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Da wird gegen Ende ein schon recht großer Anspruch formuliert: "Aus genuin historischer Sicht bieten die Ergebnisse dieser Studie Anknüpfungspunkte für ein neues Narrativ, eine neue Interpretation der spätmittelalterlichen französischen Geschichte." Und mehr noch: "Aus systematisch-komparatistischer Sicht lässt sich die Frage nach der Spezifik bzw. der Übertragbarkeit des französischen Beispielfalles unter Rückgriff auf soziologische Theorieentwürfe schließlich auch auf weitere historische Formationen jenseits der spätmittelalterlichen Epoche ausweiten" (S. 427). Hoch die Erwartungen also in der Sache und nicht ganz so hoch an Sprache und Stil. Und französische Leserinnen und Leser, an die sich das Buch sicher nicht zuletzt auch wendet, werden entzückt sein über Juwele kristallklarer Verständlichkeit und federleichter Eleganz wie: "Aus diesen Überlegungen ergibt sich zugleich, dass systematisch-komparatistische Ansätze die jeweiligen Vergleichsgegenstände unter Zugrundelegung externer Analysekategorien zuallererst konstituieren und die im einzelnen zu betrachtenden Phänomene dadurch überhaupt erst vergleich- und operationalisierbar machen müssen" (S. 438). ...
Nein, Langeweile kommt bei Franck Collard nicht auf, ist er doch Historiker des Gifts und der Leidenschaft. Seit seinem Werk "Le crime de poison au Moyen Âge" greift er immer wieder das Problem des Einsatzes von Gift in der Welt des Spätmittelalters, vor allem im 15. Jahrhundert, auf; einem Saeculum, in dessen erster Hälfte – zumal in einem im Innern zerrissenen und vom Hundertjährigen Krieg heimgesuchten Frankreich – ebenso das Thema der "passions" eine zentrale Rolle spielt, dem er bereits 2015 die Studie "Politique des passions et anthropologie des pulsions à la cour de Charles VII" widmete . Eine Annäherung an Jeanne d’Arc unter solches Vorzeichen zu stellen lag nahe, einmal aufgrund besagter "passions au sens de déchirements" im Königreich, sodann angesichts von Johannas "passion au sens d’exaltation affective et d’amour extrême" wie auch – mit Blick auf ihren Prozess und Tod in Rouen – wegen ihrer "passion … au sens de souffrance sacrificielle" (S. 11). ...
Nach Lektüre dieses Werks ist man zunächst geneigt, von einer Rezension im Wortsinn abzusehen, um die Autoren stattdessen einfach zu einer rundum Respekt und Bewunderung verdienenden Leistung zu beglückwünschen, haben sie doch auf nicht weniger als 1100 Seiten ihr Thema von der ausgehenden Karolingerzeit bis an die Schwelle des 16.Jahrhunderts mit hoher Kompetenz unter allen nur denkbaren Aspekten abgehandelt und diese durchgängig mit einer schier überbordenden Fülle von Belegen und Beispielen illustriert. Der durchmessene Raum reicht von Norwegen bis Byzanz und von Polen bis zur Iberischen Halbinsel; einen gewissen Schwerpunkt bilden dabei das römisch-deutsche Reich und Frankreich. Solch in einem französischen Handbuch nicht unbedingt zu erwartender Doppelakzent verdankt sich Jean-Marie Moeglin, der bereits 2010/2011 mit seiner "Deutsch-Französischen Geschichte im Spätmittelalter" ein ähnlich gelehrtes Monument vorgelegt hat. Wie sehr er in den Kulturen beider Länder heimisch ist – in München, dem für Mediävisten deutschen Bibliotheksmekka, hat er inzwischen ein zweites Zuhause –, zeigt sich bis in die Anmerkungen und in eine (mit Unternummern) weit über 3000 Titel umfassende Bibliografie, die für europäische und insbesondere eben deutsche und französische Benutzerinnen und Benutzer künftig eine unverzichtbare Referenz sein dürfte. Gerade in einem Organ vom Profil der Francia-Recensio sei darauf mit Nachdruck empfehlend hingewiesen. ...
Der Titel lässt eine Behandlung von Streitschriften und anderen Zeugnissen aus der Zeit des großen abendländischen Schismas erwarten, mit denen sich Vertreter der zwei bzw. drei Obödienzen positionierten und einander bekämpften. Doch vor die Quellen hat die Verfasserin die Theorie gesetzt: Ohne Habermas, Bourdieu und Foucault kein Jean Gerson, Simon de Cramaud oder Nicolas Eymerich. Man wähnt sich anfangs weniger in der Welt der Pariser Universität und der avignonesischen Kurie um 1400 als im soziologischen und literaturtheoretischen Oberseminar (die klassische Ideengeschichte wird kurzerhand als "très périmée" beiseite geschoben [S. 13]) und fürchtet, zumindest als nicht eben theorieversessener Historiker, schon den anstehenden Marsch durch entsprechende Textwüsten, zumal die Autorin expressis verbis einen anderen Ansatz als Hélène Millet vertritt, die sich mit ihren – am Dictum Lucien Febvres "Et l’homme dans tout cela?" orientierten – biografischen und prosopografischen Arbeiten um die Erforschung des Schismas bekanntlich sehr verdient gemacht hat: "Hélène Millet aime cerner les hommes du temps, quand j’aime scruter les textes" (S. 16). ...
Selten dürfte es einem Gelehrten vergönnt sein, die Summe seiner über 50 Jahre währenden Tätigkeit in zwei Alterswerken ziehen zu können, wie es bei Philippe Contamine der Fall ist mit dem wesentlich von ihm gestalteten "Dictionnaire de Jeanne d’Arc" und der nunmehr vorliegenden Biografie Karls VII. Diese beiden Persönlichkeiten markieren Schwerpunkte in einem staunenswerte Kontinuität, Intensität und Konsequenz zeigenden Œuvre, in dem nicht nur, so doch immer wieder die Geschichte Frankreichs im 14. und vor allem 15.Jahrhundert im Zentrum steht. Der Verfasser pflegt eine politisch akzentuierte Geschichtsschreibung, die sich abseits aller Moden und Theoriedebatten grundsätzlich der Quellenerschließung und -interpretation verpflichtet weiß. Geschrieben wurde auch der hier anzuzeigende Band stets entlang den oft in Auszügen zitierten und im Fall von Traktaten eines Alain Chartier oder Jean Juvénal des Ursins gar eigene Unterkapitel ausfüllenden Quellen, darin einmal mehr eingeschlossen handschriftliches Material. Unspektakulär geht der Autor diesen seinen Weg; dabei erfolgt auch, bis auf eine kurze lobende Erwähnung der monumentalen Monografie von Du Fresne de Beaucourt (1881/1891, vgl. S. 16), keine Auseinandersetzung mit früheren Biografien Karls VII., selbst nicht mit der – trotz fragwürdiger Grundthese lohnenswerten – von M.G. A. Vale oder der jüngsten, übrigens ebenfalls bei Perrin erschienenen – und m. E. weniger lohnenden – von Georges Minois; von dem noch 2001 wieder aufgelegten und recht eigenwilligen, da Karls VII. Schwiegermutter Yolande von Aragón als dessen mystère in den Mittelpunkt stellenden Buch eines Philippe Erlanger ganz zu schweigen. ...
Vor einigen Jahren hat sich eine Gruppe jüngerer französischer und tschechischer Historiker zwar nicht gleich zum Kreuzzug, so doch zur Widerlegung der Doktrin von Gralshütern des reinen Kreuzzugs zusammengetan, nach der das Ende der Bewegung mit dem Tunisunternehmen Ludwigs des Heiligen und dem Fall Akkons 1291 besiegelt gewesen sei. Die Aktivitäten dieses Kreises haben ihren Niederschlag in bislang vier Bänden einer Reihe gefunden, die sich mit ironischem Seitenblick auf besagte Gralshüter "Croisades tardives" nennt (vgl. S. 5). Hatten eigentlich bereits die Arbeiten von Nicolae Iorga, Aziz Atiya und Kenneth Setton den Nachweis erbracht, dass es sich bei jenen "späten" Unternehmen keineswegs um einen sinnentleert-kostümierten "Triumph der Dekadenz" (Hans Eberhard Mayer) handelt, so gebührt in unseren Tagen u. a. Norman Housley und Jacques Paviot – einem der Initiatoren der Forschergruppe – das Verdienst, die natürlich sich ändernde, so doch fortwährende Wirkkraft und die vielfältigen Facetten der Kreuzzugsidee bis in die frühe Neuzeit hinein aufgezeigt zu haben. Und ebendies bestätigen jetzt erneut die von Finanz- und Organisationsfragen handelnden Beiträge des vorliegenden Bands. Wenn es um so handfest Konkretes wie Planung und Ausrüstung und vor allem um den pekuniären nervus rerum ging, blieb für vage Ritterromantik und nostalgische Mythenbeschwörung kein Platz. ...
Agincourt/Azincourt 1415 – und 600 Jahre später eine neue Schlacht, diesmal der Publikationen, Tagungen und Veranstaltungen bis zur Nachstellung des Kampfs am Ort wie auch mit Playmobil-Figuren, ja bis zum Poesiewettbewerb und Rollstuhlfechten unter der Ägide eines "Agincourt 600 Comittee". Aus solch überbordender Fülle ragt der vorliegende Band indes heraus: kein Jubiläumsschnellschuss, sondern eine parallel zur Londoner Ausstellung "The Battle of Agincourt" mit Sorgfalt und Bedacht erstellte Sammlung von Beiträgen aus der Feder von Kennern der Materie unter drei Leitthemen "The Road to War – The Battle – Aftermath and Legacy". Was aber schon vor der Lektüre auf den ersten Blick besticht, ist die durchgängig farbige, z. T. großformatige Bebilderung in vorzüglicher Qualität und deren nicht minder vorzügliche Kommentierung; angesichts dessen und einer bis ins Layout ansprechenden Aufmachung hat der Preis des Bands fast als günstig zu gelten. ...
Nein, in vorliegender Form hätte diese Doktorarbeit nie veröffentlicht werden dürfen, weist sie doch, hochgerechnet, eine sicherlich im vierstelligen Bereich liegende Zahl an Fehlern, Nachlässigkeiten, ja Schlampereien auf. Ein Leser, der sich bis zum bitteren Ende durchgekämpft hat, dürfte fassungslos auf einen Kampf zurückblicken, den der Autor seinerseits mit der, nein: gegen die deutsche Sprache führte, um dabei an elementaren Regeln der Grammatik, Zeichensetzung und bisweilen sogar an der Orthografie zu scheitern. A. Willershausen ist mithin nicht nur dem Genetiv und Dativ, sondern der deutschen Sprache überhaupt feind. Ähnlich sieht’s im Lateinischen und Französischen aus; oft sind nicht einmal gedruckte Texte korrekt wiedergegeben. Und ganz schlimm wird’s, wenn Deutsches und Französisches zusammenstoßen: "Vermittlung Gui de Boulognes […] Verhandlungen Talleyrands de Périgord auf der Poitier-Kampagnes" (S. 81, Anm. 349) ‒ "Sainte-Maria-Madelaine" (S. 196). Diese zwei Beispiele müssen hierfür aus Platzgründen genügen; generell gilt, dass mein Monita-Leporello sehr, sehr lang ist und bei Bedarf eingesehen werden kann. Doch jedem, der sich der Mühe der Lektüre nur eines einzigen Kapitels unterzieht, dürften die vielen Fehlleistungen ohnehin auffallen. Die Verantwortung für all das liegt natürlich beim Autor, aber sicher sind hier auch kritische Fragen an den Doktorvater und den Zweitgutachter sowie an einen Verlag zu stellen, der die Vorlage offensichtlich unbesehen, geschweige denn lektoriert zum Druck freigab. ...
1973 legte Thomas E. Morissey als Schüler von Brian Tierney seine – leider ungedruckt gebliebene – Dissertation »Franciscus de Zabarellis (1360–1417) and the Conciliarist Traditions« vor, um fortan bei diesem Thema zu bleiben, wie vorliegender Band belegt, der eine Auswahl von Aufsätzen aus den Jahren 1976 bis 2010 vereint, 15 davon als Nachdruck, zwei als Erstpublikation. Wer als Gelehrter Aufnahme in die »Variorum Reprints« bei Ashgate findet, gilt, zumindest in der angelsächsischen Welt, als Autorität auf seinem Gebiet, und in der Tat dürfte gegenwärtig allenfalls noch Dieter Girgensohn sich ähnlich gut wie Morissey im Leben und Werk des Paduaner Rechtsgelehrten auskennen, der als akademischer Lehrer und Autor ein großes, internationales Publikum fand und auch kirchenpolitisch von Einfluss war; selbst die nach seinem Tod in Padua Recht studierenden Nikolaus von Kues, Giuliano Cesarini oder Niccolò Tudeschi (Panormitanus) waren noch von seinem Geist geprägt. ...
Zunächst und grundsätzlich: Hier gilt es eine große Leistung zu würdigen, die auf – im Wortsinn – entsagungsvoller, langjähriger Kärrnerarbeit beruht, auf den Mühen eines Einzelkämpfers angesichts einer Quellenfülle von 86 Registerbänden aus dem Pontifikat Clemens’ VII. samt Finanzdokumenten der Zeit aus der Apostolischen Kammer. Darauf und wohlgemerkt »nur« darauf fokussiert, zeichnet der aus Genf stammende Verfasser das Bild des Genfer Grafensohns Robert als eines Papstes – bewusst wird aus solcher Sicht dessen römischer Gegner als »intrus« bezeichnet –, der aufs Ganze seine Obödienz recht pragmatisch zu lenken verstand. Dabei stützte Clemens VII. sich auf einen Hof und eine Administration – ihr Wirken soll noch in einem eigenen Folgeband thematisiert werden –, deren Profil zwar durchaus, doch keineswegs extrem von Nepotismus sowie der persönlichen Nähe und heimatlichen Verbundenheit manchen Amtsträgers zum Pontifex geprägt war, weitaus stärker aber von den Interessen der – ihrerseits mit austarierendem Bedacht ausgewählten – Kardinäle und vor allem natürlich der Fürsten bestimmt wurde, zu denen das Genfer Grafenhaus wiederum in vielfältigen, im Besonderen nach Frankreich reichenden verwandtschaftlichen Beziehungen stand. Auf den Punkt gebracht, und so auch in der »Conclusion« zu lesen (S. 391–412): Clemens VII. war weder Visionär noch eigneten ihm Originalität oder gar spirituelle Tiefe, doch verstand er es im Rückgriff auf traditionelle Methoden unter dem Signum der Kontinuität und klugen Nutzung personeller Netzwerke – ein zentrales Thema für den der prosopographischen Methode verpflichteten Autor –, realistische Politik im Rahmen des Möglichen zu betreiben. Der einstige Schlächter von Cesena war vor- und umsichtig geworden, wie auch der Umgang mit seinen Gegnern und denen der Anjou in der Provence zeigt. ...