleuropa und der Verzicht auf Politik
Zeitzeugen sind nicht immer gute Historiker, und Historiker geben nicht notwendig gute Zeitzeugen ab. Für den zweiten Sachverhalt war seit den 1990er Jahren unter anderem aufschlussreich, wie sehr es erst der Anstöße aus den Reihen einer Enkelgeneration deutscher Historiker bedurfte, bevor die Rolle ihrer akademischen "Großväter" im "Dritten Reich" kritisch und ohne jede Scheu vor persönlichen Bekanntschaften untersucht wurde. Gewiss muss man im Blick darauf sorgfältig zwischen Skandalisierung und wissenschaftlicher Erkenntnis unterscheiden, aber dieses Problem kann hiernach ohnehin nicht weiter vertieft werden. Vielmehr richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Frühgeschichte der Deutsch-Tschechoslowakischen Historikerkommission, der der deutsche Osteuropa-Historiker Detlef Brandes seit der Gründung im Jahr 1990 angehörte. ...