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Jameson argues that in 'a society bereft of all historicity', 'what used to be the historical novel can no longer set out to represent the historical past'. The 'postmodern fate' of the historical novel is to be forced to come to terms with 'a new and original historical situation in which we are condemned to seek History by way of our own pop images and simulacra of that history, which itself remains forever out of reach. Salman Rushdie's "Midnight's Children" (1981) and Patrick Süskind's "Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders" (1984) stand out as two hugely successful novels from this period that raise questions about historical representation within the space of the popular. They might therefore be used as test cases for Jameson's concerns. "Midnight's Children" is a sprawling story of Indian and British imperial and post-imperial history across the twentieth century. "Das Parfum" tells the tightly framed tale of a murderous perfumer in eighteenth-century France. Seemingly very different texts, they bear one curious similarity: both feature a protagonist with an unusually sensitive sense of smell.
Ausgangspunkt meiner Interpretation ist die der "Vertreibung" vorangehende Romantrilogie Robert Menasses; der Autor scheint nämlich eine ausgesprochene Vorliebe für Inversionen zu besitzen. Die sogenannte "Trilogie der Entgeisterung" umfasst neben "Sinnliche Gewißheit" (1988) die Romane "Selige Zeiten, brüchige Welt" (1991) und "Schubumkehr" (1995) sowie das in "Selige Zeiten, brüchige Welt" thematisierte und von Menasse anschließend selbst verfasste philosophische Werk der Romanfigur Leo Singer, die "Phänomenologie der Entgeisterung. Geschichte des verschwindenden Wissens" (1995). In der Trilogie wird mit der "Rückentwicklung […] vom 'Absoluten Wissen' […] zur 'Sinnlichen Gewißheit'" nicht nur die Inversion von Hegels "Phänomenologie des Geistes" (1807) vollzogen, sondern auch der "klassische Entwicklungsroman" wird in der Weise umgekehrt, dass das Individuum "eine Anlage nach der anderen, ein Talent nach dem anderen, eine Fähigkeit nach der anderen" verliert, bis es schließlich "eine verkümmerte Existenz" geworden ist. Meine Hypothese ist, dass auch im Falle der Vertreibung der Struktur des Romans zwei Inversionen zu Grunde liegen und dass hier ebenfalls eine prominente philosophische Vorlage von Relevanz ist, nämlich Walter Benjamins Essay "Über den Begriff der Geschichte" (1942).
Luise Mühlbach (Pseudonym für Clara Mundt) (1814-1873) gehörte zur ersten Generation der sogenannten Berufsschriftstellerinnen, d.h. der ersten Schriftstellerinnen, die durch ihr Schreiben finanziell unabhängig sein konnten. Die Tatsache an sich galt schon vielen Zeitgenossen als Provokation und Emanzipationsstreben, da die Geschlechtergrenzen durch das Ausüben eines Männerberufes überschritten wurden. Über einen längeren Zeitraum war Mühlbach sogar Alleinverdienerin der Familie, da ihr Ehemann, Theodor Mundt, frühzeitig erkrankt und 1861 gestorben war. Zudem gehörte sie ab den 1850er Jahren zu den populärsten BestsellerautorInnen ihrer Zeit und sie wurde somit schnell erfolgreicher als Theodor Mundt. Luise Mühlbach hat sich sehr früh gegen die Konvenienzehe und für eine Eheschließung aus Liebe und Zuneigung geäußert und hat dies in ihrer Ehe vorgelebt.
Dem Beobachter der literarischen Szene in Deutschland fällt früher oder später auf, dass Alexander von Humboldt - von einem Vorgriff um 1980 abgesehen - im ersten Dezennium des 21. Jahrhunderts zu einer Hauptgestalt literarischer Fiktion geworden ist. Wie ist die Ikonisierung des Forschungsreisenden und Universalgelehrten im deutschen Roman zu erklären? Was fasziniert, was provoziert die Autoren an diesem Mann, an diesem Leben? Welche Motive, welche subjektiven Haltungen, welche substantiellen Gehalte lassen sich bei der Lektüre dieser Romane erschließen? Welche stilistischen Differenzierungen haben Humboldts Diktion in seinem eigenen Bericht über seine berühmte Forschungsreise und seine distanzierte Haltung gegenüber dem human factor bei Autoren der Gegenwart herausgefordert? Kaum einem Autor geht es lediglich um eine fiktionalisierte Biographie oder um eine populärwissenschaftliche Aufbereitung von Humboldts Forschungen mit literarischen Mitteln. In einer Zeit, in der auch die Wissenschaftsgeschichte ihre Narrative kreiert, wird bei den Schriftstellern der Lebensstoff des Gelehrten und Reisenden zum Material poetischer Transformation. Es sind die Autoren, die Schwerpunkte setzen, Konfigurationen erfinden, Obsessionen und Idiosynkrasien artikulieren. Besonderes Interesse verdienen in den deutschen Romanen die Figurenkonstellationen, in die Humboldt versetzt wird: Humboldt und sein Diener Seifert, Humboldt und sein Freund und Begleiter Aimé Bonpland, Humboldt mit Goethe und anderen, Humboldt und Gauß. Auch im internationalen Kontext betrachtet rückt in etwa zeitgleich entstandenen Romanen Humboldts Leben ins Zentrum, wo es noch freier behandelt wird: als Gegenstand einer modernen wissenschaftlichen Forschungsreise, als Graphic Novel, als Muster für eine Parallel-Biographie. Da nicht vorausgesetzt werden kann, dass die zu besprechenden Werke allgemein bekannt sind, soll eine differenzierte Bestandsaufnahme, in der auch ein geschärfter Blick aufs Detail gerichtet wird, den Leser in die Lage versetzen, den Vergleich der verschiedenen Annäherungen an Alexander von Humboldt besser beurteilen zu können.
Den wissenschaftlichen Historismus seit Leopold von Ranke und den ästhetischen Historismus des klassischen historischen Romans seit Walter Scott, der bis heute etwa im Wenderoman von Uwe Tellkamp seine Fortsetzung findet, scheint eher ein Verwandtschafts- als ein Transformationsverhältnis zu verbinden. Etablierte sich der historische Roman gerade dadurch als Gattung, dass er an der Geschichtswissenschaft und ihrem Wahrheitskriterium Maß nehmend Ebenbürtigkeit reklamierte, relativiert die postmoderne Historiografieforschung umgekehrt den Gültigkeitsanspruch der wissenschaftlich ermittelten Sinnhaftigkeit der Geschichte als Produkt narrativer Verfahren ihrer Darstellung. Die Transformation der Geschichtswissenschaft in den historischen Roman, so die These dieses Aufsatzes, betrifft weniger die Erzählverfahren als vielmehr die Sinndeutung: Die abstrakten Sinnzusammenhänge, die die Wissenschaft konstruiert, übersetzt der Roman zurück in konkreten Sinn, der der Geschichte die Aura von Subjektgemäßheit und Zustimmungswürdigkeit verleiht.
Daniel Kehlmanns Erfolgsroman 'Die Vermessung der Welt' über die beiden Wissenschaftler Carl Friedrich Gauß (1777–1855) und Alexander von Humboldt (1769–1859) und deren historisch verbürgte Begegnung im Jahr 1828 anlässlich der 7. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Berlin wurde als postmoderner historischer Roman etikettiert. Kehlmann hat dieser Deutung durch seinen Essay 'Wo ist Carlos Montúfar?' (2005) selbst Vorschub geleistet. Dort beruft er sich nicht nur teilweise auf eben die Werke, die auch Linda Hutcheon, die den Begriff der historiographic metafiction maßgeblich prägte, als Beispiele dieses postmodernen Genres ins Feld führt (John Fowles' 'The French Lieutenant's Wife', E. L. Doctorows 'Ragtime' und J. M. Coetzees 'Mr. Cruso, Mrs. Barton & Mr. Foe'), sondern setzt sein Weglassen des (ab Quito) dritten Humboldt-Begleiters Carlos Montúfar in der Vermessung ausdrücklich in Analogie zu der nachträglichen Eliminierung Susan Bartons in Foes Geschichte von Robinson und Freitag bei Coetzee. Bei dem zeitgleich mit seinem Roman erschienenen Essay handelt es sich jedoch weniger um die Poetik der Vermessung, vielmehr verfolgt Kehlmann mit seiner Berufung auf die Theorie des historischen Romans der Postmoderne eine apologetische Intention: "Wäre er [Gauß] noch am Leben gewesen, so hätte keine ausgefeilte ästhetische Theorie mich [Kehlmann] schützen können - nicht vor einer Verleumdungsklage, nicht vor seinem Zorn." Wie nötig eine solche präventive Verteidigungsmaßnahme war, lässt sich anhand einiger wütender Kritiken ermessen, die trotz des Essays erschienen sind und die "hanebüchenen […] Fehler, Erfindungen und Verdrehungen" Kehlmanns in der Vermessung auflisten. Im Folgenden soll versucht werden, anhand einer Analyse des Romans dessen immanente Poetik freizulegen.
Geschichtsdarstellung in der Gegenwartsliteratur : Florian Illies' Pop-Chronik der Welt von Gestern
(2014)
Florian Illies' book "1913. Der Sommer des Jahrhunderts" ("1913. The Year before the Storm") has been a major success with critics and readers. Based on documented facts, the author tells a kind of cultural history of the last year before the Great War, formed by independent episodes from the lives of innumerable persons, mainly artists, writers and other celebrities. Using his imagination and techniques of fictional writing the text shows remarkable proximity to fiction although it does not invent characters or events. The article compares the book to other recent literary representations of history and analyses its narrative structure. It will be shown that the author chose a casual ironical style and an intimate perspective on the protagonists in order to entertain the reader with elements still relevant in our contemporary popular culture. It seems to be intended that the reader develops a kind of counterfactual fantasy that links his present directly to the Golden Age of art, omitting the catastrophes of 20th century.
Das Spannungsverhältnis zwischen poetischer Einbildungskraft und positivistischer Wissenschaft, zwischen Imagination und Evidenz, wird wohl an keinem anderen literarischen Genre des 19. Jahrhunderts so augenfällig wie am historischen Roman. Schon in der Gattungsbezeichnung verbinden sich die Lizenzen der Fiktionalität, die der Roman gewährt, mit einem wie auch immer gearteten Anspruch auf historische Faktizität. Die unüberschaubare Menge der historischen Romane, die im 19. Jahrhundert entstand, spiegelt in den vielfältigen Sujets und Figuren nicht nur die Interessen- und Problemlagen ihrer Entstehungszeit wider, sondern liefert im Zeitalter des ästhetischen Historismus ganz unterschiedliche Beispiele von textuellen Verfahren, die das Verhältnis von Imagination und Evidenz sichtbar machen.
Im Spektrum der Epochen, von denen der Historienroman im 19. Jahrhundert erzählt, spielt die Antike eine untergeordnete Rolle. Ihr vorgezogen werden die großen Zeitalter der nachantiken europäischen Geschichte: das hohe Mittelalter, die Renaissance, die Frühe Neuzeit und die Revolutionsepoche um und nach 1800. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, lange nach der sogenannten „Scott-Ära“ in den 1820er Jahren, in denen sich der historische Roman in ganz Europa zur beliebtesten Erzählform entwickelt, wird häufiger über die Antike erzählt. So steigt die Zahl der Romane, welche die antike Geschichte thematisieren, gegen Ende der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts langsam und kontinuierlich an bis zu einem Höhepunkt in den 1880er Jahren, um danach wieder leicht zurückzufallen. Auch in den 1880er Jahren bleibt die jährliche Publikationsrate von Romanen über das Altertum freilich im einstelligen Bereich und damit deutlich unterhalb der Quote je- ner Texte, die sich späteren historischen Zeiträumen widmen. Themen aus der Phase zwischen Barockzeitalter und beginnendem 19. Jahrhundert dominieren die gesamte Epoche; bestimmend ist die Tendenz zu jüngeren Zeitabschnitten, zur modernen Geschichte.