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Das Konzept "Heimat" besitzt für die Identitätsstiftung eine große Bedeutung, in jüngerer Vergangenheit sogar in zunehmendem Maße. Dies wird durch den Rechtsextremismus aufgegriffen und für den Transport der eigenen xenophoben Ideologie genutzt. Dabei wird auch an die Ausdeutung des Themas im Nationalsozialismus angeknüpft. Heimat wird dabei zu einem bedrohten Wert erklärt, den es vor dem Fremden zu schützen gilt. Aus diesen Gründen spielen Heimatdiskurse schon seit langem eine wichtige Rolle im deutschen Rechtsextremismus. Wesentliche identitätsstiftende Momente von Heimat sind das Brauchtum und die Sprache, durch deren Besonderheiten Zugehörigkeit signalisiert und erkannt wird. Zugleich bieten diese Spezifika die Möglichkeit, sich von anderen abzugrenzen. Lässt man das Brauchtum im Hinblick auf die sprachwissenschaftliche Ausrichtung des Beitrages unberücksichtigt, so ist es die Sprache, genauer die Verwendung von Dialekt oder doch zumindest eines Regiolektes oder einer landschaftlichen Färbung, die landläufig ebenfalls als Marker für die regionale bzw. lokale Identität gilt [...]. Dementsprechend liegt die Frage nahe, ob dialektale bzw. regiolektale Elemente auch in rechtsextremer Kommunikation irgendeine Rolle bei der Konstituierung des Heimatbezuges spielen.
Warum übt diese kurze Geschichte bis heute eine unmittelbare Faszination sowohl auf Kinder als auch auf Erwachsene aus? Warum konnte sie in den letzten 200 Jahren zu verschiedensten Zwecken eingesetzt werden? Zur Entdeckung "normaler" kindlicher Widerspenstigkeit in der Zeit aufkommender bürgerlicher Emanzipation, im Dienste einer autoritären Erziehung in der Wilhelminischen Ärea (Struwwelliese), zur Vorbereitung auf den Militärdienst während des Ersten Weltkriegs, als Symbol eines nicht bezähmbaren Revolutionärs, als sarkastische Progaganda gegen nationalsozialistische Ideologien ("Struwwelhitler") oder schließlich einer aufgeklärten "anti-autoritären" Erziehung wie im "ANTI-Struwwelpeter" von F. K. Waechter? Im Folgenden ein kurzer Versuch einer psychoanalytischen Erklärung als Ergänzung zu anderen Annäherungen : Heinrich Hoffmann ist es in den Struwwelpeter-Geschichten mit bewundernswert treffsicherer Intuition gelungen, ubiquitäre unbewusste Fantasien von Kindern, aber auch von Erwachsenen, anzusprechen und die damit assoziierten Erinnerungen an intensivste Emotionen, Ängste und Konflikte wachzurufen.
Spätestens seit dem spektakulären Kannibalismus-Fall von 2001, bei dem der mittlerweile inhaftierte Armin Meiwes aus Rotenburg den Berliner Ingenieur Bernd Jürgen Brandes, den er über das Internet kennen gelernt hatte, mit dessen Einverständnis tötete und teilweise verspeiste, ist das Thema "Kannibalismus" wieder in aller Munde. Die Art und Weise des Umgangs mit dem Tabu offenbart ein "kannibalisches Verlangen" nach solchen Geschichten.
Hypochonder gelten gemeinhin als Simulanten. Doch mit diesem Vorurteil
versuchen Psychologen seit Jahren aufzuräumen: Denn die Betroffenen
leiden erheblich darunter, dass sie sich intensiv mit selbst
beobachteten körperlichen Symptomen beschäftigen und oft über Jahre
Ängste oder die Überzeugung entwickeln, ernsthaft erkrankt zu sein.
Verhaltenstherapeutisch orientierte Behandlungsansätze, die sich speziell
mit diesen Formen der Angst beschäftigen, zeigen erste gute Erfolge.
Rezension zu Hans Magnus Enzensberger, Hammerstein ou a Obstinação. Trad. Samuel Titan Jr. São Paulo, Companhia das Letras, 2009
"Halb zufällig, halb absichtlich" : die Inszenierung von Brüchen in Hofmannsthals Briefwechseln
(2009)
Im Juni 1903 schreibt Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann: "Der Briefwechsel von Hebbel ist sehr schön. Er zeigt den Dichter von außen und innen." Dieses Urteil über "Hebbels Briefwechsel mit Freunden und berühmten Zeitgenossen", wovon ein Exemplar in Hofmannsthals nachgelassener Bibliothek erhalten ist, arbeitet mit der traditionellen Leitdifferenz von Oberfläche und Tiefe, von Erscheinung und Wesen. Wie beides zusammenhängen mag, ob die Außenseite die repräsentativöffentliche, die Innenseite dagegen die private intime Äußerung bedeutet, oder ob der Gegensatz von absichtsvollem Sich-Zeigen und heimlichem Subtext gemeint ist, bleibt ungesagt. Deutlich wird nur, dass die Person des Dichters ins öffentliche Rampenlicht rückt, auch mit ihren intimen Lebenszeugnissen.
"Habt ihr schon mal davon gehört gehabt?" Fällt Ihnen bei diesem Satz etwas auf? Wie würden Sie den Satz interpretieren, insbesondere die Zeitform des Prädikates hören? Weist sie, Ihrer Meinung nach, eher auf Expressivität, seine Abgeschlossenheit, die (Vor-)Vorvergangenheit eines Geschehens oder eine einfache Vergangenheit hin? Im letzteren Fall würde der Satz die gleiche Semantik ausdrücken wie ohne das zweite Partizip II: Habt ihr schon mal davon gehört? Im Fokus dieser Arbeit stehen empirische Evidenzen zum Gebrauch des doppelten Perfekts und Plusquamperfekts in der deutschen Sprache. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde ein Fragebogen mit 202 deutschen Muttersprachlern durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das doppelte Plusquamperfekt bei der Interpretation von ca. 86% der untersuchten deutschen Muttersprachler akzeptiert wird. Weiterhin deuten die Ergebnisse dieser Studie auf viele Unterschiede bei der Akzeptanz der doppelten Konstruktionen zwischen Studierenden verschiedener Fachrichtungen hin.
Im Marktflecken Thannhausen bei Augsburg, der in einer adligen Enklave im markgräflich Burgauischen Mindeltal lag, existierte um 1600 eine für diese Zeit beachtlich große jüdische Landgemeinde, die mit ihren etwa dreißig Haushaltungen nach der Vertreibung der Juden aus Günzburg und Burgau 1617/18 die zahlenmäßig stärkste Gemeinde in Schwaben darstellte. An Chanukka des Jahres 5372, Anfang Dezember 1611 christlicher Zeitrechnung, kam dort ein Rechtsstreit zwischen der jüdischen Gemeinde zu Thannhausen und ihrem Schtadlan Kofman vor ein jüdisches Schiedsgericht. Es ging um die Entlohnung Kofmans für eine Mission, auf die ihn die Gemeinde im Frühsommer desselben Jahres nach Prag entsandt hatte, um bei der Ortsherrschaft ihre Interessen zu vertreten. Der Prozess, der zu den wenigen Schiedsgerichtsverfahren dieser Zeit gehört, deren Protokolle weitgehend erhalten sind, soll hier untersucht werden; dabei wird jedoch weniger das Verfahren oder der Gegenstand des Prozesses als solcher, die Auseinandersetzung um Kofmans Lohn, im Mittelpunkt stehen, als vielmehr der Konflikt um die Interpretation der Rolle des Schtadlan, des Fürsprechers der Gemeinde bei der Obrigkeit, durch die beiden Prozessparteien. Die Deutungen, wie sie in den Aussagen der Prozessbeteiligten artikuliert werden, weichen in erheblichem Maße von der in der Forschung vorherrschenden Darstellung des Amtes des Schtadlan in der Frühneuzeit ab – ebenso wie die Definition der Tätigkeit, die der bekannteste Fürsprecher des 16. Jahrhunderts, Josel von Rosheim, in seiner Korrespondenz und in seiner Chronik für sich verwandte. Aussagen der Beteiligten, Auftraggeber und Funktionsträger, sollen hier also auf die Frage nach Amt, Funktion und Titel des Schtadlan im 16. Jahrhundert im Lichte ihrer jeweiligen subjektiven Wahrnehmung der Vorgänge hin analysiert werden.