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Sedimentologie und Verwitterungsbeständigkeit des Wellenkalks
(Unterer Muschelkalk) von Osnabrück
(1993)
Die Sedimentologie und Verwitterungsbeständigkeit des Osnabrücker Weilenkalks (Unterer Muschelkalk) werden an Mauersteinen aus zwei Gebäuden in Osnabrück und an Proben aus dem Steinbruch im Botanischen Garten Osnabrück untersucht. Es lassen sich 6 Mikrofaziestypen (A-F) unterscheiden, die ausführlich beschrieben werden. Ihre Analyse erlaubt detaillierte Aussagen zum Sedimentationsraum und zur Entstehung. Darauf aufbauend werden die in der Schichtenfolge beobachtbaren Sedimentationszyklen auf Meeresspiegeländerungen zurückgeführt. Es lassen sich deutliche Unterschiede in der Verwitterungsbeständigkeit der verschiedenen Mikrofaziestypen erkennen. Am verwitterungsbeständigsten sind die Mikrofaziestypen A und B, durch Sturmfluten entstandene Lagen im unteren und oberen Teil des Oolithbank-Members der Wellenkalk-Formation. Die Mikrofaziestypen A und B sind so verwitterungsbeständig., da sie nicht feingeschichtet sind und freiwillige Wasseraufnahme, Schurecht-Ratio (= freiwillige Wasseraufnahme geteilt durch effektive Porosität) sowie der Gehalt an salzsäureunlöslichem Rückstand relativ gering sind.
Am 28. September 1993 verstarb das Ehrenmitglied des Naturwissenschaftlichen Vereins Walter Hoffmeister in seinem 70. Lebensjahr. Der Naturwissenschaftliche Verein Osnabrück gedenkt des langjährigen Leiters der Hydrobiologischen Arbeitsgemeinschaft Walter Hoffmeister, der sich in seinem Schaffen und wissenschaftlichen Wirkungskreis um die Gewässerkunde im Osnabrücker Bergland große Verdienste erworben hat.
Es werden ausgedehnte Schlammfluren und ihre Kontaktgesellschaften aus dem Stadtgebiet von Osnabrück beschrieben, vor allem das Ranunculo-Rumicetum maritimi SISS. 66 und verwandte Bidentetalia-Gesellschaften. Diese Vegetation wächst auf sandigem Material, das bei Straßenbau und anderen Tiefbauarbeiten aufgeschüttet, zwischengelagert und z. T. planiert wurde. Bemerkenswert waren unter anderm große Vorkommen von Rumex palustris, Rumex maritimus, Senecio congestus (Tephroseris palustris), Coronopus didymus, Galega officinalis und Conium maculatum. Es wird erörtert, daß solche Vorkommen unbeabsichtigte und meist unbeachtete Nebenprodukte normaler Arbeitsvorgänge sind. Sie sind weder planbar, noch können sie erhalten werden. Sie können deshalb auch kein möglicher Gegenstand eines sinnvollen Natur-, Arten- oder Biotopschutzes sein.
Von der Gemeinde Hagen a.T.W. wurde am Butterberg ein ehemaliger Steinbruch im Osning-Sandstein durch die Anlage eines Schurfgrabens so erweitert, daß jetzt die Basis des Osning-Sandsteins und etwa 20, m der Schichtenfolge aus seinem Liegenden freigelegt sind. Die Basis des Osning-Sandsteins besteht aus einem dünnen Geröllhorizont, dem Osning-Konglomerat. Das Konglomerat wurde transgressiv auf Schichten der Bückeberg-Folge 1 (tiefster "Wealden") geschüttet. Unter den Gesteinen der Bückeberg-Folge, die mit einer Restmächtigkeit von nur noch etwa 5 m erhalten sind, treten in dem Schurfgraben noch ca. 15 m Ablagerungen des Serpulits auf. Dieser neu geschaffene Aufschluß wird langfristig - als Naturdenkmal geschützt - erhalten bleiben.
In der Forschung zu Grammatikalisierungsphänomenen wurden die Untersuchungsergebnisse häufig in Form grafischer Schemata dargestellt. Die einschlägige Forschungsliteratur spricht daher von 'grammaticalization paths', 'chains' und 'channels'. Wir möchten in dieser Arbeit erstens einen Überblick darüber bieten, welche Grammatikalisierungspfade – und zu welchen traditionellen grammatischen Domänen – bisher vorgeschlagen wurden. Zweitens möchten wir mittels der Zusammmenstellung der Pfade in einem Gesamtbild veranschaulichen, wie ein Grammatik-Modell aussehen könnte, dem die Grammatikalisierungstheorie zugrunde liegt. Ein solcher Überblick ist aus mehreren Gründen problematisch: Zum einen liegen für einige Grammatikalisierungsentwicklungen verschiedene Vorschläge vor, von denen wir jeweils die auswählten, für die ausreichend Belegmaterial angeführt wurde. Ein anderes Problem stellt die Heterogenität der grafischen Schemata dar, für die wir versucht haben, ein einheitliches Format zu erarbeiten, um sie in unser Gesamtmodell zu integrieren. In gleicher Weise wurden die Vorschläge einbezogen, die nicht in grafischer Gestalt vorlagen. Ein grundlegendes Kriterium für die Auswahl aus der vielfältigen Literatur war, daß die Bewegung eines sprachlichen Elements entlang seines historisch belegten Pfades betrachtet wurde. Im ersten Teil der Arbeit wird die Gesamtgrafik in Bezug auf die von Himmelmann 1992 skizzierte Grammatikalisierungtheorie in einzelnen Aspekten erläutert. Der zweite Teil dient der Einordnung der historisch belegten Entwicklungen in das Gesamtschema, wobei zwei Pfade gesondert behandelt werden. Zum Abschluß möchten wir kurz auf die Möglichkeiten und die Mängel des Modells eingehen.
IWF aktuell : Nr. 22
(1993)
IWF aktuell : Nr. 23
(1993)
Die Geschlechterdifferenzierung von Frau und Mann wird in den mittelalterlichen Adelsgesellschaften vorrangig funktionalisiert über Ehe und über Sexualität. Ehe übernimmt dabei ökonomisch-politische Funktionen, ist Instrument von Herrschaft, Friedensschluß usw. Der Sexualität andererseits sind allererst provokative Funktionen zugewiesen. (...) Dies ändert sich erst in einem langandauernden und durchgreifenden mentalitätsgeschichtlichen Prozeß, der – um ein Datum zu nennen – nach dem Jahrtausend allmählich in Gang kommt und von so weit reichenden Folgen ist, daß man geradezu von der „Entdeckung der Liebe im Hochmittelalter“ gesprochen hat.
Die Geschichte von Tristan und Isolde in ihren verschiedenen volkssprachigen Fassungen ist seit der Mitte des 12. Jahrhunderts wohl eine der wichtigsten erzählerischen Vollzugs- und Reflexionsformen jener Entdeckung. Diese Geschichte will i(...) [Peter Strohschneider] von einem einzelnen Text her zum Thema machen, demjenigen des – wie man seinem Namen rekonstruiert – Eilhart von Oberg.
In die gattungsgeschichtliche Reihe der Novellensammlung oder auch der 'Novellenromane' sind Johann Beers 'Winter-Nächte' (…) [der Untersuchung zufolge] nicht eingefügt, wohl aber in die Tradition eines gemeinschaftlichen Erzählens, eines Novellare, das sich selbst in seinem todverdrängenden und lebenserhaltenden Sinn erläutert und legitimiert. Sie reicht von 'Scheherezâde' und dem 'Papageienbuch' bis zu Goethes 'Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten', von den sieben weisen Meistern über das 'Decameron' zu Brentanos
'Mehreren Wehmüllern', Heines 'Florentinischen Nächten' oder auch Leo Lionnis 'Frederick', der den hungrigen Mäusen in langen Winternächten jene Vorräte erzählend wiedergibt, die sie längst aufgebraucht haben.
Norman I. Platnick: Advances in spider taxonomy 1988-1991 : with synonymies and transfers 1940-1980
(1993)
Studies of the spider fauna of xerotherm ic and of wetland habitats in Brandenburg revealed rare species that deserve interest because of their occurrence in this part of the country. A considerable number of these species are listed in red books of endangered spiders of our area. In order to inform colleagues who are interested in spider faunistics and in environmental control these species, are listed and briefly commented.
Als Nachtrag zum "Katalog der schweizerischen Spinnen bis 1990" (MAURER & HÄNGGI 1991) werden 7 Arten erstmals für die Schweiz gemeldet: Diplocephalus aff. procer (SIMON, 1884), sensu THALER (1972), Diplocephalus protuberans (O.P.-CAMBRIDGE, 1875), Tapinocyba praecox (O.P.-CAMBRIDGE, 1873), Trichoncus saxicola (O.P.-CAMBRIDGE, 1861), Zelotes pseudoclivicola GRIMM 1982, Ozyptila (=Oxyptila) sanctuaria (0. P. -CAMBRIDGE, 1871), Talavera (=Euophrys) aperta (MILLER, 1971). Weitere 8 Arten wurden bereits anderweitig publiziert, sind aber als Ergänzung zum "Katalog" nochmals zusammengefasst: Mecynargus (=Rhaebothorax) foveatus (F. DAHL, 1912), Tapinocyba maureri THALER, 1991, Bathyphantes setiger F.O.P.-CAMBRIDGE, 1894, Tallusia (=Centromerus) vindobonensis (KULCZYNSKI, 1889), Cybaeus intermedius MAURER, 1992, Cybaeus montanus MAURER, 1992, Zelotes atrocaeruleus (SIMON, 1878), Talavera inopinata WUNDERLlCH, 1993.
Arachnologie einmal anders
(1993)
Es erfolgt die Besprechung folgender Bücher: (1) Harald Braem: Große Spinne - kleine Spinne. Ein Lesebuch über "das schreckliche Tier". - Rainar Nitzsche Verlag, Kaiserslautern (Reihe Natur); 1992. 42 S., DM 16,-. (2) Evamaria Kuhn: Die Spinne Seraphina. - Urachhaus, Stuttgart 1986. 99 S., DM 24,-. (3) Babette Cole: Tarzanna. - Carlsen, Hamburg 1992. Ohne Paginierung, DM 19,80.
Grünmulchen in den Rebflächen des Kaiserstuhls bewirkt, daß die Arten- und Individuenzahlen der Spinnen zunehmen. Das Artenspektrum verschiebt sich in Richtung trockenheitsliebender Arten - die Spinnenfauna wird "kaiserstuhltypischer". Die begrünten Rebflachen sind damit nicht nur Produktionsflächen, sondern auch Lebensraum für eine vielfaltige Fauna. Es gibt keine "Hackfrucht-Spinnengemeinschaft", vergleichbar der Hackfruchtflora in bodenbearbeiteten Rebflächen. Es gibt auf Rebflächen nur eine typische Spinnengemeinschaft, die je nach Intensität der Bearbeitung mehr oder weniger in Arten- und Individuenzahl reduziert ist.
Eine neue Methode zur autökologischen Charakterisierung von Spinnenarten wird vorgestellt. Sie beruht aut dem Zeigerwertsystem nach ELLENBERG und ermöglicht durch einen Vergleich mehrerer, möglichst unterschiedlich gestalteter Fundorte einer Art eine erste Orientierung, die besonders fur die autökologische Untersuchung selten gefundener Arten geeignet erscheint. Die Methode wird am Beispiel der Bodenspinne Comaroma simoni BERTKAU dargelegt, und die Autökologie dieser Art wird aufgrund der eruierten Parameter diskutiert.
Dr. H. Homann wird 99!
(1993)
Im Sommer 1992 wurde an Abschnitten der Rur und ihres Nebenflusses Inde (Niederrheinische Bucht, Nordrhein-Westfalen) die Ufervegetation pflanzensoziologisch untersucht und die lokale Verbreitung von Neophyten mit Hilfe einer speziell entwickelten Methode der Feinkartierung erfaßt.
Die Ufervegetation der Rur weist nur in zwei Teilbereichen natürliche bzw. naturnahe Vegetationstypen der Flußufer in guter Ausbildung auf; hier treten flächenhaft Gesellschaften der Convolvuletalia, des Phragmition und Sparganio-Glycerion, des Bidention und des Salicion purpureae auf. Die übrigen Bereiche der Rur und ebenso die Inde sind ausgebaut und durch relativ intensiv "gepflegte", botanisch verarmte Ufer gekennzeichnet.
Insgesamt wurden knapp 60 Kilometer Uferstrecke abgegangen und dabei etwa 30 neophytische Sippen nachgewiesen; hiervon wurden 15 ausgewählte Sippen systematisch kartiert. Für etwa ein Dutzend im Untersuchungsgebiet häufigere Neophyten wurden Verbreitungskarten erstellt und diskutiert.
Parallel zur Feinkartierung von Neophyten wurden im Gelände und aus schriftlichen Quellen verschiedene Formen anthropogener Standortveränderungen erfaßt, um Hinweise auf Zusammenhänge mit der Ausbreitung der Neophyten zu erhalten.
Aus einer Sichtung der diesbezüglichen Literatur ergaben sich zwei Gruppen von Hypothesen darüber, welcher Typ von anthropogenen Einflüssen die Ausbreitung von Neophyten an Flüssen besonders begünstigt: von einigen Autoren wurden direkte mechanische Eingriffe im Uferbereich, wie Kanalisierung und Auwaldrodung, als maßgeblich betrachtet, von anderen Autoren wurde dagegen in den chemischen Belastungen des Flußwassers der Hauptfaktor vermutet. Es wurde in der vorliegenden Arbeit aber davon ausgegangen, daß die Daten, die bisher zu Aussagen über die Neophyten-Problematik an Flußufern herangezogen wurden, im wesentlichen auf zu kleinmaßstäbigen Kartierungen und auf zu spezieller Betrachtung einzelner neophytischer Arten beruhten.
Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit versucht, zusätzlich zur Feinkartierung einen neuen methodischen Ansatz zu entwickeln, um die Bedeutung, die Neophyten insgesamt in der Vegetation eines bestimmten Flußabschnitts haben, synthetisch zu analysieren.
Es wurde ein "Neophyten-Index" als Maß des Neophytenreichtums ermittelt; er bezieht sich immer auf einen bestimmten Flußabschnitt und ergibt sich aus der Gesamtzahl und Häufigkeit der in dem Abschnitt gefundenen neophytischen Sippen. Der Neophyten-Index als synthetischer Ausdruck floristischer Veränderungen ermöglichte einen groben Vergleich mit Daten zu anthropogenen Standortveränderungen. Die Probleme derartiger schematischer Berechnungen wurden diskutiert; alle Aussagen über die Ergebnisse mußten vorbehaltlich der Notwendigkeit kritischer Interpretation erfolgen.
Eine wichtige Rolle bei den Untersuchungen spielte die Frage des Status von Neophyten-Vorkommen; wesentlich war auch die Kenntnis der aktuellen Phase der Einwanderung eines Neophyten in das Untersuchungsgebiet. Vorkommen mit zufälligem Charakter, also unbeständige oder vorpostenartige Vorkommen, erlauben nur begrenzt ökologische Aussagen. Deshalb waren nicht alle gefundenen Neophyten gleichermaßen für die Berechnung eines Neophyten-Index verwendbar. Neben Beobachtungen im Gelände waren zur Beurteilung dieser Fragen umfangreiche Auswertungen der Literatur notwendig. Als Ergebnis wurde also zunächst sippenbezogen die Geschichte der Ausbreitung rekonstruiert, sowie die gegenwärtige Verbreitung und der Status im Untersuchungsgebiet ermittelt. Acht Neophyten wurden dann als geeignet befunden, in die Berechnung des Neophyten-Index einzugehen.
Es ergaben sich deutliche Unterschiede im Neophyten-Index verschiedener Flußabschnitte: für den unteren Bereich der Rur unterhalb der Einmündung der Inde und besonders für die Inde selbst ergaben sich deutlich höhere Neophyten-Indices als für den oberen Bereich der Rur.
Entgegen häufigen allgemeinen Angaben in der Literatur gab es im Untersuchungsgebiet keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen dem Ausbauzustand eines Flußabschnittes und dessen Neophytenreichtum; einige naturnah mäandrierende Abschnitte der Rur waren deutlich neophytenreicher als andere, regulierte Abschnitte.
Ebensowenig war im gewählten Maßstabsbereich ein Zusammenhang zwischen der Beschattung der Ufer durch Gehölze und dem Neophytenreichtum festzustellen; der gesamte obere Bereich der Rur war trotz geringer Beschattung relativ neophytenarm.
Eine sehr auffällige Koinzidenz besteht jedoch zwischen Neophyten-Index und der Gewässergüteklasse der Teilabschnitte; die Inde ist durch vor allem industrielle Abwässer erheblich verschmutzt, während die Rur oberhalb der Einmündung der Inde nur geringere Belastungen aufzuweisen hat. Eine deutliche Abhängigkeit der Neophyten-Ausbreitung von der Gewässerbelastung wurde in der Literatur bisher zwar von einigen Autoren vermutet, jedoch nie durch exakte Kartierungen in geeigneten Untersuchungsgebieten nachgewiesen.
Die hier nachgewiesene Koinzidenz zwischen Gewässerbelastung und Neophytenreichtum muß mit Vorsicht interpretiert werden; weitere Faktoren unbekannter Bedeutung kommen hinzu. Als Einschleppungsort bzw. Ausbreitungszentrum von Neophyten könnte etwa die Industrieregion im Einzugsgebiet der Inde - oberhalb des Untersuchungsgebiets - eine Rolle spielen. Auch ein Einfluß des Abflußregimes auf die Ausbreitung von Neophyten kann nach den vorliegenden Daten nicht ausgeschlossen werden.
Abschließend werden die konkreten Standortfaktoren Wasserhaushalt und Bodensubstrat bezüglich ihrer noch weitgehend im Dunkeln liegenden Abwandlung durch anthropogene Einflüsse diskutiert.
Vor 25 Jahren hat Hugo Kuhn das sogenannte dritte Kreuzzugslied „Ich var mit iuweren hulden, herren und mâge“ (MF 218,5) Hartmanns von Aue zum Gegenstand eines bahnbrechenden und in der altgermanistischen Lyrikforschung einflußreich gewordenen Versuchs gemacht, am konkreten Fall vorzuführen, in welcher Weise mittelhochdeutsche Lyrik von ihrem öffentlichen Vortrag vor einem höfischen Publikum her zu denken wäre. Der von der mediävistischen Literaturwissenschaft längst anerkannte Anspruch dieses Vorstoßes war es, für die mittelhochdeutsche Liebeslyrik einen Begriff von „Minnesang als Aufführungsform“ zu etablieren, sie also als Medium kommunikativer Vorgänge zu begreifen und so überhaupt die mediävistische Forscherperspektive auf das kommunikative Funktionieren von Dichtung hin zu öffnen.
"Das zwischen dem Herbst 1989 und dem 3. Oktober 1990 entstandene literarische Material, das von einer vielfältigen Haltung der DDR-Intellektuellen zur deutschen Wiedervereinigung zeugt, scheint mir [...] besonders wichtig. Die Textsammlung [Grenzfallgedichte : eine deutsche Anthologie] - etwa 100 Gedichte - die hier kurz besprochen wird, bildet einen vielstimmigen Kommentar, manchmal genau datiert, zu den politischen Ereignissen jener Zeitspanne, in der sich der Lauf der deutschen Geschichte radikal verändert hat."
Daß die Einheit eines erzählerischen oder dramatischen Textes nicht nur in der durchgehenden Handlung, in seiner Fabel oder, Aristotelisch gesagt, im "Mythos" verankert ist, sondern mindestens ebensosehr von den vielfachen Querverweisen motivischer oder metaphorischer Art getragen wird, dürfte einleuchtend sein. So sind es gerade die Wiederholungen, Verkehrungen und Verschiebungen von Motiven, die die Teile eines Dramas, eines Romans, einer Erzählung entgegen der einsinnigen Richtung von Spiel-, Lese- und Erzählzeit miteinander verknüpfen und in "wiederholten Spiegelungen" des Anfangs im Ende, des Endes im Anfang usf. eine Konfiguration1 entstehen lassen, die aus dem Fluß des Erzählens allererst einen "Text" im etymologischen Sinne, als Gewebe, Geflecht, Gefüge macht. In den "Wahlverwandtschaften" hat Goethe den Aufbau des Ganzen durch das Ineinander der Teile im Bild des "roten Fadens" bezeichnet, den man aus den Tauen der englischen Flotte "nicht herauswinden kann, ohne alles aufzulösen". Dennoch kommt dem Anfang eines Textes besondere Bedeutung zu. Gerade wenn der Text als Konfiguration ein "Ganzes" ausmacht, das sich mithin nach seiner artistischen Seite von der empirischen Umwelt unterscheidet, indem es selbst eine "Welt" bildet, übernimmt der Anfang die Funktion einer Grenze, an der die empirische und die artistisch organisierte Welt aufeinandertreffen [...] Eine Untersuchung der Motivik des Anfangs könnte wechselseitig die verschiedenen Motive und die Struktur der Texte aufklären. Die ersteren, insofern sich im Vergleich sowohl der unterschiedlichen Verwendungsweise eines einzigen wie auch verschiedener Motive an exponierter Stelle ihre inneren Möglichkeiten aufschließen; die letzteren insofern, als die mikrologische Untersuchung des Textbeginns Licht auf das Ganze werfen kann. Im folgenden werden daher zwei Motive auf ihre Verwendungsweise am Textbeginn hin untersucht: der Musenanruf am Beispiel Homers und der Wald bei Dante, Wieland, Tieck, Stifter und Eichendorff.
Ursula Renner rezensiert Waltraud Wiethölters Tübinger Habilitationsschrift "Hofmannsthal oder Die Geometrie des Subjekts", in der ein Zugang zu Hofmannsthals Erzählprosa erprobt wird, der über die Grenzen der abgeschlossenen Texte hinausgreift und sie als ein chronologisch sich entwickelndes Textkontinuum versteht. Neben den Erzählungen werden die essayistische Prosa und die Notizen aus dem Nachlaß einbezogen, welche in ihrem Umfang - und auch ihrer Bedeutung - erst nach und nach durch die Bände der kritischen Ausgabe ans Licht kommen. Die Verfasserin macht einen Zusammenhang sichtbar, der von dem frühen autobiographischen Fragment "Age of Innocence" und dem "Märchen der 672. Nacht" und den vieldiskutierten "Brief" des Lord Chandos, das Kunstmärchen "Frau ohne Schatten" bis hin zum "Andreas"-Fragment reicht, an dem Hofmannsthal seit 1907 bis zu seinen letzten Lebensjahren "laborierte". Die Anlayse dieses Romanentwurfs beansprucht den größten Raum - mehr als 100 Seiten - in Wiethölters Untersuchung.
Die hochdeutschen Dialekte sind gemeinhin dafür bekannt, beim Ausdruck grammatischer Kategorien analytischer zu verfahren als die Hochsprache. Dafür spricht die Ersetzung des synthetischen Präteritums durch das zusammengesetzte Perfekt und der Abbau der Genitivflexion. In diesem Aufsatz soll gezeigt werden, daß diesen Analysetendenzen ganz deutliche Synthesetendenzen gegenüberstehen, die bisher viel zu wenig beachtet wurden: Das Alemannische weist eine beträchtliche Anzahl an Klitika auf. Nach einer kurzen Bestimmung der Termini Pro- und Enklise (1) wenden wir uns der Klitisierung von Artikel und Personalpronomen im Berndeutschen zu (2). Abschließend soll nach den sprachtypologischen Konsequenzen dieser Entwicklung gefragt werden (3).
"Mit dem Ursprunge einer Sache entgeht uns ein Theil ihrer Geschichte, die doch so viel in ihr erklären muß, und meistens der wichtigste Theil." Herders Plädoyer zugunsten einer genetischen Erklärungsweise verdient im Hinblick auf die Romantikforschung und ihren Zugang zum Werk Wilhelm Heinrich Wackenroders, dessen um die Mitte des Jahres 1796 erschienenes "Ehrengedächtniß unsers ehrwürdigen Ahnherrn Albrecht Dürers" als das erste literarische Zeugnis der Frühromantik gilt, besondere Beachtung. Sucht man nämlich das schmale Werk des bereits vierundzwanzigjährig verstorbenen Berliner Juristen rückblikkend an der Elle desjenigen zu messen, was Novalis und die Brüder Schlegel in einem intensiven und breit überlieferten Reflexionsprozeß als philosophisch-poetologisches Konzept "der" Frühromantik erarbeiteten, erscheint Wackenroders Beitrag - zumal das Bild des Autors bis heute unter der romantisierenden Gleichsetzung mit der Erzählerfigur des Klosterbruders leidet - allzu leicht als kindlich-naives Präludium ohne theoretisches Fundament.
Nicht nur die beiden Gesellschaften, sondern auch die Intellektuellen aus Ost- und Westdeutschland befinden sich nach der Wiedervereinigung in einem Prozeß des Umbruchs und der Umgruppierung. Vor diesem Hintergrund beleuchten die beiden Beiträge von Wolfgang Emmerich und Lothar Probst in Heft 4 der Reihe "Materialien und Ergebnisse aus Forschungsprojekten des Institutes" Statusveränderungen und Kontroversen intellektueller Formationen in Deutschland. Beide Beiträge berühren sich in ihrer Darstellung des Antifaschismus in der DDR als identitätsstiftender "Zivilreligion" (Helmut Dubiel) und Loyalitätsfalle. Wolfgang Emmerich zeichnet am Beispiel bekannter DDR-Schriftsteller nach, wie der Antifaschismus als ideologische Klammer bei zwei Autoren-generationen gewirkt hat, während Lothar Probst den sowohl bei Ost- als auch bei Westintellektuellen anzutreffenden Mythos vom "antifaschistischen Charakter" der DDR problematisiert.
In dieser Studie wurden die Veränderungen der Fibrinolyse während der Geburt bei insgesamt 84 Gebärenden untersucht. Gemessen wurden die Konzentrationen des Plasminogen-Aktivator-Inhibitors, alpha-2-Antiplasmins und Plasminogens mit Hilfe von photometrischen Tests mit chromogenem Substrat kurz vor Geburt, direkt nach Geburt des Kindes, 30 und 90 Minuten nach Lösung der Plazenta bei 41 Spontangebärenden und 43 Sectiopatientinnen. 30 Frauen erhielten kurz vor der Geburt eine Kurzinfusion von einer Millionen KIE Aprotinin (Trasylol®), darunter 15 Spontangebärende und 15 Sectiopatientinnen. Sowohl bei den Spontangebärenden als auch bei den Sectiopatientinnen ohne Gabe von Aprotinin war ein offensichtlicher Abfall der PAI-Konzentrationen nach Geburt zu beobachten, die Konzentrationen für alpha-2-Antiplasmin und Plasminogen blieben im gemessenen Zeitraum unverändert. Nach Gabe von Aprotinin dagegen stieg die PAI-Aktivität sowohl bei den Spontangebärenden als auch bei den Sectiopatientinnen nach Geburt leicht an und fiel dann - im Vergleich zu den Patientinnen ohne Verabreichung von Aprotinin - langsamer und schwächer ab. alpha-2-Antiplasmin stieg bei den mit Aprotinin behandelten Patientinnen nach Geburt an und fiel dann wieder bis auf den Ausgangswert ab, die Plasminogenkonzentrationen blieben im gemessenen Zeitraum weitgehend unverändert. Signifikante Unterschiede zwischen Spontangebärenden und Sectiopatientinnen gab es für alle drei Parameter nicht. Die Veränderungen der Faktoren sprechen für eine erhöhte fibrinolytische Aktivität nach Geburt, die als Reaktion auf die gesteigerte Gerinnung zum gleichen Zeitpunkt zu werten ist. Die Verminderung des Plasminogen-Aktivator-Inhibitors versteht sich als reaktiver Verbrauch durch die bei gesteigerter Gerinnung und folgender Fibrinolyse einsetzende "Anti-Fibrinolyse" durch die entsprechenden Hemmfaktoren. Die Veränderungen des PAI und des alpha-2-Antiplasmin unter Aprotinin sind am ehesten als geringere Beanspruchung des fibrinolytischen Systems zu interpretieren. Abschließend läßt sich aus den Beobachtungen ableiten, daß sich der durch die Plazentalösung ausgelöste Verbrauch von Gerinnungs- und Fibrinolysefaktoren durch die Gabe von Aprotinin reduzieren läßt, ein gerade bei intrapartalen Gerinnungsstörungen erwünschter Effekt.
In ihren letzten Lebensjahren verküpft Nelly Sachs das Thema des Schweigens mit dem der Suche nach einer Sprache, nach einem "verlorenen Alphabet", das dem Menschen die göttliche Ordnung der Schöpfung "jenseits des Staubs" wieder zugänglich macht. Die Anlehnung an die Kabbala und an Jokob Böhmes Mystik gestaltet nun ihre Lyrik und gibt ihren Gedichten einen gelegentlich hermetischen Charakter wie im vorliegenden Text aus dem dritten Teil von "Glühende Rätsel" (1964), 2. Band ("Suche nach Lebenden", Suhrkamp 1971, S. 77).
Um das Ende eines Denkmals geht es in Joseph Roths Erzählung "Die Büste des Kaisers". In ihr ist das Denkmal Zeichen und Sinnbild für einen allgemeinen Mythos, hinter dem jedoch ein zweiter, ein "persönlicher Mythos" des Autors Joseph Roth erkennbar wird. Diesem Doppelaspekt einer verborgenen autobiographischen Rede, eines "verschwiegenen Ich" hinter der manifesten Schicht der erzählten Geschichte gilt die folgende Deutung.
Der massenkommunikativen Möglichkeiten des Rundfunks als "Zeitung ohne Papier und 'ohne Entfernungen'" waren sich die Kulturoffiziere "im Waffenrock der Roten Armee" in Ostdeutschland nach dem Kriege von vornherein bewußt: weite Streuung der Information und Erreichbarkeit der gesamten Bevölkerung, hohe Operativität, starke Authentizität durch LiveÜbertragungen, direkte und aktuelle Berichterstattung. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) schaffte sich die notwendigen gesellschaftlichen Voraussetzungen für den ungehinderten Zugriff auf die Funkmedien einerseits durch die Enteignung der verbliebenen Elektronikindustrie und späterer Überführung in "Volkseigentum". Andererseits unterstützte sie sogleich juristisch, institutionell und technisch den Auf- und Ausbau eines Deutschen Demokratischen Rundfunks in der SBZ, übertrug den neu eingesetzten Behörden wie der Deutschen Zentralverwaltung für Volksaufklärung die Einrichtung von Redaktionen und versorgte die Sendeeinrichtungen mit - äußerst knapper - Energie. Ende 1946 hatten neben dem Berliner Rundfunk weitere sechs Regionalsender mit ihrem regelmäßigen Programm für schon mehr als 2 Millionen angemeldete Hörer begonnen.
1991 erschien eine von Asa Kasher herausgegebene Aufsatzsammlung mit dem Titel "The Chomskyan Turn", die eine Bestandsaufnahme der vierzigjährigen Beschäftigung mit der generativen Grammatiktheorie ist. Ähnlich wie Kants "Kopernikanische Wende" die Transzendentalphilosophie zum Maßstab allen künftigen Philosophierens werden ließ, revolutionierte der "Chomskyan Turn" die linguistische Perspektive. Worin besteht nun der epochale Perspektivenwechsel, der die Verwendung des Ausdrucks "Chomskyan Turn" gerechtfertigt erscheinen läßt? In erster Linie betrifft dies die mittlerweile hinlänglich bekannte Abkehr Chomskys von strukturalistischen und induktiven Grammatikansätzen, die auf Beschreibungs- oder Verallgemeinerungskonzepten beruhen. Stattdessen propagiert Chomsky eine Universalgrammatik, die es aufgrund der Annahme universaler und einzelsprachspezifischer Regeln erlaubt, den Spracherwerb und den "grammatischen Instinkt" bei der Wahl wohlgeformter Sätze zu erklären.
Es begann in Lesmona : auf den Spuren einer Bremer Liebesgeschichte ; [Homepage Lesmona-Projekt]
(1993)
Im Herbst 1951 erschien in Hamburg ein Buch, dessen Inhalt in mehrerer Hinsicht überraschend war. "Sommer in Lesmona" hieß es, Untertitel "Mädchenbriefe", doch Briefe aus einem italienischen Badeort enthielt es nicht. Die Briefe stammten aus Bremen und aus der Zeit schon vor der Jahrhundertwende - 'Lesmona' war eine Villa bei Vegesack.
Im Frühjahr 1902 schreibt der noch wenig bekannte, eben erst mit den Buddenbrooks hervorgetretene Thomas Mann an ein "verehrtes Fräulein Hilde" in Dresden einen ungewöhnlichen Brief. Nachdem er ihr zunächst artig zum Geburtstag gratuliert und sich mit einer kleinen Plauderei hinreichend bei ihr eingeschmeichelt hat, rückt er unverhohlen mit etwas ganz anderem heraus. Es ist ein Mordfall, der sich in Dresden zugetragen hat. Vor einiger Zeit habe eine 'Dame der Gesellschaft' in der Dresdner Straßenbahn einen jungen Musiker erschossen, ob sie ihm nicht, mit den Beteiligten bekannt, mehr darüber berichten könne. Der Fall habe einen "ganz merkwürdig starken Eindruck" auf ihn gemacht, vielleicht, daß er sich seiner einmal zu einer "wundervoll melancholischen Liebesgeschichte" bedienen werde. Und dann gießt er einen wahren Sturzbach von Fragen über sie aus: nach der Dauer der Beziehung zwischen den beiden, nach den Familienverhältnissen der Täterin, ob sie Kinder habe, wie man gesellschaftlich miteinander umgegangen sei, was mit den Geschenken gewesen sei, die sie dem Geliebten gemacht haben solle, wie sich die Tat im einzelnen abgespielt habe und vieles mehr. In jedem Falle aber benötige er "Détails", sie vor allem seien ihm wichtig. Wenn sie also irgend könne, so möge sie ihm doch "bitte, bitte, bitte!" einmal alles "recht genau, recht eingehend, recht ausführlich erzählen.
Im Jahre 1609 erscheinen in Deutschland die ersten gedruckten Wochenzeitungen, der Wolfenbüttler "Aviso" (A) und die Straßburger "Relation" (R). Diese Zeitungen bieten zum ersten Mal eine öffentlich verbreitete, aktuelle periodische Berichterstattung. Im Laufe des 17. Jahrhunderts nimmt die Zahl der Zeitungen rapide zu. Bald hat jede größere Stadt ihre eigene Zeitung, z. T. sogar mehrere. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts erscheinen viele Zeitungen zwei- oder mehrmals in der Woche, schließlich kommen auch noch Tageszeitungen dazu. Die Zeitungen werden zu einem wichtigen Kommunikationsfaktor, der auch als Faktor für die Verbreitung sprachlicher Formen berücksichtigt werden muß, ähnlich den Bibelübersetzungen und den Flugschriften im 16. Jahrhundert.
In seinem Jahresgutachten 1993 unternimmt der Beirat den Versuch einer Ganzheitsbetrachtung des Systems Erde, wobei die wesentlichen Wechselbeziehungen zwischen Natur und Gesellschaft im Vordergrund stehen. Damit soll einerseits die Komplexität der Umweltproblematik aufgezeigt und andererseits eine analytische Basis geschaffen werden, um die Bedeutung aktueller Trends (zusätzlicher Treibhauseffekt, Abnahme der biologischen Vielfalt, Verlust fruchtbarer Böden, Bevölkerungswachstum usw.) für das Gesamtsystem zu bewerten. Die vertiefende Behandlung von Schwerpunktthemen wird sich immer wieder an dieser „Erdsicht“ orientieren und umgekehrt zur kontinuierlichen Verbesserung des Systemverständnisses beitragen. Am Anfang des Gutachtens steht die Abgrenzung des Gegenstandes, d. h. die Definition dessen, was unter „Globalen Veränderungen der Umwelt“ zu verstehen ist. Diese Überlegungen müssen zwangsläufig zu einer Auseinandersetzung mit dem Begriff „sustainable development“ führen, der als Schwerpunkt in einem der folgenden Gutachten behandelt werden wird. Der hochaggregierten Darstellung von Natur- und Anthroposphäre und einer Analyse der Verknüpfung beider Sphären im System Erde folgt die Untersuchung der Hauptkomponenten und der dazugehörigen Trend globaler Umweltveränderungen.
In diesem Aufsatz werden syntaktische und semantisch-pragmatische Eigenschaften von wie- und so- Sätzen in redekommentierender Funktion (z.B. wie er sagte, so meinte sie) untersucht. Verschiedene Unterschiede zwischen diesen beiden Satztypen resultieren daraus, daß wie-Sä tze Verbendstellung, so- Sätze dagegen Verbzweitstellung aufweisen. Beide Satztypen können parenthetisch eingeschoben werden, wobei sie - entgegen üblichen Annahmen zur Stellung von Parenthesen - die Satzgliedgrenzen durchbrechen können. Dies wird auf ihre metakommunikative Funktion zurückgeführt. Es wird dafür plädiert, wie-Sä tze zu den Adverbialsätzen zu rechnen, die sich auf den Sprechakt beziehen. Die ihrer Form nach selbständigen so-Sätze haben keine Satzgliedfunktion im kommentierten Satz. Abschließend werden Unterschiede in den semantisch-pragmatischen Eigenschaften der so- und wie- Sätze diskutiert. Die beobachteten Unterschiede lassen sich darauf zurückführen, daß so die aktuelle Äußerung mit der wiedergegebenen identifiziert, wie dagegen eine Beziehung zwischen der aktuellen und einer anderen Äußerung herstellt, die jedoch keine Identifikation beinhaltet.
Die Rahmenbedingungen für den Wasserbau haben sich in den letzten Jahren tiefgreifend verändert. Was gestern noch als "Kleines-Einmal-Eins" galt, ist heute aufgrund neuer Erkenntnisse über die Auswirkungen und die Zusammenhänge in der Natur völlig zurückgedrängt. Wir haben gelernt, daß Wasserbau nicht ausschließlich nach technischen, sondern in gleicher Weise auch nach ökologischen Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Mit dieser Veröffentlichung liegt nunmehr eine Handreichung vor, die allen, die mit Wasserbau zu tun haben, die Entscheidungsfindung bei anstehenden Böschungs- und Ufersicherungen erleichtern soll. Dabei ist grundsätzlich zu überprüfen, ob und in welchem Umfang bauliche Sicherungsmaßnahmen notwendig sind. Teilweise können durch entsprechenden Grunderwerb bzw. durch Entschädigungsleistungen mit der "Bauweise Null" Böschungs- und Ufersicherungen stark eingeschränkt werden oder sogar ganz entfallen.
Iranica Armeno-Iberica : Studien zu den iranischen Lehnwörtern im Armenischen und Georgischen
(1993)
Enthält die beiden Bände: [Hauptbd.] Materialien. Die hier vorgelegten Untersuchungen zeigen deutlich, daß das Problem der Herkunft iranischer Lehnwörter im Altgeorgischen in keiner Weise pauschal abgehandelt werden kann, und daß statt dessen jeder Einzelfall einer eigenen Uberprüfung bedarf. Dennoch zeichnen sich auf ihrer Basis bereits neue Ansätze für eine Lösung der anstehenden Problematik ab. Die Sprachwissenschaft war bisher davon ausgegangen, daß ein mitteliranisches Lexem im Georgischen normalerweise "via armeniaca" entlehnt wurde; wer für eine direkte Übernahme aus dem Mitteliranischen argumentieren wollte, mußte Kriterien heranziehen, die gegen eine armen. Vermittlung sprachen. Akzeptiert wurden in diesem SInne v.a. Wörter, die im Armenischen selbst nicht bezeugt waren, ferner aber auch solche, deren Lautstand im Georgischen und Armenischen Differenzen aufwies. Bei einem Paar wie arm. apizar und georg. abezar- ist dies zwar sicher zutreffend, da sich das armen. und das georg. Wort durchaus zwei verschiedenen miran. Strata zuweisen lassen. Immer dann, wenn die lautlichen Unterschiede eine Folge der innerarm. Vokalschwächung darstellen wie etwa im Falle von arm. visap und georg. veSap- < miran. *vesäp oder arm. ankoyz und georg. nigoz- < miran. *nigoz-, hat das letztere Kriterium jedoch keine entscheidende Aussagekraft, da das Georgische in solchen Fällen den früheren Lautstand des armen. Wortes bewahrt haben könnte; die betreffenden Fälle wären dann als Entlehnungen aus einem vorhistorischen Zustand des Armenischen aufzufassens . Die gleiche Annahme kann, zumindest im Falle parthiseher Entlehnungen, auch gegen das erstgenannte Kriterium ins Feld geführt werden, da das Fehlen eines Lehnwortes im Armenischen immer durch seinen Verlust in vorhistorischer Zeit erklärbar ist. Ein solcher Fall könnte z.B. bei dem hier behandelten Ifaran- gegeben sein, wenn man die vorgeschlagene iran. Etymologie akzeptiert, nach der das Wort die typisch "armen." Vertretung von miran. -0- durch -r- aufweisen müßte. Außerdem kann das Fehlen eines iran. Etymons im Armenischen prinzipiell auch auf einer zufalligen Nichtbezeugung beruhen. Auf der Basis dieses methodologischen Dilemmas bleibt die Entscheidung v.a. im Bereich der zahlreichen parth. Entlehnungen letztlich eine Glaubensfrage. Die hier vorgelegten Untersuchungen legen gegenüber dem als unzureichend erweisbaren älteren Verfahren nun ein umgekehrtes Vorgehen nahe. Sie führen zu der methodoIogischen Forderung, ein mitteliran. Wort im Altgeorgischen prinzipiell als eigenständige Entlehnung anzusehen, wenn nicht spezifische Kriterien für eine Übernahme aus dem Armenischen sprechen. ...
Felsen, Block- und Geröllhalden waren bislang nicht oder nur im geringen Maße einer Nutzung unterworfen. Sie stellen in unserer mehr oder weniger intensiv genutzten Kulturlandschaft noch einen Teil des ursprünglich dar; es sind Lebensräume, die sich über Tausende von Jahren ungestört entwickeln konnten. Solche Biotope, die uns - wie ein Fenster - den Blick in die Landschaft vor der menschlichen Besiedelung erlauben, nennt man Primärbiotope. Diese Broschüre informiert über die Verbreitung, Biologe, sowie Biozönosen und Schutzmaßnahmen von Felsen und Blockhalden in Baden-Württemberg.
Das gelehrte Übermenschentum bekam schon immer einen steifen Nacken, wenn es galt, auf die Niederungen des Gretchenschicksals hinabzublicken. Noch heute wissen die Faustforscher nicht so recht, worin er eigentlich besteht, der "tragische Gedanke". Sie ahnen nur, daß die alten Erklärungen überholungsbedürftig sind – Erklärungen, die noch aus der Zeit des kalten Geschlechterkrieges stammen. Auch in diesem Krieg war Deutschland geteilt. ...
Glenn Gould
(1993)
Das Konstrukt vom öffentlich-privaten Doppelcharakter des Selbst, das in der vorherigen Arbeit eingeführt wurde, hat Konsequenzen für die Interpretation der Lebensgeschichte. Im folgenden wollen wir an drei Modellffällen die Fruchtbar-keit dieses theoretischen Konstrukts demonstrieren. Sie besteht vor allem darin, daß Man keine opulente Biographik benötigt, um Pathologisches zu verstehen. Bisweilen genügen schon einige Eckdaten, um beispielsweise auf depressive oder schizophrene Strukturen schließen zu können. Aber woran erkennt Man solche Eckdaten? Der Tod einer Mutter, die Atmosphäre im Elternhaus, die Anzahl der Geschwister, Leistungen in der Schule, Erfolg bzw. Probleme im Berufs- und Eheleben und dergleichen sind psychodynamisch vieldeutig, sowohl hinsichtlich der Entstehung wie auch der Folgen. Ohne die Zuhilfenahme einer angemessenen Theorie sind derartige Befunde nicht zu validieren, erst sie vermag Vieldeutigkeit in Eindeutigkeit zu verwandeln.
Unter den Werken Goethes sind insbesondere die "Wanderjahre" und der "Faust II" immer wieder als Ratgeber für das rechte Fortschrittsbewußtsein herangezogen worden. So etwa vom ersten deutschen Reichspräsidenten in seinem Plädoyer für einen demokratischen Neubeginn: Nach dem Ersten Weltkrieg beschwor Friedrich Ebert den "Geist von Weimar", der "die großen Gesellschaftsprobleme" so behandeln müsse, wie "Goethe sie im zweiten Teil des Faust und in Wilhelm Meisters Wanderjahren erfaßt" habe; d.h. nach der Devise: "mit klarem Blick und fester Hand ins praktische Leben hineingreifen!" ...
Film- und Fernsehästhetik
(1993)
Als Vorläufer des Fernsehens hat der Film entscheidenden Einfluss sowohl auf Produktion als auch Rezeption des Fernsehens. Peter Kottlorz untersucht in dem Kapitel "Film- und Fensehästhetik" zunächst die filmischen Wirklichkeitsstrukturen und Filmtechniken, um danach auf Wirklichkeitsverarbeitungen des Fernsehens einzugehen. Dabei beschreibt er insbesondere Fernsehserien, die durch ihre Nähe zur Lebensrealität der Zuschauer erhebliches ethisch-moralisches Potenzial in sich bergen. Der Text verschafft einen guten Überblick über die Grundtechniken des Films und des Fernsehens.
Johann Christoph Gottscheds (1700-1766) Definition der Komödie findet sich in seinem poetologischen Hauptwerk, dem "Versuch einer critischen Dichtkunst vor die Deutschen" (CD). Es hatte mit seinem ersten Erscheinen 1730 bis zu dem im Jahre 1751 insgesamt vier Auflagen – eine für die damalige Zeit und in Anbetracht des Gegenstandes gewaltige Resonanz. Setzt man das 18. Jhd. einmal naiv als dasjenige der Aufklärung voraus, legt allein diese Verbreitung die Vermutung nahe, es müsse sich bei der CD um ein aufklärerisches Werk handeln. Und rechnet man sonstige Werke und Betätigungen Gottscheds hinzu, die allgemein als eindeutig von aufklärerischem Geist getragen gelten, so ist die Vermutung längst zur Gewißheit geworden. Das jedenfalls bei der sicherlich überwiegenden Anzahl von epochal deutenden Interpretationen.
Gleichwohl finden sich zum einen Gegenstimmen, zum anderen bei der genannten herrschenden Richtung Widersprüche. Deswegen soll hier das Problem des Verhältnisses der CD zur Aufklärung noch einmal behandelt, und zwar anhand Gottscheds Komödienbegriff. In Teil A wird er unter Rekurrierung auf die allgemeinpoetischen Grundzüge der CD erläutert, und zwar vornehmlich im Hinblick auf seine Zweckbestimmung. Anhand ihrer wird in Teil B die Auseinandersetzung mit der Aufklärung geführt, indem die abstrakt in Frage kommenden Verhältnismöglichkeiten der Reihe nach getestet werden. Das Ergebnis bringt schließlich Teil C.
Goethes Erde zwischen Natur und Geschichte : Erfahrungen von Zeit in der "Italienischen Reise"
(1993)
Meine These ist: Goethe vollzieht die Temporalisierung der Naturgeschichte mit. Er tut es allerdings nicht primär zur Erweiterung des empirischen Wissens von der Erdentstehung. Statt sich infinit in steingraue Zeiten zu verlieren, versucht er, diese in sinnlichen Maßen unvorstellbaren, darum im Kantischen Sinn erhabenen Kognitionen zu verbinden mit der allerdings erfahrbaren Spannung zwischen unvordenklichem Seinsgrund und pathischer Existenz. Dafür setzt er den Granit nicht als wissenschaftliches Objekt, sondern als symbolische Form ein, nicht thesei, sondern physei, und bringt ihn derart zur ästhetischen Evidenz. In dieser dialektischen Spannung spiegelt sich bei Goethe die Konfiguration von Geschichte und Natur, von Zeitlichkeit und Seinsgrund, von Subjektivem und Objektivem.
Das Verschwinden des Autors und die Spaltung des Textes in zwei Teile, einen offiziellen Strang, der die "Lebensansichten des Katers Murr" wiedergibt und einen fragmentarischen, der die "Biografie des Kappellmeisters Kreisler" enthält, stellen die erzähltechnischen Vorgaben E.T.A. Hoffmanns zu seinem Spätwerk dar. Kunstgriff und formales Experiment zugleich, sind sie Ausdruck der Prämissen seiner Ästhetik (auch oder gerade wenn Hoffmann nicht als Theoretiker gilt) und eines hochpotenziert subversiven Denkens (das leider allzu oft als biographischer Reflex abgetan wird). Anstelle der üblichen Präsentation und einleitenden Begründung zur Entstehungsgeschichte des Buches gelingt es Hoffmann im "Vorwort des Herausgebers" zu den "Lebensansichten des Katers Murr" durch mehrfache Täuschung und artifizielle Verwirrspiele um Erzähler, Herausgeber und Autor, den Ursprung des Textes mit jedem weiteren Baustein zu seiner Legitimation zum Verschwinden zu bringen.
Skandalöse Eröffnungen bilden den Auftakt der "Marquise von O...." wie des "Marionettentheaters": Eine angesehene Dame sucht vor ihrer Niederkunft per Zeitungsannonce nach dem ihr unbekannten Vater des Kindes; der erste Tänzer der Oper stellt die Behauptung auf, ein Tänzer, der sich ausbilden wolle, könne mancherlei von einer Marionette lernen, um dann im weiteren Verlauf des Gesprächs darzulegen, eine beliebige Figur aus dem Marionettentheater besitze mehr Grazie als die Mehrzahl der Mitglieder seiner Truppe. Beide Male steht ein Verlust zur Debatte, beide Male wird im Verzeichnen einer körperlichen Abwesenheit (das Fehlen des Vaters, der Verlust der jedem Menschen eigenen natürlichen Anmut) die gesellschaftliche Prägung des Körpers zum Thema. Die Rede über den Körper und sein Entzug als – in der Regel ganz wörtlich dargelegtes – Verschwinden in die Abwesenheit greifen ineinander. Das Wissen um die sexuelle Herkunft wird in "Die Marquise von O...." problematisiert, es stellt ein machtloses Wissen dar und kann allein mit den Mitteln der Sprache, im "Geständnis", nicht verifiziert werden. Im "Marionettentheater" steht der Prozeß der kulturellen Normierung des Körpers und der damit verbundenen Ängste zur Debatte. Dieses Wissen ist eng an die Produktion von Macht geknüpft und überschreitet die Sprache, die Kleist immer wieder entlang der Grenze ihrer Unzulänglichkeit darzustellen versucht hat.
Bruno Tauts Filmphantasie "Der Weltbaumeister"(1920) wird interpretiert als ein kosmischer Zeugungsakt, der das architektonische Schaffen symbolisiert. Das Spezifische der Liebesmetaphorik, deren Wurzeln in der Romantik (Runge) ausgemacht werden, liegt in ihrem homoerotischen bzw. androgynen Gehalt. An zahlreichen, auch über die expressionistische Ära hinausreichenden Beispielen wird klar, daß es sich um eine epochale, keineswegs biographisch begrenzbare Phantasie der Selbstzeugung handelt. Der Künstler setzt sich in seiner Vorstellung vom künstlerischen Akt als weibliches und männliches Prinzip, d.h. die materiellen, der Autonomie von Kunst entgegenstehenden gesellschaftlichen Bedingungen (z.B. der Gebrauchszweck in der Architektur) werden in das Ich als weibliches verlegt. Nur im Rahmen dieser extrem idealistischen Denkhaltung bezeichnet Taut 1924 "die Frau als Schöpferin".
Elsbet Orth (1937–1991)
(1993)
Nachruf auf Elsbet Orth (1937 – 1991): Mit ELSBET ORTH, die am 16. November 1991 nach langem und mit außerordentlicher Tapferkeit ertragenem Leiden starb, hat unser Fach eine Wissenschaftlerin und Kollegin verloren, die viel geleistet hat und von der, insbesondere auf dem Feld der Frankfurter und der hessischen Geschichtsforschung, noch mehr zu erwarten stand. ...
Thema des Aufsatzes ist die vergleichende Betrachtung populärer und kunstwissenschaftlicher Rezeptionsmuster zum Drip Painting Pollocks. Leitidee ist die Beobachtung einer analogen Struktur von witzigen und seriösen Kommentaren dahingehend, daß sowohl die karikierende Ablehnung als auch die zu mystischen Metaphern neigende Apologie (Newman, Rosenberg) das künstlerische Phänomen 'transzendieren', zum einen in die banale Welt des Alltags, zum andern in metaphysisch oder existentiell akzentuierte 'geistige' Regionen. Dabei wird (mit Bezug auf Freud) die These vertreten, daß in den Witzen das Innovative der amerikanischen Avantgarde unverhüllter zugänglich ist als in den folgenden, von der kunstgeschichtlichen Forschung aufgegriffenen Sublimierungs-Modellen, da sie den Gegenstand der Abwehr, i.e. das Materiell-Werden des Bildes, freilich in verzerrter Form, der Wahrnehmung zugänglich halten.
Im Unterschied zu Werckmeisters Deutung, die einen biographischen Erfahrungsinhalt gestaltet sieht, wird hier eine Interpretation entwickelt, die das Kriegsthema 'Heldentod' nicht als Inhalt, sondern als Allegorie auf das künstlerische Schaffen versteht: Die Trümmer des Krieges treten für Klee sinnbildich an die Stelle der fragmentierten Bildwelt der nachkubistischen Ära. 'Der Tod für die Idee' wird als Illustration einer Tagebuchpassage gedeutet, in der Klee den Prozeß der Abstraktion als ein Kristallisieren der eigenen Person literarisch überhöht. Das Motiv des symbolischen Todes als Gleichnis des künstlerischen Schaffens (gewissermaßen als Werk-Werden des Künstlers) wird als verbreitete Auffassung in der zeitgenössischen Kunstzene (Matjuschin, Taut, Dada) dargelegt sowie in die Romantik zurückverfolgt. Die Verfasserin zeigt außerdem die Entwicklung der Bildidee im weiteren Werk Klees, das einer symbolischen Lesweise immer weniger sich erschließt, da Figur und kubistische 'Architektur' immer stärker ineinander verschränkt erscheinen und damit die auf Distinktion von Bild und Grund angewiesene Dechiffrierbarkeit verweigert.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit den Partnern im Nahen Osten und im südlichen und östlichen Mittelmeerraum fügt sich in den Gesamtrahmen regionaler Herausforderungen und Sicherheitsinteressen ein. Sie berücksichtigt die weltpolitische und weltwirtschaftliche Bedeutung der Region vor allem vor dem Hintergrund des arabisch-israelischen Konflikts, der räumlichen und politischen Nähe zu Europa und der Suche der Länder nach innerer und äußerer Sicherheit und Stabilität wie nach wirtschaftlicher und sozialer Modernisierung in einem friedlichen Umfeld. Das Regionalkonzept zeigt Ansätze für einen entwicklungspolitischen Beitrag zum Abbau der Spannungen der Länder untereinander und innerhalb der Länder auf. Es versteht sich als Brücke zwischen den entwicklungspolitischen Grundlinien der Bundesregierung und den Iänderspezifischen Politikpapieren des BMZ. Die Region war bereits in der Vergangenheit ein Hauptpartner unserer Entwicklungsbeziehungen, in deren Rahmen die Eigenanstrengungen der Empfängerländer bei der Übewindung ihrer Entwicklungsprobleme unterstützt werden sollen. Das Konzept sieht für die Zukunft eine noch stärkere Konzentration auf Schwerpunkte vor. Im Vordergrund sollen Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, Arbeitslosigkeit und Migrationsursachen, im wirtschaftspolitischen Bereich, im Rahmen der Bevölkerungspolitik und auf dem Drogensektor, im überlebenswichtigen Wasser- und Umweltbereich sowie nicht zuletzt zur Schaffung und zum Aufbau demokratischer Strukturen stehen. Gleichzeitig soll der Friedensprozeß im Nahen Osten auch mit Mitteln der Entwicklungspolitik aktiv gefördert werden.
Simmels Projekt einer "formalen Soziologie" wird der von Max Weber vertretenen Variante einer "verstehenden Soziologie" gegenübergestellt, um den Nachweis zu erbringen, daß Webers Kritik und Ablehnung von Simmels "soziologischer Methode" auf einigen grundlegenden Fehlinterpretationen von Simmels Werk beruhen. Zunächst wird Simmels Gebrauch des Begriffs der Wechselwirkung als eines „regulativen Weltprinzips" erläutert und dem von Weber vertretenen Prinzip der „kausalen Zurechnung" gegenübergestellt. Anschließend wird Simmels eigene Theorie des Verstehens im Rahmen seiner methodologischen Dreiteilung der Kulturwissenschaften in eine Erkenntnistheorie der Geschichts- und Sozialwissenschaft, in die entsprechenden empirisch verfahrenden Einzelwissenschaften bzw. "Wirklichkeitswissenschaften" im engeren Sinne sowie seine umfassende Theorie der kulturellen Moderne rekonstruiert. Schließlich wird Webers Vorwurf, daß Simmel den Anspruch auf kausale Erklärung zugunsten des Gebrauchs von quasi-ästhetischen Kategorien und Analogiebildungen aufgegeben habe, mit dem spezifischen kognitiven Status von Simmels "Philosophie des Geldes" verglichen und vor dem Hintergrund von Webers eigenem häufigen Gebrauch der Metapher der "Wahlverwandtschaft" diskutiert, welche ihrerseits eine kausaltheoretisch nicht weiter auflösbare logische Form eines gegenseitigen Beziehungsverhältnisses zum Ausdruck bringen soll, das eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit dem von Simmel gebrauchten Begriff der Wechselwirkung besitzt.
Der nachstehende Aufsatz ist Teil einer breiter angelegten Studie, an der ich derzeit im Rahmen eines Dissertationsvorhabens mit dem Titel: Ideologische Gruppierungen im arnerikanischen Kongress - Zur Rolle innerpateilicher Flügelorganisationen im U.S. Repräsentantenhaus, 1960-1990, arbeite. Die Diskussion der Veränderungen des Stils der Mandatsführung der amerikanischen Abgeordneten seit den 1960er Jahren ist in diesem Zusammenhang als eine wichtige Komponente des Versuchs zu verstehen, einen Erklärungsansatz für die Entstehung und Arbeitsweise der in dem Dissertationsprojekt untersuchten »ideological caucuses« zu formulieren.
Konzeptionelle Untersuchungen eines Dielektronenspektrometers für Schwerionenstöße im GeV/u-Bereich
(1993)
Untersuchungen zu mikrowellenfokussierenden Beschleunigerstrukturen für zukünftige lineare Collider
(1993)
Zur Erforschung immer kleinerer Strukturen der Materie benötigt die Elementarteilchenphysik Teilchenstrahlen höchster Energie. Gegenwärtig sind das Higgs-Boson und das Top-Quarks‘ die Objekte des größten physikalischen Interesses. Das sog. “Top” ist das sechste und bisher noch nicht nachgewiesene Mitglied der Quark-Familie. Seine Masse wird unterhalb von etwa 180GeV vermutet. Das Higgs-Boson spielt im sog. Standardmodell der Elementarteilchen eine wichtige Rolle. Seine Masse wird ebenfalls im Bereich zwischen 100 und 200GeV vermutet. Es gibt eine gute Chance, das Top am Protonen- Antiprotonen-Beschleuniger TEVATRON des Fermilab in Chicago nachzuweisen. Seine physikalischen Eigenschaften lassen sich aber erst an zukünfligen Beschleunigem mit höherer Energie bestimmen. Gegenwärtig werden daher mehrere verschiedene Beschleunigerkonzepte erwogen oder sind bereits in Planung bzw. im Bau. Das Spektrum reicht dabei von Protonen-Antiprotonen- bis zu Elektronen-Positronen-Maschinen. Ein vielversprechender Ansatz zur Erzeugung der benötigten Teilchenenergien ist der lineare Elektronen-Positronen-Collider, im folgenden immer als linearer Collider bezeichnet. Das Verhältnis von Meßsignal zu Hintergrund ist bei e+-e-Kollisionen besser als bei Protonen-Kollisionen. Es entstehen keine Partonen, wodurch die zur Verfugung stehende Energie effektiver genutzt werden kann [ 11. Weiterhin ist der lineare Collider im Vergleich zu einer zirkularen Maschine gleicher Endenergie und Luminosität auf lange Sicht kostengünstiger, da keine zusätzliche Hf-Leistung zur Kompensation von Synchrotronstrahlungsverlusten nötig ist. Die für die Experimente erforderliche hohe Luminosität bedingt Teilchenstrahlen von niedrigster Emittanz und geringster Energieverschmierung sowohl innerhalb eines einzelnen Teilchenpaketes als auch zwischen den Bunchen selbst [2]. Zur Erhaltung der Strahlqualität über die volle Lange des Beschleunigers ist es deshalb notwendig, ein akkurates Strahlführungssystem zu entwickeln, das es gestattet, auftretenden Strahlinstabilitäten wirksam zu begegnen. Grund der Instabilitäten sind elektromagnetische Felder, sogenannte Wake- oder Kielwellenfelder, die die Teilchen bei der Durchquerung des Beschleunigers selbst anfachen. Die Teilchenpakete werden dadurch radial von der Achse abgelenkt, sie werden verformt und erfahren eine Impulsverschmierung. Transversale Einzelbunch-Instabilitäten (SBBU, Single Bunch Beam Breakup) kann man durch die Einführung einer Energieverschmierung innerhalb eines Teilchenpakets bekämpfen; in Verbindung mit einer äußeren Strahlführung erreicht man eine Bedämpfung der Instabilität [3]. Als Alternative oder Ergänzung zu äußeren Fokussierungsmaßnahmen erscheint es deshalb interessant, inwieweit man durch geeignete Modifikationen an den Beschleunigerstrukturen die Hochfrequenzfelder selbst zur Erzeugung der benötigten Fokussierung heranziehen kann. Da es sehr schwierig ist, die für das Experiment geforderte Luminosität mit einem einzelnen Bunch zu erzeugen, muß man mehrere Teilchenpakete in kurzem Abstand durch den Beschleuniger schicken. Jetzt erfährt aber jeder Bunch die aufsummierten Wakefelder der ihm vorausfliegenden Teilchenpakete. Um zu verhindern, daß die transversale Strahlablage inakzeptabel groß wird, müssen Maßnahmen zur Kontrolle dieser Vielteilchen-Instabilitäten (MBBU, Multibunch Beam Breakup) getroffen werden. Das bedeutet, die Güten dieser als Long-Range-Wakes bezeichneten Störmoden müssen, je nach Collider, durch konstruktive Maßnahmen auf Werte in der Größenordnung von zehn abgesenkt werden. Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit theoretischen Anwendungsmöglichkeiten von hochfrequenzfokussierenden Beschleunigerstrukturen in linearen Collidem bei Einzel- und Multibunch-Betrieb. In Kap. 2 wird eine kurze Einführung in die Problematik von Höchstenergiebeschleunigem gegeben. Anschließend werden in Kap. 3 Irisstrukturen und ihre Kenngrößen behandelt. Kap. 4 gibt eine Einführung in das Wakefeld-Konzept. Es wird untersucht, welche Resonatormoden für den Strahl gefährlich sind; die Wakepotentiale werden mit Resonatorkenngrößen in Verbindung gebracht. In Kap. 5 schließt sich eine Betrachtung zum SBBU an. Es wird untersucht, inwieweit Irisstrukturen und Rechteckblendenstrukturen (MWQ-Strukturen) zur direkten Hochfrequenzfokussierung eingesetzt werden können. Die Eigenschaften einer MWQ-Struktur werden vermessen und mit theoretischen Vorhersagen verglichen. Beispiele fiir hypothetische Collider in verschiedenen Frequenzbereichen werden diskutiert. Im anschließenden Kap. 6 wird der Mechanismus des MBBU erläutert und Möglichkeiten zur Bedämpfung insbesondere von MWQ-Strukturen im Multibunch-Betrieb untersucht. Meßergebnisse an Modellstrukturen werden vorgestellt und am Beispiel von einem S- und X-Band- Collider diskutiert.
Die vorliegende Arbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, den für das Verständnis der Philosophie Cassirers zentralen Begriff des Mythos im Hinblick auf sein 1923-1929 erschienenes Hauptwerk, der in drei Bänden vorliegenden "Philosophie der symbolischen Formen", zu untersuchen. Für Cassirer sind Mythen Denkformen. Die Frage ist nun, inwieweit diese Betrachtungsweise des Mythos zum damaligen Zeitpunkt neu war und inwieweit es einer, aus heutiger Sicht, neuen Bewertung von Cassirers Mythostheorie bedarf. Cassirer erhebt den Anspruch, den Mythos aus sich selbst heraus erklären zu wollen. Damit verbunden ist die Kritik an einem zu eng gefaßten Begriff von Rationalität. Schon in der Einleitung zum ersten Band der "Philosophie der symbolischen Formen" stellt Cassirer die These auf, daß das mathematisch-naturwissenschaftliche Sein in seiner idealistischen Fassung und Deutung nicht alle Wirklichkeit erschöpft, "weil in ihm bei weitem nicht alle Wirksamkeit des Geistes und seiner Spontaneität" erfaßt sei. Der Mensch begreift die Welt nicht nur in wissenschaftlichen Termini: Sprache, Wissenschaft, Kunst, aber auch mythische Denkformen bieten uns die Möglichkeit, ein eigenes Ich herauszubilden und unsere Umwelt zu strukturieren. Nach Cassirer erfaßt der Mensch die Welt in symbolischen Formen, von denen die Wissenschaft nur eine unter vielen ist. Aus der traditionell einseitigen Kritik der Vernunft sollte eine umfassende Kritik der Kultur werden.