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Monoklonale Antikörper und rekombinante Antikörperfragmente gegen sekundäre Arzneipflanzenmetabolite
(2004)
Monoklonale Antikörper sind seit vielen Jahren aus den biochemischen und molekularbiologischen Laboratorien nicht mehr wegzudenken. Sowohl in der Grundlagenforschung, als auch in der angewandten medizinischen Diagnostik und der Therapie spielen sie eine immer wichtigere Rolle. Dennoch konnten sich monoklonale Antikörper als Hilfsmittel im Bereich der Naturstoffanalytik bisher noch nicht durchsetzen. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand daher die Frage, inwieweit sich monoklonale Antikörper und rekombinante Antikörperfragmente für die Analytik komplexer Naturstoffgemische eignen. Eine der Zielstrukturen, gegen die monoklonale Antikörper generiert werden sollten, ist das pentazyklische Triterpen Oleanolsäure. Oleanolsäure ist als Aglykon in zahlreichen verschiedenen Triterpensaponinen enthalten. Triterpensaponine bzw. Triterpensaponin-haltige Arzneipflanzen spielen aufgrund ihres breiten Wirkungsspektrums in der Phytotherapie eine wichtige Rolle. Sie zeichnen sich nachweislich durch venentonisierende, antiödematöse, antiphlogistische, diuretische, expektorierende und broncholytische Eigenschaften aus. Da es sich bei den Triterpensaponinen um eine sehr heterogene Stoffgruppe handelt, ist ihre Analytik sehr aufwendig. Monoklonale Antikörper könnten daher bei der Analytik von komplexen Saponingemischen sehr nützlich sein. In Zusammenarbeit mit Frau Dr. Kerstin Brand aus dem Arbeitskreis von PD Dr. Werner Knöss (Universität Bonn) konnten verschiedene monoklonale Antikörper gegen Oleanolsäure etabliert werden. Im Rahmen dieser Dissertation wurden die Bindungseigenschaften dieser Antikörper eingehend charakterisiert. In kompetitiven ELISAs konnten die Molekülepitope, an die die verschiedenen Antikörper binden, bestimmt werden. Außerdem wurden die Immunglobuline auf Kreuzreaktivitäten gegenüber 72 unterschiedlichen sekundären Arzneipflanzenmetaboliten untersucht. Die monoklonalen Antikörper zeigten dabei keine Interaktion mit Steroiden, Phytosterolen und Herzglykosiden – Substanzen die zwar in die Gruppe der Triterpene eingeordnet werden können, sich aber in ihrer Struktur und Stereochemie deutlich von der Oleanolsäure unterscheiden. Gegenüber zahlreichen pentazyklischen Triterpenen, die strukturelle Ähnlichkeiten mit der Oleanolsäure besitzen, zeigten hingegen alle untersuchten Immunglobuline eine ausgeprägte Kreuzreaktivität. Daher eignen sie sich für die Analytik von komplex zusammengesetzten Triterpengemischen, z.B. von Arzneipflanzenextrakten. Dies konnte durch verschiedene direkte und indirekte Kompetitionsversuche mit unterschiedlichen Arzneipflanzenextrakten im Rahmen dieser Arbeit und der Dissertation von Frau Dr. Kerstin Brand gezeigt werden. Mit Hilfe eines kompetitiven ELISAs ist z.B. ein Screening von unbekannten Arzneipflanzen auf Triterpensaponine möglich. Auch eine Wertbestimmung von Arzneipflanzen oder Arzneipflanzenextrakten mit Hilfe der monoklonalen Antikörper ist denkbar, sofern eine Referenz zur Verfügung steht, auf den die Kompetitionsergebnisse bezogen werden können. Der Einsatz der hier vorgestellten Antikörper wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass die Immunglobuline eine unvorhersehbare Polyspezifität gegenüber den polyphenolischen Sekundärmetaboliten Quercetin und Ellagsäure zeigten. Bei einem Einsatz der Antikörper im Rahmen der Naturstoffanalytik sind daher Vorversuche erforderlich, um diese Substanzen zu identifizieren und wenn möglich zu entfernen. Einer der untersuchten monoklonalen Antikörper, der Antikörper der Zelllinie 10F10, zeigte eine Kreuzreaktivität gegenüber verschiedenen ß-Boswelliasäuren. Boswelliasäuren sind in der Lage, das Enzym 5-Lipoxygenase zu hemmen und dadurch die Synthese von entzündungsfördernden Leukotrienen zu inhibieren. Daher scheinen Boswelliasäuren viel versprechende Arzneistoffe bei der Therapie der unterschiedlichsten inflammatorischen Erkrankungen, wie z.B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Asthma bronchiale oder rheumatoider Arthritis zu sein. Der Antikörper der Zelllinie 10F10 soll im Arbeitskreis von Prof. Dieter Steinhilber am Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt unter anderem für eine Immobilisierung der Boswelliasäuren an Immunaffinitätssäulen eingesetzt werden. In diesem Arbeitskreis wird der Einfluss von ß-Boswelliasäuren auf die 5-Lipoxygenase intensiv erforscht. In einem zweiten Projekt wurden rekombinante scFv-Antikörperfragmente gegen das Triterpen Oleanolsäure und gegen das Pyrrolizidinalkaloid Retrorsin generiert. Pyrrolizidinalkaloide sind hepatotoxische Sekundärmetabolite, die in zahlreichen Nutzpflanzen und traditionellen Arzneipflanzen enthalten sind. Insgesamt wurden vier verschiedene scFv-Fragmente konstruiert. Zwei Anti- Oleanolsäure-Antikörperfragmente konnten in E. coli erfolgreich periplasmatisch exprimiert und ihre Funktionalität in verschiedenen Antigenbindungsstudien nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurde eine Phagen-Display- und Phagen- Panning-Methode etabliert, mit deren Hilfe es möglich ist, gezielt nach funktionellen Antikörperfragmenten zu suchen. Mit dieser Methode sollte es möglich sein, nach erfolgter Mutation der verschiedenen scFv-Fragmente, Proteine mit neuen Bindungseigenschaften zu identifizieren. Interessant wären dabei z.B. scFv- Fragmente, die mit Pyrrolizidin-N-oxiden interagieren. Gegen diese Substanzen konnten im Arbeitskreis Dingermann mit Hilfe der konventionellen Hybridoma- Technologie bisher noch keine monoklonalen Antikörper generiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass es sich bei monoklonalen Antikörpern und rekombinanten Antikörperfragmenten um interessante Hilfsstoffe für die Naturstoffanalytik handelt, deren Bedeutung für dieses Anwendungsgebiet aber bisher noch deutlich unterbewertet ist. Es wäre daher sehr interessant, die hier vorgestellten Projekte fortzuführen und die Arbeitsmethoden weiter zu optimieren. Mit den im Rahmen dieser Arbeit charakterisierten Anti-Oleanolsäure-Antikörpern stehen bereits drei Immunglobuline für die Arzneipflanzenanalytik zur Verfügung. Von allen drei Antikörpern liegen inzwischen auch scFv-Fragmente vor. Diese Fragmente könnten modifiziert und mit Hilfe der hier vorgestellten Phagen-Display-Methode nach Proteinen mit modifizierten Bindungseigenschaften gesucht werden. Letztendlich wäre auf diese Weise die Generierung eines großen Sortiments von Antikörpern und Antikörperfragmenten für die Analytik der unterschiedlichsten Substanzklassen möglich.
Die 2-DE-Technik wurde in der Mitte der 70er Jahre von O` Farrelle und Klose vorgestellt, die schon damals die Inhalte ganzer Zellen unter denaturierenden Bedingungen in hunderte bzw. tausende Proteinspots auftrennen konnten. Mangelnde Reproduzierbarkeit und fehlende Auswertungsmöglichkeiten verhinderten jedoch zu diesem Zeitpunkt eine breite Anwendung und damit größeres Interesse an der Methode. In den 80er Jahren erreichte die Methode mit der Einführung immobilisierter pH-Gradienten und der MALDI-Massenspektrometrie einen entscheidenden Wendepunkt. Seit dem Ende der 80er Jahren wird die Methode aufgrund der Möglichkeit der gleichzeitigen Proteinidentifizierung und Quantifizierung auch zunehmend in der Krebsforschung in der Suche nach neuen Markerproteinen eingesetzt. Das Uterusgewebe ist ein Organ, das während der reproduktiven Phase im Leben einer Frau ständig zyklisch verlaufenden physiologischen Änderungen unterworfen ist. Das Leiomyom, ein gutartiger monoklonaler Tumor aus den glatten Muskelzellen des menschlichen Uterus, ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankung in der westlichen Welt, über deren Ursachen trotz intensiver Forschung nach wie vor fast nichts bekannt ist. Die 2-DE-Technik eignet sich in hervorragender Weise zur Untersuchung derartiger Abweichungen in der Proteinexpression während eines Krankheitsprozesses. Bezüglich der Methodenetablierung und ihrer Reproduzierbarkeit im speziellen Fall des Uterusgewebes bildet der Zellaufschluss der Probe, insbesondre aus harten Geweben, einen zentralen Punkt in der Erarbeitung der Methodik der 2-DE, da ein hohes Risiko besteht, einen großen Teil der Proteine schon während der ersten Probenbearbeitung zu verlieren. In der vorliegenden Arbeit wurde eine neue Aufschlussmethode für die Aufarbeitung des zähen Muskelgewebes ohne größere Proteinverluste entwickelt, indem das Uterusgewebe zunächst mechanisch (Ultra-Turrax) und anschließend mit Ultraschall homogenisiert wird. Die Solubilisierung der Proteinprobe bildet den zweiten wichtigen Punkt der 2-DE-Methodik. Die Solubilisierung während der Proteinextraktion und des Eintritts der Proteinprobe in die fokussierende Gel-Matrix, die aufgetragene Proteinmenge, die Fokussierungsparameter und die zweite Dimension wurde so optimiert, dass die Proteinauflösung eine konstant hohe Qualität auf den Gelen erreichte und damit eine semiquantitative Auswertbarkeit gesichert wurde. Bezüglich der Reproduzierbarkeit der Methode wurden die methodeninhärenten Probleme wie Gelfärbung, Probenpräparation und Auswertungsverfahren untersucht. Die Methodenvalidierung bezüglich der Gelfärbung zeigte, inwieweit die Auswertung, insbesondre bei schwachen Spots, beeinflusst werden kann. Im allgemeinen wurde die angewendete 2-DE-Technik für die Proteinanalyse des Uterus für gut reproduzierbar gefunden. Die Bestimmung der HKP lieferte die Grundlage einer gewebetypischen Proteindatenbank und erlaubt es außerdem, über die Gele ein Koordinationssystem zu legen, mit dem nachfolgende Proteinidentifizierungen erleichtert werden können. In dieser Arbeit konnten 48 Spots als HKP identifiziert werden. Als thematischer Schwerpunkt der Dissertation wurden die Abweichungen der Proteinexpression im Fall des Uterus myomatosus im Vergleich zu einem Kollektiv ohne muskuläre Pathologie des Uterus untersucht. Die Analyse der 2-DE von Patientenproben ergab gegenüber einer schwachen Expression bei den Vergleichsproben eine Überexpression von Prohibitin (PHB1), alpha-2-Aktin und human Growth Hormon Rezeptorprotein (hGhRP) im Endometrium bzw. im darunter liegenden subendometrialen Myometrium und eine hohe Expression im Tumorgewebe (Myomgewebe). Weiteres zeigte die 2-DE-Analyse bei Patientenproben eine Downregulation von zwei Proteinen (beta-4-Proteasom und Fibrinogen) im Gegensatz zur Expression bei den Gesunden. Die analytischen Ergebnisse aus Tumorgeweben verglichen mit den SE-und SS-Geweben derselben Patientinnen zeigten eine deutliche Expression von einigen Proteinen (Desmin, F-Actin, Transaldolase, Thioredoxin-Peroxidase und mutative Glutathion-Transferase), deren Expression in den morphologisch unauffälligen Geweben aller Schichten des Uterus nicht zu beobachten war.
Substanzen, die den intrazellulären pH-Wert beeinflussen, verändern den proteolytischen Abbau des Amyloidvorläuferproteins (APP) teilweise so, dass weniger Beta-Amyloid (A-Beta) entsteht. A-Beta ist nach heutigen Vorstellungen als Hauptbestandteil der senilen Plaques kausal in die Pathogenese der Alzheimer´schen Erkrankung involviert. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war zu überprüfen, ob Hyperforin, ein wichtiger Inhaltsstoff des Johanniskrauts, in der Lage ist, in die APP-Prozessierung einzugreifen und eine Verschiebung der proteolytischen Spaltung von APP, die das Entstehen der senilen Plaques möglicherweise verringert, auszulösen, da bekannt war, dass Hyperforin den intrazellulären pH-Wert in Thrombozyten verändert. Für die Arbeit wurden untransfizierte und stabil transfizierte PC12 und HEK Zellen, zwei in der Alzheimer-Forschung geläufige Zell-Modelle, verwendet. Die Zellen waren entweder mit menschlichem wild-typ APP (APPwt) oder mit APP, das die schwedische Mutation beinhaltet (APPsw), eine Alzheimer-relevante Mutation, die einen frühzeitigen Erkrankungsbeginn zur Folge hat, stabil transfiziert. Um die Relevanz möglicher Hyperforin-Effekte abschätzen zu können, wurden PMA (Phorbolester, bekannter Alpha-Sekretase-Aktivator), Bafilomycin A1 (V-ATPase-Hemmer) und FCCP (Protonophor), für die eine Beeinflussung der APP-Prozessierung bekannt ist, zum Vergleich mit untersucht. Als erstes wurden an den verwendeten Zell-Linien die intrazellulären pH-Wert-Veränderungen durch Hyperforin, FCCP und Bafilomycin A1 gemessen und miteinander verglichen, wobei Hyperforin und FCCP den intrazellulären pH-Wert in gleichen Konzentrationsbereichen ähnlich schnell und stark reduzierten, während Bafilomycin A1 den intrazellulären pH-Wert kaum beeinflusste. Es konnte kein Einfluss von Transfektion und Mutation auf die Empfindlichkeit der intrazellulären pH-Wert-Verschiebung gefunden werden. Mögliche zelltoxische Eigenschaften von Hyperforin, PMA, FCCP und Bafilomycin A1 wurden überprüft, wobei auch ein Einfluss von Hyperforin und FCCP auf die Mitochondrien getestet wurde. Die Quantifizierung möglicher zytotoxischer Eigenschaften der Substanzen mittels MTT- und LDH-Tests ergaben, dass alle Ergebnisse bis zu einer Inkubationsdauer von 2 Stunden nicht auf eine Bioaktivitätsstörungen der Zellen zurückzuführen sind. Auch wenn Hyperforin, ähnlich wie FCCP, die Mitochondrien depolarisierte. Als nächstes wurde der mögliche Einfluss von Hyperforin auf die proteolytische Prozessierung von APP untersucht. Von Interesse war, ob ein Zusammenhang zwischen einer intrazellulären pH-Wert-Beeinflussung und einer veränderten proteolytischen Spaltung von APP durch Hyperforin besteht. Hyperforin zeigte einen deutlichen Einfluss auf die APP-Prozessierung, es erhöhte konzentrationsabhängig die Alpha-Sekretase-Spaltung, die Spaltung, die die Bildung des Alzheimer-relevanten A-Beta-Peptides verhindert. Da kein sAPP-Beta-spezifischer AK zur Verfügung stand, kann zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Beta-Sekretase-Spaltung durch Hyperforin beeinflusst wurde. Da die in dieser Arbeit verwendeten PC12 Zell-Linien nicht die abnorme hohe APP-Überproduktion wie andere Zell-Linien zeigen, war die Menge des in der kurzen Behandlungsdauer von 2-4 Stunden gebildeten A-Beta zu gering, um im ELISA erfasst zu werden. Die Tatsache, dass A-Beta unter den gegebenen Versuchsbedingungen durch ELISA nicht nachweisbar war, lässt eine stark erhöhte A-Beta-Produktion durch Hyperforin jedoch unwahrscheinlich erscheinen. Dadurch ist zum jetzigen Zeitpunkt auch der Einfluss der sw-Mutation auf die Hyperforin-Effekte noch unklar. Die Tatsache, dass Alpha- und Beta-Sekretasen in verschiedenen Kompartimenten aktiv sind und über verschiedenen Mechanismen aktiviert werden (vgl. Abschnitte 1.2.1.1 und 1.2.1.2), dass die Alpha-Sekretase-Spaltung bereits 90% der APP-Spaltung ausmacht und diese durch Hyperforin noch gesteigert wurde, wobei gleichzeitig intrazelluläres APP erniedrigt wurde (so dass die vermehrte Spaltung nicht auf ein erhöhtes Substratangebot zurückgeführt werden kann), lässt aber eine gleichzeitige Aktivierung von Alpha- und Beta-Sekretase unwahrscheinlich erscheinen. Vergleichende Untersuchungen mit FCCP und Bafilomycin A1 ergaben, dass für die Verschiebung der proteolytischen Prozessierung von APP weder die intrazelluläre pH-Wert-Erniedrigung, noch ein möglicher Einfluss auf Endosomen und Lysosomen, als Hauptursache in Frage kommt. Ein Vergleich mit PMA, das die Alpha-Sekretase durch eine direkte PKC-Aktivierung stimuliert, zeigte, dass Hyperforin auch keinen Phorbolester-ähnlichen Wirkungsmechanismus haben kann. Allerdings sieht es nach einigen Vorversuchen (SK&F, BAPTA/AM, Staurosporin, PKC-down Regulation Versuchen) so aus, als ob durch Hyperforin erhöhtes intrazelluläres Kalzium und/oder aktivierte PKC-Isoenzyme bei der Spaltung des intrazellulären APP und damit bei der Erhöhung der löslichen Spaltprodukte involviert ist/sind. Kalzium kann auch unabhängig von PKC die Alpha-Sekretase aktivieren (Buxbaum et al., 1994). Es aktiviert ERKs (Luo et al., 1997; Rosen et al., 1994; Rusanesco et al., 1995; Zhu et al., 2002), wobei aktivierte ERKs in der Lage sind, die Alpha-Sekretase zu stimulieren (Mills et al., 1997). Auch FCCP erhöht intrazelluläres Kalzium (Friel and Tsien, 1994; Luo et al., 1997; Park et al., 2002; Jensen and Rehder, 1991), wodurch es in PC12 Zellen zu einer Aktivierung von ERK1 und 2 kommen kann (Luo et al., 1997). Es muss aber bedacht werden, dass Hyperforin und FCCP unterschiedlich starke Effekte auf intrazelluläres APP und sAPP zeigten, so dass auch Mechanismen in Betracht gezogen werden müssen, bei denen Hyperforin anders als FCCP agiert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beeinflussung der Membranfluidität durch Hyperforin (Eckert and Müller, 2001) einen Einfluss auf die APP-Spaltung hat, da Veränderungen des Membrancholesterol-Gehaltes den Gehalt an sAPP und ABeta ändern, z.B. erniedrigt ein erhöhter Membran-Cholesterol-Gehalt sAPPAlpha (Bodovitz und Klein 1996, Racchi et al., 1998) und erhöht ABeta (Gouras et al., 2000). Eine Behandlung von Zellen, die zu einer Verringerung von intrazellulärem Cholesterol führt (Statine bzw. Cyclodextrin), reduziert die Spaltung von APP zu ABeta und erhöht sAPPAlpha (Fassbender et al., 2001; Kojro et al., 2001; Refolo et al., 2001).
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit den Auswirkungen der Blutkomponenten (neutrophile Granulozyten und Seren) von mit HLM operierten Patienten auf die interzellulären Kontakte in cerebralen mikrovaskulären Zellverbänden auseinander. Dabei wurden Blutkomponenten sowohl von Patienten mit langen (> 80 min) als auch mit kurzen (< 80 min) HLM-Zeiten isoliert. Das Ziel war herauszufinden, welche der Blutkomponenten für die Veränderungen der Integrität und der Morphologie der Zell-Zell-Kontakte verantwortlich sind und dadurch pathologische Störungen der Blut-Hirn-Schranke verursachen können. Die Untersuchungen wurden mit einem BHS-Modell aus cerebralen mikrovaskulären Endothelzellen [BCEC] vom Schwein durchgeführt. Dabei wurde in vitro nach Behandlung des BHS-Modells mit den entsprechenden Blutkomponenten die Integrität der interzellulären Kontakte durch TEER-Messungen untersucht und die morphologischen Veränderungen sowie die Expression der zellkontaktbildenden Moleküle (VE-Cadherin, β-Catenin und Occludin) beobachtet. Es stellte sich heraus, dass Patientenseren, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Herzoperationen isoliert wurden, keinen Einfluss auf die interzellulären Kontakte der BCEC-Kulturen ausüben. Dagegen führten die Kokultivierungen der BCEC mit den neutrophilen Granulozyten [PMN], die zu den gleichen Operationszeitpunkten isoliert wurden wie die Seren, zu Veränderungen innerhalb der Zell-Zell-Kontakte sowohl auf funktioneller (TEER-Abnahme) als auch auf morphologischer Ebene. Unabhängig von der Dauer der HLM-Zeiten und den PMNEntnahmezeitpunkten wirkte sich die Zugabe von PMN herzchirurgischer Patienten durch die TEER-Reduktion negativ auf die Integrität der BCEC-Kulturen aus, wobei PMN, die während des herzschirurgichen Eingriffes isoliert wurden, zu etwas stärkeren aber nicht signifikanten TEER-Abnahmen führten als die preoperativ (vor Narkose) isolierten. Auf morphologischer Ebene konnte man ebenfalls durch die Zugabe von PMN herzchirurgischer Patienten verschiedene Veränderungen der interzellulären Kontakte in BCEC-Kulturen beobachten. Die Patienten-PMN führten unabhängig von den Operationszeitpunkten, an denen sie isoliert wurden, und der Länge der HLM-Zeiten zu einer Ausstreckung der BCEC und somit zu einer Zellformveränderung sowie zu einer Verminderung des membranassoziierten β-Catenin- und Occludin-Anteils und einer Umwandlung des „zickzack“ Membranmusters in ein glattes, fast linienförmiges Muster. Zusätzlich konnte man mit Hilfe der Western-Blot-Analyse eine Abnahme der β-Catenin-Expression (AJ-Protein) in BCEC-Kulturen feststellen, die mit während und nach HLM-Einsatz isolierten PMN kokultiviert wurden. Dabei stammten die isolierten PMN von herzchirurgischen Patienten mit langen HLM-Zeiten aber auch von älteren (77 und 79 Jahre) mit kurzen HLM-Zeiten, was auf eine Abhängigkeit des durch die Patienten PMN verursachten negativen Expressionseffektes vom Patientenalter und der Dauer der HLM-Einsatzzeit deutete. Einen Einfluss der Patienten PMN auf die Expression von VE-Cadherin und Occludin konnte nicht festgestellt werden. Durch die Charakterisierung der Konzentrationsverläufe von neurologischen Markern in herzchirurgischen Patientenseren konnte eine Korrelation zwischen der Dauer der HLM-Einsätze und der NSE- und S-100B-Konzentration in Patientenseren fesgestellt werden. Pathologische Werte der beiden neurologischen Marker konnten jedoch nur bei Patienten mit HLM-Zeiten von mehr als 80 Minuten gemessen werden. Im tierexperimentellen Modell wurde dann die Modifikation der Blut-Hirn-Schranken-Permeabilität im Rahmen von herzchirurgischen Eingriffen mit HLM untersucht. Durch quantitativen Nachweis im Hirngewebe von intravenös appliziertem Evan's-Blue Farbstoff konnte eine erhöhte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke bei den mit HLM operierten Tieren festgestellt werden. Eine Hirnödembildung war jedoch 6 Stunden nach Experimentende mit Hilfe von MRT-Untersuchungen in keinem der untersuchten Fällen zu beobachten. Zusätzlich zu den oben genannten Experimenten wurde die stabilisierende Eigenschaft von Interferon-β [FN-β] gegenüber dem Blut-Hirn-Schranke-Modell untersucht. Dabei führte die Behandlung der konfluenten BCEC-Kulturen mit IFN-β verschiedener Konzentrationen zu hohen TEER-Anstiegen, was auf eine Stabilisierung der interzellulären Kontakte und somit der Integrität und der Barriereeigenschaften der konfluenten BCEC-Kulturen hinwies.
Die meisten nanopartikulären Ansätze im Bereich der Arzneiformenentwicklung befinden sich am Anfang der klinischen Evaluation, sodass das wirkliche Potenzial nanotechnologischer Produkte sich erst in den kommenden Jahren abzeichnen wird. Die Zusammenführung von „Drug-Targeting“ und „sustained release“ mit nanotechnologischer Entwicklung könnte in Zukunft zu einem Fortschritt in der Medizin beitragen. Auf dem Gebiet der Antisense-Oligonukleotid (ASO)-Therapie stellt der ASOTransfer in Zielzellen eine entscheidende Hürde dar. ASO benötigt, um im Körper an den Wirkort zu gelangen, einen zuverlässigen Träger, der vor dem Abbau in physiologischen Milieu schützt, den Transport über extra- und intrazelluläre Barrieren im Körper gewährleistet und die ASO zielgerichtet an den Wirkort bringt. Der Einbau von ASO in kolloidale Trägersysteme wie Nanopartikel vermittelt eine effiziente Aufnahme in Zellen bei gleichzeitigem Schutz vor abbauenden Enzymen im Körper. Des Weiteren kann eine gezielte Aufnahme in Zielzellen erreicht werden, die normalerweise nicht auftritt. Bisherige Trägersysteme bestanden meist aus Nanopartikeln von synthetischen Materialien, die entweder die ASO an der Oberfläche adsorbiert oder in der Partikelmatrix inkorporiert hatten. Als Trägermaterialien wurden oft Polyalkylcyanoacrylate verwendet. Sie sind aufgrund ihrer negativen Ladung und Hydrophobizität nicht geeignet ohne Zugabe von Hilfsstoffen, welche in höheren Konzentrationen toxisch wirken, anionische hydrophile Substanzen wie ASO zu adsorbieren. Außerdem besteht bei Nanopartikeln mit adsorbierten ASO die Gefahr, dass es bei einer intravenösen Gabe zu einer Desorption der ASO kommt und somit ASO die Zielzellen nicht in verpackter Form erreicht. Im Rahmen dieser Arbeit wurden NP auf Basis von humanem Serumalbumin (HSA) als Trägersystem für ASO entwickelt. Durch Oberflächenmodifikation dieser Trägersysteme wurde eine Kopplung von anti-HER2 Antikörper ermöglicht und ein AK-vermitteltes Drug-Targeting erreicht. HSA als natürliches Makromolekül zeichnet sich durch geringe Toxizität und gute Biodegradierbarkeit aus. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass ein Wirkstoff mit vorhandenen Bindungsstellen im HSA-Molekül Wechselwirkungen eingehen kann, was eine erfolgreiche Einbindung gewährleistet. Zusätzlich eignen sich aus HSA hergestellte NP aufgrund funktioneller Gruppen an der Partikeloberfläche für die Kopplung von Antikörpern und ermöglichen somit eine zielgerichtete Arzneistofftherapie. Die entwickelten Trägersysteme wurden hinsichtlich kolloidaler Parameter wie Teilchengröße, Oberflächenladung, ASOBeladungseffizienz, Stabilität in physiologischen Medium und ihrem Vermögen, einen ASO-Effekt zu erzielen, in Zellkultur evaluiert. 4.1 Optimierung der Beladung von NP mit ASO Zunächst wurden HSA-NP hergestellt, bei denen die Beladung durch Inkorporieren des ASO in die Partikelmatrix erfolgte. Die Evaluierung des Desolvatationsprozesses ergab eine Abhängigkeit der ASO-Beladung vom zugesetzten Desolvatationsmittel Ethanol. Eine Mindestmenge eines 1,8-fachen Überschusses an Ethanol ist für die vollständige Desolvatation des HSA und damit für die Einbindung des daran adsorbierten ASO erforderlich. Ebenso beeinflusste die Quervernetzung der Partikel die ASO-Beladungseffizienz. Je mehr Glutaraldehyd zugesetzt wurde, desto stabiler waren die NP. Nimmt die Menge des Glutaraldehyds von 40% auf 200% zu, löste sich um so weniger ASO während der Waschschritte aus der Partikelmatrix heraus. Jedoch hat das Ausmaß der Quervernetzung einen entscheidenden Einfluss auf die Biodegradierbarkeit des Partikelsystems. Zu stark quervernetzte NP (Quervernetzung von 200%) können von intrazellulären Enzymen nicht mehr abgebaut werden, infolge dessen gelangt das eingebundene ASO nicht zu seinem Wirkort ins Zytoplasma. Im Folgenden wurde versucht über die Einführung einer permanenten kationischen Ladung (EDC/Cholamin-Reaktion) im HSA-Molekül ein Trägerpolymer mit höherer Beladungskapazität im Vergleich zu nativem HSA zu etablieren. Ein geringer Anteil von kationisiertem HSA (cHSA) in der HSA-Partikelmatrix reichte aus, um die ASOBeladungseffizienz um ein 2,5-faches signifikant zu steigern. Das Ziel der Oberflächenmodifikation der HSA-NP war eine Positivierung des Zetapotentials, um die Bindung negativ geladener Wirkstoffe wie ASO über elektrostatische Wechselwirkungen zu ermöglichen. Die Umsetzung der HSA-NP mit EDC und Cholamin führte zu einer deutlichen Verschiebung des Zetapotentials von ca. –20,0 mV in den positiven Bereich (+38,6 mV). Durch die Inkubation mit ASO konnten so große Menge an ASO effizient an die Partikeloberfläche (NP+) gebunden werden. Ein Vergleich dieser Ergebnisse zeigte, dass die Beladung mit ASO in der Reihenfolge von Albumin-NP (HSA-NP) mit einer Beladungseffizienz von 7,6 µg ASO / mg NP zu Nanopartikeln, die in der Partikelmatrix inkorporierten Anteil an kationisiertem Albumin enthielten (cHSA-NP) mit 18,2 µg ASO / mg NP, zu Oberflächen-kationisierten Nanopartikeln (NP+) mit 100 µg ASO / mg NP signifikant zunahm. 4.2 Mit ASO-beladene NP in der Zellkultur HSA-NP wurden von allen verwendeten Brustkrebszell-Linien gut vertragen. Nach Zellaufnahme der HSA-NP wurden bei niedriger Quervernetzung (40%) die Partikel gut intrazellulär abgebaut und das ASO in das Zytoplasma freigesetzt. Es konnte im CLSM gezeigt werden, dass die ASO-Freisetzung innerhalb von 24 h zunahm. Alle Versuche mittels den entwickelten ASO-beladenen Trägersystemen einen Antisense Effekt nachzuweisen schlugen fehl. Da die Beladung der HSA-NP nicht weiter erhöht werden konnte, richtete sich ein neuer Ansatz auf eine verbesserte Aufnahme der NP über einen Rezeptor-vermittelten Mechanismus. 4.3 Antikörper-vermittelte Anreicherung von NP in Zielzellen Die Anwendung von monoklonalen Antikörpern mit einer Spezifität gegenüber Tumorzellen ist eine relativ neue und spannende Modalität in der Krebstherapie. Eine der vielversprechenden Zielstrukturen für eine solche Immunotherapie stellt der HER2-Membranrezeptor dar, dessen Überexpression mit einer schlechten Prognose assoziiert ist. HER2 ist ein Produkt des Proto-Onkogens erbB2, das für einen 185 kDa Transmembrantyrosinkinase Wachstumsfaktorrezeptor kodiert. Dieser Rezeptor ist in normalem Gewebe bei Erwachsenen nur geringfügig exprimiert [Press et al., 1990], aber ist bei ungefähr 30% der Patienten mit humanem Magenkarzinom, Lungen- und Brustkrebs überexprimiert. Gegenwärtig dient HER2 als Tumormarker für die zielgerichtete Behandlung mit dem humanisierten anti-HER2 AK Trastuzumab (Herceptin®) von Patientinnen bei metastasierendem Brustkrebs. Jedoch können bessere Ergebnisse erreicht werden, wenn Trastuzumab in Kombination mit anderen Zytostatika verabreicht wird. Antikörper haben bei alleiniger Gabe eine ausreichende Antitumoraktivität, aber sie können auch konjugiert mit Zytostatika sowie Toxinen und Radionukliden, genutzt werden, um diese zu den Tumoren bringen. Im Prinzip kann die Trägereigenschaft von Antikörpern gesteigert werden, wenn ein Antikörper an ein Arzneistoffreservoir, wie Nanopartikel oder Liposomen geknüpft ist. Der Vorteil dieses innovativen Ansatzes für eine zellspezifische Anreicherung im Vergleich zu herkömmlichen Biokonjugaten ist, dass eine höhere Arzneistoffträgerkapazität mit einer verbesserten Spezifität für eine zielgerichtete Pharmakotherapie kombiniert werden kann. Wegen seiner erhöhten Expression in Tumorzellen, seiner extrazellulären Verfügbarkeit und seiner Fähigkeit nach Antikörperbindung internalisiert zu werden, stellt HER2 eine geeignete Zielstruktur für die Tumortherapie mit zellspezifischen Nanopartikeln dar. Das Ziel dieser Arbeit war es, die Funktion Antikörpermodifizierter Protein-basierter Nanopartikel zu untersuchen und eine spezifische Aufnahme in HER2-überexprimierende Zell-Linien zu verbessern. Ein spezifisches Targeting wurde in verschiedenen Krebszell-Linien mit unterschiedlichen HER2- Expressionsleveln durch FACS-Analyse bewiesen. Die Versuche beinhalteten Inhibitionsexperimente durch Vorinkubation mit Trastuzumab, um die Selektivität der Bindungsstellen auf der Zelloberfläche zu unterstreichen. Die zelluläre Aufnahme dieser Nanopartikel, ebenso wie die zelluläre Verteilung, konnte im CLSM beobachtet werden. Diese ermutigenden Ergebnisse heben den potenziellen Wert Antikörper-modifizierter Nanopartikel für eine spezifische Anreicherung in Tumorzellen hervor. Anti-HER2-NP binden effizient an HER2-überexprimierende Zellen (85%) und werden anschließend internalisiert. Im Anschluss wurde die Beladung von ASO in HSA-NP mit den erhaltenen Erkenntnissen Antikörpermodifizierter HSA-NP kombiniert. Zunächst wurde die Freisetzung von farbmarkierten ASO aus AK-modifizierten HSA-NP in SK-Br-3- und MCF7-Zellen untersucht. Durch die spezifische Aufnahme der AK-modifizierten HSA-NP gelangt bereits innerhalb der ersten Stunde deutlich mehr ASO in die Zelle. Die Zellaufnahme und Freisetzung in das Zytosol der Zelle ist abhängig vom HER2- Protein auf der Zelloberfläche und nimmt über 24 h stark zu. SK-Br-3-Zellen reichern das farbmarkierte ASO stärker als die MCF7-Zellen an. Wirksame ASOKonzentrationen können in SK-Br-3-Zellen mit einer sehr geringen Partikelkonzentration von nur 50 µg anti-HER2-NP/ml erzielt werden, während in MCF7- Zellen eine weit aus höhere Partikelkonzentration notwendig ist. Da die HER2- überexprimierenden Zellen, die für einen Antisense-Testung zur Verfügung standen, sich nicht für den Nachweis eines Antisense-Effektes eigneten, konnte die entwickelte Kombination von ASO-beladenen AK-modifizierten Albumin- Nanopartikeln nicht weiter getestet werden. In Kombination mit einem in die Nanopartikel inkorporierten Arzneistoff wird eine wirksame intrazelluläre Arzneistoffabgabe erwartet. Die Anwendung Antikörpermodifizierter Nanopartikel kann Arzneistoff-Trägereigenschaften mit einer zielgerichteten Tumortherapie kombinieren. Diese neue Generation von immunospezifischen Nanopartikeln sollte auf jeden Fall noch weiter im Einzelnen untersucht werden, um die Wirksamkeit dieser Arzneistoffträgersysteme unter in vitro und in vivo Bedingungen zu belegen.