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Auch wenn die Zukunft dem Menschen nicht bekannt ist, gehört sie zu den Aspekten, die den Horizont für Bildung ausmachen. Kinder und Jugendliche sollen sich so bilden, dass sie zukunftsfähig werden. Selbst wenn sich nicht genau angeben lässt, was zu einer zukunftsfähigen Bildung gehört, besteht kein Zweifel darüber, dass Frieden, Umgang mit kultureller Diversität und Nachhaltigkeit zu 'den' Bedingungen zukunftsfähiger Bildung gehören. Alle drei Bereiche sind miteinander verschränkt. Wenn Fragen des Friedens bearbeitet werden, spielen Probleme der kulturellen Vielfalt und der Nachhaltigkeit eine Rolle. Eine Erziehung zur Nachhaltigkeit ist ohne Berücksichtigung kultureller Vielfalt und sozialer Gerechtigkeit nicht möglich. Dass alle drei Aufgabenfelder von höchster Aktualität sind, ist offensichtlich. Es gilt eine 'Kultur des Friedens, der kulturellen Vielfalt' und 'der Nachhaltigkeit' zu entwickeln. Damit sind grundlegende gesellschaftliche Veränderungen impliziert, bei deren Realisierung dem Bereich der Erziehung und Bildung und insbesondere der Schule eine wichtige Aufgabe zukommt. Im Weiteren möchte ich drei zentrale Aufgabenfelder einer zukunftsfähigen Bildung skizzieren. Dabei werde ich zunächst bei meinen Ausführungen zur Friedenserziehung auf Diskussionen zurückgreifen, die in den 1970er Jahren begonnen wurden, aber bis heute nichts an Aktualität verloren haben.
Transkulturalität ist in den Nullerjahren zu einem zentralen Begriff der Kulturwissenschaften für die Beschreibung von Migrations- und Globalisierungsprozessen avanciert. Dabei eint die Transkulturalität mit ihren Vorgängermodellen der Inter- und Multikulturalität eine binäre konzeptuelle Ausrichtung: Zum einen wollen sie als Deskriptionsinstrumente der sich zunehmend kulturell vernetzenden Weltgesellschaft heuristisch angemessen begegnen. Zum anderen geht in ihnen ein normativer Impetus auf, indem sie Identitätsmodelle formulieren, die gegen Ressentiments und antimigrantische Narrative in Stellung gebracht werden. Immer richten sich diese 'Kulturalitätskonzepte' gegen ein bestehendes Defizit im gesellschaftlichen Wissen um Migrations-prozesse und treten mit ihren implizierten Visionen einer sich entwickelnden Einwanderungsgesellschaft als 'Hoffnungsträger' in den öffentlichen und wissenschaftlichen Debatten auf.
Mit einiger Berechtigung könnte man das 19. Jahrhundert nicht nur als Jahrhundert nationaler Einheitstendenzen, sondern auch als Jahrhundert der Diversität beschreiben: einerseits der biologischen Diversität, insofern die Anzahl der bekannten Arten exponentiell zunimmt und die Evolutionslehre den Naturprozess selbst als Entstehung organischer Diversität bestimmt, andererseits aber auch als Jahrhundert der kulturellen und sozialen Diversifizierung: Unübersehbarkeit des empirischen Wissens, Differenzierung der Disziplinen, Vervielfältigung der kulturellen Tendenzen, Pluralisierung der Lebensformen und Weltanschauungen, die - mit Nietzsches Formulierung - "unkräftige Vielseitigkeit des modernen Lebens", all das gehört jedenfalls zu den gängigen Selbstbeschreibungen der Zeit. Dabei taucht Diversität in den Gegenwartsdiagnosen um 1900 weniger als Wert oder gar Forderung auf, sondern vor allem als krisenhaft oder ambivalent wahrgenommenes Phänomen
Im plurikulturellen Verständnis ist Differenz oder Andersheit ein Konstituens der Kultur und nicht ein Systemwiderspruch. Im adversialen Verständnis von Kultur stört die Differenz, oder sie wird in den Bereich des "Interessanten" gerückt. Deshalb werden Abgrenzungen vorgenommen, kulturelle Monaden werden konstruiert und zivilisatorische Hierarchien werden behauptet. Im günstigsten Falle kann es zu einer macht- und majoritätsgeschützten protektionistischen Toleranz kommen, die vom 'Wohlwollen' der Majorität abhängig ist. Sonst ist die Marginalisierung oder gar Ausmerzung der Differenz im politischen Prozess eher üblich.
"Plattdeutsch ist eine Sprache unserer Zeit." So beginnt das - auf Hochdeutsch verfasste - Vorwort von "Platt. Dat Lehrbook", 2016 herausgegeben vom Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen. Auch andernorts bemüht man sich um die zeitgemäße Verbreitung des Niederdeutschen: auf Websites wie 'Plattnet' und 'Plattdeutsch.net', bei Festivals und Wettbewerben wie 'Plattart', 'Plattsounds' oder 'Platt is cool', in der Gestaltung von Grundschullehrplänen in den norddeutschen Bundesländern. Was bei alldem auffällt, ist die Nähe derzeitiger Platt-Vermittlung zu Programmen sprachlicher und kultureller Diversität.
Am Beispiel des zweiten Romans von Jackie Thomae "Brüder", der 2019 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand und für den sie 2020 mit dem Düsseldorfer Literaturpreis ausgezeichnet wurde, wird untersucht, inwiefern eine intersektionale Betrachtung des Romans eine Reflexion der Darstellung unterschiedlicher Differenzkonstruktionen und ihrer Verstrickung anzuregen vermag. Außerdem stellt der Beitrag zur Diskussion, inwiefern eine vertiefte Auseinandersetzung mit Jackie Thomaes Roman "Brüder" im Literaturunterricht eine kritische Reflexion des Erzählten im Sinne einer 'Critical Narrative Literacy' initiieren kann. Davon ausgehend wird ein Modell einer Diversitätsorientierten Deutschdidaktik entwickelt, dem eine kulturtheoretische Fundierung im Sinne der Intersektionalitätstheorie zugrunde liegt.
The construct diversity describes the collective amount of differences among members within a social unit. The present dissertation is based on the assumption that, through engagement with diversity, people acquire an understanding of what role diversity plays in the societies, organizations, work groups, or other social units they are part of. This understanding of the role diversity plays in a given social unit provides a vantage point from which people will engage with diversity in the future. These vantage points from which people engage with diversity are the general subject matter of the present dissertation. Two main research questions are addressed in this regard: First, whether the role diversity is given in a particular context does have effects on groups and the individual members therein. Second, if such effects exist, it seeks to explore the processes and mechanisms they are based on. Both questions are addressed from different perspectives in the three main chapters of this dissertation. Chapter 5 contains two meta-analyses on the effects of diversity beliefs and diversity climates. Diversity beliefs are individual attitudes that describe the degree to which diversity is ascribed an instrumental value for achieving beneficial outcomes or avoiding detrimental ones. Diversity climates depict such a value of diversity on the group-level. Building on the social identity approach, I explain how diversity beliefs and climates can obviate diversity’s detrimental effects and foster beneficial ones. As both diversity beliefs and climates can cause such effects, they are considered together in the main analyses in the chapter. In the first part of the chapter, a meta-analysis on these moderator effects of diversity beliefs/climates is presented (k = 23). The majority of studies that addressed such effects reported significant results. The patterns of these results showed that, in general, diversity will be more positively related to beneficial outcomes the more it is valued. However, the analysis also revealed that there are at least two types of patterns of this moderation. So far, it cannot be explained which pattern will occur under what circumstances. In the second part of the chapter, a meta-analysis on the main effects of diversity beliefs/climates on beneficial outcomes is presented (k = 71). These effects did not receive much attention in the primary studies. Based on the social identity approach and the fact that diversity is a ubiquitous feature of modern organizations, I argue that they are important nonetheless. The meta-analysis revealed a significant positive main effect of diversity beliefs on beneficial outcomes (r = .25; p < .0001). However, the effect sizes varied considerably across studies. Both moderator and main effects were found across a broad array of outcomes, study designs, levels of analysis, and operationalizations of the constructs involved. They were found irrespective of whether diversity beliefs or diversity climates were considered. The heterogeneity of results in the meta-analyses suggests that there is still much to be learned about when differences in vantage points from which people engage with diversity will have an effect and about the processes that underlie these effects. Chapter 6 is, therefore, predominantly concerned with these underlying processes. Most of the previous research has treated pro-diversity beliefs and pro-similarity beliefs as opposite poles of one underlying continuum. There is, however, evidence that people can hold both types of beliefs simultaneously. Therefore, I propose that both diversity in certain aspects and similarity in other aspects can simultaneously constitute valid and valued parts of an organization’s identity, and that, hence, identifying with the organization can create two forms of solidarity among the employees: organic solidarity – based on meaningfully and synergistically interrelated differences, and mechanic solidarity – based on the common ground that all employees share. Furthermore, I propose that both forms of solidarity can coexist and that both are positively related to the quality of collaboration within the organization. Thus, organizational identification is proposed to influence quality of collaboration indirectly through both organic and mechanic solidarity. These propositions were tested with regard to the collaboration of different teams within two organizations: a German university (Study 1, N = 699) and a Taiwanese hospital (Study 2, N = 591). The results from both studies confirm the predictions. However, the relative importance of each form of solidarity varied across study contexts and across different facets of the quality of collaboration. Chapter 7 also builds on the findings from the meta-analyses and is again predominantly focussed on the processes underlying the effects of diversity beliefs and diversity climates, yet from a different angle. Previously, diversity beliefs and climates have often been discussed with regard to their potential to influence whether diversity will lead to more and deeper elaboration of information within the group. In chapter 7 a theoretical model is developed that complements these cognitive processes by addressing the emotional side of diverse groups. Central to the model is the assumption that group diversity can stimulate group members to engage with each other emotionally, resulting in higher levels of state affective empathy: an emotional state which arises from the comprehension and apprehension of fellow group members’ emotional state. State affective empathy, in turn, is known to lead to a variety of beneficial team processes that can ultimately enhance individual and group-level performance. Thus, the central proposition of the model is that the relationship between diversity and performance is mediated through state affective empathy. The other propositions in the model specify moderators that determine when diversity will indeed have this empathy-stimulating effect. Diversity beliefs and climates are considered second-order moderators that shape the relationship between diversity and empathy through their influence on the first-order moderators. In general, it is proposed that diversity is related to empathy more positively if it is valued by the group or its members. In summary, the results from the meta-analyses in chapter 5, the results from the field studies in chapter 6, and the theoretical arguments presented in chapter 7 can be interpreted such that differences in vantage points from which people engage with diversity can indeed affect groups and their members. Therefore, the first research question of the present dissertation can be answered affirmatively from three different perspectives. However, it also became clear that there is still much uncertainty about the mechanisms underlying these effects. In line with the second research question of the present dissertation, these mechanisms were examined more closely in chapter 6 and 7. The field studies in chapter 6 highlighted the role of identification as the driving force behind the effects of different vantage points on diversity. Furthermore, they also corroborate the proposition that valuing diversity and valuing similarity can be co-occurring phenomena that both influence the collaboration within the group positively. The theoretical model presented in chapter 7 opens up a new emotional way in which diversity beliefs and climates can influence whether diversity will lead to better or worse performance. In sum, therefore, also with regard to the second research question of the present dissertation, progress has been made.
Diversität - und mehr noch das englische 'diversity' - ist ein Zauberwort, das für die verschiedensten Anliegen verwendet werden kann: vom bloßen Lobpreis der Vielfalt über den Appell bis hin zur regulativen Idee globalen politischen Handelns. Der Anthropologe Steven Vertovec sieht in diesem Wort Potential für ein "organizing concept" der Sozial- und Lebenswissenschaften. In der Tat ist Diversität nicht nur ein Bezugspunkt verschiedener Wissenschaften. Auch Körperschaften wie Schule und Universität regeln Chancengleichheit und Zugang im Namen von Diversität, und Unternehmen betreiben ein sogenanntes Diversitätsmanagement, bei dem heterogene Belegschaften zu einer wirtschaftlichen Ressource funktionalisiert werden. Vermutlich ist es gerade der vielfachen Adressierbarkeit geschuldet, dass wir es bei 'Diversität' mit einem politisch hochgradig überformten, theoretisch jedoch weithin unterbestimmten Begriff zu tun haben.
Einleitung
(2022)
Die politischen Krisen der Gegenwart (Klimawandel, Migration, Pandemie) verlangen nach globalen und ganzheitlichen Lösungen, während Ganzheit aufgrund der Totalitarismuserfahrungen des 20. Jahrhunderts zugleich eine in Verruf geratene Kategorie ist. Dieser Spannung haben sich die Geisteswissenschaften seit einigen Jahren verstärkt zu stellen versucht. Galt das Ganze v. a. der Idealismuskritik lange als suspekt, geht die Verabschiedung überkommener Totalitätsmodelle derzeit oft mit der Erprobung neuer Vorstellungen von Ganzheit einher.