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Uns geht es […] darum, über eckig und rund, einem Oppositionspaar, Formen, Formate, De-Figurationen und De-Konstruktionen von Geschlecht. aber auch von anderen Kategorien. die die Identität bestimmen, auszuloten. Mit welchem Oppositionspaar haben wir es hier zu tun? Oben […] im Netz. hieß es schon, dass wir das Eckige brauchen. um das Runde zu definieren, und umgekehrt. Oder aber auch, dass beide Kategorien gar nicht so leicht voneinander zu trennen sind, denn selbst der rundest geschliffene Kristall basiert auf der eckigen Struktur des Kristallgitters. Es scheint nicht so einfach zu sein. die Opposition eckig und rund aufrechtzuerhalten. Warum wird dann über dieses Paar versucht, die Kinder- und Jugendliteratur zu vermessen? Die Antwort liegt scheinbar auf der Hand – mit rund wird z.B. das Weiche. das Anschmiegsame. Kindliche oder eben das Weibliche. assoziiert. mit eckig das Härtere, Widerspenstigere, Kantigere, eben das Männliche zusammengedacht. Also 'rund' als das weibliche Prinzip? 'Eckig' als das männliche?
Wenn wir uns mit 'Fluß ohne Ufer' einem Werk zuwenden, in dessen Zentrum die Beziehung zwischen Männern steht, dann befinden wir uns damit nur 'in eroticis' in einer minoritären Zone, symbolisch jedoch im Herzen der Gender-Frage. Die männliche Geschlechtsrolle unterliegt zwangsläufig ebenso einer Inszenierung wie die weibliche, so daß es eine davon ablösbare, "uninszenierte" Geschlechtlichkeit nicht geben kann, wie auch ohne Rekurs auf Judith Butler offensichtlich ist - die Rede von der Geschlechtsrolle impliziert in diesem Zusammenhang daher keinerlei Wertung. Die Generierung einer bestimmten Variante von symbolischer Männlichkeit im Raume der Literatur wird hier anhand 'eines' Textes vorgeführt, wobei der vergleichende Blick auf englische, französische und russische literarhistorische Parallelen erweist, daß es sich nicht um einen isolierten Sonderfall handelt.
Das Faktum, dass in der Komikproduktion "Türkisch für Anfänger" Verhaltens- und Sprachpraktiken des türkischstämmigen männlichen Jugendlichen namens Cem Öztürk als standardfern angesehen und so dargestellt werden, und der Betroffene demnach im komischen Modus stets mit dem Affen bzw. Affenmenschen verglichen wird, wurde für die Autorin der vorliegenden Arbeit zum Auslöser für den Vergleich seiner mit Bourroughs' Protagonisten Tarzan. Dies wiederum eröffnet Reflexion und Debatte über Machtverhältnisse/Positionierungen in der deutschen Einwanderergesellschaft einen freien Raum.
Salina Reinhardt setzt sich mit dem Thema der krisenhaften Männlichkeit am Beispiel des seit den 1990er Jahren zum Kultroman avancierten "Fight Club" von Chuck Palahniuk auseinander. Der Konflikt des weißen, heterosexuellen Mannes konkretisiert sich in dem Protagonisten und lässt durch dessen Persönlichkeitsspaltung gegenläufige Rollenerwartungen sowie fehlende Neuentwürfe aufeinanderprallen und in einer Überkompensation eines hypermaskulinen, sich von jeder Form weiblicher Zuschreibung loslösenden Männlichkeitsentwurfs gipfeln, der in seiner Mythenhaftigkeit nicht nur thematisiert, sondern vor allem als ein in den Wahnsinn führendes Problem inszeniert wird. Den Konflikt zwischen dem Protagonisten und seiner abgespaltenen Persönlichkeit schließt Reinhardt mit dem Erzählmodus des Romans kurz, der in seiner Aufspaltung den Geschlechter-Kampf der schizophrenen Figur mit sich selbst reproduziert und diesen beinahe in einer Eigendynamik zu überhöhen scheint.
Am Beispiel des zweiten Romans von Jackie Thomae "Brüder", der 2019 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand und für den sie 2020 mit dem Düsseldorfer Literaturpreis ausgezeichnet wurde, wird untersucht, inwiefern eine intersektionale Betrachtung des Romans eine Reflexion der Darstellung unterschiedlicher Differenzkonstruktionen und ihrer Verstrickung anzuregen vermag. Außerdem stellt der Beitrag zur Diskussion, inwiefern eine vertiefte Auseinandersetzung mit Jackie Thomaes Roman "Brüder" im Literaturunterricht eine kritische Reflexion des Erzählten im Sinne einer 'Critical Narrative Literacy' initiieren kann. Davon ausgehend wird ein Modell einer Diversitätsorientierten Deutschdidaktik entwickelt, dem eine kulturtheoretische Fundierung im Sinne der Intersektionalitätstheorie zugrunde liegt.
Ronja Hannebohm nimmt den im Jahr 1985 erschienen Roman "The Handmaids Tale" zur Grundlage ihres Beitrags, um die in einer Dystopie verorteten Geschlechterrelationen in den Fokus zu stellen, die auf den ersten Blick binär und in dieser Form starr erscheinen, jedoch anhand einer eingehenden Analyse relativiert werden können. In den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellt der Beitrag die Gegenüberstellung von starken, machtvollen Männern und schwachen, unterworfenen und auf ihre Gebärfähigkeit reduzierten Frauen, den sogenannten Handmaids. Diese scheinbar stabilen Verhältnisse werden - dies hebt Hannebohm bereits mit dem Titel ihres Beitrags "Geschlechter-Macht-Binarismen relativiert: Margaret Atwoods Männerdarstellungen in "The Handmaid’s Tale"" hervor - in der Erzählung durch Ambivalenzen ersetzt, die erstens, den aktuellen Forschungstendenzen folgend, anhand der Beschreibungen der Handmaids ausgemacht werden, zweitens aber auch durch die männlichen Figuren, die im Roman als in ihrer Macht enthoben dargestellt werden, nachgewiesen werden können.
Verbale Kontroversen, gewaltsame Kämpfe und folgenschwere Krisen, die aus den konflikthaften Kollisionen der Geschlechter hervorgehen, stellen nur einige denkbare Ausformungen von "Geschlechter-Dramen" dar. Aus einer interdisziplinären Perspektive wird im vorliegenden Band nach literarischen sowie filmischen Modellierungen ebensolcher Geschlechter-Dramen gefragt. Mit dieser Wortkomposition und ihrer Polysemie werden hier bewusst zwei grundlegende Denkmodelle der Literatur- und Kulturwissenschaft aufgerufen, welche in ihrer Verknüpfung die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit (inner)subjektiven, kategorialen und systemischen Konflikten von Geschlecht erlauben. Mit dem Drama wird zugleich auf das Ordnungssystem der Gattung - verstanden als Sorte oder Art von künstlerischen Werken, die in ihren charakteristischen Eigenschaften miteinander übereinstimmen - verwiesen, das im Folgenden untersucht werden soll im Hinblick auf die möglichen Zusammen-, Wechsel- und Gegenspiele mit dem Geschlecht, verstanden als eine die sozialen und kulturellen Verhältnisse grundlegend prägende Kategorie, die vor allem auf das binäre Geschlechterverhältnis und die damit einhergehende Bildung scheinbar feststehender Geschlechtsidentitäten bezogen ist. Die Inszenierungen von Geschlechter-Dramen werden auf den "Bühnen" der Literatur, der darstellenden und bildenden Künste sowie des Films auf höchst unterschiedliche Weise dargeboten und sind dabei historisch, gattungs- und medienspezifisch gebunden. Obgleich Geschlechter-Dramen zu allen Zeiten in den Gattungen und Medien sämtlicher mimetischer und nicht-mimetischer Kunstformen in Erscheinung treten, fokussieren die Beiträge des vorliegenden Bandes filmische und literarische Darstellungen moderner Geschlechter-Dramen seit 1800, die sich als "Probehandlungen" vorzugsweise in der Fiktion "abspielen".
Im Zentrum der folgenden Überlegungen stehen die (fiktionalen, idealen) Entwürfe von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ in der deutschen Literatur des Mittelalters im allgemeinen und speziell im Werk Ulrichs von Liechtenstein, die dort beobachtenden literarischen Konstruktionen von sozialen Rollen, aber auch von männlichen und weiblichen Körpern – und (...) das Spiel mit diesen Konstruktionen und ihrer Montage.
Zu fragen bleibt (...), welche Konzeptionen von Weiblichkeit bzw. Männlichkeit (...) in den literarischen Diskursen das Mittelalters über Liebe und Erotik entwickelt werden und in welchem Maße sie neuzeitliche Modelle geprägt haben oder aber von ihnen divergieren. (...) Diesen Spuren (...) [ geht Ingrid Bennewitz nach] , und zwar anhand von Beispielen aus unterschiedlichen literarischen Gattungen des Mittelalters (Minnesang, genauer: Sängermonolog; erotisches „Frauen“-Lied; höfischer Roman: Tristan und Isolde).
In der heutigen Epoche von Radikalismen, politischer und existentieller Unbehaustheit und vermeintlich in die Krise geratener Männlichkeit wird die "vaterlose Gesellschaft" (Matthias Matussek) oft als Ursache für vielfache Fehlentwicklungen insbesondere der Söhne betrachtet und geradezu zur conditio humana der westlichen Welt erklärt. Zwar wird diese 'Vaterlosigkeit' vor allem im rechtskonservativen Lager immer wieder als Verlustgeschichte natürlicher männlicher Vorherrschaft bedauert, aber auch ein kritisch-engagierter Autor wie Milo Rau scheint in seinem Theaterstück Civil Wars ein (Ideal-)Bild normal-autoritärer väterlicher Männlichkeit zu vermitteln, insofern besonders das problematische Verhältnis zum Vater das Stück leitmotivisch durchzieht und als Ursache für die psychosoziale Fehlentwicklung der Figuren aufgeführt wird.
Um 1900 wurde diese heute so oft beklagte vaterlose Gesellschaft aber geradezu herbeigesehnt: Nicht nur die eben erst gegründete bürgerliche Jugendbewegung, sondern auch die reformwillige wilhelminische Elternschaft, die im morbiden Aufbruch der (männlichen) Jugend ihre eigenen politischen Hoffnungen zu realisieren wünschte, erhoben den Vatermord provokativ zum Teil ihres Programms.