Refine
Year of publication
Document Type
- Review (395) (remove)
Language
- German (395) (remove)
Has Fulltext
- yes (395)
Is part of the Bibliography
- no (395) (remove)
Keywords
- Rezension (395) (remove)
Institute
Rezension zu Elke Mehnert (Hg.): Landschaften der Erinnerung. Flucht und Vertreibung aus deutscher, polnischer und tschechischer Sicht. Berlin, Bern, Bruxelles, Frankfurt/Main, New York, Oxford (Peter Lang) 2001 (= Studien zur Reiseliteratur und Imagologieforschung; Bd. 5). 464 Seiten.
Das Buch vereint Aufsätze deutscher, polnischer und tschechischer Wissenschaftler zu dem Themenkomplex der literarischen Gestaltung von Flucht und Vertreibung und konzentriert sich dabei auf Schlesien, Ostpreußen, Königsberg und das Sudetenland.
Rezension zu Elke Mehnert (Hg.): Russische Ansichten - Ansichten von Russland. Festschrift für Hugo Dyserinck. Frankfurt a.M., Berlin, Bern u.a. (Peter Lang) 2007. (= Studien zur Reiseliteratur- und Imagologieforschung. Hg. v. Elke Mehnert u. Uwe Hentschel, Bd. 7). 219 S.
Die Herausgeberin der hier anzuzeigenden Festschrift für Hugo Dyserinck, die Chemnitzer Komparatistin Elke Mehnert, hat sechzehn Beiträge versammelt, die aus verschiedenen Perspektiven und an höchst unterschiedlichen Gegenständen das Bild Russlands in diversen europäischen Nationalliteraturen thematisieren, aber auch die russische Wahrnehmung Deutschlands und Europas untersuchen.
Rezension zu Engelhardt, Dietrich von: Medizin in der Literatur der Neuzeit I. Darstellung und Deutung. Hürtgenwald (Guido Pressier) 1991. (Schriften zu Psychopathologie, Kunst und Literatur; 2),435 Seiten.
Ders.: Medizin in der Literatur der Neuzeit II. Bibliographie der wissenschaftlichen Literatur 1800-1995. Hürtgenwald (Guido Pressler) 2000. (Schriften zu Psychopathologie, Kunst und Literatur; 3), 439 Seiten.
Mit der nun vorliegenden umfangreichen Bibliographie zum Thema Medizin in der Literatur der Neuzeit findet das auf fünf Bände geplante monumentale interdisziplinäre Unternehmen des Lübecker Medizinhistorikers Dietrich von Engelhardt seinen Fortgang.
Rezension zu Erika Greber, Konrad Ehlich u. Jan-Dirk Müller: Materialität und Medialität von Schrift, Bielefeld (Aisthesis) 2002 (= Schrift und Bild in Bewegung; Bd. 1). 204 Seiten.
Der Band zeigt, dass sich anhand der Titelformel 'Schrift und Bild in Bewegung' ein sehr heterogenes Spektrum aktueller (literalitäts-)theoretischer Fragestellungen und Forschungen diskutieren lässt, und umfasst schrift- und kulturhistorische Rekonstruktionen der Schrift von den Zählsymbolen über die Hieroglyphenschrift bis zum Unicode, systematische Untersuchungen zur Medienkonkurrenz und zu den Auswirkungen der Materialität und Technizität des Mediums auf seine Form und schließlich exemplarische Analysen alter und neuer Formen mobiler Seh-Texte, die im Insistieren auf der Medialität und Materialität neue Intensitäten der Schrift entdecken.
Rezension zu Erika Greber: Textile Texte. Poetologische Metaphorik und Literaturtheorie. Studien zur Tradition des Wortflechtens und der Kombinatorik. Köln, Weimar, Wien (Böhlau) 2002 (= pictura & poesis; Bd. 9). 771 Seiten.
Die Text-Metapher spielt in der modernen Poetik wie in Prozessen literarischer Autoreflexion eine zentrale Rolle; sie ist zur Modellierung des "Internet" aktualisiert worden, findet frühe und prägnante Ausformulierungen aber bereits in der Antike. Dabei zeichnen sich insbesondere zwei Leitparadigmen ab: das des Flechtens und das des Webens. Erika Grebers komparatistischer Untersuchung gelingt es, um es vorgreifend zu sagen, am Leit-Faden dieser beiden kulturanthropologisch signifikanten Paradigmen, einen dichten Strang poetologisch-autopoetologiseher Reflexion von den Anfängen der europäischen volkssprachlichen Literatur bis in die Gegenwart aus einer Vielzahl von Kontexten herauszupräparieren und aus souveräner Überschau darzustellen.
Rezension zu Eva Blome: Reinheit und Vermischung. Literarisch-kulturelle Entwürfe von "Rasse" und Sexualität (1900-1930). Köln (Böhlau) 2011. 354 S.
Zentral für die am Konstanzer Graduiertenkolleg 'Die Figur des Dritten' entstandene Dissertation ist die um 1900 von der Eugenik aufgeworfene Frage, ob der 'Neue Mensch' eher 'gemischtrassig' oder 'rassenrein' sein soll.
Rezension zu Finn Fordham: I Do I Undo I Redo. The textual Genesis of Modernist Selves in Hopkins, Yeats, Conrad, Forster, Joyce, and Woolf. Oxford (Oxford University Press) 2010. 281 S.
"Why are not excrements, children and lice works of art?" fragt sich James Joyce 1903 in seinem Pariser Notizbuch. Im elf Jahre später fertig gestellten 'Portrait of the Artist as a Young Man' schreibt er die Frage Stephen Dedalus als Eintrag in dessen Notizbuch zu. Finn Fordhams Band 'I Do I Undo I Redo' verspricht, den Prozess der Verfertigung von Kunstwerken zu analysieren, der bei Joyce in Frage stehen bleibt.
Rezension zu Francine-Dominique Liechtenhan (Hg.): L'ours et le coq. Trois siècles de relations franco-russes. Festschrift für Michel Cadot. Paris (Presses de la Sorbonne Nouvelle) 2000. 286 Seiten.
Michel Cadot ist unter anderem als Germanist bekannt geworden, wie die ihm zu Ehren verfaßte Festschrift durch eine im Anhang abgedruckte Bibliographie dokumentiert, die dem umfangreichen Oeuvre Cadots gewidmet ist. Der thematische Schwerpunkt des Bandes bilden drei Jahrhunderte französisch-russischer Beziehungen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Rezension zu Frank Reiser: Andere Räume, entschwundene Subjekte. Das Gefängnis und seine Literarisierung im französischen Roman des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Heidelberg (Synchron) 2007. 189 S.
Frank Reisers Studie befragt vier motivisch mit dem Gefängnis befasste Romane der französischen Gegenwartsliteratur nach Konzepten des Einschlusses und der Überwachung. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der reziproken Beziehung zwischen den entsprechenden diskursiven Praktiken respektive der Identität und Subjektivität der Figuren. Über welche Verfahren und diskursiven Konstellationen das Gefängnis als konstitutiver Faktor von Identität erkennbar wird, kann als zentrale Fragestellung gelten.
Rezension zu Frank Zipfel: Fiktion, Fiktivität, Fiktionalität. Analysen zur Fiktion in der Literatur und zum Fiktionsbegriff in der Literaturwissenschaft. Berlin (Erich Schmidt) 2001 (= Allgemeine Literaturwissenschaft - Wuppertaler Schriften; Bd. 2). 344 Seiten.
Dem Grundbefund, den die vorliegende Monographie (zugleich eine Mainzer Dissertation von 1999) zum Ausgangspunkt der Erörterung nimmt, kann nur zugestimmt werden: Der Fiktionsbegriff steht in den vergangenen Jahrzehnten mehr denn je im Zentrum literaturtheoretischer und literaturwissenschaftlicher Diskurse, so divergent deren methodische Grundlagen auch sein mögen.
Rezension zu Friedrich Kittler: Eine Kulturgeschichte der Kulturwissenschaft. München (Fink) 2000. 260 Seiten.
Historiker und exakter Philologe, der Kittler ist, betreibt er - jenseits der üblichen und vorschnellen Innovationsrhetorik, mit der in Fachgremien und Kommissionen die kulturwissenschaftliche Modernisierung der Geisteswissenschaften ausgerufen wird - zunächst historische Aufklärung. Statt einer Theorie der Kulturwissenschaft liefert Kittler ihre Reflexionsgeschichte - was besagt, daß Kultur erst in jenem historischen Moment Gegenstand ihrer kulturwissenschaftlichen Beobachtung wird, wo sie "nicht bloß als sprachlose Praxis, sondern zugleich als ein Wissen" auftritt, das in ihren "Techniken und Institutionen notwendig am Werk ist". Kittler läßt dieses reflexive "Wissen von diesem Wissen" , dem er sich streng methodisch als eine Geschichte kulturwissenschaftlicher Selbstbegründungstechniken nähert, gut sattelzeitlich mit Giambattista Vico im 18. Jahrhundert beginnen, um es mit Heideggers Entwurf einer "neuen Fundamentalontologie" seinstheoretisch schließen zu lassen.
Rezension zu Geert Brône u. Jeroen Vandaele (Hg.): Cognitive Poetics. Goals, Gains and Gaps. Edited by. Berlin, New York (Mouton de Gruyter). 561 S.
Der von Geert Brône (Leuven) und Jeroen Vandaele (Oslo) herausgegebene Band zeigt auf einem sehr hohen und sachkundigen Niveau, an welchen Stellen tatsächlich Skepsis angebracht ist, aber zugleich auch, dass es sich bei den 'Cognitive Poetics' um ein außerordentlich vielfältiges, interdisziplinäres und forderndes Gebiet handelt.
Rezension zu Geoffrey Galt Harpham: Language Alone. The Critical Fetish of Modernity, New York, London (Routledge) 2002. 261 Seiten.
Der amerikanische Literaturwissenschaftler Geoffiey Galt Harpham, Präsident und Direktor des National Humanities Center in North Carolina, Gastprofessor für Anglistik an verschiedenen amerikanischen Universitäten sowie Gutachter des Wissenschaftskollegs zu Berlin, der bereits zahlreiche Beiträge zum Thema Sprache und Ethik veröffentlicht hat, legt mit diesem Buch eine in vier Kapitel untergliederte, herausfordernde Studie vor, die vor dem Hintergrund einer erkenntnistheoretischen und humanwissenschaftlichen Argumentation eine grundlegende Kritik am 'linguistic turn' des transdisziplinären wissenschaftstheoretischen Diskurses im 20. Jahrhundert unternimmt.
Kremnitz nähert sich dem Thema der Mehrsprachigkeit in der Literatur aus der Sicht des Sprachwissenschaftlers und Soziologen, worauf nicht zuletzt der Untertitel des Bandes verweist. Seine Arbeitsweise der "Soziologie der Kommunikation" richtet sich gegen die von ihm konstatierte Vernachlässigung der Kommunikation in der Sprachwissenschaft und strebt eine Verknüpfung zwischen interner (d. h. formaler) und externer Sprachbetrachtung an. Gerade für die kommunikative Erscheinung der Literatur würden externe Faktoren eine bedeutende Rolle spielen, die man zumal bei der Frage nach der Mehrsprachigkeit in der Literatur bzw. der Sprachwahl von AutorInnen nicht vernachlässigen sollte. In seinem knappen Literaturüberblick, der allerdings durch eine in der Neuauflage erweiterte und aktualisierte Bibliographie ergänzt wird, stellt Kremnitz einerseits einen Mangel an systematischen Untersuchungen zum Thema fest, der auch elf Jahre nach dem ersten Erscheinen seines Buches noch zu registrierensei. – Es überwögen Fallstudien zu einzelnen AutorInnen, die zudem meist rein literaturwissenschaftlich argumentierten und die Erkenntnisse der Sprachwissenschaft nicht berücksichtigten. Diesen Lücken in der Forschung setzt Kremnitz sein Buch entgegen, in dem er einerseits das Terrain von Mehrsprachigkeit in der Literatur mit einigen grundlegenden theoretischen Überlegungen abstecken möchte und andererseits sprachwissenschaftliche Erkenntnisse mit zahlreichen Autorenbeispielen (und damit literaturhistorischen Hinweisen) zusammenführt. Im Zentrum des Interesses stehen die Frage nach den Kriterien für die Sprachwahl von mehrsprachigen AutorInnen sowie der Versuch, aus den konkreten Aussagen einzelner AutorInnen zu verstehen, welche Bedeutung sie der Sprachwahl zumessen. In diesem Sinne ist das Buch auch strukturiert: Die Kapitel eins, drei und vier beschäftigen sich mit grundlegenden, theoretischen Fragen, während die Kapitel zwei, fünf und sechs historisch angelegt sind und Beispiele verhandeln.
Rezension zu Gerald Gillespie: Echoland. Readings from Humanism to Postmodernism. Brüssel, Bern, Berlin, Frankfurt a.M., New York, Oxford, Wien (Peter Lang) 2006 (=New Comparative Poetics, Vol. 19). 334 S.
'Echoland', der Titel von Gerald Gillespies rezentem Band mit Abhandlungen zur Vergleichenden Literaturwissenschaft, ist selbst ein Echo: Er wurde bei Joyce entlehnt (genauer: aus 'Finnegans Wake'), dessen Werk für Gillespie exemplarisch die neuzeitliche Literatur in ihrer Vielschichtigkeit und Polyfunktionalität repräsentiert.
Rezension zu Gerald Gillespie: Proust, Mann, Joyce in the Modernist Context, Washington/D.C. (The Catholic University of America Press) 2003. 235 Seiten.
Gillespies Studien zur literarischen Moderne greifen teilweise auf frühere und an anderen Stellen publizierte Forschungsergebnisse und Thesen zurück. Sie gliedern sich in zwei Teile: Die Kapitel des ersten Teils erörtern schwerpunktmäßig modernespezifische Formen der Welterfahrung und -darstellung sowie zentrale Themen und charakteristische Strukturen moderner Literatur. Teil II ist vor allem den Oeuvres von Proust, Mann und Joyce gewidmet. Durch eine Fülle von Querbezügen zwischen den im einzelnen verfolgten Fragestellungen ergibt sich ein dichtes Gewebe von präzisen Beobachtungen, Beschreibungen, Argumenten und Thesen zur literarischen Moderne.
Rezension zu Gerigk, Horst-Jürgen: Ein Meister aus Russland. Beziehungsfelder der Wirkung Dostojewskijs. Vierzehn Essays. Heidelberg (Winter) 2010. 215 S.
Gerigk vereinigt vierzehn Essays zu Dostoevskij, darunter drei Erstpublikationen und elf Bearbeitungen von Veröffentlichungen der Jahre 1981 bis 2006. Texte Dostoevskijs kommunizieren mit solchen von Turgenev, Heidegger, Schiller, E.T.A. Hoffmann, Faulkner, Flaubert, Hauptmann, Salinger, Joyce, Sylvia Plath und anderen.
Rezension zu Gero von Wilpert: Deutschbaltische Literaturgeschichte. München (C.H. Beck) 2005. 287 S.
Mit seinem 'Sachwörterbuch der Literatur' und seinem großangelegten 'Lexikon der Weltliteratur', geordnet nach 'Autoren' und 'Werken', gehört Gero von Wilpert seit einem halben Jahrhundert zum festen Bestand der Literaturwissenschaft. Hohes Lob in der Flut ähnlicher Unternehmungen fand 1998 sein 'Goethe-Lexikon'. Diese Lexika flankierend erschienen seine motivgeschichtlichen Monographien, die ebenfalls einen breiten Leserkreis erreichten: 1978 'Der verlorene Schatten: Varianten eines literarischen Motivs', 1994 'Die deutsche Gespenstergeschichte: Motiv, Form, Entwicklung'. Wenn Gero von Wilpert nun eine 'Deutschbaltische Literaturgeschichte' vorlegt, so darf er der interessierten Aufmerksamkeit einer weltweiten Leserschaft gewiss sein. Sein besonderes, hier spürbares Engagement hat einen lebensgeschichtlichen Hintergrund: Gero von Wilpert wurde 1933 in Dorpat (Estland) geboren und realisiert mit der jetzt präsentierten Monographie ein langgehegtes Vorhaben. Präzise, fundiert und auf große Linien ausgerichtet durchläuft seine Darstellung mit ihren acht Kapiteln die deutschbaltische Literatur vom Mittelalter bis ins 20.Jahrhundert.
Rezension zu Centre culturel international Cerisy-la-Salle/Manche: H. P. Lovecraft. Fantastique, mythe et modernité. Actes du Colloque "Lovecraft et ses contemporains" (3.-10.8.1995), Paris (Editions Dervy) 2002. 464 Seiten.
Jüngstes Ergebnis der regen französischen Lovecraft-Forschung ist ein in doppeltem Sinne gewichtiger Sammelband: Hervorgegangen aus einem internationalen, von Jean Marigny und Gilles Menegaldo im August 1995 in Cerisy La Salle veranstalteten Kolloquium, versammelt der Band 21 Beiträge, die sich dem Phänomen Lovecraft von den unterschiedlichsten Seiten nähern.
Rezension zu Guido Hiß: Synthetische Visionen. Theater als Gesamtkunstwerk von 1800 bis 2000. München (epodium) 2005 (= aesthetica theatralia, Bd. 1).319 S.
Guido Hiß, Professor für Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, ist nicht nur Theaterwissenschaftlern mit seinen Arbeiten zur Aufführungsanalyse und zu medienspezifischen Fragestellungen ein Begriff. Mit dem vorliegenden Werk liefert er einen historisch ausgerichteten Theorie-Querschnitt über 'Synthetische Visionen. Theater als Gesamtkunstwerk von 1800 bis 2000'. Dieses Sujet ist zwar schon in verschiedenen epochengebundenen Einzelstudien untersucht worden, einen umfassenden zeit- und theoriegeschichtlichen Ansatz suchte man bislang jedoch vergebens.
Rezension zu Harald Fricke: Gesetz und Freiheit. Eine Philosophie der Kunst. München (Beck) 2000. 274 Seiten.
"Was ist Kunst? Und: was ist große Kunst? Was für Arten von Kunst gibt es? Wie verändert sie sich im Verlauf der Geschichte? Wie hängt sie mit der natürlichen, wie mit der gesellschaftlichen Welt zusammen - und wie mit dem einzelnen in dieser Welt?" Bereits der erste Absatz in Harald Frickes Vorwort zu seinem Buch 'Gesetz und Freiheit', macht ebenso unmißverständlich klar, daß es um Grundlegendes geht, wie der Untertitel des Buches: 'Eine Philosophie der Kunst'. Fricke stellt sich den großen Fragen, die hier formuliert sind, und seine 'Philosophie der Kunst' weist einen im besten Wortsinn bedenkenswerten Weg zu ihrer Beantwortung auf - einen von individuellen Neigungen und Interessen bestimmten Weg, der aber gleichwohl oder eben darum überzeugt.
Rezension zu Harald Kämmerer: "Nur um Himmels willen keine Satyre ..." Deutsche Satire und Satiretheorie des 18. Jahrhunderts im Kontext von Anglophilie, Swift-Rezeption und ästhetischer Theorie. Heidelberg (Universitätsverlag C. Winter) 1999 (= Probleme der Dichtung; Bd. 27).353 Seiten.
Von der Metapher über die Metonymie bis zur Ironie - gleichgültig, um welche Form der uneigentlichen Rede es sich handelt, allen diesen Tropen bzw. Figuren ist gemeinsam, daß sie den Hörer oder Leser immer wieder vor die (meist unausgesprochene) Frage stellen, was mit dem Uneigentlichen denn eigentlich gemeint ist. Einer ganz ähnlichen Frage widmet sich Harald Kämmerer in seiner Dissertation: Die Grundproblematik, auf die Kämmerer aus unterschiedlichen Blickwinkeln immer wieder zurückkommt, läßt sich zugespitzt so formulieren: Ist das satirische Schreiben (und zwar jenseits der rhetorischen Mittel der uneigentlichen Rede, die im satirischen Schreiben zweifellos in ausgesprochenem Maße zur Anwendung kommen), selbst als eine Art literarischer Großform uneigentlicher Rede anzusehen? Oder trifft das Gegenteil zu, und enthält das satirische Schreiben weit mehr Anteile an eigentlicher denn an uneigentlicher Rede?
Vorrangig gilt die Aufmerksamkeit des Autors den Texten der Songs und den in sie eingewobenen literarischen Zitaten (Dylans "vielfarbige Textgewebe", ), nicht der Musik, ebenfalls einer in erheblichem Maße zitierenden, auch nicht der eigenwilligen Stimme und performance. Die Studie ist denn auch dezidiert literaturwissenschaftlich und -kritisch ausgerichtet, was im Hinblick auf die Profession des Autors nicht verwundert: Detering lehrt Neuere deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen. Seine Untersuchung ist literaturästhetisch und poetologisch, werkgenetisch und in einem heute fast schon vergessenen Sinne philologisch geprägt. Der hierbei erkennbare Wunsch nach tiefgehender 'Literarisierung' eines populärmusikalischen Werkes zusammen mit der kunstreligiösen Aufladung der Songs machen die Studie nobilitierungsanfällig und führen zu Verklärungen und Mythisierungen, stellen aber zugleich ein beträchtliches ebenso heuristisches wie hermeneutisches Potential bereit, das der Autor nicht selten brillant zu nutzen weiß.
Rezension zu Helene Barriere u. Nathalie Peyrebonne (Hg.): L'ivresse dans taus ses états en littérature. Arras (Artois Presses Universite) 2004. 352 S.
Hinter dem französischen 'ivresse' schwanken die deutschen Pendants zwischen 'Trunkenheit' und 'Betrunkensein'; entsprechend staffelt sich die Spannbreite der 22 Beiträge einer Tagung, die im November 2001 in Arras stattfand.
Rezension zu Helga Thalhofer: 'Sans doute'. Die Ironie Prousts in Bezug auf die deutsche Frühromantik und Sören Kierkegaard. Heidelberg (Winter) 2010. 221 S.
Die zentrale These der Autorin ist, dass sich in Prousts Recherche du temps perdu Ironie auf allen Ebenen finde, wobei eine ideengeschichtliche Verortung diese umso deutlicher hervortreten lasse. Diese soll, wie Thalhofer in den einführenden Überlegungen expliziert, wesentlich über den Vergleich mit der Frühromantik und Sören Kierkegaard gelingen, die ihr als "Kontrastfolie" dienen.
Rezension zu Helmuth Kiesel: Geschichte der literarischen Moderne. Sprache, Ästhetik, Dichtung im zwanzigsten Jahrhundert, München (C.H. Beck) 2004. 640 Seiten.
Helmuth Kiesel, Germanist in Heidelberg, der insbesondere mit Arbeiten über Lessing, Döblin und Ernst Jünger hervorgetreten ist, legt mit dieser Monographie ein Resultat jahrzehntelanger Forschung und Lehre vor. Leitbegriff: 'Moderne'.
Rezension zu Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte der chinesischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München (Beck) 1999. 686 Seiten.
Bei Helwig Schmidt-Glintzers 'Geschichte der chinesischen Literatur' handelt es sich um die zweite unveränderte Auflage eines bereits 1990 im Scherz-Verlag erschienenen Bandes, der schon damals überwiegend positiv aufgenommen wurde. Wie der Untertitel andeutet, versucht Schmidt-Glintzer, die Gesamtheit der chinesischen Literatur von etwa 1400 v. Chr. bis heute darzustellen.
Rezension zu Herwig Gottwald u. Holger Klein (Hg.): Konzepte der Metamorphose in den Geisteswissenschaften. Heidelberg (Winter) 2005. 183 S.
Unter dem Leitwort 'Metamorphosen' steht die Arbeit einer Gruppe von Geisteswissenschaftlern an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg; verbindendes Anliegen ist die Idee "den Begriff der Metamorphose unter verschiedenen, zum Teil gegensätzlichen theoretischen und einzelwissenschaftlichen Perspektiven zu beleuchten und für geisteswissenschaftliche Untersuchungen epistemisch fruchtbar zu machen", wie Herwig Gottwald und Holger Klein erläutern (Vorwort, unpag.). Es geht also darum, über interdisziplinär verbindende Einzelthemen und -gegenstände hinaus eine Operationsbasis zu finden - respektive zu schaffen -, auf der sich die Erkenntnisinteressen verschiedener Disziplinen als analog erweisen könnten.
Rezension zu Holger Schulze: Das aleatorische Spiel. Erkundung und Anwendung der nichtintentionalen Werkgenese im 20. Jahrhundert. München (Fink) 2000. 406 Seiten.
Einem spezifischen Typus von Antworten auf die Frage nach den Gründen von Literatur und Kunst ist die Monographie Holger Schulzes (ursprünglich eine Erlanger Dissertation von 1998) gewidmet, nämlich Modellen aleatorischer Produktion von Literatur und Kunst sowie deren praktischer Umsetzung.
Rezension zu Horst Dieter Rauh: Heilige Wildnis. Naturästhetik von Hölderlin bis Beuys. München (Wilhelm Fink) 1998. 367 Seiten.
Das Vorwort des Verfassers vermerkt: "Dem Legitimationsschwund der Geschichtsphilosophien [...] entspricht das Vordringen eines im weitesten Sinne naturreligiösen Denkens". Und daraus folgt die Zuspitzung der These: "Im Fortgang der Säkularisierung der Kultur bietet sich Natur, verdichtet zur 'Wildnis', als letzte Zuflucht des Heiligen dar. Solche Sakralisierungsprozesse setzen mit Hölderlin ein, der das Schlüsselwort 'heilige Wildnis' prägte, und reichen über Nietzsches Dionysos-Komplex bis hin zur Remythisierung von Natur bei Joseph Beuys".
Rezension zu Horst Jürgen Gerigk: Lesen und Interpretieren, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2002 (= UTB für Wissenschaft; Bd. 2323). 192 Seiten.
Wenn ein professioneller Leser bei seiner Lektüre eines literarischen Werks innehält, um sich zu fragen, was denn da eigentlich beim Lesen überhaupt geschehe, welche Sensibilisierungen es erzeuge, welche Einsichten es bewirke, so mag dies ein Anlaß sein, sich den grundsätzlichsten aller Fragen zuzuwenden, mit denen es der Literaturtheoretiker zu tun hat: Was charakterisiert literarische Texte als solche? Welche Einstellung und welche Kompetenz verlangen sie ihrem Leser ab? Gibt es spezifische Modi literarischer Darstellung? Gerigks Buch ist, wie einleitend betont wird, von einer solchen Lese-Pause stimuliert worden. In der Form von zwölf thematisch miteinander vernetzten, dabei relativ selbständigen Teilen - Grundlage des Buches waren Gerigks Heidelberger Vorlesungen zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft - werden im Ausgang von vielfaltigen Beispielen aus der europäischen und amerikanischen Literatur grundsätzliche Thesen und Modelle zum Wesen des Literarischen selbst entwickelt.
Rezension zu Ingeborg Hoesterey: Pastiche. Cultural Memory in Art, Film, Literature. Bloomington, Indianapolis (Indiana University Press) 2001. 139 Seiten.
Hoesterey schließt mit ihrer Studie zum Pastiche in den verschiedenen ästhetischen Medien, die einerseits an ästhetische Diskurse der Gegenwart anschließt, andererseits eine Fülle von Beispielen vorstellt und kommentiert, die Kluft zwischen Theorie und Praxis: Das Buch bietet einen zugleich historischen wie systematischen (wenn denn in postmodernen Zeiten dergleichen noch möglich ist) Aufriß zur Ästhetik des Pastiches, und es trägt dessen doppelter Bedeutung als besonders zeit-gemäße und besonders verbreitete Kunstform Rechnung.
Rezension zu Ingo Stöckmann: Vor der Literatur. Eine Evolutionstheorie der Poetik Alteuropas. Tübingen (Niemeyer) 2001 (= Communicatio; Bd. 28). 402 Seiten.
Der Titel könnte mißverständlich sein: Es handelt sich nicht um eine 'soziobiologische' Erklärung, sondern um eine systemtheoretische Untersuchung der europäischen Poetik im 17. und 18. Jahrhundert.
In ihrer Einleitung geht Caroline Fischer zunächst auf den Begriff 'Intermedia' ein, der auf den Fluxuskünstler Dick Higgins zurückgehe und vor allem das Aufbrechen klassischer künstlerischer Ausdrucksmedien zugunsten neuer artistischer Erfahrungen und Gestaltungsräume bezeichne, die sich etwa schon in Duchamps 'ready-mades' anzeige. Zugleich sei Higgins' Begriff eine Entlehnung des britischen Romantikers T. S. Coleridge, wodurch ein spätestens seit der Romantik merklicher Wunsch nach Überschreitung künstlerisch-medialer Grenzen kenntlich werde. Zusammen mit dem nur wenig später durch Kristeva begründeten und von Genette systematisch ausgearbeiteten Begriff der Intertextualität seien somit die Grundlagen für den Begriff Intermedialität geschaffen, dessen Ursprung Fischer in einem Aufsatz des deutschen Slavisten Aage A. Hansen- Löve von 1983 verortet. Der Begriff der Intermedialität antworte damit auf die Notwendigkeit, neuen Medien und neuen Formen künstlerischer Gestaltung (z. B. happening) theoretisch gerecht zu werden. Angesichts eines inflationären und definitorisch oftmals unscharfen Gebrauchs von "Intermedialität" sollen die neun versammelten Beiträge eine präzisierende Arbeit am Begriff leisten und für künftige Arbeiten handhabbare Analysewerkzeuge bereitstellen.
Rezension zu Irina O. Rajewsky: Intermedialität. Tübingen, Basel (Francke) 2002 (= UTB für Wissenschaft; Bd. 2261). 216 Seiten.
Der Verfasserin geht es zwar prinzipiell darum, die "Weichen für eine allgemeine Intermedialitätstheorie " zu stellen. Ausgerichtet ist ihre Darstellung aber dennoch an den Beziehungen zwischen Literatur und anderen Medien (erläutert zumeist an Beispielen aus der italienischen Literatur des 20. Jahrhunderts, dem Dissertationsthema der Autorin).
Rezension zu Jens Balzer u. Lambert Wiesing: Outcault. Die Erfindung des Comic. Bochum, Essen (eh. A. Bachmann) 2010 (= yellow. schriften zur comicforschung, Bd. 3). 103 S.
In diesem 3. Band der Reihe 'yellow. schriften zur comicforschung' machen sich die Verfasser Jens Balzer und Lambert Wiesing auf die Suche nach der Urszene des Comics, nach jener "historischen Stätte, wo sich der (begrifflich noch zu bestimmende) Comic zum ersten Mal in aller wünschenswerten Klarheit zeigt." In vier Kapiteln, die auf Vorträge und Aufsätze zurückgehen und in der für das Buch überarbeiteten Fassung dennoch aufeinander aufbauen, entwickeln sie ihre These, dass der amerikanische Zeichner Richard Felton Outcault mit dem "Yellow Kid" eine neue Bildlichkeit entwickelte, die als Comic-Bild das Erzählen mit Bildern modernisierte und dem Medium bzw. der Gattung Comic ihre besondere Form gegeben hat.
Rezension zu Joachim Jacob u. Pascal Nicklas (Hg.): Palimpseste. Zur Erinnerung an Norbert Altenhofer, Heidelberg (Winter) 2004 (= Frankfurter Beiträge zur Germanistik; Bd. 41). 240 Seiten.
Die Herausgeber haben den Band der Erinnerung an Norbert Altenhofer gewidmet. Altenhofer selbst hatte sich einen Namen als ausgewiesener Heine-Spezialist gemacht, und so nimmt es nicht wunder, dass sich immerhin vier der insgesamt 12 Beiträge mit Heine beschäftigen. Die restlichen sind zumeist im Bereich der klassischen Moderne angesiedelt und spiegeln damit die komparatistischen Interessen Altenhofers wider. Schließlich folgen noch zwei Texte, die sich mit W. G. Sebald bzw. Günter Eich auseinandersetzen.
Rezension zu Jochen Hörisch: Der Sinn und die Sinne. Eine Geschichte der Medien. Frankfurt/M. (Eichborn) 2001 (= Die Andere Bibliothek; Bd. 195). 443 Seiten.
Die Bücher des Mannheimer Literatur- und Medienwissenschaftlers Jochen Hörisch sind schon immer mehr als reine "Bibliotheksbücher" gewesen. Als bedürfe es noch eines weiteren Beweises, ist sein neuestes Buch im börsennotierten Eichborn Verlag in der von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen 'Anderen Bibliothek' erschienen.
Rezension zu Jochen Hörisch: Theorie-Apotheke. Eine Handreichung zu den humanwissenschaftlichen Theorien der letzten fünfzig Jahre, einschließlich ihrer Risiken und Nebenwirkungen. Frankfurt am Main (Eichborn) 2004. 323 S.
Angesichts der wirren Zeitläufte mit ihrer Neigung zur umgesetzten Dystopie diagnostiziert der Verf., Professor für Literatur- und Medienwissenschaften an der Universität Mannheim, ein "fragiles Comeback des Prestiges von humanwissenschaftlichen Theorien " (317), mithin ein auch bei den Humanwissenschaftlern grassierendes Bedürfnis nach Sicherheit, Sinn und kohärenter Ordnung. Ihnen und allen interessierten Laien bietet er nun eine 'Handreichung', so der gewiß nicht ironisch gemeinte Untertitel, ein Hilfsmittel, halb Lexikon, halb Vademecum für den wissenschaftlichen Alltag bzw. den Hausgebrauch. Darin will der Verf. "Grundzüge, Grundgesten und Grundbegriffe derjenigen Theorien vorstellen und prüfen, die in den letzten fünfzig Jahren das Sagen hatten und zum Widerspruch reizten." Gleichzeitig ersteht hinter dieser Theorie-Landschaft ein wissenschaftshistorisches und, mittelbar, ein geisteswissenschaftliches Panorama der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts samt allen Krisen und Irrungen.
Rezension zu Joseph P. Strelka: Des Odysseus Nachfahren: Österreichische Exilliteratur seit 1938. Tübingen, Basel (Francke) 1999 (= Edition Patmos; Bd. 1). 297 Seiten.
Der Verfasser legt hier ein Destillat seiner lebenslangen Beschäftigung mit dem Phänomen der Exilliteratur vor. Ausgangsbasis sind jetzt die Schriftsteller Österreichs. In sechzehn Kapiteln wird eine Landkarte der "Exilländer" erstellt.
Rezension zu Joseph P. Strelka: Exil, Gegenexil und Pseudoexil in der Literatur, Tübingen, Basel (A. Francke) 2003 (= Edition Patmos; Bd. 8). 172 Seiten.
Joseph P. Strelka hat bereits zwei Monographien dem Schaffen von Künstlern im Exil gewidmet: 'Exilliteratur' (1983) und 'Des Odysseus Nachfahren: Österreichische Exilliteratur seit 1938' (1999). In seinem neuen Buch geht es ihm um die Definition des Begriffs "Exil" und die Abwendung seines Mißbrauchs.
Rezension zu Jost Eickmeyer u. Sebastian Soppa (Hg.): Umarmung und Wellenspiel. Variationen über die Wasserfrau. Overath, Witten (Bücken & Sulzer) 2006. 317 S.
Die Idee des vorliegenden Sammelbandes ist den beiden Herausgebern durch ein Seminar der Sommerakademie der Studienstiftung des Deutschen Volkes vermittelt worden, das von Gabriella Rovagnati (Universtita degli Studi di Milano) geleitet wurde. Das Resultat solcher Vermittlung sind zwölf Beiträge zum Thema "Nixen, Nymphen, Sirenen, Melusinen, Undinen, Seejungfrauen, Rusalki, Vili, Najaden, Nereiden, Okeaniden, Seegespenster, Apsaras, Mami Watas." Natürlich wird eine Systematisierung angestrebt. Das Projekt, das hier realisiert wurde, ist eine Freude für den Komparatisten. Der von den Beiträgen abgesteckte Zeitraum reicht vom Mittelalter bis in unsere Gegenwart.
'Die Literatur der Roma Frankreichs' von Julia Blandfort, vorgelegt 2013 als Dissertation an der Universität Regensburg, ausgezeichnet mit dem Prix Germaine de Staël 2014, erschienen 2015 bei de Gruyter, legt den Grundstein für die Beschäftigung, innerhalb der romanischen Literaturen, aber darüber hinausgehend auch allgemein komparatistisch, mit den Roma-Literaturen der Romania.
Rezension zu Julia von Rosen: Kulturtransfer als Diskurstransformation. Die Kantische Ästhetik in der Interpretation Mme de Staëls, Heidelberg (Winter) 2004. 306 Seiten.
Es wäre schwer und womöglich müßig zu entscheiden, welches Kapitel in Madame de Staëls kulturgeschichtlich so überaus wichtigem Werk 'De l'Allemagne', mit dem sie in übergreifenden Betrachtungen und vielen Einzelportraits die Tendenzen der deutschen Literatur und Philosophie zwischen 1750 und 1810 international bekannt machte, den größten Einfluß entfaltet hat. Als das Buch, durch die napoleonische Zensur sowohl behindert als auch im Hinblick auf sein Prestige gewaltig aufgewertet, 1813 zunächst in London und nach dem Sturz des Kaisers 1814 in Paris erschien, wurden innerhalb weniger Wochen in ganz Europa 70.000 Exemplare verkauft; bis 1870 kam es auf 15 Auflagen. Das Werk prägte das Deutschlandbild nicht nur mehrerer Generationen von Franzosen, sondern, da es in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, auch vieler Intellektueller in der ganzen Welt. Der im Frühjahr 2004 erschienene, von Udo Schöning und Frank Seemann herausgegebene Sammelband 'Madame de Staël und die Internationalität der Romantik' hat das zuletzt mit Beiträgen etwa zur russischen, britischen, nord- und südamerikanischen, aber auch zur polnischen oder portugiesischen Wirkungsgeschichte eindrucksvoll gezeigt.
Sammelrezension zu Jörn Leonhard, Willibald Steinmetz (Hg.): Semantiken von Arbeit : diachrone und vergleichende Perspektiven
Michael S. Assländer, Bernd Wagner (Hg.): Philosophie der Arbeit : Texte von der Antike bis zur Gegenwart
Sicher ist die Krise der Arbeit und ihrer Semantik auch einer der Gründe dafür, warum zwei jüngst erschienene Bände diesen Begriff erneut in seinem historischen Wandel zum Gegenstand gemacht haben: Die 'Semantiken der Arbeit. Diachrone und vergleichende Perspektiven' ebenso wie der im Suhrkamp-Verlag erschienene Band zur 'Philosophie der Arbeit', der - einer einfachen Epocheneinteilung folgend - eine Genealogie von Texten zur Arbeit von der Antike über das Mittelalter, der Aufklärung und späten Neuzeit bis zu - extra für den Band verfassten - Arbeiten zur gegenwärtigen Problemlage bietet.
Rezension zu Jörn Steigerwald u. Rudolf Behrens (Hg.): Räume des Subjekts um 1800. Zur imaginativen Selbstverortung des Individuums zwischen Spätaufklärung und Romantik. Wiesbaden (Harrassowitz) 2010. 286 S.
Der aus der gleichnamigen Tagung 2007 in Bochum hervorgegangene Sammelband zu Subjektentwürfen und deren Raumbezug respektive dessen Erfahrung und Konzeptionierung versammelt mit romanistischem Schwerpunkt zwölf einander ergänzende Beiträge.
Rezension zu Jürgen Gunia: Die Sphäre des Ästhetischen bei Robert Musil. Untersuchungen zum Werk am Leitfaden der "Membran". Würzburg (Königshausen & Neumann) 2000 (= Epistemata. Würzburger wissenschaftliche Schriften; Bd. 331). 198 Seiten.
Inkommensurable Werke wie das Robert Musils rechtfertigen unkonventionelle Zugangswege. Jürgen Gunia unternimmt es, die "Sphäre des Ästhetischen" bei Musil zu vermessen, indem er sich an zentralen und rekurrenten Bildern, Topoi und Konfigurationen orientiert, deren thematische Funktion erörtert und so einem Netzwerk Musilscher Themen in einer Weise nachgeht, welche ihrem eigenen Gegenstand auch auf der Ebene der Textgestaltung entsprechen möchte.
Rezension zu Kadja Grönke: Frauenschicksale in Čajkovskijs Puškjn-Opern. Aspekte einer Werke-Einheit. Mainz (Schott) 2002 (= Cajkovskij-Studien; Bd. 5). 605 Seiten.
Kadja Grönke, Musikwissenschaftlerin an der Universität Oldenburg, legt mit ihrer Habilitationsschrift über Frauenschicksale in Tschaikowskis Puschkin-Opern einen maßgebenden Beitrag nicht nur zur Libretto-Forschung vor. Drei "klassische" Texte Alexander Puschkins werden intermedial betrachtet: nämlich der "Roman in Versen" 'Eugen Onegin' (1833), das Versepos 'Poltawa' (1828-29) und die Erzählung 'Pique Dame' (1834).
Rezension zu Karin Tebben (Hg.): Beruf: Schriftstellerin. Schreibende Frauen im 18. und 19. Jahrhundert. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 1998 (= Sammlung Vandenhoeck). 340 Seiten.
Der vorliegende Sammelband behandelt die Entwicklung des weiblichen Berufsschriftstellertums, dessen Geschichte in Deutschland mit dem Jahr 1771 beginnt, als der erste Roman von Sophie von La Roche erscheint.
Rezension zu Karin Tebben (Hg.): Frauen - Körper - Kunst. Literarische Inszenierungen weiblicher Sexualität. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2000. 272 Seiten.
"Einblicke", "Frauenblicke" und "Männerblicke" sind die drei thematischen Blöcke und perspektivischen Leitlinien, denen Karin Tebben die zwölf Beiträge ihres interdisziplinären Sammelbandes zu literarischen Inszenierungen weiblicher Sexualität um 1900 zuordnet.
Rezension zu Karl R. Kegler, Karsten Ley u. Anke Naujokat: Utopische Orte. Utopien in Architektur- und Stadtbaugeschichte, Aachen (Forum Technik und Gesellschaft) 2004. 204 Seiten.
Der vorliegende Band behandelt in einem weitgespannten, von der Vorzeit bis zur unmittelbaren Gegenwart reichenden Überblick ein bislang vernachlässigtes Teilgebiet der Utopie-Forschung und untersucht die Orte, wo die Utopie sich manifestiert und woraus sie besteht: ihre gleichwohl sehr konkreten, in Architektur, Stadtplanung, Literatur, Religion, Philosophie und Bildender Kunst auftretenden Topoi oder: U-Topoi. Hervorgegangen aus einem interdisziplinären Seminar an der Technischen Hochschule Aachen, betritt der Band Neuland, denn eine derart umfassende Analyse und Sammlung der utopischen Orte/Topoi wurde bislang noch nicht vorgenommen, weil eine kulturhistorische Verortung der meist komplex angelegten Utopien die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen notwendig macht, also eine Arbeitsweise verlangt, die trotz der derzeit propagierten Kulturwissenschaft in der Praxis utopisch ist, vor allem, was den Dialog von Geisteswissenschaften mit den Technik- und Naturwissenschaften angeht. Genau hier setzt der Band vermittelnd an.
In den letzten zwanzig Jahren haben sich die 'African American Studies' zu einem transdisziplinären, internationalen und damit auch komparatistisch relevanten Forschungsfeld entwickelt, in dem – inspiriert von wegweisenden Arbeiten wie Paul Gilroys 'The Black Atlantic' (1993) und Brent Edwards' 'The Practice of Diaspora' (2003) – die vielfältigen historischen und gegenwärtigen, kulturellen und sozialpolitischen Beziehungen zwischen (im weitesten Sinn) afroamerikanischer und europäischer Welt größere wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren haben. Da viele der prominentesten heute noch erinnerten Ereignisse afroamerikanischer Präsenz in Europa ihr Zentrum in Paris hatten – man denke an den ersten Pan-Afrikanischen Kongress 1919, an Josephine Baker im Folies Bergère, an die Szene um Richard Wright und James Baldwin im Café Tournon der 1950er Jahre – ist es wenig verwunderlich, dass Frankreich in den international ausgerichteten Untersuchungen innerhalb der African American Studies am intensivsten untersucht wurde. Dennoch ist inzwischen ein zwar überschaubares, jedoch beachtenswertes Korpus an wissenschaftlichen Werken entstanden, die sich mit den Wechsel- und Austauschbeziehungen zwischen afroamerikanischen und deutschen (nur selten im weiteren Sinn deutschsprachigen) soziokulturellen Welten beschäftigen: mit den Erfahrungen afroamerikanischer Jazzmusiker/innen zur Zeit der Weimarer Republik und denen schwarzer GIs in den Weltkriegen und Besatzungsjahren; mit der 'Afroamerikanophilie' in deutschen Jugendkulturen der 1960er und 70er Jahre; mit den Studienjahren in Berlin und Frankfurt von afroamerikanischen Intellektuellen wie W. E. B. Du Bois, Alain Locke und Angela Davis. Nachdem der Großteil dieser Forschungen bisher in einigen Sammelbänden und verstreut publizierten Aufsätzen zu finden war, liegt nun mit Katharina Gerunds Untersuchung 'Transatlantic Cultural Exchange' eine breit angelegte Monographie vor, die verspricht, "the postwar reception, construction, and appropriation of African American women's culture, art and activism in (West) Germany" in den Blick zu nehmen und dabei diskursive Formationen herauszuarbeiten, die für den Zeitraum zwischen den späten 1960er und den frühen 1990er Jahren besonders relevant waren. Gerunds als Dissertation an der Universität Bremen entstandene Studie ist gleichermaßen um methodisch reflektiertes Vorgehen wie breite historische Kontextualisierung bemüht.
Kenneth Patrick Clarke: Chaucer and Italian Textuality. Oxford (Oxford University Press) 2011. 234 S.
Die Methode des Verf. besteht einerseits in der Untersuchung einzelner Handschriften, um dadurch zu neuen Erkenntnissen über Chaucers literarisches Schaffen zu gelangen; andererseits stellt Clarke aber auch allgemeine, der Textinterpretation dienliche Beobachtungen über das Konzept der Textualität im Mittelalter an.
Rezension zu Klaus-Michael Bogdal u. Oliver Müller (Hg.): Innovation und Modernisierung. Germanistik von 1965 bis 1980. Heidelberg (Synchron) 2005 (=Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, Bd. 8).263 S.
'Massenstudium und Reformuniversität' - so hätte der Titel des vorliegenden Bandes auch lauten können, denn damit sind genau die Parameter benannt, unter denen sich seit Mitte der 1960er Jahre die universitäre Ausbildung an deutschsprachigen Hochschulen entwickelt hat. In dreizehn Beiträgen wirft die von Klaus-Michael Bogdal und Oliver Müller herausgegebene Dokumentation einer 2002 in Bielefeld veranstalteten Tagung verschiedene Blicke auf das universitäre Studium der Germanistik in dieser Zeit, das angesichts einer schon damals seit Jahrzehnten proklamierten Dauerkrise zur innovativen Ausbildungs- und Forschungsdisziplin reformiert werden sollte. Als Fachdisziplin ist die Germanistik dabei ein exponiertes Beispiel, das prototypisch auch für andere Fächer steht.
Rezension zu Klaus-Peter Dencker (Hg.): Poetische Sprachspiele. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Stuttgart (Reclam) 2002 (= Reclams Universal-Bibliothek; Bd. 18238). 428 Seiten.
Klaus Peter Dencker, der als Anthologist und Kommentator schon im Bereich der visuellen Dichtung und der Unsinnspoesie Pionierarbeit geleistet hat (Klaus-Peter Dencker (Hg.): Text-Bilder. Visuelle Poesie international. Von der Antike bis zur Gegenwart, Köln 1972; ders. (Hg.): Deutsche Unsinnspoesie, Stuttgart 1978), legt mit einer neuen Anthologie zu 'Poetische[n] Sprachspiele[n]' (Stuttgart 2002) eine Sammlung vor, welche nicht nur denjenigen anspricht, dem ludistische Poesien eine besondere Lust am Text bereiten. Auch dem literaturhistorisch und literarästhetisch interessierten Leser haben die 325 Seiten mit Sammelstücken sowie die begleitenden Informationen vieles zu bieten.
Rezension zu Klimek, Sonja: Paradoxes Erzählen. Die Metalepse in der phantastischen Literatur. Paderborn (mentis) 2010 (= Explicatio. Analytische Studien zur Literatur und Literaturwissenschaft). S 442.
Sonja Klimek versucht in ihrer Arbeit, die im Jahr 2009 als Dissertation an der 'Université de Neuchâtel' angenommen wurde, eine - wie sie ihre Einleitung betitelt - "Annäherung an ein (nicht nur) literarisches Phänomen": die Metalepse.
Rezension zu Klimpel, Volker: Schriftsteller-Ärzte. Biographisch-bibliographisches Lexikon von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hürtgenwald (Guido PressIer) 1999. 218 Seiten.
Der Verfasser dieses Lexikons, Arzt und Medizinhistoriker, präsentiert über dreihundert Lebensbilder von Ärzten, die auch Schriftsteller waren, mit jeweils einem bibliographischem Anhang, der eine Werkauswahl des Autors sowie Hinweise auf nationale und internationale Nachschlagewerke bringt.
Rezension zu Kluge, Rolf-Dieter (Hg.): Von Polen, Poesie und Politik. Adam Mickiewicz 1798-1998. Tübingen (Attempto) 1999. 330 Seiten.
Vierzehn Essays führen in Werk und Wirkungsgeschichte des polnischen Nationaldichters Adam Mickiewicz (1798-1855) ein, an der Spitze eine kenntnisreiche und ausgewogene, Werk und Leben verbindende Betrachtung von Karl Dedecius: "Adam Mickiewicz: Idol und Idee einer Nation" (S. 11-32).
Rezension zu Konrad Meisig (Hg.): Ruhm und Unsterblichkeit. Heldenepik im Kulturvergleich. Wiesbaden (Harrassowitz) 2010. VII u. 194 S.
Es ist erstaunlich, wie schmal die neuere Forschungsliteratur zu jenem literarischen Genre ist, das bis ins 18. Jh. die Dignitätsrangliste der Gattungen anführte: das Epos. Wenngleich dieser Terminus mit den Spielarten Lehrgedicht, geistliches oder allegorisches Epos, mock-heroic u. a. deutlich mehr Optionen umfasst, assoziiert die Literaturgeschichte doch zumeist das sogenannte Heldenepos. So war es eine sinnvolle und zugleich lückenfüllende Initiative, im Sommersemester 2007 eine Ringvorlesung an der Universität Mainz der Heldenepik im Kulturvergleich zu widmen. Die zwölf Beiträge des Sammelbandes sind denn auch grundsätzlich nach dem Maß einer Vorlesung dimensioniert. Sie sind chronologisch angeordnet und behandeln einerseits "gesetzte", kanonische Texte der Heldenepik wie die Werke Homers und Vergils, andererseits aber wenig bekannte Paradigmen aus außereuropäischen Literaturen bzw. exzentrischere Beispiele, an denen sich die Spannbreite des Heroisch-Epischen beweist.
Rezension zu Kratochvílová, Iva/Wolf, Norbert Richard (Hgg.) (2013): Grundlagen einer sprachwissenschaftlichen Quellenkunde (Studien zur Deutschen Sprache 66). Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, ISBN 978-3-8233-6836-6, 382 S.
Der Sammelband, der Beiträge zu allgemeinen korpuslinguistischen Problemen und spezifischen korpusbasierten bzw. -gestützten Studien enthält, ist dem Andenken Hans Wellmanns (1936–2012) gewidmet - sein letzter Beitrag befindet sich in diesem Band.
Rezension zu Kurt Bayertz, Margit. Frölich u. Kurt W. Schmidt (Hg.): I'm the Law. Recht, Ethik und Ästhetik im Western, Frankfurt/Main (Haag + Herchen Verlag) 2004 (= Arnoldshainer Texte; Bd. 124). 170 Seiten.
Hervorgegangen aus einer Tagung im Jahre 2002, versammelt der Band insgesamt acht methodisch recht unterschiedliche Beiträge, die sich aus interdisziplinärer Perspektive mit dem Phänomen des Westerns auseinandersetzen.
Rezension zu Kurt Röttgers: Metabasis. Philosophie der Übergänge, Magdeburg (Scriptum) 2002 (= SO|PHI|ST. Sozialphilosophische Studien; Bd. 4). 456 Seiten.
"Eine Philosophie der Übergänge stellt sich dem Problem der radikalen Übergänge." "Philosophie der Übergänge ist das Unternehmen, die Zeitlichkeit von Ereignissen anders als in Geschichten zu denken." Das Programm, das diese lapidare Sätze formulieren, setzt Kurt Röttgers' Studie auch tatsächlich um. Dem allein stehend doch relativ abstrakten Begriff des Übergangs gewinnt diese eine erstaunliche Fülle von nicht nur philosophisch, sondern kultur- und nicht zuletzt literaturwissenschaftlich interessanten Aspekten ab. Das Inhaltsverzeichnis kann als Einladung an den Leser verstanden werden, seine Übergänge selbst zu wählen, statt konsequent von vorne nach hinten zu lesen, wenn er die in der Einleitung und in Abschnitt 1 ("Die Gewalt des Übergangs") thematisierten Denkgrundlagen einmal nachvollzogen hat (was die Rez. empfiehlt, weil es den Gewinn der Lektüre erheblich steigert).
'Literatur und Medizin' ist nicht zwingend ein interdisziplinäres Arbeitsgebiet: In der Komparatistik fällt es unter den Bereich der Erforschung von Literatur und Wissenschaft und hat da eine gewisse Tradition. Anders verhält es sich mit dem Gebiet der "Medical Humanities", die als solche ein interdisziplinäres Arbeitsgebiet sind und für die es eigentlich keinen deutschen Begriff gibt. Der hier zu besprechende Band ist von einem Anglisten, Pascal Fischer, und einer Medizinhistorikerin und ethikerin, Mariacarla Bondio herausgegeben. Die beiden geben auf engstem Raum eine ausgezeichnete Einführung in die Tradition und Fragestellungen der "Medical Humanities" und zeigen Breite und Anschlussfähigkeit der Forschung.
Der Sammelband 'Literature as Dialogue. Invitations Offered and Negotiated' vereint die Beiträge der jährlichen Konferenz der International Association for Dialogue Analysis, welche unter dem Titel 'Dialogue Analysis: Literature as Dialogue' im Jahre 2012 vom LitCom-Projekt, Literary Communication Project of Åbo Akademi University, ausgerichtet wurde. Die theoretische Basis der dreizehn Rezensionen Aufsätze folgt zu großen Teilen den Ansätzen und Ergebnissen der Forschungen im Rahmen dieses Projekts, welche daher zu Beginn kurz zusammengefasst werden. Im Sinne des LitCom-Projekts werden die Prozesse des Schreibens, Lesens und der weiteren Wirkung eines literarischen Textes als reale Kommunikationsakte betrachtet. Im Gegensatz zu den lange Zeit dominierenden Kommunikationstheorien und dem Konzept des Senders und Empfängers einer Nachricht werden diese Kommunikationsakte immer als bidirektional und bikontextuell verstanden. Neben der Frage der jeweiligen Ausprägung der Dialogizität eines Textes gilt es ebenso die Verhandlungsmöglichkeiten der Rezipienten zu berücksichtigen. Diese können die Einladung zum Dialog nicht lediglich annehmen oder ablehnen, sondern entsprechend dem Verhandlungsspielraum des Textes individuell umsetzen.
Rezension zu Magdalena Marszałek: "Das Leben und das Papier". Das autobiographische Projekt Zofia Nałkowskas 'Dzienniki' 1899-1954, Heidelberg (Synchron) 2003. 187 Seiten.
Magdalena Marszałeks Monographie über die Tagebücher der polnischen Schriftstellerin Zofia Nałkowska (zugleich ihre Berliner Dissertation von 2002) geht dezidiert über eine biographisch-historische Lektüre hinaus, ohne deren Gewinn in Frage zu stellen. Dabei richtet die Verfasserin ihr Augenmerk wesentlich auf den Schreibakt selbst, zum einen auf die textuellen, diskursiven und interaktiven Bedingungen diaristischer Selbstkonstituierung und zum andern auf die performativen ich-konstitutiven Schreibeffekte. Damit erschließt die Studie nicht nur alternative Zugänge zu den Tagebüchern Nałkowskas, die bislang vornehmlich Gegenstand historiographischer Kommentare und ohne nennenswerte literaturkritische Resonanz geblieben sind. Vielmehr entwickelt Marszałek zur Analyse der Selbst-Konstruktionen Nałkowskas zunächst eine theoretische Grundlage, die auch über die Beschäftigung mit den Tagebüchern dieser Autorin hinaus einen produktiven Beitrag zur Entwicklung einer Theorie der Gattung darstellt.
Rezension zu Mallarmé in the Twentieth Century. Edited by Robert Greer Cohn. Associate Editor Gerald Gillespie. Madison (Fairleigh Dickinson University Press); London (Associated University Presses) 1998.298 Seiten.
Der pünktlich zum hundertsten Todestag Mallarmés erschienene Sammelband geht zurück auf ein "Mallarmé Festival", das auf Anregung des Komparatisten Ricardo Quinones im Oktober 1996 an der Stanford Universität stattgefunden hat und von Robert Greer Cohn, einem der international führenden Mallarmé-Forscher, organisiert worden ist. Er versammelt Beiträge zu grundlegenden Aspekten des Mallarméschen Gesamtwerks, zu einzelnen seiner Texte, zu Problemen der Mallarmé-Übersetzung, zur weltweiten Wirkung des Dichters sowie zu Beziehungen Mallarmés zu anderen Autoren.
Rezension zu Manfred Dierks: Das dunkle Gesicht. Eine literarische Phantasie über C. G. Jung. Roman. Düsseldorf, Zürich (Artemis und Winkler) 1999. 310 Seiten.
Manfred Dierks, Germanist in Oldenburg, ist bereits 1997 mit einem Roman an die Öffentlichkeit getreten, der eine fingierte Begegnung zwischen Thomas Mann und Wilhelm Jensen zum Ausgangspunkt hatte und mit seinem Titel 'Der Wahn und die Träume' explizit auf Sigmund Freuds Deutung der Erzählung 'Gradiva' Bezug nahm. Inzwischen hat Dierks seinen zweiten Roman veröffentlicht: 'Das dunkle Gesicht'. Der Untertitel kennzeichnet den Text als "eine literarische Phantasie über C. G. Jung". Nur: Der Leser wird vergeblich nach C. G. Jung fahnden. Er kommt nicht vor. So jedenfalls ist es mir ergangen, bis ich plötzlich realisierte, daß ich es von der ersten Seite an mit C. G. Jung zu tun hatte. Er hieß nur nicht so, sondern: Alt.
[Rezension zu:] Manfred Schmeling u. Hans-Joachim Backe (Hg.): From Ritual to Romance and Beyond
(2012)
Rezension zu Manfred Schmeling u. Hans-Joachim Backe (Hg.): From Ritual to Romance and Beyond. Comparative Literature and Comparative Religious Studies. Würzburg (Königshausen & Neumann) 2011. 316 S.
Die variantenreichen Beziehungen zwischen Religion und Literatur, auch über den europäischen Raum hinaus, zu analysieren, haben sich in der internationalen Wissenschaftslandschaft des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts nicht nur Theologie und Literaturwissenschaft, sondern viele verschiedene Disziplinen zur Aufgabe gemacht. Wir haben es hier mit einem Untersuchungsfeld zu tun, das eine Vielzahl von Methoden und Ansätzen nicht nur erlaubt, sondern erfordert. Daher ist es durchaus sinnvoll, in einem Band verschiedene, heterogene Sichtweisen auf das Feld zu präsentieren. Eben das leistet die Aufsatzsammlung 'From Ritual to Romance and Beyond' von Manfred Schmeling und Hans-Joachim Backe, die 25 Beiträge zum Thema Religion und Literatur zusammenbindet.
Rezension zu Margrit Frölich, Reinhard Middel u. Karsten Visarius (Hg.): Außer Kontrolle. Wut im Film. Marburg (Schüren) 2005 (= Arnoldshainer Filmgespräche, Bd.22). 196 S.
Die Gefühle sind zurück. Zumindest in der Filmwissenschaft ist in der jüngeren Vergangenheit eine Reihe von Arbeiten erschienen, die sich den Emotionen und Affekten des Kinos widmen; denen auf der Leinwand ebenso wie - unlösbar damit verbunden - denen im Zuschauerraum. Ein schmaler Band nimmt nun einen speziellen, aber zugleich extremen Affekt in den Blick, der in seiner Maßlosigkeit quer zur analytischen Vermessung zu stehen scheint. 'Wut im Film' ist der Untertitel des Bandes 'Außer Kontrolle', von dessen Umschlag den Leser die Comic-Wutikone Hulk, grün vor Wut und stark im Schweiße, anblickt. Dokumentiert sind die Beiträge der '22. Arnoldshainer Filmgespräche', zu denen die dortige Evangelische Akademie jährlich einlädt. Filmkritiker, und -Wissenschaftler, teils mit erkennbar kirchlichem Hintergrund, untersuchen den emotionalen Ausnahmezustand, der sich gerade aufgrund seines eruptiven Charakters und der damit verbundenen Dynamik besonders zur filmischen Auswertung eignet.
Mit dieser umfangreichen Monografie dokumentiert Mario Zanucchi in geschlossener Form die Rezeption der Lyrik des französischen Symbolismus in der deutschsprachigen Dichtung der Moderne. Die Arbeit befasst sich mit Prozessen und Figuren der transnationalen Übernahme literarischer Formen und Motive (Transfer) und deren poetischer Anverwandlung bzw. Überformung (Modifikation): Es werden imitative, transformative und transgressive Verfahren der Textproduktion und -reproduktion berücksichtigt [...], die in Übersetzungen, Übertragungen, Pastiches, Adaptationen, Nachdichtungen, Parodien und Kontrafakturen ihren Niederschlag finden. Demzufolge orientiert sich die komparatistisch angelegte Studie methodologisch und begrifflich stark an der Intertextualitätsforschung. Sie deckt die Zeitspanne zwischen 1890, dem Erscheinungsjahr von Stefan Georges 'Hymnen', und dem Jahr 1923, in dem die 'Sonette an Orpheus' von Rainer Maria Rilke erstmalig veröffentlicht werden, ab. Von daher umfasst sie sowohl die ästhetizistische als auch die avantgardistische Moderne. Zanucchis Arbeit begegnet einem langjährigen Forschungsdesiderat schon allein deswegen, weil eine derart breit angelegte und auf einem umfangreichen Textkorpus basierende Überblicksdarstellung über die deutschsprachige symbolistische Lyrik bisher fehlte.
Rezension zu Markus Kuhn: Filmnarratologie. Ein erzähltheoretisches Analysemodell. Berlin, New York (de Gruyter) 2011 (= Narratologia; 26). 410 S.
Die Zahl der Publikationen zur Narratologie ist in den letzten Jahren auf ein nahezu unüberschaubares Maß angewachsen und wächst stetig weiter. Umso wichtiger erscheinen Bücher, die gleichsam innehalten und den aktuellen Forschungsstand festhalten und dabei einen summarischen, systematischen und anwendungsorientierten Überblick liefern. Eben dies ist der Anspruch, den Markus Kuhn mit seiner 2008 an der Universität Hamburg vorgelegten und mit dem Absolventenpreis 2009 der Studienstiftung Hamburg ausgezeichneten Dissertation verfolgt.