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New Philology: Das ist zunächst ein Schlagwort gegenwärtiger mediävistischer Methodendiskussion, und fast möchte man meinen, es hätte noch prägnanter formuliert werden können, wenn man etwas auf eine Bildung in Analogie zu anderen kurrenten ‚New-isms’ – New Medievalism (…) oder New Historicism (…) etwa – verfallen wäre: ‚New Philologism’. (…) Als Interdependenz (…) [einer] relativ situationsabstrakten ‚Formiertheit’ der poetischen Rede und der spezifischen situationellen variance des Textes (…) müsste man die soziale, also kommunikative Logik des mittelalterlichen Textes rekonstruieren können. Dabei dürfte dann auch sichtbar werden, daß die ‚Schließung’ des Textes nicht nur eine Generalisierung und Anonymisierung von poetischen Kommunikationssituationen voraussetzt (…) Sondern es könnte sich dann auch zeigen, daß an die stabile soziale Institution des Autors sowie an generalisierte und anonymisierte Kommunikationsverhältnisse gebundene und daher weitgehend invariante Text fortschreitend verzichten kann (…) auf jene Formierungen der literarischen Rede, welche unter den Voraussetzungen okkasioneller poetischer Kommunikation die Bedingung ihrer Möglichkeit waren. Der Text und seine Textualität sind dann etwas ganz anderes, weil seine Situationalität sich grundsätzlich verändert hat.
‚Institutionalität’ als leitender Konzeptbegriff zielt in dem hier gemeinten Sinn nicht auf eine Analyse von ‚Institutionen’ als historische Entitäten im Sinne von einzelnen ‚Organisationen’, ‚Körperschaften’, ‚Anstalten’. Es geht vielmehr um etwas, das sich das ‚Institutionelle’ an gesellschaftliche Strukturen des Kommunizierens und Handelns analysieren läßt: Formen der Geltungssicherheit und Stabilisierung, die in sozialen Ordnungen auch gewissermaßen ‚unterhalb’ der Ebene von durchgebildeten Organisationen oder Institutionen (im traditionellen Wortsinne) wie Ehe, Kirche, Staat, Universität usw. begegnen. (...)
Wenn man (...) fragte, welche Mechanismen es sind, die im Gegenzug zu (...) institutionellen Ungesichertheiten das Gelingen literarischer Kommunikation und die Wiederholbarkeit ästhetischer Rede am Hof gleichwohl möglich oder wahrscheinlich gemacht haben mochte, dann könnten jene Momente der Texte in den Vordergrund treten, von denen die folgenden Untersuchungen gleichfalls handeln: (...) [D]as [also], was (...) [Strohschneider] einmal die ‚Formiertheit’ höfischer Texte zu nennen versuchte. Gemeint sind Textmerkmale wie Schemata oder Topiken, welche die Rede gegenüber der Kontigenzen des Okkasionellen stabilisieren, welche kommunikative Wiederholbarkeit und Wahrscheinlichkeit von Dichtung dort produzieren, wo entsprechende außertextliche Institutionen noch fehlen.