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Wie wenige literarische Werke stehen die Romane von Bret Easton Ellis im Zeichen von Serie und Wiederholung. Sie bersten vor Motiv- und Form-Wiederholungen, sind mit ihren intertextuellen Zitaten einerseits Fortsetzungen voneinander, andererseits "Wiederholungen" von Figuren aus den Texten anderer Autoren und Produzenten, sie sind besessen von der Serialität der elektronischen Medien, und - last but not least - sie warten mit einem Serienmörder (in 'American Psycho') und mit Anschlagsserien (in 'Glamorama') auf. Damit überschreiten sie die analytische Unterscheidung der Bereiche des Seriellen, die Christine Blättler in ihrem enzyklopädischen Aufsatz über die Serie aufgestellt hat: Produktion, Präsentation und Narration sind bei Ellis gleichzeitig von Wiederholungen und Serien gekennzeichnet.
Paul Kammerer, der 1919 sein Buch 'Das Gesetz der Serie' publizierte - das wohl ehrgeizigste und umfangreichste Buch dieser Art, das je veröffentlicht wurde - gehört in die Reihe der leidenschaftlichen Sammler von Zufällen. Und er bestätigt die schon bei Wilhelm von Scholz bemerkte Neigung, die Welt der Zufälle zur Konkurrentin der Normalität kausalen Denkens zu machen und aus dem scheinbar Zufälligen eine Welt zu konstruieren, die von der Normalerfahrung verdeckt ist - eine Welt der ungestörten Bedeutsamkeit. Die Zufälle, die der Biologe Kammerer viele Jahre hindurch in seine Merkbücher eintrug, werden schließlich durch seine Theorie verwandelt in Erscheinungen der Serialität, von Wiederholung und Periodizität, wodurch das Tor aufgestoßen werde zu einer neuen Gesetzlichkeit. Wo Kausalität war, sollte Serialität werden. Das scheint der Sinn des Buchtitels 'Das Gesetz der Serie' zu sein, das in gewisser Weise ein Gegenprogramm zu Freuds: "Wo Es war, soll Ich werden" formuliert. Denn es soll eben nicht der 'subjektive' Zufall sein, die in die kausalgesetzliche Naturordnung eingewobene Zufälligkeit. Daneben soll vielmehr eine zweite Ordnung aufscheinen, die nicht weniger regelmäßig ist. Man muss sich vor Augen halten, dass Paul Kammerer nicht eigentlich ein Buch über, sondern eines gegen den Zufall geschrieben hat, über den er nur mit Herablassung oder Verachtung spricht. Von Zufall dürfe, erklärt er, keinesfalls geredet werden: "Ganz abgesehen davon, dass die Erklärung einer Begebenheit durch 'Zufall' ein grober Missbrauch ist und in keiner wissenschaftlichen Begründung geduldet werden sollte." Der Zufall dient ihm nur dazu, das Tor zum Gebiet seiner Serialitätsforschung abzustecken, das er mit keinem geringerem wissenschaftlichen Ernst ins Auge fasst als Sigmund Freud die Träume und pathologischen Phänomene des Alltags.
In Menschenobhut können junge von Menschenhand aufgezogene Dachse sehr zahm werden. Daher kennt man eine Eigenheit der Dachsheit, auf die es mir hier ankommt: Man kann Dachse nur bedingt erziehen. Sie reagieren nämlich nicht auf negative Verstärker, wie man im Fachjargon all jene Bestrafungstechniken von Ausschimpfen, Futterentzug über Prügel bis zu Elektroschocks nennt, die immer noch die Grundlage fast jeder Dressur, sei es im Zirkus, im Pferdesport oder Hundespektakel bilden. Der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt ist an dieser Eigenheit des Dachses im Falle seines von Hand aufgezogenen zahmen Dachses schier verzweifelt, bis er erkannte: Dass es Tiere gibt, die die Reaktion auf den negativen Verstärker nicht in ihrem Verhaltensprogramm haben und somit undressierbar sind. Eibl mochte seinen Dachs aber trotzdem, und nachdem er es aufgegeben hatte, dem Dachs das freie Geruchsmarkieren im Haus verbieten zu wollen, gestaltete sich das Zusammenleben auch wieder ohne Verzweiflung. Damit bin ich bei meinem Titel angekommen: Reden wie ein Hund - Pfeifen wie eine Maus - Lernen wie ein Dachs. Über abgebrochene Serien des Tier-Werdens in Kafkas Erzählungen. Das Vorhaben ist der Versuch, anhand dreier Erzählungen Kafkas - nämlich die 'Forschungen eines Hundes', 'Josefine, die Sängerin' und 'Der Bau' - eine Art Entwicklungslinie im Tier-Werden Kafkas aufzuzeigen, die mit dem unerziehbaren Dachs abbricht, aber damit nicht, wie man Kafka oft unterstellt hat, im unentschiedenen Nichts landet, sondern einen Ausweg zeigt, mit dem man leben kann. Das hoffe ich zum Ende deutlich machen zu können.
'The Making of Americans' wurde 1903 begonnen, 1905/6 zugunsten des Erzählbands 'Three Lives' unterbrochen, 1906 und 1908 komplett umgeschrieben und 1911 schließlich abgeschlossen (also viel früher als 'Ulysses' und 'À la recherche du temps perdu'). Zur Veröffentlichung des Romans kam es allerdings erst 1925, was die öffentliche Wahrnehmung des Textes als einer Urszene der Moderne stark beeinträchtigt hat. Aber es gibt auch noch andere Gründe, weshalb 'The Making of Americans' rasch in Vergessenheit geriet: der riesige Umfang des Romans (fast 1000 Seiten) und seine serielle Wiederholungsstruktur sorgten dafür, dass er einer größeren Leseöffentlichkeit bis heute weitgehend unbekannt blieb. Steins Aufkündigung der Erzähltradition des 19. Jahrhunderts fiel noch radikaler aus als Prousts und Joyces Romanexperimente. Es gibt aber durchaus Gemeinsamkeiten: alle drei Autoren machen die Prozesse des Erinnerns, Denkens und Fühlens zur Grundlage der Darstellung im Roman und verzichten auf die teleologische Konsequenz kausaler Verknüpfungen zugunsten des verdichteten Augenblicks. Schon im ursprünglichen Entwurf von 'The Making of Americans', der auf den ersten Seiten des Romans noch erkennbar ist, sind erste Anzeichen für den Bruch mit der Erzählform erkennbar. Stein wollte Amerika als neue Nation schildern, "whose tradition it had taken scarcely sixty years to create". Im Mittelpunkt sollten drei Generationen zweier Immigrantenfamilien stehen, die Dehnings und die Herslands. "The old people in a new world, the new people made out of old, that is the story that I mean to tell, for that is what really is and what I really know." Obwohl sie den Roman als Gesellschaftspanorama anlegte, konzentrierte sich Stein von Anfang an auf das Privatleben ihrer Protagonisten. Im Gegensatz zu den Realisten des 19. Jahrhunderts, die den Konflikt von Neigung und Pflicht, von sozialen Normen und subjektiver Moral in den Mittelpunkt der Handlung stellten, folgte Stein dem Programm des Naturalismus und richtete ihr Interesse nicht auf die Handlungen und Handlungsspielräume der Subjekte, sondern auf die gesellschaftlichen Kräfte, die Subjektivität formen und prägen. Der Titel 'The Making of Americans' fasst die Ausbildung amerikanischer Identität als einen beinah industriellen Herstellungsprozess sozialer Identität und deutet darin ein erstes Motiv für eine serielle Schreibweise an.
Bild und Leidenschaft
(2010)
This experience, listening to the radio version of "The Green Hills of Earth" was the first form in which I encountered a problem that in the following years continued to haunt much of the work I have done ever since. This problem has a double aspect, since it involves both 'the visibility of the invisible' and, inseparably linked to it, that of the 'invisibility of the visible'. Far from excluding each other, as opposites are commonly expected to do, 'visibility' and 'invisibility' seem here to be inextricably linked, although not simply the same. The prominence, in the story, of repetition and recurrence, indeed of doubling, suggests that another term should be introduced to describe this curious relationship of non-exclusive opposition, that of 'divisibility'. Visibility divides itself into what is visible and what is invisible. And given the fact that this is also a question of life and death, of living and dying, the process of divisibility can be said to produce not just appearances, but 'apparitions' (which in English, unlike its 'false friend' in French, signifies 'ghosts' and not just appearances). Listening to the radio in that darkened bedroom, I think what I experienced was something like the apparition of such divisibility, by which the invisible seemed to become visible, but only by making the visible invisible. Much later I learned that this was a phenomenon - if one can call it that - quite familiar to philosophers and aestheticians who generally tried to interpret it with the use of words such as "fantasy" and "imagination": what Kant, for example, in 'Kritik der reinen Vernunft' calls "productive" as distinct from "reproductive imagination", which does not merely reproduce what one sees but which produces representations of things that were never seen (and perhaps could never be seen). But I never felt that such concepts were capable of accounting for the strange capacity of those invisible 'images' to produce feelings whose intensity seemed in direct proportion to their indistinct and relatively indeterminate - non-objective - quality.
Unmittelbar auf das fast friedensselig gestimmte Sterbegedicht der "Kleinen Passion" folgt ein seltsam derbkomisches, balladesk trotziges Klagelied einer Kröte, welche partout nicht sterben kann, ein offenkundiger Kontrapunkt oder satirischer Πάρωδος zum elegischen Passionsspiel über den Mückentod. Die beiden Gedichte stehen in Gottfried Kellers 'Gesammelten Gedichten' von 1888 in der zweitletzten Abteilung unter "Vermischte Gedichte" einander zugeordnet. Wie der Titel andeutet, findet sich hier ein recht buntes Allerlei von Texten unterschiedlichster Art und verschiedenster Entstehungszeit - die "Krötensage" wurde zwanzig Jahre vor "Kleine Passion" erstmals publiziert, nämlich 1852. Gleichwohl ist die gruppierende Hand Kellers unübersehbar, und dieser Ordnungswille wurde in der Keller-Forschung etwa von Emil Ermatinger oder Jonas Fränkel denn auch früh festgehalten. Konkret zu den beiden Gedichten sagt letzterer indessen lediglich: "Das Schicksal der Kreatur wird in zwei gegensätzlichen Gedichten abgewandelt." Der Bezüge sind freilich weit vielfältigere: Neben den jahreszeitlichen Kontrastparallelen - die "Kleine Passion" spielt im herbstlichen September, die "Krötensage" im Maienfrühling - und dem bedeutungsgeladenen Verhältnis von Leben, Körper und Hülle, dem "Futterale" - in der "Krötensage" der Stein, in der "Kleinen Passion" das dichterliche Buch - ist den beiden auch dasselbe Thema eingeschrieben: Letztlich geht es um die altehrwürdige 'ars moriendi' in ihrer dialektischen Verflochtenheit mit der 'ars vivendi'. Auch der satirische Grundklang erweist sich bei genauerem Hinschauen als gemeinsam.