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Innerhalb der deutschen Kultur haben Juden [...] schon seit dem Mittelalter und in zunehmendem Maße seit der Aufklärung eine so wichtige Rolle gespielt, daß sich das Thema inzwischen in der Germanistik als Teilbereich etablieren konnte. Für die deutsche Literaturwissenschaft steht dabei das weitere Ziel im Hintergrund, die jüdische Kultur nach der Vernichtung des europäischen Judentums durch den Nationalsozialismus vor dem Vergessen zu bewahren. Es geht also um literarhistorische Fragen, aber zugleich auch um das Verhältnis zwischen sozialen Gruppen, zwischen Mehrheiten und Minderheiten, und um die deutsche Geschichte. Im folgenden stelle ich einen bestimmten Aspekt dieser Geschichte dar, nämlich das Verhältnis der emanzipierten Westjuden zu den Ostjuden, die v.a. in Polen und Rußland, aber auch in anderen osteuropäischen Ländern lebten. Aus den unterschiedlichen Reaktionen der "Krawattenjuden" im Westen auf die Erfahrung des wachsenden Antisemitismus seit etwa 1870 ergeben sich verschiedene Einstellungen zum Ostjudentum, die sich auch in den literarischen Werken der deutsch-jüdischen Schriftsteller während der Weimarer Republik niederschlagen. Zunächst skizziere ich die Lebensweise der Ostjuden, anschließend die verschiedenen Reaktionen der Westjuden auf den Antisemitismus, und zuletzt stelle ich die Positionen von zwei sehr gegensätzlichen Schriftstellern der Weimarer Republik dar, von Jakob Wassermann und Alfred Döblin.
In Publikationen zur Frauenliteratur der Weimarer Zeit finden sich, direkt oder mittelbar formuliert, zwei Thesen: Dass zum einen die politisch engagierte Frau in den Romanen eine selten anzutreffende Figur sei und dass zum anderen die Schriftstellerinnen jener Zeit sich politisch eher rückwärtsgewandt verhalten und geäußert hätten. In einer differenzierten Untersuchung wird mit einer Fülle von Beispielen belegt, dass tatsächlich aber vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Republik zahlreiche Schriftstellerinnen die politischen Vorkommnisse beobachteten, direkt kommentierten oder literarisch ausgestalteten. Den Begriff „rückwärts gewandt“ problematisierend wird erläutert, dass diese Einstufung weder ohne weiteres bestätigt noch verneint werden kann, da Wertbegriffe wie „fortschrittlich“ oder „reaktionär“ nicht eindeutig und zweifelsfrei definiert werden können.
Karl Lieblichs Lebengeschichte ist die eines weitgehend vergessenen, deutsch-jüdischen Dichters, der das nationalsozialistische Deutschland verließ, um ins brasilianische Exil zu gehen, und nach dem Krieg nach Deutschland zurückkehrte. Dieser Artikel setzt sich das Ziel, sein Leben nachzuzeichnen, seine literarischen und kulturphilosophischen Werke zu analysieren und in die Zeit einzubetten.
Die umfangreiche Studie zum Angestelltenwohnungsbau in der Weimarer Republik muss in zweifacher Hinsicht als bemerkenswertes Novum gelten: zum einen ist ein Gesamtüberblick in dieser Perspektive bisher höchstens ansatzweise geleistet, zum anderen handelt es sich um den in der Kunst- und Architekturgeschichte bislang seltenen Fall, dass ein Spezifikum der Weimarer Republik – der kollektive Siedlungsbau – nun in kompetenter Weise von der französischen Forschung beleuchtet wird. Das fachübergreifende Interesse steht außer Frage: Denn es ist eben die soziale Schicht der Angestellten als essentiellem Bestandteil der gesellschaftlichen Modernisierung, die über ein neues Berufsverständnis und neue Mentalitäten entscheidenden Anteil an den Transformationen in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jhs. hat bzw. diese hervorbringt. Entsprechend kann der berühmte, aber soziologisch bislang unzureichend differenzierte Siedlungsbau zu Recht einer spezifischen Angestellten-Wohnkultur zugerechnet werden. ...
Über das "Syntagma Konservative Revolution" heißt es in Stefan Breuers "Anatomie der Konservativen Revolution", es sei "eine der erfolgreichsten Schöpfungen der neueren Ideengeschichtsschreibung". Dass diese Äußerung gerade bei Breuer, der als ein prominenter Kritiker des Begriffs "Konservative Revolution" (KR) gilt, zu finden ist, macht den Stellenwert dieses "Syntagmas" in der Zeit nach 1945 deutlich. Gleichzeitig darf jedoch nicht der Hinweis auf die "neuere Ideengeschichtsschreibung" übersehen werden, denn die Erforschung der KR verlief (und verläuft immer noch) überwiegend im Rahmen der Ideen- und Geistesgeschichte. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze der Forschung zur KR vorgestellt und an zwei Beispielen Möglichkeiten gezeigt, wie die Literatursoziologie diese Ansätze bereichern kann.
Die Frauenliteratur des Kaiserreichs und der Weimarer Republik ist in ihrer Gesamtheit unerforscht: Romane, Gedichte und Dramen von Autorinnen im Zeichen von Naturalismus und Frauenbewegung, die die Alltagsrealität bürgerlicher Mädchen und Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft beschreiben. Dabei handelt es sich um eine sehr umfangreiche Gruppe von Autorinnen und Werken, von denen manche zu ihrer Zeit hohen Bekanntheitsgrad erreichten. Die Literatur der ersten Generation erlebte mit Beginn des Ersten Weltkriegs ihre Zäsur. Während sie zu Beginn der 1920er Jahre noch einmal Schilderungen des Übergangs in eine politisch und gesellschaftlich veränderte Zeit lieferte, zogen bereits die „Töchter“ (1927), so der Titel eines Romans von Gabriele Reuter, in die Literatur ein, der Typus der Neuen Frau, der zwar ohne die bürgerliche Frauenbewegung kaum möglich gewesen wäre, sich nun aber umso vehementer von ihr löste.