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Einen schönen Einstieg in "Rechtspluralismus" bietet ein jüdischer Witz: Zum Rabbi kam ein Mann und lamentierte über seine Ehefrau. Sie erziehe die Kinder falsch und kümmere sich zu wenig um den Haushalt. Sie koche nicht gut und sonst allerlei gelinge ihr ebenfalls nicht. Daraufhin dachte der Rabbi kurz nach und sagte: "Ja, ja, sicher, Du hast Recht." Am Tag darauf kam die Frau zum Rabbi und beschwerte sich heftig über ihren Ehemann. Dieser kümmere sich zu Hause um gar nichts, liege nur faul herum und sonst sei auch nichts mit ihm anzufangen. Da dachte der Rabbi wieder kurz nach und antwortete: "Ja, ja, Du hast Recht." Beiden Gesprächen wohnte der Schüler des Rabbis bei. Dieser wunderte sich nun und fragte den Rabbi in vorwurfsvollem Ton: "Du kannst nicht geben Recht dem Einen und dann der Anderen. Das geht nicht, dass beide Recht haben." Da dachte der Rabbi wieder nach und sprach: "Ja, ja, Du hast auch Recht." ...
Der viel diskutierte Begriff der "Multinormativität" steht heute in Konkurrenz zu dem des "Rechtspluralismus" und der "Diversität" des Rechts. Alle drei Begriffe verfügen nicht über eine inhaltliche und funktionale Eindeutigkeit und zeigen kein bestimmtes Verhältnis zu- und untereinander. Eine sehr vage Gemeinsamkeit solcher "Rechtspluralitäten" besteht allein in deren Unterscheidung oder Abweichung vom Gegenbegriff einer "Rechtseinheit" bzw. der ideal gedachten Einheit der Rechtsordnung, wie sie von den Kodifikatoren des Privatrechts im Zeitalter der Aufklärung versucht wurde zu verwirklichen. In einem solchen Spannungsverhältnis zwischen Einheitlichkeit oder Vielfalt gesellschaftlicher und staatlicher Rechtsgestaltung steht jedes organisierte Gemeinwesen. Das ist eine historische Erfahrung, die sich seit der römischen Antike in der rechtssystematischen Einteilung in ein "ius universale " und "ius speciale/particulare" zeigt. In der aktuellen Diskussion scheint "Multinormativität" als der umfassendere Begriff für die Rechtevielfalt gebraucht zu werden. In der rechtstheoretisch orientierten Literatur kann man je nach disziplinärer Einteilung bis zu sieben "Rechtspluralismen" unterscheiden, die die Definitionsnot und sprachliche Bedeutungsvielfalt nachdrücklich belegen. Dieser "Pluralismus" kann durch Rechte oder auch "Rechts-Ordnungen" in der Interaktion zwischen einer herrschenden und einer alternativen "Rechts-Ordnung" bestimmt sein. Die Konkretisierungsbedürftigkeit von "Rechtspluralismus" und "Multinormativität" haben diese beiden Begriffe auch gemeinsam mit dem geläufigen Nachbarbegriff der pluralen "Rechtsquellen", die als Sammelbezeichnung für die Grundlagen rechtlicher Entscheidungen fungieren. Multinormativität kann heute als eine extensive Variante von "Rechtsquellenvielfalt" oder "Rechtsvielfalt" gesehen werden, beschränkt sich jedoch nicht auf die Dimension der rechtlichen Entscheidungsgrundlagen, sondern erweitert diese auch auf die Vielzahl möglicher außerrechtlicher entscheidungsrelevanter "Normen". Das ist der Grund, weshalb heute der Begriff des "normative pluralism" dem des "legal pluralism" vorgezogen wird, um auch das "phenomenon of law beyond the state" in den Griff zu bekommen. In der deutschen Literatur ist heute das beliebte Bild und der vielgebrauchte Begriff der "Rechtsquellen" höchst umstritten, da in ihm mehr das "fließende" Element höchst mobiler rechtlicher Ordnungsinstrumente zum Ausdruck kommt als die Bestimmtheit und Sicherheit rechtlicher Normangebote. Luhmann bezeichnete die eine Rechtspluralität indizierende Rechtsquellenlehre als ein "mehrschichtiges Theoriegebäude mit schwankenden Fundamenten" und Esser sprach sogar von den "doktrinären Peinlichkeiten", vor die sich die Rechtsquellenlehre gestellt sah und gestellt sieht. Multinormativität löst heute weitgehend den "Rechtsquellen"-Begriff ab, indem er ihn vor dem Hintergrund internationaler politischer Praxis und Erfahrungen überlagert und ausweitet. ...
Legal pluralism calls into question the monopoly of the modern state when it comes to the production and the enforcement of norms. It rests on the assumption that juridical normativity and state organization can be dissociated. From an early modern historian’s perspective, such an assumption makes perfect sense, the plural nature of the legal order being the natural state of affairs in imperial spaces across the globe in the sixteenth and seventeenth centuries. This article will provide a case study of the collaborative nature of the interaction between spiritual and temporal legal orders in Spain and its overseas territories as conceived by Tomás de Mercado (ca. 1520–1575), a major theologian from the School of Salamanca. His treatise on trade and contracts (1571) contained an extended discussion of the government’s attempt to regulate the grain market by imposing a maximum price. It will be argued that Mercado’s view on the bindingness of economic regulations in conscience allowed for the internalization of the regulatory power of the nascent state. He called upon confessors to be strict enforcers of state law, considering them as fathers of the republic as much as fathers of faith. This is illustrative of the "collaborative form of legal pluralism" typical of the osmotic relationship between Church and State in the early modern Spanish empire. It contributed to the moral justification of state jurisdictions, while at the same time, guaranteeing a privileged role for theologians and religious leaders in running the affairs of the state.