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Trotz einiger vorliegender Arbeiten zu Hofmannsthals Kunstrezeption ist die Frage nach der spezifischen Art seiner Wahrnehmung von "Bildern" und deren Bedeutung für sein Werk noch weitgehend unbeantwortet. Hier setzen die folgenden Überlungungen ein. Hoffmannsthals Interesse an bildender Kunst zeigt sich schon zu Beginn seines literarischen Schaffens: in seinem Prosagedicht "Bilder" von 1891, den Ausstellungsbesprechungen und Rezensionen [...]; später dann in seinen Einleitungen zu Mappenwerken wie Ludwig von Hofmanns "Tänzen" (1905) oder den Handzeichnungen aus der Sammlung seines Rodauner Nachbarn Benno Geiger (1920). Auch in seine Versen zu "lebenden Bildern", in den lyrischen Dramen und den Libretti, sogar in einzelnen Gedichten ist eine besondere "ikonographische" Komponente erkennbar; sie gilt im besonderen Maße für die Balette, etwa den "Triumph der Zeit", was bislang noch kaum gesehen wurde. Schließlich spiegelt sich das vitale Interesse an Kunst in den Reiseaufsätzen, in Vorträgen, Briefen und Notizen. In vielen seiner persönlichen Beziehungen (von den deutschen Zeitgenossen insbesondere zu Harry Graf Kessler, Eberhard von Bodenhausen, Alfred Walter Heymel, Julius Meier-Graefe) ist die bildende Kunst ein wichtiges kommunikativ-verbindendes Element.
Vermeintliche Freiheit
(1996)
Interpretation des Gedichts "Klage der Ceres" von Friedrich Schiller. [...] gerade "Alexis und Dora" sei, schreibt [Schiller] an Goethe, "so voll Einfalt [...], bey einer unergründlichen Tiefe der Empfindung", daß sie dem proklamierten Muster der Empfindung vollkommen zu entsprechen scheint. Seine Theorie gibt Schiller jedoch auch die Kritik ein, er vermisse bei der Idylle eine anhaltende Grundstimmung, zu rasch wechselten Glücksgefühl und Eifersucht innerhalb dieser Dichtungsweise. Auf Schillers rezeptionsgeschichtlich wirkungsträchtiges Mißverständnis wird hier eingegangen, weil es durch Goethes folgende Revanche in Form der in bedeutendem Ton vorgetragenen Unverbindlichkeiten zur "Klage der Ceres" auf Schillers Elegie zurückgewirkt hat.
In "Marsyas - Zeitschrift und Pathosformel des Expressionismus" wird auf ein spätexpressionistisches Zeitschriftenprojekt Theodor Taggers (i.e.Ferdinand Bruckner) eingegangen. Die zweimonatlich erscheinende „Marsyas“ ist ein kurzlebiger (1917-1919) Versuch, kulturpolitisch zu wirken und „eine anlagebereite Klientel für bibliophile Projekte zu gewinnen.“ Den Ausführungen zu Tagger und der Rezeption seiner Zeitschrift folgen ausgewählte Tagebucheinträge Theodor Taggers.
Weimar ohne Goethe gibt es nicht im Bewußtsein der Weltkultur. Die Stadt verdankt ihren Mythos zuallererst der originären Gestalt Goethes, dem bürgerlichen Dichter, der zum Anbruch der Moderne neue Bereiche des Fühlens und Denkens literarisch-poetisch erschließt, der hier den größten Teil seiner Lebenszeit verbringt. Aber daß "die berühmtesten Deutschen [...] lange hier gewohnt, dafür kann man billigerweise Weimar selbst nicht verantwortlich machen. Der Ort ist keine Fabrik berühmter Leute", wußte man bereits kurz nach Goethes Tod.
Zum 16. Geburtstag des Erbprinzen Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach am 3. September 1773 ließ sein Lehrer Christoph Martin Wieland im Weimarer Hoftheater "Die Wahl des Herkules", eine »dramatische Cantate«, aufführen. Das auf den antiken Autor Prodikos von Keos zurückgehende Motiv der Wahl des jungen Halbgotts zwischen dem steinigen Pfad der Tugend und dem verderblichen Weg der Wollust bzw. des Lasters war in allen künstlerischen Gattungen besonders populär. Kaum ein Stoff schien für Fürstenlob und dynastische Repräsentation besser geeignet zu sein. Insofern stand Wielands "Wahl des Herkules", wenngleich im aufklärerischen Duktus akzentuiert, motiv- und formgeschichtlich in einer langen, gesamteuropäischen Tradition. Konnte Wieland 1773 an eine mit der Dynastie oder dem Ort »Weimar« verbundene Tradition des Herkules-Mythos anknüpfen, oder bediente er sich des Motivs schlicht deshalb, weil es sich seiner europaweiten Verbreitung wegen als ein eingängiger und formbarer Stoff für seine reichsweite Wirkungsabsicht anbot? Ich frage also danach, in welchen Medien und in welchen Formen das Herkules-Motiv in Weimar seit dem Ausgang des Mittelalters erscheint, und wie sich Weimar diesen europäischen Mythos aneignete. Diese Spurensuche, die sich auf die bildenden Künste und die Hofkultur (Feste, Gelegenheitsdichtung, Theater) konzentriert, markiert auf vielen Feldern eher Wissenslücken, als sie diese füllen kann; wo Medien und Agenten in der Aneignung, Umformung oder Zurückweisung des Mythos greifbar sind, wird sie (in Ansätzen) zur Transferanalyse, wo diese Vermittler (noch) nicht aufzuspüren sind, bleibt sie eher Rezeptionsgeschichte.
Im Sinne einer "Reisefolgenforschung" wird in dieser Studie danach gefragt, wie sich die ehmalige Landesregentin während des Italienaufenthalts der Kunst und Gesellschaft Italiens näherte, und inwieweit sie in den Jahren danach in der Residenz Weimar als Vermittlerin italienischer Kultur auftrat - Kultur verstanden als die Manifestationen, in denen sich eine Gesellschaft über ihre Lebensformen verständigt. Dies schließt den Konsum und die Verständigung über die Künste mit ein, auf denen der Schwerpunkt das Aufsatzes liegt. Die komplizierte Rezeptionsgeschichte, die Anna Amalia eine außerordentliche Bedeutung als Mäzenin zuschreiben wollte, interessiert an dieser Stelle nicht. Es handelt sich um eine Fallstudie, welche die Handlungsspieräume hochadliger Frauen im Alten Reich vermisst. Damit soll die identifikatorische und idealisierende Umfeldforschung zu den Protagonisten der "Weimarer Klassik" verlassen und Anschluß an die allgemeine Hof- und Reisefoschung gesucht werden.
Der »Weimarer Musenhof« – vom Fürstenideal zur Finalchiffre : eine erinnerungskulturelle Spurensuche
(2007)
So richtig es ist, daß der Mythos vom Musenhof, mithin auch der von seiner Gründerin Anna Amalia, gerade in den letzten Jahren kritisch beleuchtet worden ist, so interessant ist der Befund, daß zahlreiche Spuren im kollektiven Gedächtnis, die auf die Herzogin und deren wirkliche wie ideelle Erben – also den mäzenatisch engagierten Carl August, dessen Schwiegertochter Maria Pawlowna, Amalias Urenkel Carl Alexander und deren Urururenkel Wilhelm Ernst – verweisen, systematisch nicht in größerem Umfang gesichert worden sind. So fundiert inzwischen unser Wissen um jene kulturelle Blüte einer deutschen Doppelstadt um 1800 auch ist – nicht zuletzt durch die wissenschaftlichen Aktivitäten der Klassik Stiftung Weimar sowie in noch größerem Maße durch die eines Jenaer Sonderforschungsbereiches – so deutlich ist, daß eine Erinnerungsgeschichte des Weimarer Musenhofs, seiner legendären Gründerin Anna Amalia und deren direkten Nachfolgers Carl August noch zu schreiben wäre. Doch gerade im so genannten langen 19. Jahrhundert müßte man die meisten Spuren jenes schon in der »Klassik« einsetzenden »Gedächtnistheaters« erst noch sichern. Das gilt vor allem für eine gründliche Auswertung wichtiger Literatur- und Politikgeschichten des 19. und 20. Jahrhunderts, eine systematische Analyse populärer Literatur über Weimar und dessen Fürstenhaus sowie der zahllosen Reisehandbücher und Reiseführer, die seit den Tagen des Vormärz über die Klassikerstadt oder Thüringen veröffentlicht worden sind. Es ist also weder understatement noch eine captatio benevolentiae der üblichen Art, wenn sich dieser Beitrag explizit als Skizze versteht, die Befunde und Einschätzungen des Verfassers mit Forschungsergebnissen anderer Kolleginnen und Kollegen synthetisiert, ohne weiterhin offene Fragen damit zu überspielen.
Über Maximilians I. "Ambraser Heldenbuch" (AH) ist eine Fülle von Spezialliteratur erschienen, die, rechnet man die überlieferungsgeschichtliche und textkritische Literatur einzelner Texte hinzu, fast einen eigenen Forschungsbericht verlangte. [...] Völlig unbefriedigend sind die bisherigen Erklärungsversuche zur Vorlagenproblematik. Hat es tatsächlich ein dem AH bis in Einzelheiten vergleiehbares Sammelwerk - das "Heldenbuch an der Etsch" - gegeben oder sind verschiedene Sammel- bzw. Einzelvorlagen Ried zur Abschrift vorgelegt worden? Wie alt waren diese Vorlagen, woher stammen sie und warum wurden alle Vorlagen - bis auf ein Fragment des Nibelungenliedes - vernichtet?