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"Nachdem ich die Bedeutung des Epigramms erläutert habe, bin ich dem Wesen des Epigramms nachgegangen, indem ich die Definition, Struktur und verschiedene Aspekte des Epigramms untersucht und erläutert habe.
Ich kam zu dem Ergebnis, dass Lessing für die Literaturwissenschaft eine neue Perspektive eröffnet hat. Erstens, weil er eine sehr präzise Definition des Epigramms geschrieben hat. Zweitens, weil sein Epigramm ebenso einen philosophischen wie psychologischen Boden hat. Weiterhin habe ich festgestellt, dass die Statuslehre tatsächlich einen bedeutenden Einfluss auf Lessings Werk gehabt hat. Aufgrund der vielen biographischen Nachweise, war es mir möglich, die Verbindung, die zwischen der Erkenntnistheorie, der Statuslehre und der Empfindungslehre besteht, zu erkennen..."
In der Antike und den überlieferten antiken Mythen spielen Visionen bzw. Prophezeiungen und Träume – wie sich beispielsweise am Status des Orakels von Delphi als Omphalos (Giebel 2001, S. 7 f.) oder am vom römischen Philosophen Lukrez beschriebenen Beruf des Traumdeuters (Naf 2004, S. 90 f.) erkennen lasst – eine wichtige Rolle und nehmen ebenfalls politischen Einfluss (Trampedach 2015). Es ist daher nicht verwunderlich, dass auch gegenwärtige Mythenadaptionen, allen voran Rick Riordans Percy Jackson-Reihe bzw. mittlerweile korrekter: Reihen, in denen Percy Jackson mitunter als Crossover-Figur auftritt, auf Orakel, Prophezeiungen, Visionen und Träume vermehrt zurückgreifen...
Die hier vorliegende Arbeit ist eine soziolinguistische Studie über die hybride Sprachpraxis der Chicanos in den USA. Sie schreibt sich damit in den aktuellen Diskurs der Hybridität ein. Das Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung und Analyse sprachlich hybrider Phänomene, die aus Hybridisierungsprozessen hervorgehen. Das Untersuchungsfeld stellt der Chicano Hip-Hop dar. Die kulturellen Textproduktionen in musikalischer Form ermöglichen Einblicke in eine hybride Jugendund Gegenwartskultur, welche die Bedeutung und Funktionen sprachlich hybrider Markierungen offen legt. Der Sprechgesang, auch Rap, dient hier als Gegenstand der linguistischen Analyse. Methodisch erfolgt die Untersuchung durch eine Sprachanalyse im Sinne einer linguistischen Gesprächsanalyse. Die primäre Frage ist hierbei: Was tut der bi- oder multilinguale Sprecher?6 Und welche Funktion hat sein Tun? Dieser interpretative Ansatz dient der Verifizierung folgender Grundüberlegung: Die Wahl der Sprechform, also die Art und Weise, wie der Sprecher Sprachen und Varietäten gebraucht, kombiniert, mischt, separiert und neu kreiert ist Ausdruck seiner jeweiligen sozialen und kulturellen Identität. Der Grad der sprachlichen Hybridisierung ist ein wesentliches Indiz für die Positionierung des Individuums im plurikulturellen Raum, d.h. im Spannungsfeld der Kulturen. Die These lautet demzufolge: Hybrides Sprechen ist Ausdruck einer hybriden Identität, die verschiedene kulturelle und soziale Zugehörigkeiten in sich zusammenführt. Die Arbeit verfolgt im Rahmen des Hybriditätskonzepts keine sprachstrukturelle, sondern eine interpretative Perspektive multilingualen Handelns. Folglich steht der sprachliche Akteur im Zentrum der Beobachtung. Dementsprechend wird es hier nicht nur um linguistische Begriffsbestimmungen gehen, sondern maßgeblich um die Praxis, Funktion und Bedeutung des hybriden Sprechens im Rap.
Theater der Spur
(2014)
Das Licht gilt uns als "das" Signum von Humanität, Aufklärung, Erkenntnis und Fortschritt, aber im Theater "übersehen" wir das Licht meist oder reduzieren seinen Einsatz auf eine technische Dienstleistung, die mit "hoher Kunst" scheinbar nichts zu tun hat. Woher kommt das? Und welche Gründe sprechen dafür, dem Licht im Theater mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als es viele Zuschauer, Theaterwissenschaftler und Theaterschaffende derzeit tun? Antworten lassen sich unter anderem bei Michel Foucault, Friedrich Schiller und Adolphe Appia finden.
Edda – diesen Namen tragen zwei isländische Werke aus dem 13. Jahrhundert. Gemeinsam überliefern sie, das eine in Liedern, das andere in Prosa, den größten erhaltenen Schatz an nordischer Mythologie und Heldensage. Gern für »germanisch« gehalten sind diese Stoffe seit dem 18. Jahrhundert weit über Island hinaus bekannt. Das spiegelt sich auch in den mehr als 1200 Objekten der Frankfurter Edda-Sammlung, die zeigen, wie die Mythen buchstäblich in jeden Winkel der Kultur vordringen können.
Island ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2011: eine willkommene Gelegenheit für das kleine Land, seinen riesigen Literaturschatz zu präsentieren. Der glänzt gegenwärtig mit Perlen wie den Romanen des Björk-Texters Sjón. Bedeutender noch ist aber wohl Islands einzigartige volkssprachliche Literatur im Mittelalter: mit Gattungen wie Edda, Saga und Skaldendichtung der wichtigste isländische Beitrag zur Weltliteratur. Bis zum heutigen Tag entfalten gerade die Isländersagas und die eddischen Texte ihre Wirkung weit über Island hinaus. Die altisländische Überlieferung und ihr Nachleben in der Neuzeit sind seit Langem Gegenstand der Forschung am Institut für Skandinavistik. Eines der größten Projekte, die Island mit deutschen Partnern eigens für den Gastlandauftritt vorbereitet, wird von Prof. Dr. Julia Zernack wissenschaftlich mitbetreut: die deutsche Neuübersetzung einer breiten Auswahl von Isländersagas, die in einer fünfbändigen Ausgabe im S. Fischer Verlag erscheinen wird.
Ausgangspunkt der Studie ist die These, dass sprachlich und kulturell heterogene Lerngruppen, an denen Studierende mit und ohne spanischsprachigen Familienhintergrund gemeinsam teilnehmen, als eine günstige Lernsituation betrachtet werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten als Ressourcen für den Unterricht verstanden werden.
Mit dem Fokus auf Sprachveranstaltungen in Spanisch, die von Studierenden an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main besucht werden, und die im Rahmen ihres Lehramtsstudiums im Fach Spanisch stattfinden, wurden in dieser Studie folgende Forschungsfragen verfolgt:
1. Wie entstehen und entwickeln sich Sprachlernprozesse in sprachlich und kulturell vielfältigen Lernkontexten?
2. Wie zeichnet sich das Lernen in sprachlich und kulturell vielfältigen Lernkontexten aus?
3. Welche sprachlichen und kulturellen Ressourcen können für die sprachliche und kulturelle Förderung genutzt und bewusst eingesetzt werden?
Wichtigste Forschungsergebnisse:
Es wurde festgestellt, dass Sprachlernprozesse bei Studierenden mit und ohne spanischsprachigen Familienhintergrund sowohl im kognitiven als auch im emotionalen Bereich qualitativ unterschiedlich verlaufen und, dass in sprachlich und kulturell vielfältigen Lernkontexten individuelle und überindividuelle Sprachlern-prozesse stattfinden, die einander bedingen.
Was das gemeinsame Lernen angeht, konnte festgestellt werden, dass Studierende ohne spanischsprachigen Familienhintergrund widersprüchliche Erwartungen an die Studierenden mit spanischsprachigem Familienhintergrund haben: Einerseits schätzen sie die Präsenz ihrer Kommilitonen und sehen sie als Mittler zwischen dem Unterricht und der Realität außerhalb des Unterrichts, weil sie die „echte“ Sprache und Kultur in den Klassenraum bringen. Anderseits fühlen sie sich durch ihre Anwesenheit im Unterricht verunsichert, was ihre sprachliche Entwicklung zum Teil hemmt. Bei den Studierenden mit spanischsprachigem Familienhintergrund konnten unterschiedliche Phasen in ihrem Sprachlernprozess beobachtet werden, die ihre Lernattitüde und ihre Haltung zu den Kommilitoninnen und Kommilitonen konditionieren.
Entscheidend für die Konstruktion gemeinsamer Sprachlernprozessen ist, dass die Studierenden ihre Positionierung als peer ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen bewusst wahrnehmen, was nicht immer der Fall ist. Auch die Bewusstwerdung der eigenen Funktion als Mittler zwischen Sprachen und Kulturen insbesondere (aber nicht nur) bei Studierenden mit spanischsprachigem Familienhintergrund soll im Unterricht durch die Reflexion über die eigene sprachliche und kulturelle Identität gefördert werden.
Im Umgang mit solchen Lerngruppen haben Dozentinnen und Dozenten unterschiedliche Erwartungen. In der Regel werden aber Lerninhalte vermittelt, die die sprachliche und kulturelle Vielfalt im Unterricht nicht berücksichtigen. Für die Leistungsbewertung beider Studierendengruppen werden oft unterschiedliche Kriterien angewendet, woraus Konflikte zwischen den Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmern entstehen.
Die Rolle der Dozentinnen und Dozenten selbst ist in der Gestaltung gemeinsamer Lernkontexte, in denen die Interaktion der Studierenden gefördert werden, grundlegend. Damit dies gelingt, sollen sie einerseits für Mehrsprachigkeit als Phänomen der Gesellschaft, das den Sprachunterricht im besonderen Maße betrifft, sensibilisiert sein. Andererseits soll ihnen bewusst werden, dass das Sprachenlernen aus einer kognitiven und einer emotionalen Seite besteht, die in engem Zusammenhang mit mehrsprachigen und mehrkulturellen Identitätskonstruktionen stehen. Beide Seiten sollen im Unterricht gefördert werden.
Wer waren die Literaturwissenschaftler, die bei der Gründung 1914 an die Universität Frankfurt am Main berufen wurden, die das akademische Leben der Stadt Frankfurt in der Weimarer Republik mitprägten, die nach 1933 in Frankfurt weiterhin Literaturwissenschaft betrieben oder die vertrieben wurden? Ein zweisemestriges interdisziplinäres Lehrforschungsseminar am Fachbereich 10 (Neuere Philologien) hat anlässlich des Jubiläums zum 100-jährigen Bestehen der Universität im Jahr 2014 Antworten auf diese Fragen gesucht. Das Ergebnis ist eine virtuelle Ausstellung mit 20 Porträts (Goethe Universität Frankfurt am Main, 2017). Diese Ausstellung war jedoch nur ein Teil einer Reihe von Veranstaltungen, die sich im Jubiläumsjahr der Frankfurter Universität mit den Literaturwissenschaften in Frankfurt befassten.
Philologe im "Kriegseinsatz" : der Frankfurter Germanist Julius Petersen und der Erste Weltkrieg
(2014)
Vorlesungen für Studenten und Bildungsangebote für Bürger – wie lässt sich dieser Anspruch der jungen Stiftungsuniversität auch in Zeiten des Krieges realisieren, wenn Professoren wie Studenten ins Feld ziehen müssen? Das Beispiel des Germanisten Julius Petersen zeigt, welche Anstrengungen zwischen 1914 und 1918 unternommen wurden, um "Volksbildung" und "Vaterländischen Unterricht" zu ermöglichen. Dazu gehörten Vorträge an der Front ebenso wie Bürgervorlesungen in der Heimat.
"Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht" : Licht und Schatten im (Musik-)Theater der Vormoderne
(2015)
Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren Akteure und Zuschauer in einem geschlossenen Theaterraum gleich stark beleuchtet, wenn auch nur mit Kerzen und Öllampen. Erst danach geriet die Bühne – nicht ohne Protest der Besucher – ins Zentrum der Beleuchtung. Auf der Opernbühne führte der Einsatz der Kohlenbogenlampe, auch "Prophetensonne" genannt, im 19. Jahrhundert zu einem radikalen Umbruch: Endlich konnten Übergänge vom Dunkel zum Licht musikalisch und szenisch realisiert werden.
Richard Wagner hatte ein gebrochenes Verhältnis zum Geld: Er benötigte viel, hatte aber meist so wenig, dass er auf Pump leben musste. Nicht selten war er auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Die Erfindung des Geldes hielt er für einen Sündenfall, das Eigentum für die Wurzel allen Übels. Im »Ring des Nibelungen « spiegelt er im Mythos vom Fluch des Goldes die moderne Erfahrung der Macht des Geldes.
Der hier veröffentlichte Text von Friedrich Wolfzettel, Ordinarius für Französische und Italienische Literaturwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, ist die überarbeitete Fassung eines am 18. März 1999 anläßlich der Mitgliederversammlung der Deutsch-ltalienischen Vereinigung e.V. in Frankfurt gehaltenen Vortrags.
Im Rahmen meiner Untersuchung habe ich mich mit den literaturtheoretischen Instrumenten von Dichtung und ihren geistesgeschichtlichen Quellen seit der klassischen Antike beschäftigt. Hier sind vor allem Aritoteles, Platon und deren Rezipienten Hermogenes von Tarsos sowie in der frühen Neuzeit Gerhard Vossius zu nennen. Zentraler Begriff ist hierbei eine Neuentwicklung des Begriffs der Fiktion auf der Grundlage philosophischer Ästhetik und ihrer praktischen Umsetzung in der bildenden Kunst und der Literatur der Aufklärung. ...
Ausgehend von der 10. Wissenschaftstagung für Comicforschung versammelt Bernd DolleWeinkauff mit Geschichte im Comic 20 Beiträge, die das Thema interdisziplinär beleuchten. Die AutorInnen kommen aus Medien-, Kultur-, Literatur- und Geschichtswissenschaften. Die Beiträge sind in vier Bereiche aufgeteilt: Zuerst werden theoretische Annäherungen an Begriff und spezifische Qualitäten von Geschichtscomics vorgestellt, anschließend deren Erzählweisen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit Comics, die Geschichte von der Antike bis ins 20. Jahrhundert thematisieren, das vierte mit Comicerzählungen über Krieg und Frieden im 20. Jahrhundert. ...
Am 3 Februar 2004 innerhalb der Reihe "GrenzBereiche des Lesens" gehaltener Vortrag. "GrenzBereiche des Lesens" ist eine kulturwissenschaftliche Vortragsreihe, die 2003 und 2004 an der Universität Frankfurt stattfand. Die potentielle Unabschließbarkeit literarischer Lektüren ist oft mit der Metapher vom Text als Gewebe umschrieben worden. Uwe Wirth widmet sich ihr mit Blick auf den Grenzbereich eines anderen Mediums: des Computers. Findet sich im Hypertext die digitale Einlösung der Metapher vom Textgewebe, so stellt sich aufs Neue die Frage nach den Rollen von Autor und Leser: Der Hypertextleser wird zum editorialen "Spinner" eines Netzes aus semantischem und medialem Gewebe.
Carson Ellis’ Bilderbuch "Du Iz Tak?" (2016) stellt eine besondere Herausforderung der Bilderbuchübersetzung dar, da der Schrifttext ausschließlich in einer fiktiven Sprache verfasst ist. Eine Übersetzung erscheint damit zwar auf den ersten Blick überflüssig. Eine nähere Untersuchung des Ausgangstextes legt jedoch vielfaltige intermodale, inter- und intralinguale Bezuge frei, die einerseits ein Feld der Polyvalenz entfalten und die Übersetzung erschweren, andererseits eine Übersetzung unumgänglich machen.
[Nachruf] Klaus von See
(2013)
Vom »Mozartbuch für die Jugend« zu "Little Amadeus" : das Mozart-Bild in Kinderliteratur und -medien
(2021)
Das Bild Wolfgang Amadeus Mozarts ist nicht nur durch seine Musik sowie unzählige biografische und musikhistorische Darstellungen geprägt, bereits früh wird es – angefangen bei E.T.A. Hoffmanns Don Juan (1813) und Eduard Mörikes Mozart auf der Reise nach Prag (1855/56) – durch literarische Texte dämonisiert, romantisiert, idyllisiert, später dann entheroisiert, neutralisiert, sentimentalisiert, trivialisiert oder popularisiert. Betrachtet man das Mozart-Bild im Kinderbuch, so lassen sich zwei Phasen deutlich voneinander trennen: Wird Mozart in den 1940er- und 1950er-Jahren religiös verklärt und zum göttlichen Kind stilisiert, steht in den Mozart-Kinderbüchern und -medien im beginnenden 21. Jahrhundert eine entmystifizierte Sichtweise im Vordergrund., sondern vor allem auch an der breiten Diskussion und der Gründung neuer Institutionen...
Hinsichtlich der Politischen Romane erscheint das allgemein schwer zu bestimmende Verhältnis von Gattungstheorie und Gattungsgeschichte als geradezu widersprüchlich: In unmittelbarer zeitlicher Nähe zu einer Anweisungspoetik entsteht eine ganze Reihe von Texten, die sich ostentativ auf diese Poetik beziehen, aber nur selten deren Anweisungen folgen. Die vorliegende gattungsgeschichtliche Untersuchung „Die Politischen Romane, eine populäre Gattung des 17. Jahrhunderts“ von Andrea Wicke legt deshalb eine rekursive Bestimmung der Gattung zugrunde: Erstmals werden grundsätzlich alle Texte herangezogen, die durch ihre paratextuelle Präsentation einen Gattungszusammenhang evozieren. Ebenfalls zum ersten Mal werden die Paratexte in umfassender Weise für eine dichte Beschreibung des historischen Gattungsdiskurses ausgewertet. Folgende Forschungsergebnisse lassen sich resümieren:
Das Phänomen der Politischen Romane ist besser zu verstehen, wenn man den literarischen Gattungsbegriff konsequent historisiert und die Politischen Romane wie Moden und Bewegungen als Ausdruck eines kulturellen Wandels begreift. Der wie eine epidemische Kurve zunächst langsam, nach 1680 stark ansteigende, nach 1684 wieder abfallende Publikationsverlauf der Politischen Romane indiziert eine besonders geartete Kommunikationssituation, als deren Produkt die populäre literarische Gattung erscheint.
Die allgemeine Frage, wie unbekannte Bücher zu Bestsellern werden, lässt sich hinsichtlich der Politischen Romane wie folgt beantworten: Mit der Adaption der satirischen Romane Christian Weises durch Johannes Riemer erreicht dessen satirische Erzählung "Der Politische Maul-Affe" Anfang des Jahres 1680 eine außergewöhnlich große Öffentlichkeit. Dafür sind außerliterarische Umstände maßgeblich, insofern die im Schüler- und Studentenmilieu angesiedelte Erzählung einen Skandal verursacht. Riemer referiert als Erster im Rahmen gattungsgenerierender imitatio auf zwei Romane Weises. Sein Verfahren, Weises Werke gegen dessen Intentionen als legitimierte Praetexte für eine satirische Schlüsselerzählung mit politischen Implikationen zu nutzen, etabliert sich und Weises Versuch, mit dem "Bericht" das Schreiben lustiger Bücher unter rhetorischen Prämissen als propädeutische Gattung für zukünftige Politici zu normieren, befördert gegen dessen Intentionen die spezifische Dynamik der Politischen Romane: Von 1680 bis 1684 erlangen die Politischen Romane durch ihr dauerndes Changieren zwischen anspielungsreicher, angriffiger Satire, kurzweiligem Schwank und prudentistischem Ratgeber eine große Wirkung. Die erstmalige Synopse aller Politischen Romane lässt erkennen, wie extensiv populäres wie elitäres Material in die Erzählungen integriert wird: Viele Episoden und Geschichten der Politischen Romane leben vom Kontrast zwischen der Vermittlung politischen Wissens mit gesellschaftsethischem Anspruch und grobianischen Sequenzen, anstößigen Motiven und vulgärem Sprachgebrauch. Die satirische Perspektive gilt meist dem traditionalen Verhalten bildungsferner Schichten; die Erzählungen thematisieren insbesondere die spezifische Zukunftserwartung junger Akademiker. Mit größerer zeitlicher Distanz zum Weißenfelser Skandal werden die Texte tendenziell stärker folklorisiert. Es scheint eine Öffentlichkeit für milieuspezifische Unterhaltungsliteratur zu entstehen, in der Autoren und Leser zur gleichen –studentischen – Ingroup gehören. Die außerliterarischen Bezüge der Texte bilden indes auch einen destabilisierenden Faktor des Gattungszusammenhangs: Skandale sind kurzlebig und 1684 hat die Popularität der Gattung ihren Scheitelpunkt erreicht. Christian Weises Stellungnahme in der Vorrede zum "Neu=erleuterten Politischen Redner" wider die Politischen Romane verstärkt den Niedergang der Gattung maßgeblich und Johannes Riemer sieht sich gezwungen, Weise in seiner abweisenden Haltung zu folgen. Mit diesen beiden Widerrufen verlieren das schillernde Epitheton politisch, der satirische Impetus und die versteckten Anspielungen auf eine gelehrte Autorschaft quasi ihren Resonanzboden. Zwar entsteht nun auch der nötige Spielraum, um den gattungsspezifischen Rahmen der Politischen Romane zu verändern und – wie Kuhnau und Ettner es tun – positiv an Weises Vorgaben anzuknüpfen. Doch bleibt es bei einzelnen Versuchen, Alternativen zu der provozierenden Performanz zu entwickeln, die den Erfolg der Gattung zu Beginn der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts geprägt hat.
Federn lesen : eine Literaturgeschichte des Gänsekiels von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert
(2021)
Vom Mittelalter bis zur Einführung der Stahlfeder im 19. Jahrhundert war die Gänsefeder das meistgebrauchte Schreibwerkzeug in Europa. Doch um als Schreibfeder genutzt werden zu können, musste der Gänsekiel mit großem Können zugespitzt und bearbeitet werden. Das Wissen um die Techniken der Fertigung und des Gebrauchs sind größtenteils verschollen.
Martina Wernli hat intensiv geforscht und versammelt nun Quellen aus unterschiedlichen Sprachen. Sie zeigt, wie die Gänsefeder die europäische Schriftkultur über Jahrhunderte geprägt hat und wie dem Schreibwerkzeug von Anfang an zudem eine übertragene Bedeutung zukam, denn die Feder steht auch für Schreibprozesse und literarisches Schreiben selbst. Die komparatistisch ausgerichtete Analyse verdeutlicht, wie sich in der Feder bildliches Sprechen und materielle Grundlage gegenseitig bedingen. Eine spannende Ding-, Medien-, Technik-, Kultur- und Literaturgeschichte.
Nach dem Mord an dem Afroamerikaner George Floyd durch Polizeigewalt kam es in den USA und weltweit zu heftigen und anhaltenden Protesten gegen Rassismus. Doch viele Afroamerikaner sind skeptisch und wagen kaum zu hoffen, dass sich jemals wirklich etwas ändern wird. Prof. Simon Wendt, Amerikanist an der Goethe-Universität, spricht im Interview über die Hintergründe des amerikanischen Rassismus.
British literature since world war II : a selected bibliography of secundary sources with special reference to drama/theatre and narrative prose (period covered : mid-1940 to 2000). Part I: Integrated alphabetical index. Part II: Specific bibliographies (as to author and subject)
Individuelle sprachliche Repertoires und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit in der Republik Moldova
(2016)
Die sprachlichen Verhältnisse in der Republik Moldau befinden sich seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion in Veränderung. Maßgeblich hierfür sind eine neue offizielle Sprache, die Förderung der Minderheitensprachen und die Arbeitsmigration. Die Autorin untersucht die Frage, wie Sprecher*innen mit unterschiedlichen sprachlichen Repertoires mit diesen Veränderungen umge-hen. Sie zeigt dies am Beispiel ausgewählter Sprach- und Berufsbiographien in zwei exemplarischen Fallstudien: einem russisch-ukrainisches Lyzeum und einem italienischsprachigen Call-Center.Mit den Begriffen Erreichbarkeit und Reichweite leistet das Buch einen theo-retischen Beitrag zur Diskussion um sprachliche Repertoires und sprachlichen Ausbau, indem sie den Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Verände-rungen und den individuellen Aneignungsprozessen von Sprecher*innen zu begreifen helfen.
Kurz nachdem Jean Paul im Jahr 1796 den letzten Teil des Romanmanuskripts Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs an seinen Verleger abgeschickt hatte, brach er in die damalige Kulturhauptstadt Weimar auf. Dort traf er zum ersten Mal den von ihm mit Distanz bewunderten Goethe. Während dieser Besuch von Goethe selbst unkommentiert blieb, fand eine aus dem gleichen Jahr stammende Äußerung Jean Pauls eine um so größere Resonanz bei dem um sein Image besorgten Dichterfürsten. ...
Wenigen KJL- und ExilliteraturforscherInnen ist bekannt und gegenwärtig, dass der Arzt Dr. Max Hodann (1894–1946) im norwegischen Exil das belletristische Jugendbuch Jakob går over grensen veröffentlichte. Hodann-ForscherInnen mit einem Hintergrund in der Medizingeschichte, Pädagogik oder Sozialismusforschung, die von diesem Umstand zwar Notiz nahmen, konnten das Buch verständlicherweise jugendliteraturwissenschaftlich nicht angemessen behandeln, unterließen aber auch eine Einordnung in Hodanns Gesamtwerk. Mein Anliegen ist es daher, den Kinder- und JugendliteraturforscherInnen wie den Hodann-KennerInnen dieses Jugendbuch vorzustellen, es in den Exil(literatur)-Kontext einzuordnen und Bezüge und Unterschiede zu anderen KJL-Texten des Exils aufzuzeigen. Anhand des Textes lässt sich ferner die Hinwendung Hodanns zu literarischen Formen nachvollziehen, die dennoch Einflüsse seines hauptberuflichen Schaffens aufweisen und somit der KJL des Exils neben dem politisch-pädagogischen und propagandistischen auch einen psychologischen Akzent hinzufügte. Meine These ist, dass die Darstellung psychischer und psychosomatischer Auswirkungen von Flucht und Gewalterfahrungen so präsent im Text vertreten sind, da der Autor aus seiner Perspektive als Mediziner intendierte, seine Leserschaft in einer politischen Umbruchzeit auf diese Erfahrungen vorzubereiten. ...
Wer das Buch in die Hand nimmt, wird sogleich durch die sechs Freunde aus Tom Seidmann-Freuds Bilderbuch Die Fischreise (1923), die auf dem Einband zu sehen sind, zur Lektüre angeregt. Es geht hier um das Sammeln und Erwerben von Kinder- und Jugendliteratur – nicht nur von bedeutenden und kostbaren alten Bilderbüchern, wie die schöne Einbandillustration nahelegen könnte, sondern um ein "Schaufenster für Kindermedien" (159). So lautet der Untertitel des Beitrags von Birte Ebsen über die Kinderbibliothek Hamburg, der über dem gesamten Buch stehen könnte. Carola Pohlmann macht in ihrem Vorwort deutlich, dass gedruckte Publikationen nur noch ein Element unter vielen seien und in einer sich rapide verändernden Medienlandschaft nicht mehr allein für den Bestandsaufbau der Bibliotheken maßgeblich sein können (7). Medienvielfalt wird als Chance gesehen, woraus sich die Frage von Spezialisierungen einerseits und Kooperation andererseits ergibt (10). ...
Wer sich mit Wahnsinn in der (italienischen) Literatur beschäftigt, denkt sofort an den sizilianischen Schriftsteller Luigi Pirandello (1867-1936). Abgesehen von den pirandellianischen Masken, die in den alltäglichen Sprachgebrauch des Italienischen dermaßen eingeflossen sind, dass sie mittlerweile fast schon den Status eines Allgemeinplatzes innehaben, bildet der Wahnsinn zweifellos die häufigste Assoziation mit dem Autor, dem 1934 der Literatur-Nobelpreis verliehen wurde. Dies hat sowohl intra- als auch extratextuelle Gründe. In einem Großteil seiner Texte – dies betrifft alle drei Gattungen: Lyrik, Epik und Drama – verliert mindestens ein Charakter den Verstand. Der Wahnsinn wird dabei oftmals bereits im Titel angedeutet. ...
Fünfzig Jahre nach 1968. Fünfzig Jahre nach der Studentenrevolte.
Was hat sie in Deutschland bewirkt? Was ist geblieben? Wo haben sich die 68er geirrt? Fragen, mit denen man seit Beginn des Jahres konfrontiert wird. Namen und Fakten, die erinnert werden: Benno Ohnesorg, Rudi Dutschke, Alice Schwarzer, Rainer Langhans, Kommune 1. – Die Jugend, aber nicht nur die, ging auf die Straße, protestierte gegen Alt-Nazis in Führungspositionen oder juristischen und öffentlichen Institutionen, forderte Gleichberechtigung für die Frauen und vieles mehr. Der Protest richtete sich gegen verkrustete Strukturen und falsche Selbstverständlichkeiten. ...
Lange Zeit gab es in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteraturkritik keine Unterscheidung zwischen phantastischen Erzählungen und Fantasy. Diese Gattungsdifferenzierung beginnt sich erst ab der Jahrtausendwende durchzusetzen. Betrachtet man das deutsche Textkorpus, das bis dahin global als Phantastik bezeichnet wurde, so lässt sich feststellen, dass der mittlerweile herausgearbeitete Unterschied zwischen phantastischen Erzählungen und Fantasy schon in den 1950er und 1960er Jahren zu erkennen ist. Sowohl die gattungstheoretischen Unterscheidungen als auch die Gattungsbegriffe haben jedoch erst um die Jahrtausendwende eine gewisse Festigkeit gewonnen.
Ein zentrales Anliegen dieser Arbeit ist es, die nicht-realistischen kinder- und jugendliterarischen Werke der Nachkriegsjahrzehnte im Lichte der jüngeren gattungstheoretischen Differenzierungen neu zu bewerten und ggf. zuzuordnen. Gefragt wird, ob in der deutschen Kinder- und Jugendliteratur der 1950er bis 1980er Jahre bereits Werke existieren, welche nach aktuellem Begriffsgebrauch als Fantasy zu bezeichnen sind. Ein dabei zu berücksichtigender Aspekt betrifft die Gattungsgeschichte, welche nicht mit der der englischer bzw. amerikanischer Kinder- und Jugendliteratur vergleichbar ist. Laut einer Definition von Ewers (2013) versuchte die deutsche Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft lange Zeit, dem Genre Fantasy „beizukommen“, indem sie diese als ein Sub-Genre der Phantastik ansah. Hierin sieht er einen Irrweg. Sicherlich gibt es Parallelen zwischen phantastischer Erzählung und Fantasy, doch seien diese rein äußerlicher Natur.
Anhand der Definition von Ewers untersucht diese Arbeit, ab wann von Texten gesprochen werden kann, die dem jüngeren Verständnis von Fantasy entsprechen und welche kinder- und jugendliterarischen Werke nach diesem Erkenntnisstand hinzuzuzählen sind. Dabei liegt das Augenmerk auf der Bedeutung und Vorgeschichte von Fantasy-Literatur für den westlichen deutschsprachigen Raum. Methodisch wurde wie folgt vorgegangen: Ein Korpus aus kinder- und jugendliterarischen Texten wurde gebildet. Anschließend wurde dieser im Hinblick auf die in Ewers‘ Definitionsansatz genannten Charakteristika untersucht. Hieraus entwickelte sich der Gedanke, eine für die weiterführende Forschung hilfreichen Klassifizierung der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur der Nachkriegszeit zu entwickeln, um den Stellenwert zeitgenössischer Fantasy verdeutlichen zu können.
Kochen liegt im Trend, je edler und aufwändiger, umso besser. Zumindest könnte man den gegenwärtigen Boom an Kochsendungen, Ernährungsratgebern, Kochbüchern und Kochkursen so verstehen. Etwa 90 Kochsendungen werden im deutschen Fernsehen insgesamt ausgestrahlt, diese sind allerdings kein neues Phänomen, ganz im Gegenteil, Fernsehköche gibt es bereits seit Beginn des Fernsehens. Anfangs ausschließlich als nützliche Ratgebersendung für die Hausfrau zu Hause konzipiert, wandelten sich die Kochsendungen im Laufe der Zeit und die Unterhaltung rückte in den Vordergrund. Die Themen der verschiedenen Kochsendungen erstrecken sich dabei über ein weites Feld: Gelernte Köche versuchen, das Essen unrenommierter Restaurants zu verbessern, der Hamburger Koch Tim Mälzer propagiert die schnelle und unkomplizierte Küche für jeden Tag, Alfred Biolek nutzt das Kochen als Rahmen für ein Gespräch mit prominenten Gästen. Und in Sendungen wie z.B. „Das perfekte Dinner", in denen Privatpersonen, ihre Kochkenntnisse unter Beweis stellen, verlagert sich das Geschehen aus dem Fernsehstudio in die Küchen realer Menschen in ihren privaten Wohnungen. Besonders die letztgenannten Formate haben seit 2007 im Fernsehprogramm stark zugenommen. Essen hat sich zu einem absoluten Trendthema und Ausdruck von Lebensart entwickelt. Kochen ist ‚in’, denn es wird als Ausdruck von Leidenschaft und Kreativität angesehen. Kochen und Essen sind heute Teil eines internationalen Lifestyles und mehr als nur Ernährung: Es ist Inszenierung und Ausdruck der Identität. Für viele Menschen ist Kochen daher von der alltäglichen, selbstverständlichen Tätigkeit zu einer distinktiven Freizeitbeschäftigung geworden, mit der bestimmte Werte verbunden sind und durch die zunehmend der eigene Status demonstriert wird. Neben der kontinuierlich steigenden Anzahl jener Kochbegeisterten nimmt allerdings auch die Menge derjenigen alarmierend zu, deren Kochkenntnisse und Wissen über Lebensmittel zunehmend abhanden kommen und die sich überwiegend von Fast Food, Fertiggerichten und vorgefertigten Produkten ernähren. Die Fähigkeit, selbst Kochen zu können wird somit auf widersprüchliche Art für immer weniger Menschen zur Selbstverständlichkeit. Diejenigen aber, für die Kochen und Essen zu einem wesentlichen Bestandteil ihres Lebensstils und Kennzeichen der Lebensqualität geworden sind, eignen sich ein stetig wachsendes Fachwissen an und beginnen den Fernsehköchen im Privaten nachzueifern. Um die erlernten Kenntnisse zu demonstrieren, wird vielfach vor einem Publikum bestehend aus Familie und Freunden gekocht und das Essen aufwändig inszeniert. Dieser Trend zur privaten wie auch öffentlichen Inszenierung der individuellen Kochkenntnisse wurde mit der Kochsendung „Das perfekte Dinner“ im März 2006 ausgelöst und schlagartig derart populär, dass kein Ende des Publikums- und Partizipationserfolges abzusehen ist. So gesehen ist die Geschichte der Kochsendungen und ihrer jeweiligen Fernsehköche auch immer ein Sinnbild des Zeitgeists und lässt sich anhand gesellschaftlicher Veränderungen und Entwicklungen verfolgen und herleiten. Um den unglaublichen Erfolg der Kochsendungen und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen nachvollziehen und analysieren zu können, ist es notwendig, den damit zusammenhängenden Bedeutungswandel innerhalb der Ess- und Kochkultur vor dem Hintergrund einiger einschneidender gesellschaftlicher Veränderungsprozesse zu betrachten, die das alltägliche Ernährungshandeln in besonderem Maße beeinflusst haben. Diese Arbeit beschränkt sich auf drei wesentliche Veränderungen in der Gesellschaft: Der Wandel der Arbeitswelt und des Freizeitverständnisses, die Veränderung der Geschlechterverhältnisse und –beziehungen sowie das gesteigerte Gesundheits- und Körperbewusstsein. Am Beispiel von fünf ausgewählten Kochsendungen soll anschließend die Verän-derung der medialen Inszenierung des Kochens aufgezeigt und deren gesellschaftliche Auswirkungen im Hinblick auf den Bedeutungsverlust der Kochtätigkeit als selbstverständliche Alltagskompetenz bewertet werden. Darüber hinaus soll die daraus resultierende Stilisierung und Abgrenzung durch individuelle Kochfähigkeiten und Ernährungsweisen erörtert werden. Anhand dieser Entwicklung soll abschließend eine mögliche Prognose abgegeben werden, ob der Höhepunkt der diversen Formate von Kochsendungen bald bevorsteht oder ob diese ihr höchstes Ausmaß an Wirkung überhaupt schon erreicht haben.
In dieser Arbeit wurde untersucht, ob die Sprachentwicklungsdiagnostik in den pädiatrischen Früherkennungsuntersuchungen U7a (mit 3 Jahren), U8 (4 J.) und U9 (5 J.) wissenschaftliche Qualitätsanforderungen an eine zuverlässige Identifikation von Kindern mit Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen (SSES) erfüllt. Im Fokus der Untersuchung stehen mehrsprachige Kinder, da es insbesondere bei dieser Zielgruppe zu Fehleinschätzungen kommt.
In Studie I, einer Fragebogenerhebung mit 36 Kinderärzt/innen, wurde erstens der Frage nachgegangen, welche Informationen zur Sprachbiografie und Indikatoren einer SSES anamnestisch erhoben werden. Den Ergebnisse zufolge werden die relevanten sprachbiografischen Informationen (Alter und Sprachen des Kindes, Sprachgebrauch in der Familie, Alter bei Beginn des Deutscherwerbs, Kontaktdauer) und Risikoindikatoren (späte Produktion erster Wörter und Wortverbindungen, familiäre Sprachauffälligkeiten) von nahezu allen Kinderärzt/innen erfasst. Den Stand der Erstsprache als zentrales differentialdiagnostisches Kriterium erheben 75% der Pädiater/innen. Zweitens wurde untersucht, welche sprachdiagnostischen Methoden und Verfahren zur Untersuchung des Kindes zum Repertoire der Ärzt/innen gehören. Den Ergebnisse zufolge verfügen sie über verschiedenste Verfahren. Sie präferieren Elternfragebögen und nicht standardisierte Verfahren. Diese erfüllen die testtheoretischen Gütekriterien nicht und sind für mehrsprachige Kinder nicht geeignet.
In Studie II wurde mittels teilnehmender Beobachtungen in 21 Vorsorgeuntersuchungen bei 11 Ärzt/innen untersucht, unter welchen Rahmenbedingungen und wie Kinderärzt/innen die Sprachentwicklung mehrsprachiger Kinder überprüfen. Als Methode zur Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten bevorzugen die Ärzt/innen das informelle Gespräch mit dem Kind. Ein Schwerpunkt der Arbeit lag deshalb auf der Analyse ihrer diagnostischen Fragen für die Erfassung sprachlicher Fähigkeiten im Gespräch. Dafür wurden Fragetypen des Deutschen danach klassifiziert, welche sprachlichen Strukturen in den Antworten erwartet werden können und welchen Beitrag sie somit zur Diagnostik einer SSES leisten können. Eine linguistische Analyse aller Fragen und Impulse (n = 801), die die Ärzt/innen an die Kinder richteten, um sie zum Sprechen anzuregen, ergab, dass ihr Potenzial für die Sprachentwicklungsdiagnostik nur unzureichend genutzt wird. 18% der ärztlichen Fragen waren nicht auswertbar, weil sie im Gespräch keine Antwort des Kindes zuließen. Im Mittel waren je Untersuchung lediglich 8,5% aller auswertbaren Fragen (n = 578) dazu geeignet, verbhaltige und v.a. satzwertige Äußerungen zu elizitieren. Diese sind für die SSES-Diagnostik besonders relevant, da sie frühe Symptome einer SSES enthalten können. 43% der Fragen ließen als Antwort verblose Konstituenten erwarten, die jedoch für die Diagnostik von untergeordneter Bedeutung sind. Die übrigen Fragen waren für die Diagnostik nicht relevant.
Den Ergebnisse beider Studien zufolge ist eine flächendeckend zuverlässige Sprachentwicklungsdiagnostik unter Einhaltung wissenschaftlicher Qualitätsanforderungen in den Früherkennungsuntersuchungen nicht gewährleistet.
Mit der Arbeit wird ein Beitrag zur Erforschung der pädiatrischen Sprachentwicklungsdiagnostik geleistet. Mögliche Ursachen für Fehldiagnosen werden offengelegt. Die Ergebnisse zeigen die Bedingungen und Probleme auf, unter denen Sprachentwicklungsdiagnostik in institutionellen Kontexten stattfindet, und weisen damit über das Feld der pädiatrischen Diagnostik hinaus. Die linguistisch fundierte Analyse diagnostischer Fragen ist auch bspw. für die Sprachtherapie und die Sprachförderung in pädagogischen Kontexten bedeutsam. Die Ergebnisse lassen sich folglich nicht nur für die Weiterqualifizierung von Kinderärzt/innen, sondern auch für andere Berufsgruppen fruchtbar machen.
In Kinderhörspielen werden, so die Herausgeber im Vorwort, "bestimmte Gesellschaftsnormen, Rollenbilder, Handlungsentwürfe und unterschiedliche Vorstellungen des Politischen" vermittelt. Dies geschieht "keineswegs wertfrei", dafür jedoch "simplifizierend – und damit scheinbar kindgerecht – oder unreflektiert".
Ziel des Sammelbandes ist es, den Wertehaushalt der besprochenen Werke zu untersuchen. Methodisch soll dies erreicht werden, indem in den einzelnen Beiträgen "eine theoretische Perspektive konsequent auf ein Kinderhörspiel angewendet wird". ...
In der heutigen Zeit sieht sich das kulturelle Erbe der Völkergemeinschaft der Gefahr ausgesetzt, von der rasanten Entwicklung der Medientechnologien in den Hintergrund gedrängt und zerstört zu werden. Die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft führt auch zu einer kulturellen Globalisierung und damit zur Dominanz des von der westlichen Welt gelebten Kulturimperialismus. Einzelne Kulturformen verlieren ihren Platz in der Kulturweltgemeinschaft und wichtige Kulturgüter wie Literatur, Sprache, Mythen, Darstellungen oder Riten werden nach und nach verdrängt. Aus diesen Gründen ist es notwendig, dass sich die Theater- und Medienwissenschaftler mit diesen Kulturformen auseinandersetzen, sie erforschen und im Bewusstsein der Menschen erhalten. Diese Arbeit stellt eine unabhängige Untersuchung dar, die in dieser Form innerhalb eines geschlossenen gesellschaftlichen Systems nicht möglich gewesen wäre. Die letzte deutschsprachige Dissertation über den Stand der For-schung zu diesem Thema wurde vor knapp vierzig Jahren verfasst. Seitdem ist auch keine Untersuchung der Rezeption dieser Kunstform in Theater, Film und Medien in Europa erfolgt. Meiner Kenntnis nach existiert auch im Iran keine ver-gleichbare wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem untersuchten Themengebiet beschäftigt. Die Ta¬ziyeh ist eine sakrale Theaterform aus dem Iran, die sich über lange Zeit großer Beliebtheit in der eigenen Bevölkerung und Anerkennung durch westliche Reisende erfreute. Obwohl der Vormarsch der Medientechnologien, insbesondere die Verbreitung des Fernsehens und des Kinos im letzten Jahrhun-dert auch dazu geführt hat, dass das Ta¬ziyehritual zurückgedrängt wurde, ist es bemerkenswert, dass modernes Theater, Film und Fernsehen im Iran ihrerseits durch die Ta¬ziyehkultur und –praxis bis heute beeinflusst werden. Ich untersuche in meiner Promotionsarbeit die Geschichte und Auffüh-rung der Ta¬ziyeh, sowie ihre Rezeption im Theater, Film und Fernsehen im Iran. Die Ta¬ziyeh ist ein auf religiösen Riten beruhendes Passionsspiel, welches durch die Ideale und den Glauben der Schiiten begründet wurde und seinen Ursprung im Mythos des  hat. Für das Verständnis der Ta¬ziyeh ist über die Begriffsklärung hinaus sowohl ein grundlegender Überblick über die schiitische Glaubensrichtung, als auch ein Abriss der altiranischen Geschichte und Kultur im ersten Teil dieser Ar-beit unerlässlich. Außerdem werde ich auf die konkrete Ausgestaltung des schiiti-schen Passionsspiels eingehen. Besonders wichtig erscheinen mir hierbei der Ort der Aufführung des Schauspiels, die Dekoration und Requisiten, sowie die Art der Aufführung, zu der eine genaue Beschreibung der Schauspieler, ihrer Rollen, ihrer Kostüme, der begleitenden Musik und der für die Vorstellung benötigten Tiere gehört. Im weiteren Verlauf der Arbeit soll dann detailliert auf die theatralische Entwicklung der Ta¬ziyeh in der Zeit des 15.– 20. Jahrhunderts anhand von Be-richten berühmter Iranreisender eingegangen und eine Rezeption des letzten Jahr-hunderts im Hinblick auf die Ta¬ziyeh besprochen werden. Im dritten Teil der Arbeit analysiere ich nach der Klärung der Ta¬ziyehhistorie und -ästhetik in den ersten beiden Teilen schließlich ausführlich die Rezeption und Praxis der Ta¬ziyeh im modernen Theater, Film und anderen Medien im Iran. Diese Untersuchung bildet aus Sicht der Theater- und Medien-wissenschaften den wesentlichen Kern der Arbeit, in dem die im Untersuchungs-gegenstand beschriebene Synthese herausgearbeitet wird. Dafür werden exempla-risch zwanzig Werke bedeutender Künstler des Irans herangezogen, die den Ein-fluss des sakralen Rituals in einem säkularen Medium eindeutig aufzeigen. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Synopsis der Untersuchungen, so-wie ein Ausblick auf die gegenwärtige Entwicklung der Ta¬ziyeh.
Als literarischer Veranstalter mit Schwerpunkt Poesie hatte die Literaturwerkstatt Berlin, Initiatorin von Lyrikline und 2016 in Haus für Poesie umbenannt, vor 1998 bereits viele überzeugende Erfahrungen mit den ≫Berliner Sommernächten der Lyrik≪ gemacht, sodass von Anfang an klar war, dass Stimme und Vortrag bei unserem Vorhaben eine zentrale Rolle spielen müssen. Als wir anfingen, wollten wir mit Lyrikline eine Anlaufstelle im Internet schaffen, die jedem die Möglichkeit bietet, einfach und unaufwendig mit zeitgenössischer Poesie in Kontakt zu kommen, dieser vermeintlich schwierigen, von vielen respektvoll ignorierten und im Buchladen mit schwindend knappem Platz abgespeisten und zu oft bleischweren Materie...
Heißt es "er buk" oder "er backte", "staubgesaugt" oder "gestaubsaugt", "den Pilot" oder "den Piloten"? Derlei Zweifelsfragen bringen einen immer wieder ins Grübeln. Sie sind jedoch kein Beleg des Unwissens – im Gegenteil. Das Nachdenken darüber bringt Licht in die Natur von Sprache und Sprachwandel.
Diese Untersuchung beschäftigt sich mit der Morphosyntax pronominaler Partitivanaphern im kontinentalwestgermanischen Dialektkontinuum im Allgemeinen und im deutschen (insbesondere hessischen) Sprachraum im Speziellen. Schwerpunkte sind dabei die sprachgeografische Verteilung, die morphosyntaktische Variation und die strukturelle Analyse pronominaler Ausdrucksmittel der unbestimmten Teilmenge. Es werden traditionell dialektologische Erkenntnisinteressen (Raumstruktur syntaktischer Variablen und Verlauf syntaktischer Isoglossen) mit Fragestellungen der (theoretisch orientierten) Syntaxforschung verbunden. Außerdem erfolgt erstmals eine wirklich sprachübergreifende Behandlung der verschiedenen Systeme pronominaler Partitivität, zum einen innerhalb der (West-)Germania, zum anderen durch den Einbezug (zentral-)romanischer Sprachen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf der Mikro- und Mesoebene herauszuarbeiten. Die gewählte Methode ist nicht nur kontrastiv, sondern auch geolinguistisch fundiert, insofern als morphologische Formen und syntaktische Variation im Raum abgebildet werden, wodurch nicht zuletzt auch interessante Korrelationen und Anti-Korrelationen in den Daten bestätigt bzw. entdeckt werden konnten.
Nach einer Gegenstandsbestimmung der morphosyntaktischen Variable und ihrer Varianten (Inventarisierung und Typisierung) sowie des Variationsrahmens (areal-horizontal, vertikal, morphosyntaktisch, historisch, idiolektal etc.) wird zunächst das DFG-Projekt „Syntax hessischer Dialekte“ (SyHD) vorgestellt, das die empirische Basis zur Untersuchung lieferte. Dabei werden generelle und spezifische Fragen der Datengewinnung (multivariate Methode mit indirekten und direkten Elementen) sowie der Datenanalyse und -interpretation (Instrument der Kartierung) diskutiert. Den Hauptteil der Arbeit bildet die diatopische, diachrone und distributionell-syntaktische Variation der Systeme pronominaler Partitivität. Als die vier Hauptstrategien zum Ausdruck partitiv-anaphorischer Referenz innerhalb des deutschsprachigen Gebiets finden sich das konservative System versteinerter Pronominalgenitive wie „(d)(e)r(e)“, „s(e)n“ und „es“ (vor allem in einem mitteldeutschen Streifen und randdialektal) - Relikte eines ehemals umfassenderen genitivbasierten Systems der Partitivität -, das sprachgeschichtlich junge und typologisch auffällige indefinit-partitive Pronomen „welch-“/„we(l)k-“ (im Nieder-/Norddeutschen und in der Standardsprache) sowie schließlich die innovativen Systeme der Null-Anapher (im Alemannischen bzw. Südwesten) und des generalisierten Indefinitpronomens „ein-“ (im Bairischen bzw. Südosten). Wenngleich sich diese areale Distribution im zentral gelegenen und daher unter dem Einfluss nahezu aller Strategien stehenden Hessen als Kleinraum bestätigt - mit Ausnahme der weitgehenden Abwesenheit des „ein“-Systems -, so zeigen sich doch einige überraschende Ergebnisse wie beispielsweise ein kategorialer Unterschied nach Numerus und zum Teil Genus bei der Vitalität der Genitivpartikeln. Sprachhistorisch können zwei Arten von Wandel beim Genitiv-System identifiziert werden: systeminterne Veränderungen (durch Merkmals- oder Formverlust) und systemexterne Verdrängungsprozesse (durch Ausbreitung der innovativen Ausdrucksformen, was in einem Dialekt bzw. intraindividuell zu konkurrierenden oder Mischsystemen führen kann). Darüber hinaus sind mit Blick auf die Art und Weise der Veränderungen für Sprachwandelprozesse allgemein typische zyklische Abfolgen von Abschwächung und Verstärkung erkennbar. In Bezug auf die syntaktische Distribution werden insbesondere die Genitivanaphern auf ihre Kompatibilität mit nominalen Modifikatoren wie Numeralien/(schwachen) Quantoren, „flektierten“ Zahlwörtern (Schwa), Adjektiven, verschiedenen Arten von Präpositionalphrasen sowie Relativ- vs. Komplementsätzen hin untersucht und - funktional wie formal - mit ihrem niederländischen partitiven/quantitativen Äquivalent „er“ sowie den romanischen, in ein partitives System integrierten Pronomina fr. „en“/it. „ne“ verglichen. Für die deutschen Partitivanaphern ergibt sich daraus Evidenz für zwei unterschiedliche Pronominalisierungsebenen. Abschließend wird das Phänomen in die allgemeine Diskussion um nominale Ellipsen eingebettet (Elision und Pronominalisierung). Aufgrund der Evaluation der in der Literatur diskutierten Lizenzierungsansätze anhand neuer dialektaler und typologischer Daten wird hier ein flexions-/kongruenzbasierter Ansatz favorisiert (Rolle von Adjektivmorphologie bzw. generell von unterschiedlichen Flexionssystemen, etwa im Deutschen vs. Englischen).
Position gegen den Nationalsozialismus beziehende, erzählende und "engagierte Literatur" für Kinder und Jugendliche, von deutschsprachigen Autorinnen und Autoren zwischen 1933 und 1945 geschrieben und veröffentlicht, ist Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit von Julia Benner, die zugleich ihre Dissertationsschrift ist und 2015 mit dem Christian-GottlobHeyne-Preis 2015 ausgezeichnet wurde. Keine "bekehrende", sondern "bestärkende" Literatur ist die erzählende Kinder- und Jugendliteratur, um gleich eines der Forschungsergebnisse zu nennen. ...
An Kinder- und Jugendliteratur (KJL) herrschte in der DDR, die ja bekanntlich in vielen Bereichen durch Mangelwirtschaft gekennzeichnet war, tatsächlich kein Mangel. Sie wurde vom Staat gefördert und unterstützt, weil sie als wichtiges Instrument der sozialistischen Erziehung von Kindern und Jugendlichen galt (vgl. Lüdecke 2002, S. 434). Insofern besaß die KJL in der DDR einen vergleichsweise höheren gesellschaftlichen, politischen und künstlerischen Stellenwert als in der alten Bundesrepublik. Auch war die Grenze zwischen AutorInnen, die für eine erwachsene und eine kindliche bzw. jugendliche Leserschaft schrieben, nicht so strikt gezogen, wie man dies aus der Bundesrepublik kannte...
Angst, Spannung und die Frage nach der Schuld : Psychothriller für Jugendliche und junge Erwachsene
(2014)
Die vorliegende Studie widmet sich der Problematik von individueller Mehrsprachigkeit und Mehrschriftigkeit innerhalb kollaborativer Schreibinteraktionen. Individuelle
Mehrsprachigkeit/Mehrschriftigkeit wird mittels der Konzepte der sprachlichen Repertoires und Register beleuchtet. Als kollaborative Schreibinteraktion wird ein Face-to-Face-Format definiert, bei dem zwei oder mehrere, am selben Ort befindliche Personen, ein Dokument basierend auf gemeinsamen Ideen anfertigen und hierüber ein Gespräch führen. Von Interesse ist die Forschungsfrage, wie mehrsprachige Studierende der Romanistik an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. ihre schriftsprachlichen Ressourcen beim gemeinsamen Formulieren eines akademischen Texts in einer romanischen Zielsprache (Französisch oder Spanisch) einsetzen.
Zur Beantwortung der Fragestellung dient ein qualitatives methodenplurales Forschungsdesign, bei dem theoretisch-methodische Forschungsansätze aus Soziolinguistik, Ethnographie und Aktionsforschung zusammenfließen. Die Datenerhebung erfolgte in einem ethnographisch gerahmten Aktionsforschungsseminar, in dem mehrsprachige Studierende über ihre sprachlichen Repertoires schriftlich reflektieren und zum akademischen Schreiben interaktiv in Gruppen zusammenkommen. Das hierbei entstandene Datenmaterial, die Reflexionstexte einerseits sowie die Audio- und Bildschirmaufnahmen der Schreibinteraktionen andererseits, wurde inhalts- und gesprächsanalytisch ausgewertet. Darüber werden Konzepte aus Mehrsprachigkeits- und Textproduktionsforschung miteinbezogen, um einen ganzheitlichen Blick auf Dynamiken beim kollaborativen Formulieren zu gewinnen.
Die Studie bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung über Mehrschriftigkeit. Aus theoretischer Sicht ist es relevant, wie strukturelle Mehrschriftigkeit im Format der kollaborativen Schreibinteraktion konzeptualisiert werden kann. Methodisch betrachtet besteht die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des methodenpluralen Forschungsdesigns, um sowohl Daten zu Prozessen und Produkten als auch zu beteiligten Individuen zu triangulieren. In dieser Hinsicht spielt das Verhältnis von Ethnographie und Gesprächsanalyse eine gewichtige Rolle. Aus didaktischer Sicht ist es schließlich bedeutsam, wie die Aneignung zielsprachlicher Kompetenz beim akademischen Schreiben mit einer Integration mehrsprachiger Ressourcen einhergehen kann.
Der Sammelband gibt einen breit gefächerten, diachronen Überblick über potenzielle Klassiker des Kinder- und Jugendfilms. Dieser setzt im Jahr 1901 mit dem nahezu vergessenen Science-Fiction-Film Die Reise zum Mond ein und endet im Jahr 2014 mit dem Film Rico, Oskar und die Tieferschatten nach dem gleichnamigen Roman von Andreas Steinhöfel aus dem Jahr 2008. Die Beiträge schließen stringent an den von Anita Schilcher und Claudia Pecher herausgegebenen zweiteiligen Sammelband Klassiker der internationalen Kinder- und Jugendliteratur (2012) an und basieren auf Vorträgen einer Ringvorlesung der Universität Augsburg im Jahr 2015. Als zentral für die Begriffsbestimmung erweist sich der erste Beitrag von Ulf Abraham, der den viel diskutierten und strapazierten Klassikerbegriff auf den Film zuschneidet. So wählt er einen deskriptiven Ansatz bei der Bestimmung des Klassikerstatus und unterscheidet zwischen innertextuellen (Inhalt und Form) und außertextuellen (Rezeption und Tradierung) Kriterien. ...
Der Sammelband, der das innovative Konzept verfolgt, Beiträge von Studierenden mit denen von namhaften Fachwissenschaftlern zu vereinen, vesucht den Brückenschlag, "die bisher dominante Rezeption Endes als Schriftsteller" weiterzuverfolgen und dabei die mediale Aneignung in der Populärkultur zu fokussieren. Insgesamt werden somit die Felder des Biographischen, der Intertextualität und der Philosophie mit Blick auf die unterschiedlichen medialen Umsetzungen von Endes Œuvre betrachtet. In seiner Einführung zu Endes Leben konstatiert Tobias Kurwinkel, dass Ende weit mehr als nur der Autor seiner vielfach adaptierten Werke ist, sondern auch selbst als Filmkritiker und Drehbuchautor gearbeitet hat, und begründet dadurch plausibel den intermedialen Ansatz dieses Bandes. Susanne Kröber geht in ihrem bislang unveröffentlichten, leicht provokativen Interview mit Ende der Frage nach, ob der Wunschpunsch (1989) ein resignatives Konzept von Menschheit verfolge. ...
In Ludwig Tiecks Die Elfen (1812) und E.T.A. Hoffmanns Das fremde Kind (1817) nehmen Naturräume eine zentrale Position ein. Insbesondere der Wald ist als ein Kindheitsraum besetzt, der ambivalent konnotiert ist. Im Wald können sich die kindlichen Figuren fernab der Eltern autonom bewegen, dennoch geht diese Raumaneignung auch mit bedrohlichen Erfahrungen einher, die die aufstörenden Ablösungsprozesse in der Kindheit verdeutlichen...
Daniel Stein und Jan-Noël Thon rücken in ihrem Sammelband die Theorie und Geschichte graphischer Narrative ("Graphic Narrative") in den Untersuchungsfokus, mit dem Ziel "[to] examine some of the more salient contexts and their effects on specific narrative affordances and limitations, conventions and innovations" (8). Dass sie dabei eine enorme Vielfalt an Gegenständen, über die auch keinesfalls Eindeutigkeit herrscht, aufrufen, deutet der Haupttitel bereits an: Vom Comic Strip bis zur Graphic Novel gibt es ein weites Spektrum an möglichen Formen des graphischen Erzählens, wobei etwa das Bilderbuch in den Studien noch gar nicht berücksichtigt worden ist. ...
Mir fällt in dieser Woche, in der nicht nur im Netz darüber diskutiert wurde, was eigentlich gefährlich sei, Menschen in Schlauchbooten oder die Lifeline, und in der darüber diskutiert wurde, ob man nicht lieber ein paar absaufen lässt, damit die anderen gewarnt seien, nicht viel mehr ein, als in die Gründe und Abgründe Europas zu schauen.
Die Verkleidung des Richters und die Verkleidung der Muslima sind ähnlich, weil sie beide aus einer Abschirmung rühren, die auf gleiche Weise dogmatisch besetzt ist. Auch wenn, zumindest in der deutschen Übersetzung des Koran, mit der Bedeckung der Haare die Keuschheit, Sittsamkeit oder Schamhaftigkeit der Frau und mit der Verkleidung des Richters seine Neutralität symbolisiert oder umgesetzt werden soll, gibt es doch eine Entsprechung, und die liegt in der Abschirmung. Wenn man hijab mit Absperrung oder Verhüllung übersetzt, wie das einige vorschlagen, dann tragen Richter auch einen hijab.
Die gleichgeschlechtliche Ehe wurde vom Gesetzgeber endlich anerkannt, auch das Verfassungsgericht wird dagegen nichts mehr unternehmen können, das hoffe ich zumindest. Wer seine Zeichen und Gesetze dennoch exklusiv halten will, sollte darum darüber nachdenken, auf Alternativbegriffe zur Ehe umzusteigen.
Wozu VB?
(2017)
Die eifrigste Bestrebung der Kinder besteht darin, so hat es zumindest Sigmund Freud einmal behauptet, "zu erfahren, was die Eltern miteinander tun, woraus dann die Kinder werden." Was treibt die Kinder in die Welt? Haben die Kinder Juristen als Eltern, dann dürften sie bald eher nach den Gründen als nach dem Treiben fragen.
Wenn Rechtstexte auf literarische Texte treffen, dann treffen Wahrheitsformen aufeinander. Es treffen unterschiedliche Weisen, Wahrheit zu produzieren, aufeinander. Zu den zahlreichen Unterschieden gehören, historisch bedingt, unterschiedliche Stile, die sich um die Objektivierung und "Subjektivierung" der Aussagen bilden. Das fängt bei den banalen "wir" und "man" rechtswissenschaftlicher Texte an, geht über allgemein gehaltene, enthistorisierende und systematisierende Definitionen bis zu einem Fussnotenapparat, der in manchen Rechtstexten beinahe jede Aussage als nachweisbare Aussage absichern soll. Die Rechtswissenschaft, zumal die deutsche, pflegt bei ihren Wahrheitsformen objektivierende Stile, die Literaturwissenschaft tut das nicht, nicht in dem Maße, sie lässt das Subjekt stärker in die Aussage einbrechen. Die Lage zwischen diesen beiden Disziplinen ist allerdings kompliziert, weil wiederum das Recht eine wirksame Subjektivierungsinstanz ist, die eben die Instrumente zur Verfügung stellt, um Aussagen an Subjekte zu binden. Sie hat die Unterschrift und den Urheber erfunden. In dieser Lage kann man also nicht einfach das Subjektive gegen das Objektive ausspielen. Von Anfang aber über das Zusammentreffen von Literatur und Recht in objektivierenden Stilen zu schreiben, schafft eine asymmetrische Ausgangslage, die ich gerne zugunsten einer symmetrischen Ausgangslage umgehen möchte – soweit das möglich ist. ...
Das rhetorische Ensemble
(2006)
Auf dem Tisch liegt die zweite Auflage von Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz (1968) von Claus-Wilhelm Canaris, erschienen Berlin 1983. Die schriftliche Fassung basiert auf einem rhetorischen und mündlichen Ereignis, seinem Habilitationsvortrag. Spuren davon finden sich noch im Text. Das gilt für die Spuren, die Rhetorik immer schon in nicht-mündlichen Texten wie der Schrift hinterlassen hat, also etwa in den Kompositionsregeln und den Regeln des Umgangs mit Figuren und Stil. Die rhetorische Spur findet sich darüber hinaus an herausragenden Stellen in den kurzen Hinweisen und Adressen, die scheinbar außerhalb der eigentlichen Schrift selber stehen. In einem Fall findet sich z. B. in Kursivschrift eine Widmung an den verehrten Lehrer Karl Larenz, in einem anderen erinnert der Autor daran, dass der Vortrag am 20. Juli gehalten wurde. Es sind kurze und knappe Hinweise auf denMoment, an dem ein Jurist eigenständig, zu seinem autonomen System wird und eine eigene Lehrbefugnis erhält. Sie sind noch rhetorisch, weil sie in ihrem Aufspüren von Referenzen an den Lehrer und an historische Daten vollziehen und reflektieren, was sich in solchen Augenblicken geziemt. Sie begegnen einem an der Schwelle des Textes – also kurz bevor man sich auf die sachliche Ordnung des Textes einlässt. An der Schwelle wird die letzte Gelegenheit ergriffen, dem Text eine genealogische Adresse zu verleihen. Es sind (um selbst rhetorisch zu werden) letzte Tankstellen vor der Autobahn. Sie markieren keine Systembrüche, sie markieren den Eingang in den Text, der sich in einer rhetorischen Transmission positioniert. In der Architektur der Argumentationsführung sind diese Stellen der Bogen, der durchschritten wird, unmittelbar bevor die Lektüre beginnt – oder mit denen die Lektüre beginnt. Das hängt schon davon ab, wie man Rhetorik vom System abgrenzt. ...
Ist die Welt sichtbarer geworden? Der Blick in die Bücher am Rande der Gutenberggalaxis bestätigt die Zunahme des Visuellen. Da ist vom photographischen und televisionären Vordringen der Bilder in unserer Alltagswelt die Rede, von der Wiederkehr der Bilder – auch im Recht. Das Recht und das Bild scheinen nach einer Zeit des bildscheuen Logozentrismus zunehmend Allianzen einzugehen. Die Indizien reichen von dem Skandal um Abu Ghraib bis hin zu den Schwierigkeiten, die wir mit Begriffen wie Person, Staat und Verfassung haben und die mit zunehmender Unschärfe vermehrt als Bild für etwas anderes rezipiert werden. Sollen wir also an die These von der Bilderflut glauben? ...
Die öffentliche Wahrnehmung und der kulturelle Stellenwert von Comics haben sich im deutschsprachigen Raum im vergangenen Jahrzehnt grundlegend gewandelt. Das zeigt auch der Titel dieser Studie, in dem einerseits von "graphischem Erzählen" und andererseits von "Autorencomics" die Rede ist. Comics werden hier also selbstverständlich – und zu Recht – als eine mediale Erscheinungsform von Literatur betrachtet. Mit der Fokussierung auf das Thema Adoleszenz schließt die Arbeit an entsprechende Diskurse in der Kinder- und Jugendliteraturforschung und der Jugendsoziologie an, während die transmediale Narratologie als Analysewerkzeug eine Brücke zu literatur- und medienwissenschaftlichen Ansätzen baut. Damit ist das interdisziplinäre Feld umrissen, in welchem die Dissertation von Felix Giesa verortet ist. ...
Angaben aus der Verlagsmeldung:
Ob beim Aufrufen einer Webseite, beim Versenden einer E-Mail oder beim Hochfrequenzhandel an der Börse: Auf ihrem Weg durch die Weiten digitaler Netze durchqueren Bits zahlreiche Knoten, an denen eine Reihe von Mikroentscheidungen getroffen werden. Diese Entscheidungen betreffen den besten Pfad zum Ziel, die Verarbeitungsgeschwindigkeit oder die Priorität zwischen den ankommenden Paketen.
In ihrer vielschichtigen Gestalt bilden solche Mikroentscheidungen eine bislang nur marginal beachtete Dimension von Kontrolle und Überwachung im 21. Jahrhundert. Sie sind sowohl die kleinste Einheit als auch die technische Voraussetzung einer gegenwärtigen Politik digitaler Netzwerke – und des Widerstands gegen sie. Die aktuellen Debatten um Netzneutralität und Edward Snowdens Enthüllung der NSA-Überwachung bilden dabei lediglich die Spitze des Eisbergs. Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Zukunft des Internets, wie wir es kennen.
Argentinien gedenkt 2010 der zweihundertjährigen Unabhängigkeit, und es ist nach Mexiko 1992 und Brasilien 1994 das dritte lateinamerikanische Gastland der Frankfurter Buchmesse. Auf beiden Seiten des Atlantiks steigen die Zahlen der Buchpublikationen und der Übersetzungen. Grund genug, um im jährlich wiederkehrenden Termingeschäft des Markts Ausschau zu halten nach der die Jubelfeiern und Bestsellerlisten überdauernden Literatur. Auch in einer Phase der beschleunigten globalen Kommerzialisierung existiert sie noch.
Das weisse Buch (2010) dient Rafael Horzon als Baustein seiner öffentlichen Inszenierungspraktiken, die, so die These dieses Beitrags, den kulturellen Techniken von hochstaplerischen Performances entsprechen. Es wird folgend der Versuch unternommen, Überlegungen zum Begriff der ‚Hochstapelei‘ mit vielversprechenden Ansätzen der autofiktionstheoretischen Forschung zu verbinden. Dabei arbeitet der Beitrag heraus, wie sich der reale Autor Rafael Horzon als gleichnamiger autodiegetischer Erzähler in Das weisse Buch inszeniert. Peritextuelle Angaben in Form von zugleich ironisierenden und täuschenden Gattungsbestimmungen sowie Wahrheitsbekundungen sind Teil einer textintern zum Vorschein kommenden hochstaplerischen Performance. Mit dem spielerischen Umgang zwischen Primärtext und Epitexten setzt der reale Autor Horzon diese Performance textextern fort und versperrt seinen Rezipient*innen letztlich den Zugang zur ‚echten‘ Person hinter dieser schelmischen Fassade.
Bereits im November 2013 verstarb Prof. Dr. phil. Gundi Gompf, die sich große Verdienste um den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule erworben hatte. Gundi Gompf wurde 1976 auf eine Professur für „Didaktik der Englischen Sprache und Literatur“ an der Goethe-Universität berufen. Diese Tätigkeit nahm sie bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 2005 wahr.
Im Mittelpunkt der Dissertation steht die Untersuchung der Sprachförderkompetenz von Grundschullehrkräften aus linguistischer Perspektive. Dabei geht es um Grundschullehrkräfte, die in der vorschulischen Sprachförderung, v.a. von Kindern mit Deutsch als früher Zweitsprache (DaZ), im Rahmen sogenannter Vorlaufkurse in Hessen tätig sind. Anhand von zwei zentralen Dimensionen professioneller Kompetenz, dem Wissen und dem Handeln, werden in zwei empirischen Studien anhand einer Gruppe von 10 Lehrkräften der Umfang des sprachlichen Fachwissens und verschiedene Eigenschaften des sprachlichen Handelns in der Interaktion mit DaZ-Kindern im Vorlaufkurs untersucht. Zudem werden mögliche Zusammenhänge zwischen Wissen und Handeln sowie Unterschiede und Gemeinsamkeiten hinsichtlich beider Dimensionen zu pädagogischen Fachkräften aus dem Elementarbereich geprüft.
In der Annäherung an die Begriffe Nähe und Distanz im Kontext von Zuschauer und Darstellungsobjekt bei der Rezeption von Tierfilmen erschließt sich ein mehrdimensionales wie theoretisch bislang nur in Ansätzen erfasstes Forschungsfeld.
In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie sich Nähe und Distanz in der Rezeptionssituation begegnen und ausgestalten, mit welchen Kategorien sie möglicherweise fassbar werden und welche Konsequenzen dies für die mediale Erschließung bedeutet.
Außerdem gilt es zu fragen, welche Bedeutung den Kategorien Nähe und Distanz in der Mensch- Tier-Beziehung zukommt und wie sich diese auf die televisuelle Repräsentation von Tieren auswirkt. Es werden somit Fragen gestellt, deren Antworten sich einerseits aus der Betrachtung der vorherrschenden Lebenswelt ergeben, sich allerdings erst durch genauere Analyse medialer Darstellungsweisen und -strukturen greifen lassen. ...
In his Yiddish autobiography “Fun Lublin biz Rige”, Riga: 1940, the actor Abraham Eines reported on his 30-year lasting career as an actor in Yiddish theatre companies in Eastern Europe and also on the period when he was an artist in the Yiddish theatre in Riga. The so called “Naier idisher teater” had been planned since 1913 and opened in 1927 on the initiative of Jakob Landau, Paul Minz and Lew Ginsberg.
This thesis is based on Eines’ autobiography and researches in Latvian, Lithuanian and Polish archives and libraries. The aim was to reconstruct the history of this specialized Yiddish theatre, which fortunately is kept until today in the art nouveau quarter of Riga.
The thesis deals with the history of this theatre, the plans which resulted in the construction of the building, people and organisations that were involved, its opening, playing schedules, companies and actors as well as the intercultural, economic and social environments and activities.
In January 1927, the “Naier idisher teater” opened under the main direction of M. Karpinowitsch and the art direction of Abraham Morewski. It was financially supported by membership fees from the “Jewish Theatre Company”. New artists were often engaged by the “Warsaw Association of Artists”.
In the following years, the art direction changed several times because of disagreements between the direction of the theatre and the company. Actors demanded more sophisticated plays and greater artistic licenses. The theatre had big economic problems. The repertoire of the theatre differed distinctly from that of the guest companies coming to Riga: the “Vilner Trupe”, staged Yiddish classics by Scholem Alejchem, Scholem Asch, Jacob Gordin, as well as by Oskar Wilde, Shakespeare and Moliere. Furthermore, Alexander Granovsky (GOSET) gave guest performances with his company of the Moscow theatre “Habima” in Riga. Besides “Habima” started its Europe tour in this Yiddish theatre Riga. Many artists were partly engaged for a long period in Riga`s “Naier idisher teater” and the theatre was well attended – on average 70 000 visitors per season. The theatre was equipped with 473 seats and 160 seats on balconies. It existed with different names until the occupation of Riga by the Germans. Today, the museum „Jews in Latvia“ (Muzejs Ebreji Latvijā) is located in the former theatre building.
This is a not revised edition of the thesis.
Dass im Sachbuch allgemein und im bebilderten Sachbuch für Kinder im Speziellen mittlerweile verschiedene Formen der Informationsvermittlung existieren, bei denen einerseits die Erzählung, und andererseits die Sache selbst im Vordergrund stehen können, spiegelt sich unter anderem in Begriffen wie Sachbilderbuch, Erzählsachbuch oder Informationssachbuch (vgl. Ossowski 2000, S. 673) wider. Diese Begriffe legen offen, dass Sachbücher mittlerweile verschiedene Akzentuierungen der Kombination erzählender und informierender und daraus folgend fiktionaler und faktualer Narrationselemente aufweisen, denen die dem Sachbuch unterstellte Dichotomie dieser beiden Aspekte (vgl. Hussong 1984, S. 71) nicht gerecht wird...
Der Mensch ist ein emotionales Tier: Gefühle beeinflussen jedes menschliche Verhalten – auch jenes von Wissenschaftler/innen. Meist wird diese Emotionalität im Dienst wissenschaftlicher Objektivität vermieden oder unterdrückt. Dabei hat sie entscheidenden Anteil an Erkenntnisprozessen sowohl in der Generierung von Daten als auch in deren Interpretation und in der Präsentation von Wissensbeständen. Dies gilt ganz besonders für die Primatologie, gerade dort, wo mit unseren nächsten Artverwandten, den anderen Affen, im Feld geforscht wird. Primatologische Erkenntnisse wiederum affizieren ein großes Publikum und können deswegen leicht popularisiert werden. - Diese Open-Access-Publikation untersucht anhand primatologischer Forschungsmemoiren die Form und Funktion von Emotionen, Affekten und Gefühlen in der Feldforschung, die Affektpoetik und Emotionsregime der Primatologie sowie die Rolle, welche Fiktionen für die Reflexion des Verhältnisses von Mensch, Affe und Affekt spielen. Sie stellt damit die Frage nach der Rolle von Emotionalität in der Primatologie als Frage nach den epistemischen, poetologischen und politischen Grundlagen einer gegenwärtigen Leitwissenschaft der Anthropologie.
Anhand ausgewählter Materialien – insbesondere anhand von Vorträgen, die zwischen 1966/68 und 2001 auf den vom Deutschen Germanistenverband (DGV) veranstalteten sog. Deutschen Germanistentagen gehalten wurden – wird gezeigt, dass sich das Fach in seinem expliziten bzw. impliziten Diskurs über das Verhältnis der Germanistik zur Politik nach – den für den fachhistorischen Diskurs einschneidenden Daten – 1966/68 auf mehreren relevanten Ebenen auf der Suche nach einer neuen Identität befindet.
Zugleich führen Spezialisierungs-, Ausdifferenzierungs- sowie Entdifferenzierungsprozesse der Disziplin als wissenschaftssysteminhärente Prozesse das Fach an seine Grenzen bis hin zur (Selbst-)Auflösung. Diese Auflösung ist systemtheoretisch als Prozess der Szientifizierung und der Entkoppelung von Wissenschaft und Politik zu beschreiben – eine Koppelung, die für die Entstehung des Faches wesentlich war. Gleichzeitig zeigen sich – gegen den sog. Elfenbeinturm gerichtete – Diskurse, diese Abkoppelung zu kompensieren (z.B. Sprachenpolitik).
Ausgangspunkt der Überlegungen war die Beobachtung, daß die Germanistik nach 1966/68 als „disziplinäre Einheit“ in die „Krise“ geriet. Erklärt werden kann dies mit dem Verlust ihrer bis dato unhinterfragten einheitsstiftenden Fundamente: Plötzlich wurden der Nationenbegriff, der bürgerliche Literaturbegriff und der Bildungsbegriff zur Zielscheibe der Kritik und Forderungen nach Aktualität oder gesellschaftlicher Relevanz bestimmten das Denken. Die „Dichtersterne“ und Geistesgrößen am „Bildungshimmel“, die die Götter abgelöst hatten, wurden entthront; die Hochsprache wurde als Machtinstrument enttarnt. Ob es sich bei der „Krise“ tatsächlich um eine „Krise“ handelt oder um einen „Segen“, hängt vom Betrachterstandpunkt ab. In dieser Hinsicht spaltete sich denn auch die disziplinäre Gemeinschaft in zwei Hälften. Lediglich die Lehrerbildung blieb als „Klammer“ für das Fach erhalten. Diese beiden „Hälften“ entfalteten in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche Strategien, wie mit der Situation umzugehen sei: Stiegen die einen aus der Germanistik aus („Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.“), versuchten die anderen das Schiff wieder flott zu bekommen, also der Germanistik wieder zu der gesellschaftlichen Bedeutung zu verhelfen, die ihr historisch und faktisch zusteht – als Wissenschaft von der deutschen Sprache, Literatur und Kultur – und dies gegen alle Widerstände. Zu diesen Widerständen gehört erstens ab Mitte der 60er Jahre die Szientifizierung1, die zwei Funktionen erfüllt: Sie verschafft wissenschaftliches Renommee (Professionalisierungsstrategie) für ein Fach bzw. dessen Teilfächer, die als soft sciences traditionell dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt sind – so v.a. die subjektiv operierende Literaturwissenschaft –, und sie demonstriert Distanz zur Politik bzw. Ideologiefreiheit. Zu diesen Widerständen gehört zweitens – wenn man den wissenschaftspolitischen Prognosen der Systemtheorie folgt – die subdisziplinäre Ausdifferenzierung, die quasi natürlich und unaufhaltsam von statten geht und zwei Folgen zeitigt: die Auflösung in Teildisziplinen und die Distanzierung von außerhalb des Wissenschaftssystems liegenden Funktionen und Leistungen. Auch das Nichtüberschreiten der (Wissenschafts-)Systemgrenze demonstriert Ideologiefreiheit. Gesellschaftliche Diskussionen („Zuwanderung“; „deutsche Leitkultur“ etc.) als außerhalb des Wissenschaftssystems liegend dürfen von der Germanistik nicht aufgegriffen werden – auch dies ist eine Frage des wissenschaftlichen Ansehens im Elfenbeinturme. Dabei verwandeln sich merkwürdigerweise Leistungen für das politische System (Sprachen-, Kultur- bzw. Bildungspolitik) zum schlechten, Leistungen für das ökonomische System oder das „Beschäftigungssystem“ zum guten Ton...
Soziokulturelle Funktionen von daytime Talkshows: Die den Untersuchungen zugrundeliegenden Annahme war, TV-Talkshows als Teil eines gesellschaftlichen Diskurses, als eine mit spezifischen Merkmalen ausgestattete Art der Sprachverwendung zu betrachten, die gerade als kollektive, gesellschaftliche Praxis determinierende Faktoren und spezifische Wirkungen hat. Ihre Manifestationen als Programm, Videoband oder (in reduzierter Form) als verschriftetes Transkript wurden als "Text" definiert, der innerhalb der soziokulturellen Ordnung bestimmte Aufgaben hat, und dessen Funktionen sich nicht allein als lokale Funktionen (die sich auf die unmittelbare Situation als gelenktes Gespräch im Studio vor Publikum beziehen) erklären lassen. Der gesellschaftliche Effekt (die Funktion?) der hier untersuchten daytime talkshows ist ein öffentliches In-Erscheinung-Treten und ein komplementär dazu wirkendes Wahrnehmen des Privatmenschen in seiner Alltäglichkeit, des Durchschnittsmenschen im Medium Fernsehen. Dieser alltägliche Durchschnittsmensch kann durchaus als "the nigger of tv" gesehen werden, denn außer seiner (bisweilen nackten) Haut - oder seinem Innenleben hat er dem Fernsehen nichts zu verkaufen, denn er ist ja gerade nicht prominent, attraktiv, glamourös oder aus anderen Gründen begehrenswert für ein Publikum. Doch zu der Bedingung, seine seelischen Defekte öffentlich vorzuführen, ist auch ihm jederzeit ein Platz im Glanz der Scheinwerfer gewiß. Daß sich so viele zu einer öffentlichen Innenschau entschließen können, hängt vermutlich mit einem medialen Narzißmus zusammen, der die Spiegelung im Blick des Anderen zum Beweis seiner Existenz braucht. In einer von den visuellen Medien, insbesondere dem Fernsehen durchdrungene Lebenswelt, ist das Bedürfnis des namenlosen, unscheinbaren Alltagsmenschen, ebenfalls als ein in dieser TV-Welt existierendes Subjekt wahrgenommen zu werden, möglicherweise verständlich. Dieses Subjekt der Talkshow wird jedoch erst durch Konventionen des Sprachgebrauchs und der Interaktion, durch gezielte Bildführung und Auswahl der Einstellungen, durch sozial signifizierte Formen von Makeup und Dresscodes, aber auch durch Zuschreibungen und Kategorisierungen sowie durch Möglichkeiten (oder Unmöglichkeiten) der zumeist konversationell narrativ realisierten Selbstdarstellung etc. konstituiert und als "Typus" entwickelt. Es ist ein Effekt des Talkshowspezifischen Diskurses. Gleichzeitig ist es Objekt dieses Diskurses, insofern sich alle Teilnehmer über dieses Subjekt (über sein Innenleben, seine Probleme, geeignete Korrekturverfahren etc.) unterhalten. Die soziale (nicht die individuelle!) Identität als Durchschnittsmensch in seiner öffentlichen, gesellschaftlichen Erscheinungsform wird in solchen TVDiskursen erst produziert, und historisch betrachtet ist sie noch eine junge Erscheinung: TV-Talkshows dieses Zuschnitts haben sich erst Ende der achtziger Jahre herausgebildet. Die Showproduzenten sehen explizit eine auf Selbsterkenntnis ausgerichtete, beratende, (alltags-)problemlösende Funktion ihrer Programme, "der Alltagsmensch in Not wird hier geholfen", so würde V. Feldbusch von Sat1 vermutlich formulieren. Als selbsternannte Fernsehvariante eines Ratgeberdiskurstyps ist das Alltagssubjekt aufgefordert, einen Diskurs über es selbst zu halten (Gestehen), Diskursen anderer über es selbst zuzuhören (Informiert-/Belehrt-/Ermahnt-Werden). In dieser Hinsicht ist die hier untersuchte Form von Talkshows auch als gesellschaftliche Praxis zu verstehen, die auf ihre triviale Weise ein "Wissen vom Subjekt" (über sog. subjektive, innere Verfaßtheit, psychische Eigenschaften) hervorbringt, täglich reproduziert und massenhaft verbreitet. Dieses weitgehend durch eine therapeutische Weltanschauung strukturierte, entblößende "Wissen" wird zwischen den Beteiligten jedoch in Formen verhandelt, die die Strukturen und Merkmale eines privates Gespräch simulieren. Das Sprechen über den Privatbereich wird formal auch als privates Gespräch simuliert, weist aber eine hybride Struktur zwischen Abfrageformat und informellem Gespräch auf. Dabei war festzustellen, daß die Teile des Hybrids den Teilnehmerkategorien GUE und HOST nicht zu gleichen Teilen zufallen, sondern die Moderatorin die Optionen informeller Gesprächsorganistationen und Merkmale nutzt, während den Gästen nur die Optionen des reaktiven Parts im Interviewrahmen zustehen und sie auch im Bereich der Lexis selten Gebrauch vom informellen Register machen . In einer merkwürdigen Umkehrung des Faktischen erweist sich die "Redeweise des Volkes" gerade ausschließlich als Option der Moderatorin, die eben nicht die Massen, sondern die Institution, das Medium verkörpert. Talkshowdiskurse formieren öffentlich wahrnehmbare, medial konstituierte soziale Subjekte, die jedoch nicht als Rollen und Statusträger oder Repräsentanten von Institutionen, auch nicht als "Popstars", sondern gerade als "einfache Durchschnittsmenschen" konstituiert werden. Diese Typisierung bzw. Konturierung einer öffentlichen Form des Alltagsmenschen erfolgt jedoch nicht allein über Bilder und Repräsentationen, sondern weitgehend, aber unmerklicher durch diskursive Praktiken, durch den Umgang mit dem Subjekt der Talkshow, durch Interaktionskonventionen und anderen Modalitäten des Sprechens wie Höflichkeitsstrategien oder bestimmte narrative Verfahren, die in selbstdarstellerischer Absicht Sprecheridentitäten artikulieren. Die je Talkshow spezifische Konfiguration solcher subjektkonstitutiver Praktiken auf verschiedenen Ebenen des Diskurses ergibt eine Kontur, einen durch die Talkshow produzierten und nur vermittels der Praktiken, nie jedoch explizit charakterisierten "Entwurf" des Alltagsmenschen (z.B. ohnmächtig, Autoritäten unterworfen, selbstermächtigt, einsichtsfähig, vereinzelt, einer neben vielen usw.). Diese Typisierung bzw. implizite Charakterisierung durch Konventionen des Sprachgebrauchs und der Gesprächsstruktur wird maßgeblich in der Differenz zu den Positionen der anderen Diskursteilnehmer (Experten, Studiopublikum, Moderatorin) herausgebildet. Diese Diskurssubjekte stehen in einem für den Diskurstyp je charakteristischen Verhältnis zum Diskurs, zu den Modalitäten des Sprechens und zu anderen Subjektpositionen, von denen aus gesprochen werden kann. Subjektpositionen sind die unabhängig vom jeweils auf dem Podium platznehmenden Individuum vorstrukturierten, mit bestimmten Möglichkeiten des Sprechens ausgestatteten, an bestimmte kommunikative Handlungen gebundenen, mit bestimmten interaktionellen Vorrechten ausgestatteten etc. transindividuellen Äußerungsmöglichkeiten, die, realisiert, ein typisches Exemplar dieser Subjektposition zur öffentlichen Erscheinung bringen. Insofern sind diskursiv positionierte (konstituierte) Subjekte bzw. Subjektpositionen gleichzusetzen mit den spezifischen Äußerungsmodalitäten des jeweiligen Diskurstyps. Unter der Perspektive einer kritischen Diskursanalyse werden diese Vorgänge als moderne Form von Machtausübung und Ideologie betrachtet. Der Fokus auf die diskursiven Praktiken, die unscheinbare Normalisierungs und Disziplinierungseffekte bewirken als explizite Repräsentationen und Repression, lenkt das Augenmerk auf das, was Foucault den technologischen Aspekt von Macht bezeichnet. Machttechnologien stellen über konventionalisierte Diskurspraktiken gesellschaftliche Ordnung und Dominanz her, regulieren über Kommunikationsverhalten die Masse der Bevölkerung bzw. reproduzieren diese (hegemoniale) Ordnung in unzähligen, alltäglichen Mikropraktiken zwischen Institutionen und ihrer Klientel. Nicht nur in Talkshows handelt es sich bei solchen Praktiken weitgehend um sprachlich strukturierte Praktiken. Auch sprachlich konstituierte Verhältnisse artikulieren Machtverhältnisse, sie strukturieren sich nach Gleichheit/Nähe oder Ungleichheit/Distanz. Subjektpositionen sind die Pole in diesem Verhältnis. Da jedoch Subjektpositionen von diskursiven Positionen, d.h., Sprecherpositionen bestimmt werden, gilt es die Formen und Möglichkeiten des Sprechens der unterschiedlichen Teilnehmerkategorien im Talkshowdiskurs genau zu analysieren: In welcher Form zu welchen Bedingungen kann wer was wem gegenüber wie artikulieren? Wer mit wem in welcher Form interagieren? Welche Implikationen hat das? Welche sprachlichen Strukturen und Prozesse strukturieren dieses Sprechen und inwiefern strukturieren die sprachlich diskursiven Formen das Verhältnis der Diskurspositionen? In welchen sprachlichen Formen wird das Subjekt/ive verhandelt, und vor allem: Welches Sprechen legitimiert den medial konstituierten Durchschnittsmenschen? Prämissen, Vorgehensweise und Ergebnisse Um sich der Problemstellung zu nähern und die Mikropraktiken des Sprachgebrauchs funktional zu erfassen, wurde eine systemischlinguistische sprachtheoretische Perspektive eingenommen, die die primären Funktionen von Sprache in eine repräsentationsorientierte, eine interpersonell ausgerichtete und eine textuelle Dimension gliedert. Da es galt, diskursive Praktiken hervorzuheben, die sich nur durch den Bezug auf Akteure und Handlungen zwischen diesen beschreiben lassen, lag der Schwerpunkt der Untersuchung auf den sprachlichdiskursiven Merkmalen, die die Verhältnisse zwischen den Diskursbeteiligten bzw. die der Teilnehmer zum Diskurs regulieren und artikulieren. Die Entscheidung, zwei unterschiedliche Talkshowreihen zu untersuchen, beruht auf der Annahme, daß erst der kontrastierende Blick es ermöglicht, wesentliche Merkmale und Spezifika des Diskurstyps zu erfassen. Oft rücken nur über vergleichende Analysen kennzeichnende Aspekte in den Mittelpunkt, die bei homogeneren Daten möglicherweise unterbeleuchtet blieben. So konnten unterschiedliche Optionen der Realisierung bestimmter funktional definierter Vorgänge (z.B. das Vorstellen, die Einführung, die Befragung usw.), die innerhalb ähnlich strukturierter Diskurstypen zur Verfügung stehen und für z.T. signifikante Unterschiede sorgen, präzisiert werden. Die Auswahl der zu untersuchenden Phänomene und Merkmale wurden durch dieses vergleichende Lesen der Transkripte erheblich beeinflußt. Der Reihe nach wurden mit sprachwissenschaftlichem sowie interaktionsanalytischem Instrumentarium die Gesprächsorganisation, die Fremddefinitionen und Kategorisierungen des Subjekts der Talkshow durch die Einführungs und Einleitungsverfahren auf verschiedenen (visuellen, graphischen und sprachlichen) Ebenen untersucht. Im Anschluß daran standen kommunikative Handlungen zwischen den Diskursteilnehmern im Mittelpunkt, mit dem Schwerpunkt auf Analysen von Fragehandlungen und Frageformaten der Moderatorinnen und persönlichen Erzählungen der Alltagsmenschen/Gäste. Implikationen der sprachlichen Organisation und der verbalen oder kommunikativen Strukturen für die Subjektpositionen der Beteiligten wurden herausgearbeitet. Sodann habe ich mich auf den Diskurs der Experten konzentriert und Strategien der Subjektkonstitution dargestellt. Dabei ging es vor allem darum, wie das "ExpertenWissen" in diesen Shows auf das Subjekt zurückwirkt, welche Formen der "Beratungs/Ratgeberdiskurs" annimmt und welche SubjektEffekte dies zeitigt. Dabei wurde deutlich, daß beide Showreihen unterschiedliche Subjektpositionen für den Fernseh Durchschnittsmenschen konstituieren, die sich aus den ebenfalls unterschiedlichen Strukturierungen und Differenzen zu den anderen Positionen (Experten, Moderatorinnen, Studiopublikum) ergeben. Um den Aspekt der Macht und die gesellschaftliche Funktion der Talkshowpraktiken in die Untersuchungen einzuführen, wurde auf das Konzept der Machttechnologien zurückgegriffen, wie von Foucault (z.B. 1977) skizziert. Er verweist auf zwei grundlegende Metastrategien, die ungeregelte "Masse Mensch" gesellschaftlich (staatlich, hegemonialkulturell) zu disziplinieren, zu steuern und letztenendes verwaltbar zu machen, auf seinen gesellschaftlichen Platz zu verweisen, indem sie zu Subjekten (gemacht) werden. Es handelt sich dabei um die Machttechnologien der Objektivierung und der Subjektivierung von Individuen, die sich jeweils durch verschiedene Verfahren auszeichnen, wie ein Wissen vom Menschen hervorgebracht wird, das dann von den Individuen als "ihre Wahrheit" bzw. als die Beschreibung ihres "wahren Selbst" von ihnen selbst angenommen und diskursiv reproduziert wird. Die Möglichkeiten, sich als Selbst wahrzunehmen, die Formen, in denen dies geschieht und die Repräsentationen, die damit verbunden sind, stehen daher immer in einem sei's konservierenden, sei's subversiven Verhältnis zu Macht. Die Kennzeichen beider Machttechnologien habe ich in Anlehnung an Ausführungen von Foucault (1977;1983) bzw. seiner Interpreten Dreyfus und Rabinow (1987) versuchsweise und relativ frei auf interaktionelle und diskursive Verfahren in den Talkshows übertragen, was mir allerdings unproblematisch erscheint, denn die "Strategien" sind in aller Regel in Verbindung mit Sprache realisierte Vorgänge. Insofern entspricht es nur einer Präzision auf konkreter sprachlicher Ebene (was Foucault schuldig bleibt). Es wurde also der Versuch unternommen, diskursive Korrelate zu den von Foucault nur sehr allgemein formulierten Merkmalen der Technologien zur Subjektkonstitution zu finden und gesprächsanalytisch erfaßbar zu machen. Als Objektivierungsprozesse lassen sich die Verfahren beschreiben, die die Diskursteilnehmer zu AusstellungsObjekten (des Blicks und der Rede) machen. Andererseits gibt es subjektivierende diskursive Verfahren, die die Teilnehmer als Subjekt konstituieren, indem sie zur relativ ungelenkten, freigewählten Diskursproduktion, d.h. zu längerem und ggf. auch eigenintitiativen Sprechen animiert werden, allerdings immer in Erwartung, ihr "wahres Selbst" der Öffentlichkeit auszustellen ("gestehen"), das im Anschluß daran von einer Experteninstanz ausgedeutet wird. Sprachlichdiskursiv realisierte Objektivierungsstrategien definieren sich z.B. durch Verfahren der (mit negativ konnotierten Werten beladenen) Identifizierung, Fremdkategorisierung, Aussonderung und Vereinzelung, die in überaus großem Maß in den Shows von Rolonda festzustellen sind. Das impliziert den Fokus auf das konkrete Individuum und den Einzelfall, der vor den Augen der Öffentlichkeit vorgeführt, belehrt und ermahnt wird. Durch Identifikation und Fremdkategorisierung wird das Subjekt der Talkshow zum Objekt der Rede gemacht, anstatt es selbst sprechen zu lassen. In dieser Hinsicht spielen vor allem die Untertitel, die Einleitungsdefinitionen der Moderatorin (v.a. in Rolonda) und der Gebrauch der Personalpronomen, insbesondere des persönlich gebrauchten, definiten "you" eine große Rolle, die als personalisierende Identifizierungspraktiken stark vereinzelnde Effekte haben. Kategorisierungen der Personen, die im Dienste der Show operieren und sie von vornherein auf bestimmte Wahrnehmungen festlegen, sind ebenfalls objektivierende Talkshowpraktiken: Reduktionen auf die "Eigenschaft" der Familienzughörigkeit, Subsumtion unter das Tagesthema und Definitionen in Abhängigkeit von selbstdefinierten Absichten der Showgestalter ("helfen, glücklich machen, bessern") klassifizieren das TalkshowSubjekt jeden Tag aufs Neue in den immer gleichen Mustern als unfähig zur Selbsthilfe, als Schädling und Problem für die anderen und als disziplinierungsbedürftig. In Rolonda fand sich zudem ein spezielles Aussonderungsverfahren, das in der Moderationsstrategie des inhaltlichthematisch definierten "Stehenlassens" der Fragerunden bei spektakulären Details besteht. Das hat den Effekt, ein grelles Schlaglicht auf das Individuum zu werfen, es in einem Detail bloßzulegen, ohne ihm im Anschluß weitere Relativierungen und Kommentare zu ermöglichen (da die Moderatorin schon zum nächsten Gast und nächsten Thema gewechselt hat). Dazu gehören die auf Lupeneffekte und Details ausgerichtete Frageführung der Moderatorin, die Hinführung der persönlichen Erzählungen auf MiniSzenen und affektiv aufgeladene Einzelmomente, die das Subjektive auf spektakuläre Ereignisse reduzieren und aus seinem lebensweltlichen Zusammenhang reißen. Spiegelvorhaltungstechniken als verdinglichende Disziplinierungsmaßnahme wurden ebenfalls identifiziert. In visuellen Repräsentationen soll das Subjekt sich spiegeln und wiedererkennen. Ein Verfahren in Rolonda ist es, den ZuschauerInnen das Alltagsleben der als Gäste eingeladenen Durchschnittsmenschen in Form eines pseudo dokumentarischen Filmclips zu präsentieren und sie im Anschluß daran mit dem (darin gezeigten) Fehlverhalten zu konfrontieren, sie zu veranlassen, es zu verurteilen und andere Stimmen zu diesen Spiegelungen Stellung nehmen zu lassen (in Form von Verurteilung, Tadel, Zurechtweisung). Ein weiteres Spiegelungverfahren (mit disziplinierender oder kathartischer Absicht) in Rolonda stellt die Strategie dar, das Fehlverhalten im Studio zu provozieren und live auf dem Podium in Szene zu setzen (z.B. der Streit zwischen Mutter und Tochter, der vorführt, daß die Mutter ihre Tochter nicht disziplinieren kann in Anger; Zornausbruch und Kommunikationszusammenbruch in der Auseinandersetzung von Jeremy und dem Mann im Publikum, wobie vorführt wird, daß Jeremy nicht in der Lage ist, seinen Frustrationen Ausdruck zu verleihen etc.). Dabei wird jedoch eher dem Publikum als den Gästen ein Spiegel vorgehalten, der vermutlich als Abschreckung dienen soll. Zum Objekt der Rede wird der FernsehPrivatmensch auch im Expertendiskurs, der seine Innenwelt analysiert oder ggf. korrigiert. Das Interaktionsarrangement in Rolonda ist dabei so, daß nicht GUE Dialogpartner dieser Analysen sind, sondern die Moderatorin. Das Subjekt wird so zum Gegenstand der Analyse eines Autoritätendiskurses, der aber mit anderen Autoritäten (nämlich mit der medienspezifischen Machtposition HOST) geführt wird. Durch Befragungstechniken und Frageformate wird die Innenschau auf das Subjekt möglich und seine diskursive Position gleichzeitig stark beschränkt und kontrolliert. Auf linguistischer Ebene korrespondiert dies mit Frageformaten in Deklarativformen, die inhaltlich aus vollständigen Propositionen bestehen, die nur noch bestätigt werden müssen. Dies schränkt den inhaltlichen wie den kommunikativen Spielraum der Befragten ein, weil es konversationell präferiert ist, eine Bestätigungshandlung im Anschluß zu produzieren, und weil es kommunikativ nur einer minimalen Antwort (ja/nein) bedarf, um die Replik zu vollziehen. Dadurch sind die Gäste, bereits schon in reaktiver Position durch den Interviewrahmen, abhängig von einer weiteren, expliziten Aufforderung, einen längeren oder einen inhaltlich konträren Redebeitrag zu liefern. Andererseits ist auf der interpersonellen Ebene eine Deklarativfrage der HOSTs prekärer als ein klassisches Frageformat mit Fragewort und Verbinversion. Denn HOST kann ihr (interaktionell definiertes) Gesicht verlieren, wenn sie eine unrichtige oder nur teilweise richtige Proposition formuliert. In dieser Hinsicht wurde die Präferenz für Deklarativfragen als Modus des informellen Sprechens definiert, weil eine gegenseitige Abhängigkeit entsteht, die in der Regel mit dem egalitär strukturierten ChatModus assoziiert wird. Es wurde festgestellt, daß HOST/Rolonda kaum, HOST/Winfrey jedoch häufig mit diesem Format operiert, sich also auch als gleichwertiger Interaktionspartner ihren Gästen gegenüber konstituiert. Normalisierung und Messen an Standards ist ein weiteres Merkmal der Machttechnologie durch Objektivierungspraktiken. Normalisierungsversuche verweisen das Subjekt auf seinen Platz, häufig im Zusammenhang mit Normgeboten, Aufforderungen zur Veränderung usw. Normalisierende Disziplinierungsdiskurse werden in Talkshows u.a. durch die Warnungen und Zurechtweisungen des Studiopublikums gegenüber den Gästen bzw. durch den kategorischen, einflußnehmenden Redestil der ExpertInnen realisiert. Das Subjekt wird immer wieder Gegenstand und Zielscheibe für disziplinierende Interventionen und Eingriffe. Ein Äquivalent zu den objektivierenden Teilungspraktiken, die durch klare Entweder/OderTrennungen Individuen bestimmten Klassen und Ordnungen zuteilen, findet sich in der emotionell aufgeheizten, und von HOST durch Unterlassen von Schlichtungshandlungen aktive unterstützten Frontenbildung bei Rolonda zwischen den Teilnehmerkategorien GUE und AUD (Saalpublikum). An der Grenze von objektivierenden zu subjektivierenden Praktiken liegen die Verfahren, die den SprecherInnen zwar Rede abverlangen, diese aber durch kommunikative Strategien und Dynamiken in den Beteiligunsstrukturen inhaltlich bereits vorgegeben ist. Hierzu gehören u.a. Selektion von und Präferenz für bestimmte Frageformate (in der grammatischen Form des Deklarativs) und Dynamiken des Zitierens der Rede der Gäste sowie das Suggerieren, Soufflieren und Vorsprechen dessen, was das zu erkennende Subjekt erwidern muß indem ihm die Wahrheit über sein Selbst bereits fertig in den Mund gelegt wird. Zu den subjektivierenden Praktiken in Talkshows, die die Teilnehmer zum freien Reden über sich selbst bringen und diskursproduktiv wirken, zählen besonders ChatMomente in den Shows. Passagen, in denen die Gäste auch längere Redebeiträge machen ohne vorstrukturierende Fragestellungen. Die Abwesenheit von Interviewtechniken bzw. sehr offen strukturierte Frageformate geben einen Hinweis auf solche Stellen im TalkshowDiskurs. Narrative Sequenzen, die nicht von Zwischenfragen unterbrochen werden verweisen in der Interaktion zwischen den Gästen (den Alltagssubjekten) und anderen TeilnehmerInnen auf subjektivierende Momente, genauso wie die Häufung bzw. Anwesenheit von Rückmelde und Hörersignalen der Moderatorinnen denn sie sind ein Signal zum Verlängern ihres Redebeitrags, das in keiner Hinsicht strukturierend oder einschränkend wirkt. Die Analysen der Subjektpositionen und Positionierungen geben so meines Erachtens den Blick frei für zwei unterschiedliche Möglichkeiten, Diskurse mit dem Durchschnittsmenschen über seine subjektive Verfaßtheit in der Öffentlichkeit zu führen (und ein Bild von ihm in der Öffentlichkeit zu zeichnen). Es stellt sich heraus, daß die beiden TalkshowReihen unterschiedliche Präferenzen und Gewichtungen der diskursiven Korrelate subjektkonstituierender Machttechnologien aufweisen. Objektivierende Praktiken fanden sich zahlreiche in der RolondaShowreihe, viele Verfahren ausschließlich dort (Spiegelungen, derogative Untertitel, auf Kommunikationsakte ausgerichtete Dressur etc.). Der Diskurs ist auch auf der sprachlichinteraktionellen Mikroebene stark von objektiverenden Praktiken des Aussonderns, Isolierens, dem spektakulären BlickFreigebens auf Details und des inhaltlichen Vorgebens bzw. Repetition der fremden Rede (Aufoktroyieren der fremden Perspektive) geprägt. Als Objekte der analytischen und interpretierenden Rede werden sie in ihrem Subjektstatus (z.B. als eigenständige Sprecher) reduziert und mit den Regeln und Normen eines Kollektivs konfrontiert. Durch diskursive Mikropraktiken werden auf verschiedenen Ebenen Machtgefälle konstruiert, die das Talkshowsubjekt unterordnen unter die Stimmen der Autorität und des Kollektivs, die fordernd und zurechtweisend auf den einzelnen einwirken und direkten Einfluß nehmen. Konfrontative Sequenzen führen auf interpersoneller Ebene zu einem hohen Gesichtsverlust für die Gäste, die gesichtsbedrohliche Sprechhandlungen in der Regel nicht parieren können, weil HOST ihnen keine Gelegenheit gibt und der Interaktion einen "zurechtstutzenden" Grundton gibt. Durch gesichtsbedrohende Akte wie Zurechtweisung und Ermahnung wird die Distanz zu den Gästen gering gehalten, was einem umgangssprachlichen "Zunahetreten" entspricht. Zudem zeichnet sich der Diskurs durch eine extrem dramatisierende Verlaufsform aus, die eine kommunikative Katastrophe (Zusammenbruch der Interaktionsordnung), einen Dressur bzw. Disziplinierungsakt durch eine Autorität (Expertin) und die Katharsis einschließen (Reue, von HOST evozierte, nach außen gekehrte Einsichtsbekundungen und Gutheißen der "Lektion"). Der dramatische Konflikt samt Eskalationen und Konfrontationen mit den kollektiven Forderungen wird dann erst mit Hilfe von anweisenden Autoritäten gelöst. Die Ermächtigung der Autoritäten geht einher mit Objektivierungen, der Degradierung zum Objekt von fremden Blicken, fremder Rede und fremden Regeln. Allerdings auch mit der Reduzierung der Position der Moderatorin, die sich gegenüber den Experten stark zurücknimmt. Die Übernahme von Wissen ("Lernen" und Erkenntnis gewinnen) wird artikuliert als Drill und Gefügigmachen (inklusive Dankbarkeit, vgl. HOSTFrage an GUE/Kathy: Are you happy now?), und baut nicht auf Einsicht. Vorhaltungen und negative Spiegelungen sollen zur Abschreckung und Besserung dienen. Das Subjekt muß zum Nutzen der Gemeinschaft erzogen werden und sich ihren Normen unterordnen. Der SubjektEffekt dieses Diskurses ist ein Autoritäten untergeordnetes Subjekt, das bei Fehlverhalten isoliert und "an den Pranger" gestellt wird, korrekturbedürftig ist und durch Drill (nicht Einsichtsfähigkeit) an die Forderungen einer größeren Gemeinschaft anzupassen ist. Das Verhältnis zu den Autoritäten und zur Gemeinschaft ist ein stark personalisiertes und das Individuum ist gleichzeitig extrem abhängig von diesen, aber auch durch die Detaillierung und die Fokussierung auf den Einzelfall stark überhöht. Diese Entwürfe vom Subjekt lassen sich mühelos in hierarchischautoritären Kontexten wiederfinden und könnten innerhalb eines traditionellen sozio politischen "RechtsMitteLinks"Schemas möglicherweise als Bestandteil eines recht(spopulistisch)en Diskurses betrachtet werden. Die Daten aus der WinfreyReihe zeichnen sich durch insgesamt weniger objektivierende Strategien aus und weisen an manchen Stellen Spuren von subjektivierenden Verfahren auf (die Gäste kommen ausführlicher und weniger als Ausgefragte zu Wort, haben bisweilen Möglichkeiten, sich als Partner in einem informellen Gespräch zu konstituieren etc.). Mehr noch als das Vorhandensein von subjektivierenden Techniken fällt das NichtVorhandensein vieler Objektivierungsstrategien auf. D.h., eine Vereinzelung und Ausrichtung auf das Subjekt im Besonderen ist nicht auffällig ausgeprägt (sie ist vorhanden und im Fernsehen auch medienstrukturell verankert). Viel eher findet ein verallgemeinernder Diskurs statt, der das Subjekt und seine Erfahrung als Ausgangspunkt für generalisierbare Erörterungen nimmt. In den Daten gab es kaum dissentive Sequenzen, wenn es zu spontanen Frontbildungen kam, wurden diese von HOST geschlichtet, die hier untersuchten Shows weisen keine dramatisch strukturierten Formen auf jedenfalls nicht im selben Maß wie die ihrer Kollegin. Natürlich kann man im Mikrobereich sicher ebenfalls Zuspitzungen finden. Aber im Gesamtablauf ist die Show zyklisch strukturiert. Hier erscheint eine zweite Option, wie durch die Praktiken einer "Show für den Privatmenschen in seiner Alltäglichkeit" dieser medial konstituiert wird. Der einzelne wird weder auffällig häufig zum Objekt, noch wirklich frei in seiner Rede, sondern vielmehr zum Ausgangspunkt für Verallgemeinerungen gemacht. Der im Vergleich relativ weitgehende Verzicht auf Aussonderung des konkreten Falls und die Bezugnahme auf den generellen Fall hat als diskursive Korrelate Möglichkeiten der Gleichheit zwischen den Diskursteilnehmern und die Relativierung der Stimme der Autorität (der Experten). Die Übernahme von Wissen und Erkenntnis wird durch die Abhandlung der Problembereiche als denkbare Fälle und Optionen fürs Handeln der Eigenverantwortlichkeit der Subjekte anheimgestellt (ohne evozierte Affirmation und Ausstellung von Akten der Einsicht). SubjektEffekte sind: der einzelne wird als wichtiger Träger von verallgemeinerbaren Erfahrungen konstituiert, allerdings auch als einer neben vielen anderen (vgl. auch die Funktion der AUD, die die Perspektiven der Aussagen erweiteren, keine Fronten zu GUE bilden), das Verhältnis zu den anderen Diskurspositionen, v.a. zu den Autoritäten ist distanzierter, gesichtsbedrohende Sprechhandlungen sind nicht direkt an GUE gerichtet usw. Das Subjekt wird als lernfähig durch rationale Einsicht konstituiert. Analog zur Einordung in ein gesellschaftspolitisches Spektrum, könnte behauptet werden, diese Subjektkonzeptionen reflektieren Normen eines neoliberalen Diskurses der bürgerlichen Mittelschicht über das Individuum, der sich über die Besetzung der Position "egalitär" bzw. "antiautoritär" und "eigenverantwortlich" in Opposition zu "hierarchisch", "autoritär" und fremddefiniert bzw. abhängig von übergeordneten Instanzen definiert. Insofern stehen die beiden Pole der Möglichkeiten der Subjektkonzeption (und medialen Konstitution des Durchschnittsmenschen als Subjekt) in direkter Abfolge hintereinander auf dem Programm USamerikanischer Fernseh Nachmittage. Eine Entscheidung darüber, ob der immense Erfolg von Winfreys neoliberalem Diskurs, der jeden für sich allein und individuell "verantwortlich" macht, oder die Absetzung der ReiheRolonda mit ihrem autoritären und explizit hierarchisch operierenden Diskursmodus Anlaß zur Hoffnung geben sollte, muß anderen medien und sozialkritischen Untersuchungen überlassen bleiben.