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Andrea Polaschegg untersucht aus medienpoetischer Sicht die Friktionen zwischen dem Text und den philosophischen oder literarischen Ganzheitspostulaten, die an dessen Stoffe, Gegenstände oder gar Gattungszuschreibungen herangetragen werden. Den Text begreift Polaschegg als "transitorisches Medium", "das vorne beginnt und hinten endet" und das jede Bemühung unterläuft, "eine organische Einheit wechselseitiger Teil-Ganzes-Beziehungen oder eine statische Einheit aus übereinandergeschichteten Teilen zur Darstellung zu bringen". Dieser Einsicht hätten sich mit letzter Konsequenz allerdings bislang weder poetologische noch literaturwissenschaftliche Denktraditionen gestellt. Seit der Autonomieästhetik lasse sich ganz im Gegenteil eine Fülle an Versuchen beobachten, die fundamentale 'Sukzessivität' von Texten metaphorisch über konzeptionelle 'Simultaneisierungen' stillzustellen. In diesem Umfeld nimmt Polaschegg insbesondere die oft als Ganzheitsgarant dienende Metaphorik der Architektur in den Blick, die sie bis in das bekannte, den 'Aufbau' dramatischer Texte visualisierende Pyramidenmodell Gustav Freytags hinein verfolgt.
The present essay engages with the short story 'The Burrow', written by Franz Kafka between 1923 and 1924, a few months before his death. The ambiguity of the original title, 'Der Bau', which defies translation by pointing at the same time at a construction and an excavation work, anticipates the multilayered image of the burrow itself. While both nature and function of the burrow are hard to pinpoint (is it a dwelling, a shelter, a fortress, a labyrinth, a ruin?), the initially reported success of its construction is revealed as illusory, thus prompting the ongoing first-person narration of the incessant builder's work. Similarly unsuccessful is any attempt of the reader to attain metaphorical closure. In the light of other impossible, i.e., unfinished, bound-to-fail, ruinous, or selfdismantling structures portrayed by Kafka, as well as on the background of coeval texts by Paul Valéry and Georg Simmel, the essay investigates the wide and deep significance of the burrow’s countering the classical ideal of architectural wholeness.
Der US-amerikanische Architekturdiskurs der 1990er Jahre ist entscheidend von den Theorien Gilles Deleuzes geprägt. Die Aneignung seiner philosophischen Konzepte und jener, die er gemeinsam mit Félix Guattari entwickelt hat, findet vor allem innerhalb des architekturtheoretischen Netzwerks der »Anyone Corporation« statt: In ihren Diskursen wimmelt es von glatten Räumen, organlosen Körpern, Rhizomen, Falten, abstrakten Maschinen und Diagrammen. Frederike Lausch zeigt auf, wie sich die »Anyone Corporation« durch die Bezugnahme auf Deleuze als intellektuelle Elite der Architekturdisziplin inszeniert und wie im Zuge der Entpolitisierung seiner Theorien die »Post-Criticality«-Bewegungen entstehen.
Der Architekt, Hochschullehrer, Juror und Kritiker Max Bächer traf 1973 auf Albert Speer, den Architekten, NS-Rüstungsminister und verurteilten Kriegsverbrecher. Das bisher unveröffentlichte Protokoll dieser Begegnung ist für Frederike Lausch der Ausgangspunkt, Max Bächers intensive Beschäftigung mit der Architektur im Faschismus zu analysieren. Bächer hielt ab 1971 mehrere Vorträge zur Architektur der NS-Zeit, in denen er auch vor den Gefahren gegenwärtiger faschistischer Tendenzen warnte. Das Gespräch mit Albert Speer mündete in eine scharf formulierte Abrechnung, nachdem dieser 1978 seine Entwürfe ohne Selbstkritik als Bildband veröffentlicht hatte. Als Speers Buch Mitte der 1980er Jahre erneut debattiert wird, fordert Bächer eine ideologiefreie Diskussionskultur ein.
German authors considered easy comprehensibility of their architecture books very important and therefore they included in them a number of explanatory terminological notes of varying complexity. These notes gradually evolved into elaborate terminological glossaries. This paper explores the terminology and its presentation, as well as the authors' motivation.
Wir lassen die überwältigende Fülle an Werken im Arsenale hinter uns. Das Ziel sind die Giardini, der ursprüngliche und neben dem Arsenale zweite große Ausstellungsort der Kunstschau. Dort befindet sich einer der Hauptanziehungspunkte der Biennale: Im Zentralpavillon steht die in den Medien bereits oft erwähnte und gezeigte sogenannte "Blutmaschine". Ein riesiger Roboterarm mit überdimensionaler Wischschaufel, wirkt sie in ihrer Motorik dennoch ausgesprochen menschlich. Die 32 Bewegungen, die das chinesische Künstlerduo Sun Yuan und Peng Yu dem Industrieroboter "in den Leib" programmiert haben, erinnern an Winken, Tanzen, Po-Wackeln, Innehalten und Überlegen. ...
Kunstmekka und kitschig-schöne Serenissima : Teil 1/2: Rundgang über die 58. Biennale in Venedig
(2019)
Ein guter Grund alle zwei Jahre in die Serenissima zu reisen ist ihre Kunstbiennale. Seit über 100 Jahren, genauer seit 1895, öffnet von Mai bis November die größte Kunstschau der Welt in Venedig ihre Pforten.
Die Biennale verteilt sich auf mehrere Ausstellungsorte. Da sind die Giardini, ein für venezianische Verhältnisse großzügiger Park und zudem die einzige Grünanlage der Stadt. Sie beherbergen neben dem Zentralpavillon auch 28 nationale Länderpavillons, darunter einen deutschen Pavillon. 1999 kam aus Platzgründen das Arsenale, die Schiffswerft des ehemaligen Militärhafens, als Ausstellungsfläche hinzu. Zusätzlich verteilen sich weitere Länderpavillons und Ausstellungen über die Stadt, in angemieteten Etagen verschiedener Palazzi. Letztere zeigen sich zumeist als sehenswerte Architektur. Nicht selten lassen sich dort Kronleuchter aus Muranoglas, wertvolle Stofftapeten oder Wandmalereien sowie monumentale und reichverzierte Treppen bewundern.
May You Live in Interesting Times lautet der Titel, den der Amerikaner Ralph Rugoff, diesjähriger Kurator für die zentrale Ausstellung, der 58. Kunstbiennale gegeben hat. Die Besonderheit in diesem Jahr: Es stellen nur lebende Künstler aus und davon sind alle einmal sowohl in den Giardini als auch im Arsenale mit Werken vertreten. Die nationalen Länderpavillons haben jeweils eigene nationale Kuratoren und Künstler ausgewählt und bespielen ihre Häuser unabhängig vom Hauptmotto. Es kommen darüber hinaus auch noch viele sogenannte Kollateral-Ausstellungen in den berühmten Museen oder in bekannten Kirchen und Palazzi hinzu. Selbst ein einwöchiger Aufenthalt böte nicht genug Zeit, um alles zu sehen.